Die Batterie ist die komplexeste, empfindlichste und kostspieligste Komponente von Elektroautos, entsprechend argwöhnisch betrachten viele die noch ungeklärte Langzeithaltbarkeit moderner, leistungsfähiger Speicher. Ein deutsches Startup will künftig für eine bessere Überwachung und Pflege von Akkus sorgen.
Die in heutigen Elektroautos eingesetzten Lithium-Ionen-Speicher verlieren mit der Zeit an Leistungsfähigkeit und nehmen weniger Energie auf. Um vorhersagen zu können, wie schnell diese Entwicklung voranschreitet und wann ein Akku nicht mehr praxistauglich ist, hat Twaice aus München eine Software entwickelt.
„Bislang wird an Batteriesystemen lediglich der Ist-Zustand gemessen“, erklärte Stephan Rohr, einer der Twaice-Gründer, dem Handelsblatt-Ableger Edison. Anhand des aktuellen Ladezustandes lasse sich nicht zuverlässig voraussagen, wie lange das System noch einsatztauglich ist. Die von Twaice programmierte Software soll Abhilfe schaffen, indem sie genaue Daten zum Zustand einer Batterie und der verbleibenden Lebenszeit liefert.
Die Twaice-Lösung schafft einen digitalen Zwilling einer Batterie, mit dem sich deren Zustand simulieren lässt – mit Hilfe von „Machine Learning“ auch in die Zukunft hinein. „Wir erstellen ein Modell der Batterie, das kontinuierlich gepflegt wird“, so Rohr. Der Alterungsprozess werde dabei „bis auf die Zellebene hinunter“ berechnet.
Die Batteriepakete von Elektroautos bestehen aus mehreren Zellen, US-Hersteller Tesla etwa setzt viele Tausend Stück in seinen Stromern ein. Wie lange die Zellen halten, hängt neben der Produktionsqualität von der Außentemperatur, dem Fahrverhalten sowie der Ladehäufigkeit und -intensität ab. Twaice registriert all das und erstellt Prognosen, auf die die Eigentümer oder Flottenbetreiber über die Cloud zugreifen und gegebenenfalls eine Reparatur oder den Austausch einzelner Zellen anstoßen können.
Twaice wurde vor wenigen Monaten gegründet, die entwickelte Software haben Rohr und sein Partner zuvor über vier Jahre als Doktoranden an der TU München in Kooperation mit der Industrie erstellt. Das Interesse der Autobranche an Lizenzen für das Produkt ist bereits groß: „Wir haben einen extrem guten Zulauf“, sagte Rohr.
Leotronik meint
Ich kann mir denken dass solche Software nicht für den Kunden gedacht ist. Wo käme man hin wenn der Kunde plötzlich den Garantiefall schwarz auf weiss nachweisen kann? Der Kunde muss auf das Wohlwollen des Herstellers hoffen. Mehr gibt es nicht.
Andreas_Nün meint
Der Gesetzgeber könnte hier ausnahmsweis mal etwas für die Bürger tun und die Hersteller dazu verpflichten, dass der Batteriezustand auch im Detail ausgelesen werden kann.
Man wird wohl noch träumen dürfen.
Peter W meint
Mit Sicherheit eine wertvolle Software, fragt sich nur für wen die Infos wertvoll sind.
Ich sehe das so: Mit der Software kann der Kunde überwacht werden. Lädt er oft auf 100% und lässt das Auto dann tagelang stehen, lädt er oft mit maximaler Leistung, fährt er den Akku leer bis auf wenige Prozent, beschleunigt er oft mit voller Leistung und fährt oft am Limit. Das wären alles Gründe die Garantie zu verweigern, oder bei der Rückgabe eines Leasingautos zusätzliche Gebühren zu verlangen.
Es wäre aber auch eine Hilfe für den Besitzer, wenn ihm die Software mitteilt, dass er den Akku besser behandeln sollte.
Chris meint
Erstaunlich, ich dachte dass alles mit BEVs einfacher werden sollte und nicht komplizierter.
Andreas_Nün meint
Alles paar tausend Kilometer AdBlue in den zu kleinen Tank nachkippen muss man definitiv nicht mehr.
nilsbär meint
Anstelle eines solchen Schmarrns würde ich lieber lesen:
‚Deutsches Startup demonstriert Feststoffbatterie.‘
Oder:
‚Deutsches Startup zeigt Lithium-Batterie ohne Kobalt.‘
Oder:
‚Deutsches Startup ladet zu Probefahrt mit E-Auto-Prototyp mit Lithium-Schwefel-Batterie und 1000 km Reichweite.‘
Sebastian Schille meint
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Sebastian Schille meint
Was ist das für ein Blödsinn? Wer legt fest ab welcher Degeneration der Akku für den Anwender nicht mehr tauglich ist? Wenn er nur noch die Hälfte der Kapazität hat? Dafür benötige ich keine Software, da bemerke ich auch so. Und was wenn ich mit der Hälfte der Kapazität zufrieden bin? Was wenn ich den Wagen verkaufe und für den Käufer auch 30% Akkuleistung ausreichend wäre?
Die Software scheint mir eher nützlich für den Autohersteller um dem Kunden frühzeitig und unnötig einen neuen Akku verkaufen zu können.
Jensen meint
Da die Software ja lt. Bericht in Kooperation mit der (Automobil-?)Industrie entwickelt wurde, ist es eher weniger erstaunlich, dass diese nun Interesse an der Anwendung signalisiert hat. In wie weit sich (andere) Automobilhersteller in der Praxis neben Ihren eigenen Anwendungen noch Drittsoftware in’s Haus (Auto) holen werden, bleibt abzuwarten, denn die (Fern-)Prüfung und Überwachung auch des Akkus ist ja bereits heute gegeben. Das wird sicher auch eine Frage des Preises sein, ob man zusätzliche Anwendungen einsetzen will.
Redlin, Stefan meint
Eignet sich womöglich, wie bei Druckern, dazu einfach irgendwann zu sagen, der Akku ist hin. Und dann kann man nicht mehr fahren womöglich. Bei sowas werde ich immer hellhörig. Wenn dem nicht so ist kann es gut sein.
Sebastian Schille meint
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Cozwei meint
Genau, ich merke es schon beim leptop.
Hat schon was, diese Lizenz kaufen und selber entscheiden wann die Akku gut oder schlecht ist. Es geht hier schließlich um Geld und letztes ends auch um Macht. Interessant ist, das der Rückgang an cozwei Werte in den USA mit tramp, besser aussieht, wie bei der Merkel in Deutschland. Das ist traurig aber war.
Jörg2 meint
Wie muss ich mir das vorstellen? Da wird deren Softwarepaket in die Fahrzeugsoftware integriert um an die notwendigen Daten zu kommen?
Oder steckt das alles in einem Dongle, der angesteckt wird (OBD) und sich die Daten holt?
Swissli meint
Interessant sicher auch für den Gebrauchtmarkt.