Um die Akzeptanz für ihre Elektroauto-Offensiven zu erhöhen, werben insbesondere die großen deutschen Hersteller mit nachhaltiger Produktion und Beschaffung. Bei den in ihren Lithium-Ionen-Batteriepacks eingesetzten, bisher noch extern eingekauften Batteriezellen steht dabei die Gewinnung der Rohstoffe im Mittelpunkt. Für mehr Transparenz berichtet Volkswagen von einer Erkundungsreise in die Lithium-Wüste von Chile.
Immer wieder gebe es Berichte, dass der Lithium-Abbau die Wasserversorgung der indigenen Bewohner der Atacama-Wüste in Chile gefährde, so Volkswagen. Für ein verlässliches Gesamtbild fehlten jedoch die Fakten. Franziska Killiches, Expertin für nachhaltige Rohstoffbeschaffung bei dem Autokonzern, habe sich deshalb selbst auf den Weg gemacht.
Ohne Lithium sind die in aktuellen Elektroautos verwendeten Batterien nicht herstellbar, das gilt auch für die Akkus vieler Handys oder Laptops. Für Volkswagen bringe das aufgrund der Transformation zum Massenhersteller von Elektroautos eine besondere Verantwortung mit sich. „Die Rohstoffe für unsere Elektrobatterien müssen unter nachhaltigen Bedingungen abgebaut werden. Wir müssen deshalb alles tun, damit durch die Lithium-Gewinnung kein Schaden für Mensch und Natur entsteht“, betont Ullrich Gereke, Leiter Beschaffungsstrategie und Chef von Franziska Killiches.
Das Wasser in den großen Sole-Becken für den Lithium-Abbau in Chile wechselt von Stufe zu Stufe seine Farbe, weil der Lithium-Anteil steigt: Aus Blau wird nach und nach Gelb, erklärt Killiches. „Das alles passiert nur mit Hilfe der Sonne. Chemie kommt erst viel später zum Einsatz, wenn die Sole zu Lithiumkarbonat weiterverarbeitet wird.“ Aus der Atacama-Wüste werde die lithiumhaltige Flüssigkeit dazu ins 300 Kilometer entfernte Antofagasta transportiert.
In ihren Gesprächen habe Killiches festgestellt, dass viele Atacameños sich um den Verlust ihrer Lebensweise sorgen. 6500 indigenen Einheimischen stünden eine Viertelmillion Touristen pro Jahr gegenüber. „Größere Orte wie San Pedro sind voller Hotels. Viele Jüngere wollen lieber dort arbeiten, statt die Landwirtschaft ihrer Eltern und Großeltern fortzusetzen“, erzählt die Volkswagen-Managerin. Auch die Arbeiter der großen Kupferminen käme von außerhalb.
Auswirkungen des Lithium-Abbaus noch unklar
Eine bäuerliche Lebensweise gibt es nur mit ausreichender Wasserversorgung – und die habe sich in der Atacama-Region nach übereinstimmenden Berichten der Einheimischen verschlechtert. „Es steht außer Frage, dass heute weniger Regen fällt und weniger Wasser aus den Bergen in die Ebene fließt, als es die Menschen früher gewohnt waren“, sagt Killiches. Es sei allerdings unklar, ob das mit dem Lithium-Abbau zusammenhängt. Daten würden zeigen, dass beim Süßwasserverbrauch der Region der Wasserverbrauch der Unternehmen, die Lithium gewinnen, mit einem Anteil von fünf bis zehn Prozent hinter dem Tourismus und dem Kupferbergbau liegt. Zudem sei die Region bereits heute stark vom Klimawandel betroffen, was die Trockenheit verschärfe.
Kritiker des Lithium-Abbaus befürchten auch, dass Süßwasser dorthin nachströmt, wo lithiumhaltige Sole abgepumpt wird. Damit würde das Trinkwasser unbrauchbar für Mensch und Tier. Auch für diese Befürchtung hätten Experten laut Volkswagen bisher allerdings keinen Beleg gefunden. „Es gibt kein einheitliches hydrologisches Modell, das den Verdacht stützt“, so Killiches. Die betroffenen Unternehmen und Siedlungen arbeiteten mit jeweils eigenen Modellen über die Wasserströme in der Atacama-Wüste – das mache es schwer, zu einem gemeinsamen Verständnis zu kommen.
„Ich kann gut verstehen, dass sich viele Atacameños Sorgen um ihre traditionelle Lebensweise machen“, sagt Killiches nach ihrer Erkundungsreise. Volkswagen wolle im Gespräch bleiben und besser verstehen, wodurch sich die Lebensbedingungen in der Atacama-Wüste verändern. Man wolle analysieren, wie Endabnehmer wie der Autobauer zu nachhaltigen Bedingungen der Lithium-Förderung in Chile beitragen können.
Duesendaniel meint
Ich begrüße diese Initiative von VW, man sollte den Schaden an Mensch und Umwelt so gering wie möglich zu halten.
Zur Ergänzung sollte man aber auch wissen, dass für die Erzeugung von 1 Kg Rindfleisch so viel Wasser verbraucht wird, wie für die Produktion eines mittelgroßen Lithium-Ionen Akkus im BEV (Quelle: Quaschning – Elektroauto, Diesel oder Wasserstoff).
Außerdem frage ich mich, was aus der Lithium-Mine im Erzgebirge geworden ist? Die Insolvenz des Investors kann das Projekt doch nicht ernsthaft für alle Zeiten lahmlegen!? Warum kauft VW die Bude nicht einfach? Der Standort wäre mit kurzen Transportwegen doch geradezu ideal für ihre Zellfertigung in Salzgitter.
alupo meint
Kein verantwortliches Unternehmen kauft in Chile von der einflußreichen Familie Pinochet (die Älteren hier werden sich noch an die chilenische Militärdiktatur von General Pinochet erinnern) ihr Lithium.
Überraschend finde ich es dennoch, dass dieses Metall plötzlich so direkt mit Autoherstellern in Verbindung gebracht wird wo es doch seit Jahrzehnten in vielen unterschiedlichen Produkten zum Einsatz kommt. Dort war es m. W. aber nie in der Kritik. Dabei kaufen die Autohersteller es gar nicht weil sie erst mindestens zwei Verarbeitungsstufen bzw Unternehmensstufen dahinter kommen.
Also zuerst kommt das eigentliche Bergbauunternehmen (ggfs auch incl. der Metallherstellung aus dem Li-Salz) , danach kommt ein Chemieunternehmen das eine Anlage zur Herstellung des Kathodenmaterials betreibt (Li-NCM, Li-NCA etc.) , danach kommt ein Zellenhersteller, danach ist ggfs noch ein Akkupackhersteller dazwischengeschaltet und erst dann kommt der eAutohersteller.
Bei Kobalt ist es ja ähnlich. Ich hoffe, dass die Kobaltkritiker keine blaue Keramik zuhause haben und vor allem keinen Verbrenner fahren, denn der enthält schon seit ich denken kann Kobalt.
Selbstverständlich sollten wir uns Gedanken darüber machen wie man unsere Bedürfnisse mit möglichst wenig Resourcenverbrauch realisieren kann (und deshalb auch keine Brennstoffzellen! ), aber Lithium und Kobalt etc. sind dafür wirklich nicht geeignet, das eAuto schlecht zu reden. Ein Tip: Kupfer wäre dazu besser geeignet, aber dann fängt es ja schon beim Verlängerungskabel an… ;-).
Insofern finde ich es schon gut, dass einige Hersteller nicht nur Zellen oder Packs zukaufen sondern dabei sind, sich in die zweite oder gar erste Produktionsstufe einzukaufen bzw. Umarbeitungsverträge zu verhandeln um die Kontrolle über die Herkunft der Rohstoffe zu bekommen. Vorausgesetzt, die machen das nicht nur um dadurch die Kosten zu senken.
RaleG meint
Sehr gut, dass VW auch hier gegen die Desinformationskampagnen aktiv wird.
Wassermangel ist ein realistisches Problem durch die Privatisierung der Wasserrechte. Allerdings in erster Linie wegen den Kupferminen und nicht wegen der Lithiumgewinnung.
Der Bericht (etwas langatmig und dramatisierend) „Atacamawüste – Leben ohne Wasser“ (360° – GEO Reportage) von 2013 zeigt das eindringlich: https://youtu.be/OJJze1tQhz0
Damals ohne Lithium-/ Elektroauto- Bashing.
Norbert meint
Lithium ist bisher ein Nebenprodukt! Vor allem wird dort Kalium abgebaut.
Also auch ganz ohne Lithium-Gewinnung würde dort weiter verfahren wie bisher.
Tesla-Fan meint
Mich hätte eine mögliche Überschrift
„Volkswagen will Schäden*) durch Erdölförderung in XXX **) verhindern“
deutlich mehr vom Hocker gehauen.
*) Krieg, Umweltverschmutzung,
**) Orient, Meere, Alaska
So ist es leider nur billige Polemik.
Freddy K meint
Also Norwegen davon abhalten in der Beringsee Erdöl zu fördern. Ja, wär mir auch lieber gewesen.
jomei meint
Etwas Geografie gefällig? Die Salzseen, aus denen die lithiumhaltige Sole hochgepumpt wird, liegen in Senken bzw. natürlichen Becken, in die die spärlichen Zuflüsse fließen. Das Grundwasser unter den Salzseen ist Sole und damit von Natur aus für die Landwirtschaft unbrauchbar.
Die indigenen Einwohner schöpfen das Flusswasser aus den spärlichen Zuflüssen, bevor diese das Becken erreichen, gleiches gilt für die Brunnen, die weit vor den Becken liegen.
Die Förderung der lithiumhaltigen Sole geschieht also weit hinter den landwirtschaftlich genutzten Arealen.
Ein Vortrag belegt diesen Fakt zusätzlich mit Satellitenbildern:
Bei Youtube ins Suchfenster „Mythen der Elektromobilität“ eingeben, Vortrag von Prof. Dr. Rainer Klein, DHBW Mosbach.
Weitere Folgerung: Die Trinkwasservorräte schrumpfen infolge zurückgehender Niederschläge, was dem Klimawandel geschuldet ist und nicht einer Technologie, die den Klimawandel bremsen soll.
Ebenso ist es ein in der Geografie der früher so genannten Entwicklungsländer, dass die junge Bevölkerung aus dem ländlichen Raum in die Industrie- und Dienstleistungszentren abwandert – in Erdkundeschulbüchern den Heranwachsenden unter den Stichworten Push- und Pull-Faktoren vermittelt, ein Prozess, der schon seit Jahrzehnten läuft, unabhängig davon, welcher Rohstoff erschlossen und gefördert wird.
jomei meint
Satzfehler, es muss heißen: Ebenso ist es ein in der Geografie der…Entwicklungsländer bekanntes Faktum, dass…
MichaelEV meint
+1 Danke für die Aufklärung.
Peter W meint
Die „Sorgen“ die man sich um die „Bauern“ macht die dort mehr schlecht als recht leben, sind meiner Meinung nach an den Haaren herbei gezogen. Die Kinder dieser Menschen haben mit dem zunehmenden Klimawandel ohnehin keine Lebensgrundlage mehr und sind glücklich darüber eine halbwegs ordentlich bezahlte Arbeit zu bekommen anstatt dürren Wüstenboden zu beackern. Man muss nur mal Google-Earth öffnen um zu erkennen wie riesig diese Wüste ist, und wie lächerlich es da erscheint wenn diese Wüste zur Rohstoffgewinnung genutzt wird. Man kann sich dagenen mal die Ölgewinnung auf unserem Planeten anschauen. Da wo vorher unberührte Wälder und sauber Flüsse waren sind nach dem Eingriff der Ölindustrie nur noch ölverseuchte wüstenähnliche Schlammlandschaften zu erkennen. Die Indianer, die man seit hunderten von Jahren immer wieder vertreibt und deren Lebengrundlagen vernichtet, müssen wieder einmal weichen. Und wer fragt sie Farmer in den USA wie sie mit chemikalienverseuchtem erdgashaltigen „Trinkwasser“ zurecht kommen, weil die Ölindustrie Fracking betreibt um Milliarden zu scheffeln?
Vielleicht wäre es endlich mal an der Zeit abzuwägen welche Indistrie weniger Schäden anrichtet, anstatt das Neue grundsätzlich abzulehnen, auch wenn es deutlich weniger Schäden anrichtet.
150kW meint
„Die Kinder dieser Menschen haben mit dem zunehmenden Klimawandel ohnehin keine Lebensgrundlage mehr und sind glücklich darüber eine halbwegs ordentlich bezahlte Arbeit zu bekommen anstatt dürren Wüstenboden zu beackern. “
Was für ein Glück das du hier ja ganz genau weißt was die dort wollen.
„Die Indianer, die man seit hunderten von Jahren immer wieder vertreibt und deren Lebengrundlagen vernichtet, müssen wieder einmal weichen.“
Aber sind die nicht eh froh eine halbwegs ordentlich bezahlte Arbeit zu bekommen anstatt Böden zu beackern?
Peter W meint
Nein, denn die Indianer leben (bzw. lebten) in einer intakten Umwelt mit ausreichend sauberem Wasser und fruchtbarem Boden. Sie können zur Jagd gehen und es gibt ansonsten eine normale Infrastruktur wie es in den ländlichen Gegenden üblich ist. In der Atakama-Wüste gibt es Nichts, und die Leute sind froh, wenn die dürren Ziegen ein bischen Milch geben, und man in dem kargen Boden ein paar Pflanzen für den Eigenbedarf durch bringt.
DerMond meint
„Was für ein Glück das du hier ja ganz genau weißt was die dort wollen. “
Landflucht ist in diesen Gegenden schein seit vielen Jahrzehnten Thema, so wie in vielen Ländern bei rasanter industrieller Entwicklung. Und in den klimatisch ungünstigsten Gegenden ist die Urbanisierung am größten.
Jörg2 meint
Meine sehr persönliche Meinung:
Wenn das vor Ort so ist, wie VW das beschreibt, dann sollte die dortige Produktion parallel zum Rückgang der Süßwasserzuflüsse (Regen, Berge) gedrosselt werden.
Wenn dann (irgendwann) unabhängige Untersuchungen ergeben, dass eine erhöhte Produktion 100%ig keinerlei Auswirkungen auf die Grundwassersituation hat, dann (und erst dann) sollte man die Produktion hochfahren.
Gerry meint
Das gilt dann für alle Lithium-Akkus wie z.b. im Smartphone und tausend anderen Geräten ?
Die Lösung ist dann vollständiger persönlicher Konsumverzicht. ;-)
Peter W meint
So ist es. Aber jetzt muss man ja gegen das E-Auto sein, weil die Ölindustrie so wahnsinnig umweltfreundlich ist.
Karla01 meint
Vielleicht kann man ja von superlativen Abstand nehmen. Vielleicht kann man damit leben dass nicht jeder Mist elektrifiziert wird, selbst wenns noch so unsinnig ist und dabei tonnenweise Lithium benötigt, zb die ganzen LKWs welche durch ganz Europa fahren. Vielleicht gibts da in der Gesamtbilanz betrachtet doch cleverere Ansätze (die nichts mit der Bahn zu tun haben, das funktioniert schon seit jahrzehnten nicht besser als es jetzt funktioniert und das wird auch nicht besser).
Wenn man einfach ideologiefrei jeden Antrieb+Speicher dort verwenden würde, wo er Prio 1) ökonimisch und Prio 2) ökologisch am besten tut, wäre der Umwelt schon ein Dienst getan.
Jörg2 meint
@Gerry
Ich meinte eher, bevor man am StatusQuo etwas ändert, sollten man sich belastbare Daten holen.
Es wird ja wohl seit Jahren dort gefördert.
Ich schrieb nicht von kompletter Einstellung der aktuellen Produktion.
Ein WENIG Konsumverzicht in der westlichen Welt, wäre nicht so schlecht!
hermann meint
Der Bock inspiziert den Garten und findet „keinen Beleg“. Aber Verständnis für die leicht naiven Ureinwohner hat er schon. Immerhin!
Es handelt sich bei dem Artikel sicherlich um eine Pressemitteilung 1zu1 von …., oder?
LIPo meint
Meine sehr persönliche Meinung:
Niemand zwingt die Chile Geschäfte mit VW zu machen. Wer sich Sorgen um die Umwelt und den Menschen aus der Region macht, sollte sich zb. mit einer Petition an die Chilenische Regierung wenden und konsequenterweise vom Kauf eines BEV Abstand nehmen.
Alles andere wäre Scheinheilig.