Die großen deutschen Automobilzulieferer sträuben sich weiter gegen die von immer mehr Politikern und Experten geforderte Produktion von Batteriezellen für Elektroautos. Trotz drohender langfristiger Dominanz asiatischer Unternehmen und damit einhergehender Wettbewerbsnachteile für Europa erteilte nun auch Mahle einer eigenen Zellfertigung vorerst eine Absage.
„Wenn andere europäische Hersteller sich nicht an die Herstellung von Batteriezellen wagen, sollten wir auch lieber die Finger davon lassen“, sagte der Mahle-Aufsichtsratsvorsitzende Heinz Junker dem Handelsblatt. Das finanzielle Risiko für eine solche Fertigung sei zu hoch, „wenn man keinen technischen Wettbewerbsvorteil hat oder dessen Erreichung sehr unsicher ist“. Zudem sei unklar, ob die heutige Zelltechnologie sich nicht „gewaltig von der unterscheidet, die in 10 oder 20 Jahren zur Verfügung steht“.
Mahle macht sein Geld vor allem mit Komponenten und Systemen für Verbrennungsmotoren. Der Elektromotor sei dennoch kein „Feind“ des Unternehmens, betonte Junker. Er gehe davon aus, dass es auch „in 20, 30 Jahren“ noch eine große Zahl an Verbrennungsmotoren geben wird.
Trotz Fokus auf Verbrenner-Technik habe sich Mahle bereits auf Elektromobilität umgestellt, erklärte der Aufsichtsratsvorsitzende. Der Zulieferer sei in der Lage, „alle wesentlichen Komponenten des elektrischen Antriebs abzubilden“. Hohe Umsätze verspricht er sich dabei vor allem von Brennstoffzellen-Systemen, die mit Hilfe von Wasserstoff elektrische Energie für den Elektroantrieb erzeugen. Den Aufbau der dafür erforderlichen Infrastruktur halte er „für weniger komplex“ als bei batterieelektrischen Fahrzeugen.
Die Kombination aus Benzin- oder Dieselmotor und E-Maschine sieht Junker kritisch. „Die angegebenen drei bis vier Liter für einen Geländewagen mit Plug-in-Hybrid-Antrieb haben mit der Realität nichts zu tun. Die wenigsten Nutzer laden alle 30 Kilometer die Batterie auf“, sagte er. Selbst eine Verbrauchsreduzierung auf drei Liter sei „realitätsfern, da der normierte Verbrauchszyklus mit einem normalen Fahrprofil nicht übereinstimmt“.
jpo234 meint
Wenn das alles so sonnenklar und einfach ist: Warum entwickelt keiner von den Oberschlauen hier einen Geschäftsplan? Wenn der gut ist, findet sich auch Risikokapital und dann baut ihr einfach selbst eine Gigafactory. Das geht. Rumkotzen, dass andere nichts machen könnt ihr. Aber ihr könntet auch selbst handeln.
Autojoe meint
Wenn‘ Mahle nicht macht machen es eben andere, es wird aber gemacht!
Leotronik meint
Mahle schert aus dem Verband der Verhinderer nicht aus. Man will nicht die Verbrennertechnik mit der man gut lebt selbst noch abwürgen. Der Makel des Helfershelfer würde im Kreis der Verbrenner Lobby zu arg schaden.
Stefan meint
HaHaHa … ihr seid doch alle samt Wundertüten. Ja was glaubt ihr denn, was hinter diesem Gebrabbel von Mahle, Bosch und Co. steckt? Richtig: Wenn die Politik schon so nett bettelt, dann soll der Steuerzahler doch bitteschön die nötigen Milliarden Investitionen umfangreich mittragen. Sprich: Man will der Politik maximal Geld rausleiern. Das ist sonnenklar. ;-)
Michael meint
Derzeit kann man doch jede Summe für Batterien verlangen, die werden einem doch aus der Hand gerissen. Und das wird doch vermutlich noch Jahre so weiter gehen. Hunderte von Start ups fangen die bödesten Geschäftsideen an bloss an Batterien denkt keiner. Verstehe das wer mag.
nilsbär meint
Feststoffbatterie-Startups gibt es schon: QuantumScape, Solid Power, Dyson…
Bei den aktuellen Li-Ion-Akkus sind die Asiaten schwer zu schlagen: Lange Erfahrung, große Fabriken mit entsprechenden Skaleneffekten. Ob derzeit – abgesehen von Tesla – wirklich Batterieknappheit herrscht? Oder wollen die etablierten Hersteller gar nicht mehr bauen?
Pferd_Dampf_Explosion_E meint
Wenn Tesla mit einer Batteriefabrik direkt vor seinen Werkstoren schon Engpässe mit Batterien hat, dann sieht es wahrscheinlich bei den deutschen Autoherstellern so richtig mau aus.
@ Michael: Du hast absolut Recht. Und wenn die deutschen Hersteller sich nicht um die Batterien kümmern, werden sie ihre derzeitige Führungsrolle ganz verlieren. Ist wie in der Schule, wenn man in einem Kernfach einfach 0 Punkte hat, kann man kein Abitur machen, geschweige denn studieren.
@ nilsbär: Stimmt, die Feststoffbatterie ist noch so schön weit weg, da kann man toll fantasieren und geniale Geschäftsmodelle entwickeln. Die Realität sieht blöderweise anders aus.
150kW meint
„Wenn Tesla mit einer Batteriefabrik direkt vor seinen Werkstoren schon Engpässe mit Batterien hat, dann sieht es wahrscheinlich bei den deutschen Autoherstellern so richtig mau aus.“
Warum sollte das so sein? LG, Samsung & Co liefern offensichtlich jetzt auch schon zuverlässig.
Didie meint
Batteriebetrieben?
Aus meiner Sicht eine nur relativ kurzzeitige Lösung für sauberen Individualverkehr. Reichweite und Ladezeit beschränken die Nutzung extrem.
Aber:
Es sind bereits Gebäudeheizungen auf Basis Brennstoffzelle (Viessmann) auf dem Markt, auch für den LKW wird bzw. ist bereits diese saubere Technologie eingeführt (Toyota) – und mit dem Toyota Mirai ist auch breits ein Brennstoffzellen-getriebener PKW in Serienfertigung.
Es ist höchste Zeit daß die Bosse der PKW-Hersteller des Autolandes Deutschland nun endlich mal aus ihrem Tiefschlaf erwachen.
nilsbär meint
Wasserstoff ist leider sehr teuer. Falls er grün durch Elektrolyse hergestellt werden soll, wäre er noch teurer. H2 als Fahrzeugantrieb ist wohl nur Plan B , falls das E-Auto überraschend scheitern sollte.
Stocki meint
„…überraschend scheitern sollte.“ Was hab ich gelacht ;-)
@nilsbär, an Dir ist ein echter Komiker verloren gegangen.
alupo meint
Die Wasserstoffmobilität scheitert nicht, ganz einfach, weil sie erst gar nicht startet.
Das was dafür ausgegeben wird ist leider verlorenes Kapital und fehlt bei der eigenen Akkufabrik. Nur das ist der Anteil vom Wasserstoff, die Vernichtung der Zukunft unserer Kinder.
Auch Panasonic hat mit der Plasmatechnik bei Bildschirmen auf das falsche Pferd gesetzt, aber immerhin hatten sie noch andere Standbeine und sind wieder groß dabei. Eine Garantie dafür gibt es nicht.
Klar ist es für mich, dass ein Unternehmen wie Mahle das auf keinen Fall alleine tun kann. Das hat Tesla auch nicht gemacht. Die haben sich mit Panasonic zusammengetan und das hat funktioniert.
Stocki meint
@Didie, diese Sicht der Dinge teilen wohl nur die Lobbyisten der Wasserstoffindustrie mit Dir. Ich empfehle Dir mal die Forumsbeiträge der letzten Monate über FCEV in diesem Forum hier zu lesen. Das wird dir einige erhellende Erkenntnisse einbringen. Nichts für ungut ;-)
Wasserstoffantrieb ist mmn nur was für militärische U-Boote, denn da ist der Preis wirklich nicht das drängendste Problem. Im Individualverkehr hat die Brennstoffzelle nichts verloren, denn sie wird aufgrund der gravierend schlechteren Energiebilanz niemals mit reinen BEV konkurrieren können.
nilsbär meint
Wieso auch sollte ein Konzern, der Null Erfahrung in der Zellherstellung besitzt, in diese hoch riskante Technologie einsteigen? Da ist das Milliardengrab doch schon geschaufelt. Übrigens habe ich erfahren, dass auch Aldi keine Elektroauto-Batteriezellen fertigen möchte:-)
M3 meint
Das stimmt. Nur weil man Zulieferer ist, muss man nicht direkt ein Batteriewerk bauen.
Interessant finde ich aber die Begründungen: „weil es andere auch nicht machen“ und „wer weiß was sich in 10-20 Jahren noch ändert“… :-)
Ob Elon Musk solche Sätze jemals auch nur gedacht hat?
alupo meint
Naja, es wurden schon Akkus in Deutschland gewickelt und auch die Maschinen dafür werden u.a. in Deutschland hergestellt.
Umd es gibt Forschung u.a. an deutschen Universitäten mit durchaus Potential um die aktuellen Zellen voranzubringen, z.B. in Kiel.
Es ist m.M.n. genügend Wissen verfügbar, nur es passiert nichts weil sich die Manager nicht trauen. Aber auch keine Kooperationen eingehen.
Lewellyn meint
Dass der Erfolg nicht garantiert ist, wenn man jetzt groß in die Zellproduktion einsteigt, ist logisch.
Unlogisch ist zu meinen, man könnt in 10-15 Jahren in die Feststoffzelle einsteigen und Erfolg haben, ohne vorher 10-15 Jahre lang Erfahrung in der Zellproduktion gesammelt zu haben.
Steve meint
Sorry, aber ich jetzt erstmal etwas gebraucht, um nach dem Lachen wieder unter dem Tisch hochzukommen.
Das ist aus der Entfernung alles klar und logisch argumentiert. Leider unschlüssig in Bezug auf das Ergebnis.
Wenn sie heute in die Zellfertigung einsteigen würden, bestünde tatsächlich das Risiko, dass sich die erste (riesige) Investition nicht vollständig zurückbezahlt, sie also damit ein „schlechtes“ Geschäft machen könnten. Da wiederspricht kaum jemand, der einzige Streit ist, wie hoch die Wahrscheinlichkeit für dieses Risiko ist, 70, 80 oder 90%.
Wenn sie aber heute in diesem Bereich nicht einsteigen, gibt es ein an Sicherheit grenzendes Risiko, dass sie es später auch nicht schaffen werden, in dem Markt der E-Mobilität irgendwo substantiell Fuß zu fassen. Die Firma Mahle wird wohl im Orkus der Geschichte verschwinden, in dem schön größere Unternehmen zuvor gelandet sind.
Wie kann eigentlich ein halbwegs gebildeter Mensch die kühne Behauptung halten, der Aufbau einer flächendeckenden Wasserstoff-Infrastruktur sei „weniger komplex“ als die Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge? In welcher Filterblase lebt der Mensch?
alupo meint
Wer einmal (oder wie ich weil früher beruflich mittendrin) die Komplexität der Wasserstoffproduktion oder dessen Hochdruckhandling gesehen hat, wird nie mehr behaupten, dass irgendwas daran einfach wäre.
Ich frage mich inzwischen nur noch, wie solche Naivlinge es geschafft haben, in solch hohe Managersphären zu gelangen. Diese Zögerer sind es, die durch aussitzen und anschließendem Nichtstun ;-) die Zukunft ihrer Firma und die Arbeitsplätze verspielen.
Klar kann ich verstehen, dass ein „kleines“ Unternehmen wie Mahle nicht allein knapp 5 Milliarden Euro stemmen kann um eine eigene Gigafactory 1 zu bauen so wie es das neue Unternehmen Tesla getan hat (das ist von Tesla schon der Wahnsinn, oder?), aber sie sollten das mit anderen zusammen tun und damit ihre finanziellen und technologischen Kräfte bündeln. Daher gehört m.M.n. auch ein Chemieunternehmen dazu.
Insgesamt finde ich die Idee, dass die EU oder auch Deutschland steuernd und koordinierend eingreift, und mit Kapital (nicht Subventionen) unterstützt richtig, denn ich denke dass kein deutsches oder europäisches Unternehmen „dir Eier hat“, so etwas alleine zu stemmen.
Die Vermutung, dass wir jetzt nichts tun können und später problemlos die ach so tollen Festkörperzellen direkt produzieren könnten, halte ich für sehr naiv bzw. für unmöglich. Ich vermute, dass große Teile der Anlagenteile sowohl für die aktuellen Zellen wie auch für die zukünftigen genutzt bzw. kostengünstig dann in einigen Jahren umgerüstet werden können. Nicht nur dir Halle lässt sich weiterverwenden, sondern sicher auch viele, wenn nicht gar alle Maschienen. Ist es aus heutiger Sicht doch nur ein anderer Elektrolyt, alles andere bleibt prinzipiell gleich.
Nein, so wie es aussieht, wird hier gerade ein großer Teil unserer Zukunft verspielt und die allermeisten Leute merken es nicht einmal.
McGybrush meint
Zudem sei unklar, ob die heutige Zelltechnologie sich nicht “gewaltig von der unterscheidet, die in 10 oder 20 Jahren zur Verfügung steht“.
Mit dieser Argumentation entschliesst man sich gegen eine Zellfertigung. Ist ja gut und schön.
Aber mit dieser Argumentation entwickeln sie Kolben für Verbrennungsmotoren?
Ebenso. Mit diese Argumentation entscheidet man sich gegen Zellfertigung aber für Brennstoffzellen?
Man kann ja alles so machen wie sie es machen. Nur passt das Argument dazu nicht.
Peter meint
Die Weiterentwicklung einer bereits im Haus bestehenden Technik könnte „etwas“ preiswerter sein, als der Sprung in einen komplett neuen Markt im Milliarden-Bereich, in dem die erzielbaren Verkaufspreise nicht abzuschätzen sind. Da ist das Hoffen auf den Kosten-Break-Trough quasi Russisch-Roulette.
Der Staat könnte helfen, aber dann heißt es ja wieder das wäre Kommunismus.
Is nu so ~ meint
Dass Automobilzulieferer sich nicht – ohne Garantien in ein recht unüberschaubares Risiko drängen lassen – ist bei den vor-Herrschenden Kräfteverhältnissen sehr verständlich.
Aber für einen fordernden Staat , mit dem großen Überblick über eine weiter gut funktionierende Volkswirtschaft , wird eben eine Wirtschaftspolitische „Ansiedlungspolitik“ erforderlich!
Und das geht nun mal nicht PLAN-los, sondern da muss der WirtschaftsMinister Altmaier schon mal mit konkreten Zukunfts-Vorstellungen aus der Deckung kommen.
– da warten die Menschen in den deutschen Struktur-Wandel Regionen schon lange drauf;
auf Investitionen in die Zukunft !
lenzano meint
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