Der Gründer und Chef des Aachener Elektroautobauers e.GO Mobile hat in einem ausführlichen Interview mit Focus.de über die schwierige aktuelle Situation des Startups gesprochen. Er verriet dabei weitere Details zu den geplanten nächsten Finanzierungsmaßnahmen und neue Expansionspläne.
2019 sei „ein furchtbares Jahr“ gewesen, räumte Schuh ein. Neben einer geplatzten Finanzierungsrunde habe es große Probleme mit Zulieferern gegeben. Der Hochlauf des ersten Modells von e.GO Mobile, des Kleinwagens Life, verzögerte sich deshalb deutlich. Das Unternehmen hat kürzlich mitgeteilt, dass im letzten Jahr 540 Fahrzeuge verkauft wurden – ursprünglich waren 1000 geplant. 2020 sollen 5100 Einheiten produziert werden, für 2021 stellte Schuh im Gespräch mit Focus.de 16.400 Autos in Aussicht.
Eine weitere Herausforderung ist die geplante Erhöhung der deutschen Elektroauto-Kaufprämie „Umweltbonus“ von 4000 auf bis zu 6000 Euro. Die Förderung wird nur zur Hälfte vom Bund finanziert, e.GO Mobile muss daher bald 3000 Euro Nachlass geben. Deshalb, und wegen dem Mehraufwand durch verzögerte Straßenfreigaben, wurde der Preis für den Life im Januar um 2000 Euro erhöht. Schuh wünscht sich, dass seinem Unternehmen der Eigenanteil am Umweltbonus erlassen wird. „Ich glaube nicht, dass irgendjemand in Berlin die Wettbewerbsverzerrung zugunsten der Premiumhersteller, die damit einhergeht, gewollt hat“, argumentierte er. Nach Gesprächen mit Politikern hoffe er derzeit das Beste.
e.GO Mobile braucht für die nächsten Schritte frisches Kapital. Bisher hätten die Investoren 310 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. „Bis wir auf eigenen Füßen stehen, brauchen wir von heute an gerechnet noch einmal 105 Millionen“, so Schuh. 50 Millionen Euro seien bereits in Form von Eigenkapital eines neuen, noch ungenannten Partners aus China sicher. Auch dort soll der Life in Zukunft gebaut und verkauft werden. Zunächst sollen in der Volksrepublik 100.000 Elektroautos pro Jahr entstehen. Der Kaufpreis für chinesische Kunden soll durch Massenproduktion von zu Beginn noch 17.000 bis 18.000 Euro netto auf unter 10.000 Euro sinken.
Schuh wolle weitere Joint Venture wie das in China gründen, erklärte er. Als nächstes habe er Kanada oder Mexiko im Visier. Die Produktion für das Niedrigpreissegment vertrage „keinen Teile-Tourismus“, deshalb würden in den geplanten neuen Fabriken alle Teile aus dem unmittelbaren regionalen Umfeld kommen. Für Kanada überlege man schon, wie das Auto für diesen Markt aussehen könnte.
Zusätzlich zu den Mitteln aus China will e.GO Mobile Geld von weiteren Investoren einsammeln, Gespräche mit sechs Interessenten finden laut Schuh bereits statt. 2019 wurde ein Überbrückungsdarlehen von bestehenden Geldgebern gewährt, das diesen März zurückgezahlt werden muss – geschieht dies nicht, können es die Geldgeber in Aktien der e.GO Mobile AG umwandeln. Schuh zufolge lassen die Gesellschafter das Darlehen möglicherweise aber auch weiterlaufen. Unabhängig davon bleibe die Eigentümerstruktur geprägt von drei dominierenden Blöcken, darunter Schuh und sein Management.
Mit Blick auf die finanzielle Situation in diesem und im nächsten Jahr sagte der e.GO-Mobile-Chef, dass der Life für mehr Kosteneffizienz in der Produktion überarbeitet werde. 2020 erwarte das Startup geschätzt 20 bis 60 Millionen Euro Verlust. Für 2021 geht Schuh davon aus, in Form eines positiven Cash Flows Geld zu verdienen. „Dann dürften wir für Banken kreditwürdig sein.“
Nach den Worten des Gründers soll es mit e.GO Mobile also weitergehen – darauf angesprochen, ob er das Projekt aus heutiger Sicht noch einmal angehen würde, sagte er allerdings: „Ich glaube, ich würde das nicht noch einmal machen.“ In den USA oder China würden Auto-Startups in der Phase der Industrialisierung mitunter 1,5 oder 2,5 Milliarden Dollar von ihren Geldgebern bekommen. „In Sparkassen-Deutschland“ müsse man dagegen um jede 100 Millionen Euro kämpfen.
nilsbär meint
Herr Schuh beklagt sich also darüber, dass woanders Milliarden in E-Auto-Startups investiert werden und in sein Startup nicht. Allerdings haben die Milliarden-Empfänger wie Tesla, Rivian, Byton, Geely, BYD usw. auch attraktivere Geschäftsmodelle als die Herstellung von relativ billigen Plastikschüsseln ohne Ausstattung und mit unzumutbarer Reichweite. Als Investor würde ich für E.go genau 0 Euro lockermachen. Sorry.
Michael meint
Herr Schuh hat seinen Anstoß für eine Ausnahme bei der Elektro Prämie gerade mal null durchdacht.
Er kann ja schon heute darauf verzichten die Prämie zu zahlen. Dann wird jedoch der Bafa Antrag scheitern.
Wenn er nun eine Ausnahme bekommt, dann muss er zwar die 3.000 € nicht abziehen, der Kunde bekommt vom Staat 3.000€, und der Preis liegt bei 14.000€. Dafür bekommt ein Kunde auch einen Skoda eCitigo. Und das mit deutlich besserer Ausstattung.
Schuh ist zu spät dran, er hatte nicht damit gerechnet, daß VW wirklich in den Markt will. Jedes Startup muß die Markteinführung so kalkulieren, dass er die Anfangsphase bis zur Massenproduktion per Investition finanziert und nicht schon einen positiven Deckungsbeitrag beim ersten ausgelieferten Auto hat.
Für mich zeigt Schuh selbst par excellence die Deutsche Sparkassenmentalität. Sobald etwas nicht klappt wird nach staatlichen Hilfen geschrien und Unternehmer will man dann nicht mehr sein.
Leotronik meint
Herr Schuh sollte alles Geld nehmen und nach Monte Carlo fahren. Wenn er Alles auf Rot oder Schwarz setzt hat er knapp 50% Chance auf Erfolg. Das ist ein Mehrfaches davon als wenn er das Geld in den eGo steckt.
Frakrei meint
Hat übrigens Elon auch gemacht. Bei Ihm kam zufällig die richtige Farbe!
alupo meint
Fakten oder Fake?
Natürlich Fake.
Teilweise entfernt. Bitte bleiben Sie sachlich. Danke, die Redaktion.
Anton Schimpfle meint
Wenn ich hier die Summen , hunderte von Millionen Euro Kapital lese, die bei e-Go nicht reichen um weiter zu machen, dann ist SONO Motors aber toter als tot……..
nilsbär meint
Bei E.go und Sono würden auch Milliarden nicht reichen, weil deren Produkte im Massenmarkt nicht konkurrenzfähig sind. Überspitzt gesagt: Der bisherige langjährige Golf-Fahrer wird sich vielleicht noch einen ID.3 einreden lassen, aber keinen E.go oder Sion. Dazu wäre irgendein sensationelles Alleinstellungsmerkmal nötig, was der Sion nicht und der E.go schon gar nicht hat.
Daniel meint
Prof. Schuh ist:
CEO e.Go Mobile AG
CEO e.Go MOOVE GmbH
CEO RWTH Aachen Campus GmbH
Vorsitzender Aufsichtsrat Innovation Factory
Direktor WZL der RWTH
Direktor des Fraunhofer IPT
Direktor FIR der RWTH
Gründer Schuh & Co
Vielleicht sollte er sich einfach mal fokussieren. Zumindest die diversen Professuren könnte er mal abgeben. Zu meiner Studienzeit hatte er schon weder für Studenten, noch für Doktoranden Zeit. Und da gab es e.Go noch nicht.
Die Gründung eines Automobilbauunternehmens ist kein Teilzeitjob.
Futureman meint
Elon Musk arbeitet bei Tesla auch nur zeitweise, da er noch einige andere Firmen hat. Daher liegt es nicht an der Zeit…
Thomas R. meint
Ich glaube Herr Musk hat doch noch andere Fähigkeiten als Herr Schuh..
Will ihn nicht schlecht reden, aber Musk ist sicher einer DER Menschen unserer Zeit. Er hat extreme Talente die so kaum jemand mitbringt.
Swissli meint
Je näher die Pleite, umso grösser die Träume?
China, Mexiko, Kanada, 10’000€ netto VP, 100’000 Autos/Jahr, 50 Mio € EK „sicher“, neue potentielle Investoren, die 103 Mio. € werden plötzlich eventuell doch verlängert (Ablauf 31.3.20) und und und… und natürlich sind immer nur die anderen Schuld an der jetzigen brenzligen Situation.
Daytrader meint
Kein deutsches Startup kann derzeit gegen die verzerrten Marktbedingungen ankämpfen. Es regieren Verbote, Drohungen von Strafzahlungen und Subventionen.
Damit tötet man die Initiative, ein deutsches Tesla ist da unmöglich.
OnlyAFoolUsesGoogleAndroid meint
Wenn man sich das Budget von Tesla und e.Go Mobile anschaut sieht man wo die Probleme liegen. Schuh hat mit seiner Aussage hinsichtlich der Milliarden vs. Millionen schon recht. Mit mehreren Milliarden in der Hinterhand wie bei Tesla wäre auch ein deutsches Tesla möglich. Musk ist halt ein charismatischer, großmäuliger Marktschreier, der es versteht Geldquellen anzubohren + eine gute ganzheitliche Strategie. Unterm Strich bleibt nur: „Ohne Moos auch bei Tesla nix los.“
Thomas R. meint
Teslas USP ist aber eben auch die technologische Führung. Und das in mehreren Bereichen… Große sympathische (für viele) Klappe mit richtig was dahinter.
PK meint
Da fällt mir die Formulierung ein:
„gutem Geld schlechtes hinterher werfen“
Soll heißen:
Man hat mal mit guten Vorsätzen angefangen.
Und dann lief es nicht so wie geplant.
Und dann gibt es zwei Möglichkeiten:
– sich das Scheitern einzugestehen
– weiter machen um des weiter machens willen
Und für den zweiten Weg braucht man immer neues Geld.
Nur leider wird’s nicht mehr besser.
Nur teurer.
Und je mehr Geld man versenkt hat, desto stärker der Wunsch und die Illusionen für das weiter machen, weil man unbedingt einen Erfolg erzwingen will…
Ich denke, spätestens seit e-upmiicitigo ist der e.go nicht mehr attraktiv.
Läuft halt leider nicht wie beim streeetscooter…
LMausB meint
… und es wird leider nicht besser. RIP e.go.
Pferd_Dampf_Explosion_E meint
Aus die Maus, das noch junge Pferd ist tot.
Reiter meint
„Sparkassen-Deutschland“, wahre Worte, eine innovationsfeindliche, überalternde Bevölkerung mit einer unternehmerischen Tradition aus dem Kaiserreich, versucht Anschluss zu halten ohne Software-Know-how und ohne Venture Capital. Viel Glück! ;-)
P.S. Hab heute bereits 1x bei amazon bestellt, schon 5 x Whatsapp geschrieben, 4x bei google gesucht, bei googlemaps navigiert, meinen Sony gestartet und am Samsung telefoniert….
Daytrader meint
Das Kaiserreich hieß auch Gründerzeit. Dafür stehen die Namen, Siemens, Daimler und Krupp. Deutschland war damals das innovativste Land der Welt. Mit wenig Steuern, die Mehrwertsteuer war unbekannt.
Die Deutschen waren so erfolgreich, das sich die Briten den Slogan „Made in Germany“ ausdachten um den Konkurrenten hinter sich zu lassen.
400GON meint
… und auf diesen Lorbeeren schläft Deutschland immer noch beruhigt und glaubt das dies niemandem auffällt.
Die transparente Infomationspolitik von e.go Mobile gefällt mir.
Die Flucht nach vorne in andere Märkte ist gut, dass machen auch gerade die deutschen Windkraftanlagenhersteller (z.b. Nordex) da es hier in D keinen Nährboden für Neues gibt.
Axel P. meint
2020 wird für Ego noch schlechter als 2019 werden! Bin ich froh, dass ich schon vor einem Jahr meine Reservierung für den Ego storniert und mir stattdessen eine sofort verfügbare Zoe gekauft habe. Die ist zurzeit mit dem 6000 €-Bonus in der Grundausstattung billiger als ein entsprechender Ego. Noch Fragen?
Reiter meint
Also man ignoriert so etwas wie Shenzen und belächelt „made in china“, aber hat sonst nichts mit Hightech auf die Reihe gebracht, trotz Rekordverschuldung. Zynisch nur, dass das Rentensystem auch nur mit 5 Jahreshorizont betrieben wird. Ein hoch auf das endlose Umverteilungsspielchen.
Simon meint
Made in Germany kam weil die Deutschen zwar alles aber schlecht produziert hatten.
Danach kam der Imagewandel und die Produkte wurden besser.
Ähnlich wie bei Made in China gerade.
OnlyAFoolUsesGoogleAndroid meint
„P.S. Hab heute bereits 1x bei amazon bestellt, schon 5 x Whatsapp geschrieben,“
Wenn man auf so etwas stolz ist, dass man sein Hirn ausschaltet und wie ein Lemming allem blind hinter her rennt, dann bleibt mir nur eins. Mein Beileid zu wünschen.
Ich hab Amazon in den letzten 12 Monaten genau einmal genutzt, um eine Bestellung aus 2018 als defekt zu reklamieren und wieder zurückzusenden. Ansonsten bekomme ich das meiste günstiger an anderen Stellen (online). Das geht aber nur, wenn man nicht zu bequem ist und auch mal nach Alternativen sucht.
StugiLife meint
@Reiter
und das alles übers Netz der Deutschen Telekom ;-)