Der Start des ersten Elektroautos des Aachener Startups e.GO Mobile verlief überaus holprig. Aufgrund von Produktions- und Qualitätsproblemen wurden 2019 deutlich weniger Exemplare des Kleinstwagens Life als geplant abgesetzt: Man habe 540 Autos verkauft, teilte das Unternehmen mit. Anvisiert waren zuletzt 600 Einheiten, ursprünglich sogar 1000. „Es ist nicht planmäßig gelaufen, aber wir haben es besser hingekriegt als viele andere“, sagte Firmengründer Günther Schuh der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
Schuh hat vor e.GO Mobile den E-Transporter-Hersteller StreetScooter gegründet und 2014 an die Deutsche Post verkauft. Dass es bei seinem zweiten E-Mobilitäts-Startup noch nicht rund läuft, liegt laut dem Professor für Produktsystematik vor allem an den Zulieferern. Erschwerend hinzu kommt die von Bund und Branche geplante Erhöhung der deutschen Elektroauto-Kaufprämie „Umweltbonus“ auf bis zu 6000 Euro. Die Hersteller beteiligen sich zur Hälfte an der Förderung, e.GO Mobile muss daher bald 3000 statt 2000 Euro Rabatt gewähren. Deshalb, und wegen dem Mehraufwand durch verzögerte Straßenfreigaben, ist der Life mit 17.900 Euro seit Januar 2000 Euro teurer.
Noch hat e.GO Mobile das günstigere Angebot, so kostet etwa der überarbeitete Wettbewerber VW e-up! ab Werk 21.975 Euro. Die Konzernschwester Seat verkauft den auf E-Antrieb umgerüsteten Verbrenner als Mii Electric bereits für 20.650 Euro. VW hat zudem angekündigt, in wenigen Jahren kleine Elektroautos für unter 20.000 Euro anzubieten. e.GO Mobile setzt das nicht nur preislich unter Druck, sondern vor allem bei der Technik: Während e-up! und Mii Electric mit einer Batterieladung 260 Kilometer gemäß WLTP-Norm fahren, schafft der Life nur 145 Kilometer.
Trotz der Herausforderungen ist Schuh weiter zuversichtlich: 2020 will er dem dpa-Bericht zufolge mit e.GO Mobile 5100 Autos bauen. Neben dem Life soll das Portfolio später auch aus Transportern für Personen und Güter bestehen. Für die dazu erforderlichen Investitionen und Kosten sowie das Bedienen bestehender Verbindlichkeiten sind dringend frische Mittel nötig.
Für das Geschäftsjahr 2019 rechnet e.GO Mobile bei einem Umsatz von 20 Millionen Euro mit einem Verlust von 50 Millionen Euro. 2020 plant das Unternehmen nach den Worten von Schuh mit 130 Millionen Euro Umsatz. Die Verluste sollen zwischen 70 und 80 Millionen Euro liegen und sich erst 2021 reduzieren. Damit es weitergeht, muss neues Kapital her. Schuh macht sich unter anderem Hoffnungen auf einen neuen Partner aus und für China. Der Vertrag sei bereits geschlossen, die Überweisung des Geldes steht aber noch aus. Bis Ende März sichert ein Darlehen bestehender Investoren von 100 Millionen Euro den Betrieb.
Uwe meint
1.000 Euro Nachlass ein Problem?
Aber Herr Schuh!
Fragen Sie doch einfach Mal bei Ihren Kollegen von VW, wie man billigste Features in einer saftigen Aufpreisliste unterbringt.
Das gibt viel Raum für Rabatte und Sonderaktionen.
LMausB meint
Es ist vorbei. Das will von den Verantwortlichen nur keiner wahrhaben. Einen so langen Strohhalm, wie der, an den sie sich krampfhaft klammern, kann es gar nicht geben ohne, dass er abknickt. RIP
slefas meint
Wartet doch erstmal den Genfer Autosalon ab.
Da will E.Go einige neue Produkte präsentieren.
Ausserdem steckt jetzt auch ZF Kapital in die Firma.
Der Life sieht ganz knuffig aus, wie ein kleiner Porsche.
Und den Fehler der zu geringen Reichweite und Ladekapazität wird der Professor schon noch korrigieren, solange er noch kann.
Jennss meint
Ich finde den Verzicht auf Schnellladung noch schlimmer als die geringe Reichweite. Schnellladung gibt dem Nutzer Sicherheit wenn mal nicht alles nach Plan läuft. Der Verzicht ist für mich unverständlich. Zumindest optional sollte es das geben.
j.
Benji meint
Was hat der gute Herr Schuh über Tesla abgerotzt und stellt selbst ein Auto auf die Beine was in allen Belangen, bis auf einen etwas günstigeren Preis, schlechter ist als die Konkurrenz von VW, Smart und Seat.
Nächstes Mal vielleicht lieber Underestimated & Overperformed und nicht umgekehrt.
nilsbär meint
Ein nächstes Mal wird es bei der bevorstehenden Megapleite wohl nicht geben.
Egoist meint
Schade irgendwie.
E.go hatte seine gesamte Strategie auf genau einem einzigen Argument aufgebaut: Dem Preis. Es gibt keinen anderen Vorteil.
Jetzt ist das Argument ist weg. Und jetzt gibt es keinen Grund mehr, einen E.go zu kaufen.
Niemand kauft mehr einen E.go, wenn er von VW für quasi den gleichen Preis ein ausgereifteres, komfortableres, besser ausgestattetes, sichereres Auto mit viel mehr Reichweite und dichtem Händlernetz bekommt.
nilsbär meint
Sehr gut auf den Punkt gebracht!
Peter W meint
92.592,- Euro für jeden verkauften E.Go.
Da hätte man auch jedem Käufer einen Tesla ausliefern können.
Wenn man aber bedenkt, dass Sono für 50 Millionen nur ein paar Prototypen bauen will, dann ist e.Go Mobile doch schon ein Stück weiter.
Alles sehr traurig.
Swissli meint
Die Zahlen für 2019 gehen sowieso nicht auf:
20 Mio. Umsatz : 540 Autos = 37’037.-/Auto
elbflorenz meint
Ja, würde mich auch interessieren, wie die auf 50 Mio Umsatzerlöse gekommen sind. Die Autos können es ned sein. Und was anderes stellen sie meines Wissens ned her. Also müssen es entweder der Verkauf von Patenten, Auflösung von Rückstellungen aus 2018 sein (eher unwahrscheinlich) oder die Veräußerung von Anlagevermögen. Hat jemand noch eine andere Idee?
150kW meint
Vielleicht läuft das VW MEB Projekt schon.
Peter W meint
20 Millionen Umsatz plus 50 Millionen Verlust das sind ja sogar 130.000,- Euro pro Auto!
Christian meint
So kann man das aber nicht sehen..
Wenn neue Fabriken entstehen und ein ganz neues Produkt auf den Markt kommt und man quasi noch nicht ausliefert klar ist der Verlust hoch.
Christian meint
Die Reservierungen + Wallboxen und vielleicht Geld von ZF für den Mover.
Futureman meint
Es ist bei der Preisgestaltung nur eine Frage der Zeit, bis es vorbei ist.
Bei fast jeder Ankündigung wird das Auto teurer und es gibt neue Probleme. Der Weltmarktführer senkt in doppelter Geschwindigkeit die Preise.
Swissli meint
Der wichtigste Satz im ganzen Bericht:
„Für die dazu erforderlichen Investitionen und Kosten sowie das Bedienen bestehender Verbindlichkeiten sind dringend frische Mittel nötig.“
DRINGEND…
NL meint
Hätten sie ihn mal innen so schick wie außen gemacht, der Spagat ist ggf. für viele doch zu krass. Auch wenn er dann teurer geworden wäre. Wer will schon in einer groben Plastikwüste sitzen.
Pferd_Dampf_Explosion_E meint
Hat man in 2019 540 Autos verkauft oder ausgeliefert?
Ich glaube, Herr Prof. Schuh sehnt sich nach einer Produktionshölle, aber bei diesen Stückzahlen handelt es sich wohl mehr um eine Manufaktur. Ich glaube, das e.go-Abenteuer endet jetzt relativ schnell.
Swissli meint
Die Zahlen für 2019 gehen sowieso nicht auf:
20 Mio. Umsatz : 540 Autos = 37’037.-/Auto
Pferdeapfel meint
In 2019 wurden 171 Fahrzeuge ausgeliefert, der Rest ist nicht fertig geworden weil “immer irgendwo ein Teil gefehlt hat” (siehe aktuelles Interview Focus.de)