Der weltweit größte Automobilzulieferer Bosch hat ein Update zu seinen Plänen für die kommenden Jahre gegeben. Man kombiniere das Internet der Dinge (IoT) mit künstlicher Intelligenz (Artificial Intelligence, AI) und setze auf Elektromobilität, um aus technologischen und ökologischen Umbrüchen neue Geschäftschancen zu erschließen, teilte der Konzern mit.
In der Antriebstechnik etabliere sich die E-Mobilität bei Bosch als Kerngeschäft. Dafür erbringt das Unternehmen laut Vorstandschef Volkmar Denner hohe Vorleistungen, allein 700 Millionen Euro in diesem Jahr. Insgesamt habe Bosch bereits fünf Milliarden Euro an Vorleistungen für die alternative Antriebsart aufgewendet. Derzeit wachse der Umsatz für elektrische Antriebskomponenten des Unternehmens mit nahezu 40 Prozent doppelt so stark wie der Markt. Bis 2025 soll sich der jährliche Umsatz auf etwa fünf Milliarden Euro verfünffachen, die Gewinnschwelle ein Jahr zuvor erreicht werden.
„Die Elektromobilität ist längst keine Wette mehr auf die Zukunft, wir verdienen die Vorleistungen zurück“, sagte der Bosch-Chef in einer Online-Pressekonferenz anlässlich der Vorlage des Geschäftsberichts 2020. Insgesamt habe der Konzern bis Ende 2020 bereits ein Auftragsvolumen von mehr als 20 Milliarden Euro akquiriert.
Die weltweiten Anstrengungen gegen den Klimawandel führen zu einem Schub für Elektrifizierung und grünen Wasserstoff. In der Elektrifizierung sieht Denner neue Chancen in mehreren Geschäftsfeldern: „Elektrifizierung erfordert nicht nur Lösungen fürs elektrische Fahren im Auto, vielmehr auch fürs elektrische Heizen in Gebäuden.“ In der Elektromobilität seien die Treiber der Veränderungen vor allem Emissionsvorgaben zur Einhaltung der Klimaschutzziele und sinkende Batteriekosten. Batteriezellen für Elektroautos will Bosch trotz des Booms in diesem Bereich aber weiter nicht herstellen.
Auch beim „Megatrend Wasserstoff“ setzt Bosch auf einen Wachstumsmarkt: Das Marktvolumen für grünen Wasserstoff sieht das Unternehmen in der EU bis 2030 bei nahezu 40 Milliarden Euro, mit jährlichen Wachstumsraten um 65 Prozent. Für die Brennstoffzelle, die Wasserstoff in Strom umwandelt, entwickelt das Unternehmen stationäre und mobile Lösungen. Von 2021 bis 2024 will Bosch insgesamt eine Milliarde Euro in die Brennstoffzellen-Technologie investieren. „Bosch ist bereits H₂-ready“, so Denner. Für dieses Jahr sei der Betrieb von 100 Anlagen mit stationären Brennstoffzellen vorgesehen, etwa um Rechenzentren, Industriebetriebe und Wohnquartiere mit Strom zu versorgen.
Für mobile Brennstoffzellen-Komponenten umfasst das Marktvolumen bis Ende der Dekade nach Schätzung von Bosch rund 18 Milliarden Euro. Denner sieht das Unternehmen dafür gut aufgestellt: „Wir haben die Power, um auch auf diesem Markt vorn zu sein.“ Erst kürzlich ist Bosch für den Brennstoffzellen-Antrieb ein Joint Venture mit der chinesischen Qingling Motor Group eingegangen. Noch in diesem Jahr soll eine Testflotte mit 70 Trucks über die Straßen rollen.
„Technologiepfade nicht gegeneinander ausspielen“
Die ersten Pläne der EU für die Euro7-Abgasregulierung hält der Bosch-Chef nicht für zielführend, begrüßte jedoch „ausdrücklich, dass in die Debatte Bewegung gekommen ist und jetzt eine Versachlichung stattfindet“. Für den Klimaschutz komme es nicht auf das Ende des Verbrenners an, sondern auf das Ende des fossilen Treibstoffs, begründete Denner seine Sicht. „Ein CO₂-neutraler Straßenverkehr lässt sich mit E-Mobilität und grünem Ladestrom erreichen, aber auch mit regenerativen Kraftstoffen.“
Die Autolobby warnt davor, dass eine sehr strenge Euro7-Norm ein faktisches Ende des Verbrenners bedeuten würde. Eine klimaneutrale Mobilität sei beinahe ein so ehrgeiziges Ziel wie seinerzeit der Mondflug, findet Denner. Aber anstatt wie damals US-Präsident Kennedy nur das große Ziel „first man on the moon“ vorzugeben und den Ingenieuren die konkrete Entwicklung zu überlassen, mache die EU-Kommission es umgekehrt. „Auf diese Weise schneidet man alternative Pfade zum Klimaschutz ab“, so Denner. „Wer Klimaschutz wirklich will, darf Technologiepfade nicht gegeneinander ausspielen, er muss sie kombinieren.“
Der Wandel von Bosch wird laut Denner Beschäftigung kosten, er eröffne aber auch neue Perspektiven für die Mitarbeiter. So nutze der Konzern in seinen Stammwerken Qualifikationen aus Entwicklung und Fertigung von Benzin- und Dieselsystemen für neue Technologien wie etwa die Brennstoffzelle. „Mehr als die Hälfte der Stellen für Elektromobilität haben wir bereits mit Mitarbeitern aus dem Verbrenner-Geschäft besetzt“, erklärte der Bosch-Chef. Zudem sei eine unternehmensweite Vermittlungsplattform geschaffen worden, um kurzfristig Stellen in Zukunftsfeldern mit Fachkräften besetzen zu können. Auch bei der digitalen Qualifizierung gehe Bosch voran: Seit Anfang 2020 habe das Unternehmen mehr als 400.000 Zugriffe auf sein betriebsinternes Lernportal verzeichnet. 2020 sei bereits mehr als jedes dritte Schulungsangebot ein Online-Training gewesen, bis 2023 soll es jedes zweite sein.
kritGeist meint
„Die Autolobby warnt davor, dass eine sehr strenge Euro7-Norm ein faktisches Ende des Verbrenners bedeuten würde.“ – Ja und? Das Problem ist nicht E7-Norm, sondern die Tatsache, daß genau diese Lobby seit J. jegliche ernsthafte Berechnung zu Verbräuchen & echten Umweltschäden torpediert & entsprechend die „fähigen“ Ministern mit Beraterverträgen belohnt hat!
„„Wer Klimaschutz wirklich will, darf Technologiepfade nicht gegeneinander ausspielen, er muss sie kombinieren.““ – Ja genau, am besten wie bei den sinnvollen Pseudo-Hybriden, die kaum so genutzt werden.
„Mondflug“ – Genau dieses Bsp. spielt geg. ihn, denn Kennedy sagte ja auch nicht, „hej probiert mal paar J. mir unterschiedlichen Tech rum & nimmt notfalls Benzin oder Diesel für die Raketen, das wird bestimmt klappen“. Man hat 1 Haupt-Technologie genommen und diese so gut wir möglich optimiert. Bei Verbrennern ist schon lange die Grenze erreicht, was die Effizient & Kostenfaktor angeht. Diesel & Benzin kann nicht verbessert werden, sonst hätten wir das schon länger (Bio-Diesel ist Greenwashing) & der Abbau & Transport bleibt umweltschädlich!
„fossilen Treibstoffs“ – Werden niemals grün, das sagt schon der Name.
„„Mehr als die Hälfte der Stellen für Elektromobilität haben wir bereits mit Mitarbeitern aus dem Verbrenner-Geschäft besetzt““ – Wir musste & sollten die Stelle mit diesen MA besetzen, anstatt die Erfahrenen entlassen und durch Zeitverträge billiges Personal als Ersatz holen, notfalls die gleichen!
https://www.planet-wissen.de/sendungen/sendung-lust-auf-energiewende-100.html
Ganzer Programm, v.a. die Interviews mit Prof. Fischerdick & Dr. Stelzer oder das: https://www.planet-wissen.de/sendungen/sendung-wasserstoff-100.html (Wasserstoff-Profs) – Das sind realistische (technol.) Einschänzung, weg von Schönfärberei & Werbe-Blabla.
Duesendaniel meint
Und wieder so ein Scheinargument der Autolobby, denn die Euro 7-Norm IST ja das Ziel, so wie eben ‚first man on the moon‘. Nur wenn die eigene alte Technik dafür nicht reicht, werden wieder mal die Fakten verdreht und die alte Leier von fehlender Technologieoffenheit angestimmt. Wer hindert Bosch denn daran, die strengeren und notwendigen CO2-Ziele mit der selbst gewählten Technik zu erreichen? Die Regierung doch sicher nicht. In Wirklichkeit will man nur wieder ein Aufweichen der Grenzwerte oder der Prüfmethoden erreichen – same procedure as every year…
kritGeist meint
Daumen hoch
Marco1 meint
Das sind leider immer noch die Folgen des Solar-Traumas bei Bosch. Denner musste als Nachfolger von Fehrenbach die Scherben der gescheiterten Solar-Investitionen von Bosch teuer zusammenkehren. Die Milliardenverluste (plus die unschöne Schließung / Verkauf von Fabriken) durch die Dumpingpreise der Chinesen (und andere Gründe) wirken bis heute nach. Das ist auch der Grund, warum es Bosch (Denner) nicht gewagt hat, in die Batteriezellenfertigung einzusteigen. Die Erinnerungen an das Solar-Debakel waren einfach noch zu frisch. Das ist halt der Unterschied zwischen einem deutschen Stiftungsunternehmen und einem Unternehmen aus Silicon-Valley mit Risikokapital im Rücken. Die einen werden (über-)vorsichtig und die anderen nehmen das als Ansporn für das nächste große „Ding“. Deshalb jetzt auch diese zwanghafte „Technologieoffenheit“. Man will einfach vermeiden, nochmal so viel Geld in einem einzigen Geschäftsfeld zu verbrennen. Dumm nur, wenn man mit so einer Strategie dann langfristig noch mehr Geld verliert…
Andreas meint
Die Bosch-Geschäftsführung hat durch ihre gute Vernetzung und lautstarke Agitation gegen Elektromobilität massiven Schaden angerichtet.
Das Schlimme ist, dass nicht passiert, außer dass sie ggf. etwas früher in den gut-situierten Ruhestand gehen.
Gerd meint
Bosch hat sich galaktisch verzockt und rennt nun dem Markt hinterher.
Nicht ohne weiterhin solche bullshit-messages wie „Technologieoffenheit“ und absurde Verbrenner-Rettungsversuche über regenerative Kraftstoffe.
Und am besten gefällt mir der Vergeich mit der Mondlandung.
Das Problem ist nur, dass die Manager der deutschen Automobilindustrie den Ingenieuren eben nicht das Ziel „Mondlandung“ vorgegeben haben, sondern „Tut alles, damit es so aussieht wie eine Mondlandung, nur für 1/3 der Kosten“.
Dann wurde eben ein Flug im Simuator (=Prüfstand) entwickelt und gezeigt. Der Schwindel ist nur leider aufgeflogen.
e-tron meint
1+++. Top vergleich
kritGeist meint
Daumen hoch
TwizyundZoefahrer meint
Nach dem ersten Absatz im Artikel dachte ich dass Herr Denner sich jetzt bei Neuralink angemeldet, für den Chip. Aber dann erlebe ich doch wieder den üblichen Rückfall in Wasserstoff, diesmal mit der namhaften Firma Klingeling aus China. Dann noch die poetischen Worte zu Kennedy, toll. Vielleicht sollte ihm doch mal irgendwer ein Fax schicken, wer dieser Typ ist der die neue Mondkapsel baut. Die Überschrift ließ ja hoffen, aber dann „Vorleistung“, was soll das den jetzt heissen, soll der Steuerzahler jetzt das auch noch finanzieren?
Peter W meint
Egal wie sehr Bosch auch an die Wasserstofftechnik glaubt, beim Individualverkehr und auch im Transportwesen wird Wasserstoff keine tragende Rolle spielen. Wasserstoff ist ein wichtiger Energieträger für die Industrie und kann Kohle und Öl ersetzen, aber als Antriebsenergie für fahrzeuge oder für Heizungen ist wasserstoff viel zu Energieintensiv in der Herstellung und damit auch zu teuer. Das wird sich auch in den nächsten 25 Jahren nicht ändern. Stromspeicher werden dagegen immer billiger, nicht nur Akkus, da gibt es noch sehr viele einfache Systeme um dem Stromnetz zu dienen.
Andi EE meint
„… nicht nur Akkus, da gibt es noch sehr viele einfache Systeme um dem Stromnetz zu dienen.“
Welche? Für mich auch eines der spannendsten Themen im Moment, welche Speichertechnologie sich durchsetzt und für welche Speicherzeiten sich die stationären Akkus durchsetzen werden.
Auch die industrie wird sich einen Batteriepuffer zulegen, niemand ist so verrückt und kauft sich diesen teuer produzierten Wasserstoff freiwillig. Tag- / Nachtunterschiede wird man garantiert mit Batteriepufferung abdecken. Nur wenn die EE mehrere Tage ausfallen werden, wird man auf andere Speicher zurückgreifen müssen.
AlBundy meint
Welche? z.B. Zinc8 Energy Solutions aus Canada
haben sich zumindest auf den Weg gemacht, skalierbare Speicher zu entwickeln, die bereits im Einsatz sind. Interessante Historie, mal sehen was draus wird. Kein Lithium, kein Wasserstoff, sondern auf Zink-Basis in Flüssigkeitstanks
vermutlich in der Industrie machbar, für Privathaushalte wegen des Platzbedarfs nicht so, darum ging es aber auch nicht, sondern um die Industrie und die Pufferung von Überschuss-Strom.
VG
AK swiss meint
Wasserstoff und regenerative Kraftstoffe: sie können es nicht lassen, ein totes Pferd zu reiten. Mehr als eine Nische wird das nicht, Energieverwendung nach dem Motto „von hinten durch die Brust ins Auge schiessen“.