Statt in Italien wird das Schweizer Elektroauto Microlino von Artega in Deutschland produziert. Der Wechsel des Auftragsfertigers sorgt für einige Wochen Verzögerung – nach aktuellem Stand erfolgt der Marktstart Anfang nächstes Jahr. Spätestens 2020 soll der Mini-Stromer in Großserie gebaut werden.
Microlino-Gründer Oliver Ouboter erklärte im Gespräch mit dem Magazin Edison, dass ihn die große Nachfrage nach der Elektroauto-Knutschkugel völlig unerwartet getroffen habe. Bereits über 10.000 Reservierungen lägen vor – und das, obwohl noch keine Probefahrten angeboten und kaum Werbung gemacht würden. Den italienischen Entwicklungspartner Tazzari habe dies abgeschreckt und dazu bewogen, auf Abstand von der Großserienproduktion zu gehen.
Micro Mobility Systems, die Firma hinter dem Microlino, wird das Fahrzeug nun mit dem deutschen Autobauer Artega auf den Markt bringen – zuerst in der Schweiz, dann in Deutschland und später auch im europäischen Ausland. Artega wird dazu drei Millionen Euro in die Fertigungslinie für den Microlino investieren – das Kleinst-Elektroauto ergänzt das bisher nur aus einem geplanten Batterie-Sportwagen bestehende Portfolio der Westfalen.
In der 3000 Quadratmeter großen Produktionshalle von Artega können bei voller Kapazität 8000 Microlinos pro Jahr vom Band laufen. „Das ist ein großer Schritt nach vorn, im Vergleich zu dem was wir bisher zur Verfügung hatten. Und auf dem Firmengelände lässt sich die Produktion noch erweitern“, so Ouboter.
Dass Artega bisher nur Sportwagen im Manufakturbetrieb gefertigt hat, spielt laut Ouboter keine Rolle: Man dürfe die Firma nicht isoliert betrachten, da sie zum Ökosystem von Paragon gehört – einem Zulieferer, der für Autohersteller Bildschirme, Sprachassistenten, Lautsprecher und andere Bauteile für den Innenraum herstellt. Paragon besitze „die Finanzstärke, gemeinsam mit uns den Microlino auf das nächste Level zu heben“.
Obwohl Artega die Fertigung des Microlino komplett neu aufbauen muss, rechnet Ouboter „nur mit minimalen Verzögerungen“. Ob die zuletzt genannten Termine für den Start in der Schweiz (Frühjahr 2019) und in Deutschland (Mitte 2019) noch stehen, sagte er nicht. Die Einführung außerhalb Europas sei dank eines von Tazzari bereits fertiggestellten Produktionslayouts vergleichsweise einfach. Geplant sei, weltweit Produktionslizenzen zu verkaufen. Ein Partner könne den Microlino dann angepasst an die jeweiligen Märkte fertigen.
Im nächsten Jahr sollen zunächst 1000 bis 1500 Microlino hergestellt werden. 2020 werde die Produktion auf bis zu 8000 Fahrzeuge erhöht, kündigte Ouboter an. Der langsame Hochlauf sei angesichts des erforderlichen Auf- und Ausbaus eines Vertriebs- und Servicenetzes wichtig. Den anvisierten Preis für den Microlino von 12.000 Euro soll der Wechsel des Produktionspartners nicht beeinflussen. Für das Top-Modell mit größerer Batterie und 200 Kilometer Reichweite geht der Firmenchef von einem Mehrpreis von 3000 Euro aus.
Den Service und die Wartung des Microlino werden Dienstleister übernehmen, in der Schweiz – und möglicherweise auch in Deutschland – etwa Bosch Car Service. Mit Blick auf die Herausforderungen beim Schaffen einer neuen, internationalen Marke mit einem eher margenschwachen Produkt räumte Ouboter abschließend ein: „Ohne Versuch und Irrtum wird es nicht gehen.“
nilsbär meint
@Timo
Danke für die Berichtigungen. Der 400 kg Leichtbau-Microlino ist aber dem 900 kg Smart mit dessen Tridion-Sicherheitszelle aus hochfestem Stahl bezüglich Crashverhalten weit unterlegen. Ich bleibe dabei: Der Microlino ist für den Verkehr in den heutigen Städten nicht geeignet. Und ich sehe auch nicht ein, warum mich Albträume quälen sollen, nachdem ich dich und deinen Microlino in einem Crash zerlegt habe.
nilsbär meint
Bei diesen Aussagen passt einiges nicht zusammen:
Den bisherigen italienischen Entwicklungspartner Tazzari haben die 10000 Reservierungen abgeschreckt, obwohl dieser mit dem Zero bereits ein E-Auto in Serie fertigt?
Den neuen Partner Artega schrecken die vielen Reservierungen aber nicht, obwohl dieser bisher nur Sportwagen im Manufakturbetrieb gefertigt hat?
Weiters:
„Der langsame Hochlauf sei angesichts des erforderlichen Auf- und Ausbaus eines Vertriebs- und Servicenetzes wichtig.“
Kurz darauf:
„Den Service und die Wartung des Microlino werden Dienstleister übernehmen, in der Schweiz – und möglicherweise auch in Deutschland – etwa Bosch Car Service.“
Wenn der Service von Bosch gemacht wird, wozu ist dann ein Aufbau eines eigenen Servicenetzes erforderlich?
Hoffentlich für die Anzahler entpuppt sich der Microlino nicht als gigantischer Schwindel.
Jürgen Baumann meint
Warten wir es ab. Micro hat bisher immer gute Ware geliefert. Habe gerade den Condor X3 bekommen. Cooles elektrisches Teil.
nilsbär meint
Na ja, wenn ein Tretrollerhersteller mit 57 Angestellten der Welt zeigen will, wie man billige E-Autos baut, bin ich skeptisch. Und obiger Artikel ist auch nicht vertrauenserweckend.
Es ist mir unverständlich, dass dieses Konzept mit der Fronttür eine Straßenzulassung bekommen hat. Schon bei einem leichten Auffahrunfall in der Stadt besteht die Gefahr, dass sich die Tür verklemmt und die Insassen nicht raus können. Panikattacke garantiert. An einen Unfall mit 50 km/h gar nicht zu denken.
Da hilft auch das coole Design nichts.
Timo meint
Erstmal schlau machen, dann meckern. Die 10.000 Reservierungen wurden ohne Anzahlung entgegengenommen, also wird auch kein Kunde um sein Geld gebracht. Der Microlino hat serienmäßiig ein großes manuell bedientes Stoff-Faltdach, dass bei einem Crash als Notausstieg dient.
Der Microlino ist also durchdachter als mancher Kommentar hier. Und vor 20 Jahren wurde der smart genauso belächelt- heute stellt den auch niemand mehr in Frage.