Volkswagen-Einkaufsvorstand Stefan Sommer hat im Gespräch mit dem Handelsblatt über die Pläne des Konzerns für die Produktion von Elektroauto-Batteriezellen gesprochen. Die Investitionen in eine eigene Zellfertigung sind demnach vor allem für die Anfangszeit vorgesehen, um den Einstieg in die Technologie zu schaffen.
„Es ist nicht unser Ziel, die eigene Zellfertigung langfristig immer komplett bei uns im Konzern zu haben. Unser eigenes Engagement ist der Situation geschuldet, dass wir eine gigantische Industrie in einer viel zu kurzen Zeit aufbauen müssen“, sagte Sommer der Wirtschaftszeitung.
Langfristig sehe der Autokonzern die Fertigung von Zellen bei Zulieferern. Dass die großen deutschen Zuliefer-Unternehmen die Fertigung von Akkus bisher meiden, stößt bei dem Volkswagen-Vorstand auf Unverständnis. 20 bis 30 Prozent der Wertschöpfung, die die Zulieferer bislang für die Produktion eines Autos bereitstellen, entfielen zukünftig auf die Batterie. „Die Zulieferer geben diesen großen Anteil ihres Marktes auf, wenn sie sich gegen die Zellfertigung entscheiden“, betonte Sommer.
Auch das Thema Rohstoffe kam in dem Handelsblatt-Interview zur Sprache: Deren Preise seien eine wesentliche Größe für Elektroautos, weil heute 60 bis 70 Prozent der Kosten einer Batteriezelle auf die Rohstoffe entfallen. „Daher sichern wir nötige Volumina sowie Preisstabilität langfristig ab“, erklärte Sommer. Auch die Batterielieferanten hätten die Rohstoffversorgung der Batterien sichergestellt.
Den Anteil des umstrittenen Rohstoffs Kobalt wolle Volkswagen in den nächsten Generationen der Batteriezellen von derzeit 12 bis 14 Prozent auf unter 5 Prozent reduzieren, so Sommer. Damit sänken die Kosten, und die Energiedichte steige. Auch Batterien völlig ohne Kobalt, das unter äußerst fragwürdigen Bedingungen im Kongo abgebaut wird, seien vorstellbar. Lithium bleibe dagegen der wesentliche Bestandteil einer Batterie, auch bei der nächsten Generation mit Feststkörper-Technologie.
Um sich von Rohstoff-Lieferanten unabhängiger zu machen, setze Volkswagen auf lange Sicht auf das Recycling von Batterien. „Größere Mengen von Batterie-Rückläufern sind Ende der 2020er-Jahre zu erwarten. Dann sind so viele Elektroautos unterwegs, dass ein ausreichend großer Markt für das Recycling entstanden sein sollte“, sagte Sommer. Wenn sich das Recycling etabliert habe, fielen auch die Rohstoffpreise – und die Abhängigkeit von Volkswagen etwa von Minen verschwinde.
Volkswagen hat die ehrgeizigsten E-Mobilitäts-Pläne der Branche: Bis 2028 sollen rund 22 Millionen reine Batteriefahrzeuge auf den E-Plattformen des Konzerns auf die Straßen kommen. Den eigenen Investitionsbedarf für Batteriezellen kalkulieren die Wolfsburger laut Sommer bis 2030 mit 60 Milliarden Euro. Die Aufwendungen für die weltweite Umstellung der gesamten Automobilindustrie schätzt er bis zum Jahr 2040 im Billionen-Bereich. „Wir sprechen ganz schnell von einem vierstelligen Milliardenbetrag für alles, wir kommen also in die Billionen für die gesamte Transformation der Branche“, meinte der Volkswagen-Manager.
Frank meint
Als ich 2014 hörte, dass Tesla eine Gigafactory mit eigener Zellproduktion plant hab ich mir gedacht: VW muss das auch tun. Man braucht dieses Kernwissen, die Mannschafft, die das kann und die Fabrikationsanlagen auch hier bei uns – selbst wenn die Zellen woanders billiger produziert werden könnten (was ja anscheinend gar nicht der Fall ist), sollte mindestens 20% der Zellen hier produziert werden, damit im Falle eines Lieferstops aus China die E- Autos trotzdem weiter verkauft werden können (hochrampen einer mittleren Produktion geht viel schneller als der Neuaufbau einer Sparte).
hu.ms meint
Wieso lieferstopp aus China?
Die zellen für die VW-akkus werden in europa gefertigt. z.b. von LG chem in polen.
Die transportkosten wären viel zu hoch.
Jörg2 meint
@hu.ms
@Frank schreibt von 2014.
toomi meint
China Zellen sind China Zellen, auch wenn sie in Polen produziert werden.
hu.ms meint
Und tesla verbaut japan-zellen auch wenn sie in den USA produziert werden…
150kW meint
Für Model S/X kommen die Zellen wirklich auch Asien ;)
Herbs meint
Wenn chinesische Auto Zulieferer nicht mehr liefern, wird kein einziges Auto weltweit (außerhalb von China) produziert. Das ist unabhängig von Zellen.
Swissli meint
Als klassischer Zulieferer würde ich momentan(!) auch die Finger von Zellfertigung lassen.
Sinn machte es als Autohersteller, wie VW, eine eigene kleine/mittlere Zellfertigung als „Backup“ und „Verhandlungsargument“ aufzubauen.
Das grösste Risiko für Zellfertigung ist die rasante Weiterentwicklung bei den Zellen. Wenn sich die Entwicklungsschritte verkleinern (wie einst bei PC/Smartphones) kann sich ein Einstieg lohnen. Die Chinesen sind bei den Smartphones auch „spät“ eingestiegen, und dominieren heute immer mehr den Markt.
Die Diskussion um Zellfertigung wird mit der Zeit wohl auch zurückgehen, weil der Preis immer tiefer sein wird. Wenn die Batterie noch die Hälfte kostet von heute, ist es vermutlich immer noch das teuerste Teil vom Auto, aber im Verhältnis zum Gesamtpreis wird die Batterie unbedeutender.
Offen gesprochen meint
Die Zulieferer hoffen auf synthetische Kraftstoffe und später Wasserstoff. Sie glauben, die Asiaten sind zu dumm, um auch in dieser Technologie zu punkten.
Und man wird die Arbeitsplatzkeule schwingen, um die deutsche Regierung in die gewünschte Richtung zu bringen. Mehr Fantasie haben deutsche Konzerne nicht.
MiguelS NL meint
„Dass die großen deutschen Zuliefer-Unternehmen die Fertigung von Akkus bisher meiden, stößt bei dem Volkswagen-Vorstand auf Unverständnis. 20 bis 30 Prozent der Wertschöpfung, die die Zulieferer bislang für die Produktion eines Autos bereitstellen, entfielen zukünftig auf die Batterie„
20 bis 30% ist aber für die Hersteller nicht Interessant genug? ????
alupo meint
Naja, wenn man aktuell z.B. Auspuffe oder Katalysatoren produziert kann ich mir schon vorstellen, dass sich dieser Zulieferer schwer tut, ohne Akkuzellen-Know how einfach eine Zellenfertigung auf die Beine zu stellen. Und selbst wenn man dann ein JV mit einem Kolbenhersteller gründet, dann haben sich zwar zwei Zellen-Blinde zusammengetan, aber auch vereint kommen sie nicht wirklich weiter gekommen.
Von den benötigten Milliarden an Kapital ganz zu schweigen.
Als es früher mit Varta oder z.B in Kamenz noch etwas know how gab hätte ich mir zumindest vorstellen können, dass man darauf irgendwie hätte aufbauen können, aber jetzt nicht mehr?
Ich traue das eher den etablierten Herstellern wie Panasonic, LG, Samsung oder CATL zu. Oder eben VW oder Tesla. Erstere weil sie mehr Geld haben als die Zulieferer, letzterem weil er schon immer mutiger war/ist und auch z B. einige Zellenfirmen bzw. Fertigungstechnologien schon aufgekauft hat.
Ich glaube jedenfalls nicht, dass einige europäische oder gar deutsche Zulieferer ins Zellengeschäft einsteigen wollen bzw. können.
MiguelS NL meint
Ich denke auch, ein Teil der Industrie würde schon gerne, d.h. die, die es erkannt haben, aber das Know-how fehlt.
Mercedes zeigt Unverständnis für die Entscheidungen der Zulieferer weil sie ein Gewinn von 20-30% liegen lassen, warum tun es die Hersteller (damit meine ich die Autohersteller) nicht selber?
GE meint
Den Zulieferen wäre die Brennstoffzelle lieber, allein wegen der größeren Zahl an potentiellen Erstaztteilen. Ansonsten könnte man sich vorstellen, dass sie auf einen neuen technologisprung warten. Der den Vorsprung der Asiaten bei den aktuellen Zellen reduziert und den Einstieg dann einfacher macht….
Jörg2 meint
Ich vermute, der Einstieg wird von Jahr zu Jahr schwieriger.
Die jetzigen Zellproduzenten bauen sehr große Produktionskapazitäten auf und refinanzieren dies durch ihre aktuellen, noch recht teuren, Verkäufe.
Die aktuellen Zellentwicklungen zielen darauf ab, auf solchen, bestehenden Produktionslinien die neuen Zellen herstellen zu können (leichterer Übergang auf neue Zellgenerationen, temporäre parallele Produktion der preiswerten alten Zellen und der teuren neuen Zellen, ähnliche Formate um den OEM´s den Umstieg auf die neu Generation zu erleichtern …)
Hier dann plötzlich quer einsteigen zu wollen und auch preiswert zu produzieren, setzt sehr viel Invest vorraus (welches durch die fallende Zellpreise nur schwer hereinholbar ist) UND den/die Großabnehmer ab dem Tage 1.
Will sagen, zu den jetzt am Markt existierenden Zellherstellern werden keine bis wenige dazukommen. Der Zug ist halb aus dem Bahnhof und nimmt zunehmend Fahrt auf.
elbflorenz meint
sehe ich genau so … wer erst in 5 jahren noch mit dem zug mitfahren will, fährt im gepäckwagen … oder er hat den wunderakku … dann vieleicht … aber wer glaubt an wunder? …
Peter W meint
Das klingt alles sehr vernünftig. Nur das Thema Recycling wird derzeit noch zu sehr hervorgehoben. Selbstverständlich ist es wichtig alles was möglich ist wieder in den Wertstoffkreislauf zurück zu führen, und das wird bei hohen Rohstoffpreisen auch ganz freiwillig geschehen. VW und all die Anderen werden aber in den nächsten 20 Jahren nicht auf Rohstofflieferungen verzichten können. Aus 100.000 alten Akkus kann man keine 22 Millionen neue machen.
Der Rohstoff Lithium ist aber auch entgegen allen Mutmaßungen auf Jahrzehnte hinaus problemlos zu beschaffen. Vor kurzem wurde veröffentlicht, dass die derzeit bekannten Lithiumvorkommen für den Bau von 5 bis 6 Milliarden Fahrzeugen reichen. Derzeit gibt es weltweit 1,2 Milliarden Autos. Lithiumvorkommen werden, wie heute die Erdölvorkommen, wohl weiterhin neu entdeckt und erschlossen. Andererseits weiß aber niemand wann Lithium, Nickel, Mangan und Kobalt duch andere Stoffe ersetzt werden können. Manchmal geht sowas sehr schnell. Wie Rohstoffe abgebaut werden kann die Industrie beeinflussen, auch das Problem sollte vernünftig zu lösen sein.
Jörg2 meint
Ich vermute, bis Akkus in das Recycling kommen, haben sie noch ein langes, stressfreies Leben als stationärer Speicher (in Haushalten, an Windparks …).
Peter W meint
So ist es! Deshalb ist auch das Recycling noch für viele Jahre nur ein kleiner Bereich für wirklich defekte Zellen. Zuerst kommt mal das „second live“.
Ecoment meint
Das Problem bei Continental ist die müssten Milliarden investieren ohne zu wissen ob sie je Wettbewerbsfähig sind Vw hat als Absatzmarkt Vw . Tesla hat Tesla . Catl ganz China wo soll dar ein neuer Zellhersteller hin .
Sledge Hammer meint
wer kämpft kann verlieren, wer nicht kämpft hat schon verloren. Die deutschen Automobilzulieferer werden halt in Zukunft keine so große Rolle mehr spielen.
Ecoment meint
Naja wer kämpft Milliarden Investiert hat verloren Continental wird sicher nicht gewinnen können also schon klug das Geld dann in neue Produkte zu investieren . Sehe BASF in Kathoden Fertigung eine Nische wofür aber ein Chemie Hersteller der Richtige ist . Sörens muss Continental Finden ihre Nische
Bender meint
Wie sagt man so schön: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt!
Im Moment sind Kredite für Unternehmen quasi für lau zu haben. Da könnte ein Unternehmen wie Continental durchaus von profitieren, jetzt in die Zukunft zu investieren.
Aber – und das habe ich leider selber erfahren müssen – ist die investitionsbereitschaft in Deutschland quasi bei Null. Jeder hat Angst um sein bisschen Geld. Furchtbare Mentalität – grade im Unternehmensbereich.
elbflorenz meint
aber mit lohnsenkungsforderungen kommen sie dann relativ schnell, genau wie die forderung nach steuersenkung auf entnommen gewinne. man kann sich ja immer über sonderabschreibungen – gerade bei investitionen in neue technologien – unterhalten. aber gerade was continental hier für eine „figur“ macht, ist schon kriminelle erpressung: entweder diesel+arbeitplätze oder werksschließung+arbeitslose. ich kann es wirklich nicht nachvollziehen – der zell/akkumarkt ist kein millardengeschäft, sondern langfristig (auch durch energiewende) ein billionenmarkt. und zwar eur/dollar!
Sledge Hammer meint
@elbflorenz
da bin ich vollkommen bei dir. Der Zell/Akkumarkt wird ein Billionenmarkt und da nicht dabei zu sein, ist ein Stück weit Zukunftsverweigerung, oder wie @Bender schon geschrieben hat, die Investitionsbereitschaft liegt bei Null.
Am Ende wird es wieder eine Technologie sein die aus Deutschland verschwindet.
Peter W meint
@Redaktion:
… Kobalt, das unter äußerst fragwürdigen Bedingungen im Kobalt abgebaut wird, …
da sollte wohl Kongo stehen.
ecomento.de meint
Danke für den Hinweis – korrigiert!
VG | ecomento.de
Leotronik meint
Seit Jahren reden wir uns hier den Mund fusselig und endlich fangen die bestbezahlten Fachkräfte das zu kappieren. Die Batteriefertigung ist Zellenfertigung. In Europa. Und noch etwas. Und das sofort.
Sledge Hammer meint
Bosch und Continental haben sich halt entschieden, in Zukunft keine so große Rolle als Automobilzulieferer zu spielen. Kann man gut finden oder auch nicht.