Die Deutsche Post DHL Group hat im März einen beschleunigten Fahrplan zu ihrer geplanten Dekarbonisierung präsentiert. Der Konzern will bis 2030 sieben Milliarden Euro in klimaneutrale Logistik investieren. Nun wurde konkretisiert, wie der Unternehmensbereich Post & Paket Deutschland in den nächsten Jahren klimafreundlicher werden will. Die eigentlich abgeschriebene E-Transporter-Tochter StreetScooter wird demnach noch viele weitere Fahrzeuge bauen.
Die Deutsche Post DHL Group will insbesondere in den Bau von CO2-neutralen Betriebsstätten und die Nachrüstung bereits bestehender Gebäude sowie den weiteren Ausbau der Elektroflotte investieren. Darüber hinaus will das Unternehmen den Anteil an Paketsendungen, die zwischen größeren Paketzentren auf der Schiene transportiert werden, von heute zwei Prozent zunächst verdreifachen und langfristig auf bis zu 20 Prozent erhöhen.
Auch im Bereich der Produkte und Services wollen Deutsche Post und DHL „grüner“ werden: Neben dem heutigen „GoGreen“-Angebot sollen ab 2022 weitere Produkte und Services angeboten werden, mit denen Privat- und Geschäftskunden die beim Paketversand entstehenden Emissionen ausgleichen oder vermeiden können. Ab 2022 sollen zudem die verbleibenden CO2-Emissionen für nationale und internationale Briefsendungen automatisch und ohne Aufpreis durch zertifizierte Projekte ausgeglichen werden.
E-Transporter, Ladeinfrastruktur & E-Trikes
Die Deutsche Post DHL Group hatte 2014 das Aachener Elektro-Transporter-Startup StreetScooter übernommen, um ihre Zustellflotte zu elektrifizieren. Die Pläne stellten sich jedoch als wirtschaftlich nicht tragfähig heraus, StreetScooter wird daher seit letztem Jahr zum reinen Betreiber der Bestandsflotte umgebaut. Die Produktion neuer Fahrzeuge sollte eigentlich 2020 auslaufen, wurde dann aber noch einmal um ein Jahr verlängert. Nun gibt es konkrete Zahlen zu der geplanten weiteren Produktion.
Mit derzeit über 15.000 Elektro-Transportern der Eigenmarke StreetScooter sei man der mit Abstand größte E-Flottenbetreiber in Europa und darüber hinaus, so die Deutsche Post DHL. 2022 werde die Flotte auf etwa 21.500 StreetScooter anwachsen und es werde ein neues Modell dazukommen: Erste Prototypen des „StreetScooter Gigabox“ (Titelbild) mit einem Ladevolumen von 12 Kubikmetern und Platz für rund 240 Pakete sollen ab diesem Jahr eingesetzt werden. 2025 soll die Zustellflotte dann insgesamt 37.000 E-Fahrzeuge umfassen, darunter auch E-Nutzfahrzeuge etablierter Autohersteller.
Elektrofahrzeuge eignen sich laut der Post besser als Verbrenner für Fahrten mit Start-Stopp-Verkehr, wie in der Brief- und Paketzustellung üblich. Jedes Fahrzeug spare dabei circa vier Tonnen CO2-Emissionen pro Jahr im Vergleich zu einem konventionellen Fahrzeug ein. Bis 2025 reduziere das Unternehmen so seine jährlichen CO2-Emissionen um 150.000 Tonnen. Die Deutsche Post DHL will auch die Ladeinfrastruktur an den weiteren Ausbau der E-Flotte anpassen. Bereits heute sei man mit 20.000 Ladepunkten in den Betriebsstätten der größte private Ladeinfrastruktur-Betreiber im Land. Ergänzt werde die Elektroflotte durch 8000 E-Bikes und rund 9000 E-Trikes, dreirädrige elektrisch betriebene Lastenräder. Bis 2025 schaffe die Deutsche Post weitere 5000 E-Trikes an.
„Grüne“ Gebäude
Bis zum Jahr 2025 will Deutsche Post DHL bis zu 280 CO2-neutrale Zustellstützpunkte (ZSP) in Deutschland errichten. Von diesen Zustellstützpunkten verteilen die Zusteller die Briefe und Pakete an die Haushalte in ihrem Bezirk. Diese neuen ZSP-Eigenbauten werden ausgestattet mit Photovoltaik-Anlagen, Wärmepumpen in Verbindung mit Fußbodenheizungen und Gebäudeautomation. An einzelnen Standorten ergänzen Batteriespeicher das Energiekonzept. In diesen wird der tagsüber geladene Solarstrom gespeichert und nachts für die Fahrzeugladung verwendet. Für die Speicherung kommen Batterien von ausgemusterten E-Fahrzeugen zum Einsatz. Jeder dieser ZSP spart laut der Deutschen Post – nur bezogen auf das Gebäude – rund 20 Tonnen CO2 pro Jahr gegenüber einem herkömmlichen Gebäude ein. Allein durch diese Maßnahme sorge das Unternehmen 2025 für 5600 Tonnen weniger CO2.

Auch bei anstehenden Großbauten soll für Nachhaltigkeit gesorgt werden. So wird das für 2023 in Planung befindliche Briefzentrum Germering bei München über eine 1,5 Megawatt Photovoltaik-Anlage, einen Batteriespeicher sowie eine Dach- und Fassadenbegrünung verfügen. Die Beheizung und Kühlung soll durch eine Grundwasserwärmepumpe erfolgen. Auch das 2022 in Betrieb gehende Paketzentrum Ludwigsfelde bei Berlin wird über eine Photovoltaikanlage mit Strom versorgt. Darüber hinaus soll ein eigenes wärmegeführtes Blockheizkraftwerk den Strom und die Wärmeenergie erzeugen. „Generell gilt für den Strom in den Betriebsstätten, dass der Anteil von Öko-Strom weiter bei mindestens 95 Prozent bleiben soll“, heißt es.
Wasco meint
Soviel ich mitbekommen habe, werden noch 400 StreetScooter im Monat gebaut.
Macht also ca. 4800 im Jahr. Gut das die Post den noch baut, technisch könnte der aber weiter verbessert werden.
Leser meint
Vorbildlich von der Post, gerade auch dass das Unternehmen mal anhand von konkret durchgeführten und geplanten Maßnahmen zeigt, wie man ökologisch verträglich und dabei modern wirtschaften kann. Das zeigen sie konkret und eben schon lange vor allen anderen mit dem Streetscooter.
Nostradamus meint
In Jahre 2014 hat Deutsche Post StreetScooter übernommen, also, vor sieben Jahren. In gleichen Zeitraum wurden ca. 15.000 E-Fahrzeuge hergestellt, im Durchschnitt 2.100 Fzg./Jahr. Für die optimale Auslastung ihrer Produktionsanlage ist dieser Umfang absolut unzureichend und deshalb StreetScooter ständig in roten Zahlen hängt. Anderseits, Mitarbeiter Deutsche Post sind mit ihrem Fahrzeug begeistert – sagen einige Beobachter. Gleichzeitig habe ich auch die Aussagen von mehreren Postmitarbeiter gelesen, wo viel Kritik an denselben Fahrzeugen geäußert ist?! Wo die Wahrheit ist, zeigen die Verkaufszahlen: Niemand außer der Post selbst will diese Fahrzeuge kaufen! Für allen Startups es ist überlebenswichtig folgendes zu Kenntnis zu nehmen: Eigene Begeisterung für eigenes Produkt ist äußerst gefährlich, weil für die realen Marktbedürfnisse blind macht! Die „Begeisterung“ ist die Hauptursache für das Scheitern von 99% allen Startups!
Christian meint
Ergonomisch ist auch die Gigabox wohl eher nicht.
Mir gefallen die Autos von UPS am besten: Man geht hinten raus, das ist bei fließendem Verkehr am sichersten, und am besten Schiebetür, die ist dann nicht im Weg beim Aussteigen. So sollte die Gigabox aussehen! So ein Trittbrett StreetScooter jedes Mal raus- und reinklappen ist doch ungeschickt. Zugang zum Ladebereich durch die Fahrerkabine, das spart Zeit, man braucht seitlich im Verkehr stehend keine Schiebetüren auf- und zumachen. Und eine möglichst tiefliegende Ebene zw. Fahrerkabine und Ladebereich.
Wenn dann der Platz für das 2xx. Paket nicht reicht, warum kann ich nicht nochmal zurück in Depot und nachladen? Bei einer intelligenten Routenplanung sollte das kein großer Zeitverlust sein und ich muß nicht xhundert Pakete mit 3xhundert kg Gewicht xhundert/2 mal durchschnittlich beschleunigen und wieder abbremsen.
Leser meint
Vielleicht würde eine Ausstiegsmöglichkeit zur Beifahrerseite bei Streetscooterfahrern auch schon einiges einfacher machen. Es würde den Weg ums Fahrzeug einsparen und wäre sicherer, denn bei ständig fließendem Verkehr immer auf der „befahrenen“ Fahrerseite auszusteigen erfordert natürlich auch immer erhöhte Vorsicht für Fahrer und andere Verkehrsteilnehmer.
Dein Beitrag beinhaltet auch weitere Inspirationen für Streetscooter, neben zusätzlich erforderlicher Reichweite.
MiguelS NL meint
Ich finde auch Super
Bei mir in Maastricht fahren sie auch.
Egon Meier meint
Super …
meine Zusteller – sofern sie Streetscooter fahren – sind von den Fahrzeugen total begeistert und erzählen immer Geschichten von ihren Caddys, die unter 30 Liter per 100km im Haus-zu-haus-Verkehr nie auskamen.
Am meiste begeistert die Lautlosigkeit und die angenehme Arbeitshöhe der Ladefläche.
Wenn jetzt noch Modelle mit deutlich höherer Reichweite kämen … dann .. ja dann …
Es scheint fast so, dass Streetscooter keinen preisgünstig+leistungsfähigen+lieferwilligen Zelllieferanten an der Hand hat.
Und dass die OEMs gerade nix abgeben kann ich gut verstehen.
Und das die Post jetzt weiter macht – auch wenn es gezwungen ist – finde ich prima.
MiguelS NL meint
„die unter 30 Liter per 100km im Haus-zu-haus-Verkehr nie auskamen“
Das kann ich mit sehr gut vorstellen, dass sind wirklich Welten Unterschied zur Elektroversion.
Captain Future 2.0 meint
Das liest sich alles sehr gut und das geht offensichtlich auch bei DHL alles in die richtige Richtung. Aber mein persönlicher Eindruck ist leider ein anderer: Ich wohne im Zentrum einer Großstadt mit mehreren 100.000 Einwohnern. Die Luft ist schlecht – die Dieselabgase merke ich besonders morgens und abends deutlich. DHL steht jeden Tag vor der Tür – einen Streetscooter habe ich noch nie gesehen. Da sei auch nichts geplant, meint der Fahrer. Er ist mit seinem Diesel auch sehr zufrieden. Außerhalb meiner Stadt sehe ich allerdings sehr oft die Streetscooter von DHL. Aber auf den Dörfern ist die Luft doch gut – warum werden die Flotten in den großen Städten nicht als erstes elektrifiziert? Das ärgert mich jedesmal, wenn ich DHL sehe. Seit einigen Monaten liefert Amazon hier in der Stadt die Bestellungen selbst aus. Und die machen das fast immer elektrisch. Es geht also.
Snork der Dritte meint
Ich habe mal mit meinem Zusteller gesprochen, wann er denn den Streetscooter bekommt, da dieser schon in einigen Nachbargemeinden eingesetzt wird. Er meint, es läge am Zuschnitt einiger Zustellbezirke, so dass die erforderliche Reichweite für Auslieferung und Anfahrt/Abfahrt noch nicht gegeben ist. Vielleicht schreibst mal über Facebook oder so an DHL? Witziges Detail: E-Fahrer grüßen einander – auch den Postboten im Streetscooter.
Pferd_Dampf_Explosion_E meint
Bei uns ist DHL seit bestimmt 3 Jahren mit dem ersten Streetscooter unterwegs, seit kurzem sind es 3.
Mich nervt auch der Abgasgeruch der Verbrenner, aber es scheint viele Menschen zu geben, die das überhaupt nicht wahrnehmen.
lukasz meint
Man muss sich nur mal genau anschauen, wo die Elektromobilität so richtig Fahrt aufnimmt: Im ländlichen Raum!
Entgegen der Prognosen der sog. „Autobomilexperten“, wonach die Elektromobilität nur in der Stadt funktioniert, zeichnen die aktuellen Entwicklungen ein ganz anderes Bild. Elektroautos werden derzeit vor allem von den Leuten gekauft, die auch eine Lademöglichkeit direkt vor Ort besitzen, bzw. ein öffentlicher Lader in der Nähe ist. Dies ist im ländlichen Raum viel eher der Fall als in Großstädten.
Ein Grund dafür liegt mit Sicherheit im weniger komplizierten Ausbau, da im ländlichen Raum auch die Wohneigentumsquote höher ist. Dadurch wird der Ausbau der privaten Ladeinfrastruktur vereinfacht, da die Entscheidungsprozesse schlanker sind.
In der Großstadt sieht das ganz anders aus: In den meisten Fällen gibt es mehrere Wohnungs- und/oder Grundstückseigentümer. Das bedeutet, dass mehrere Parteien mit unterschiedlich ausgeprägten Interessen in die Entscheidungsprozesse und Priorisierung von Projekten eingebunden sind. Diese Problematik ist mit Sicherheit auch auf die DHL anwendbar, da örtlichen Zustellbasen in Großstädten in vielen Fällen in eben solchen Gemeinschaftsimmobilien stationiert sind. Dann ist es sehr schwierig, auf die Schnelle z.B. 50 Ladestationen auf dem Parkplatz einzuplanen, einen stärkeren Hausanschluss zu beantragen und zu die Installation umzusetzen (von einem Lademanagementsystem ganz zu schweigen ;-).
Das sind zumindest meine Erfahrungen aus der Immobilienbranche der letzten Jahre im Bereich der Elektromobilität in Großstädten und im ländlichen Raum…