Die Deutsche Post hat die Expansionspläne mit ihrer E-Transporter-Tochter StreetScooter abgeblasen, da sie für das Start-up keine wirtschaftliche Perspektive mehr sieht. Vorerst werden zwar weiter neue Einheiten für die eigene Flotte hergestellt, langfristig sollen aber Stromer anderer Marken angeschafft werden. Ein Handwerker aus Hannover hat sich nun mehr als 1000 ausgemusterte Fahrzeuge gesichert, um sie auf eigene Faust weiterzuverkaufen.
Manche der StreetScooter vom Typ Work hätten nicht mal 100 Kilometer auf dem Tacho, andere bis zu 30.000, berichtet die Bild. Bernd Biank, eigentlich Schlosser, biete die Fahrzeuge für 8990 Euro pro Stück mit frischem TÜV und fahrbereit an. „Ab 50 Stück gewähre ich Rabatt“, sagte er der Zeitung. Gewerbekunden bekämen den E-Lieferwagen sowieso billiger, erste Käufer gebe es bereits – darunter eine Apotheke, einen Hotelier, einen Friedhofsgärtner, außerdem einen Angelverein. Zudem hätten Hausbesitzer angefragt, ob sie die Akkus als Stromspeicher für ihre Photovoltaik-Anlage nutzen könnten. 60 oder 70 Fahrzeuge seien bislang weg.
Das Batteriepaket der angebotenen StreetScooter hat eine Speicherkapazität von 20,4 kWh, damit kommt man mit einer Ladung etwa 80 Kilometer weit. Strom tanken an der Haushaltssteckdose dauert etwa sieben Stunden. Es gibt eine Heizung, aber keine Klimaanlage. Die Box auf dem hinteren Teil bietet Platz für 4,3 Kubikmeter Ladung. Insgesamt schleppt der bis zu 80 km/h schnelle StreetScooter 650 Kilo, er kann mit normalem Führerschein gefahren werden.
Biank hat für den Vertrieb der bei der Post ausgedienten E-Transporter drei Leute eingestellt, die die Fahrzeuge reparieren. „Aus zehn Stück machen wir sieben oder acht fertig“, erklärte er. Einen seiner elektrischen Ex-Paketlieferwagen habe Biank für sich behalten. 90 Prozent der von ihm erworbenen Fahrzeuge seien aus dem ersten Jahr. StreetScooter war 2010 als Start-up aus dem Umfeld der RWTH Aachen entstanden, 2014 übernahm dann die Post das Unternehmen für die Umstellung ihrer Lieferwagen-Flotte auf Elektroantrieb.
Den Verkauf der von ihm erworbenen StreetScooter an Privatkunden regelt für Biank ein Gebrauchtwagenhändler in Garbsen bei Hannover. Die Ersatzteilversorgung sei über Jahre gesichert, da es noch genug Fahrzeuge gebe.
Nostradamus meint
StreetScooter – von Amateur konstruiert, von Amateur produziert, am Ende als Ausschuss verkauft – das ist das typische Schicksal eines Startups. Aber alle Ehre, die andere Startups haben nie produziert was sie versprochen haben!
Silverbeard meint
Die Post hätte kontinuierlich weiterentwickeln müssen. Die Akkugrösse hat sich zwar bei den aktuellen Modellen verdoppelt, aber sonst scheint sich an den Fahrzeugen nicht viel zu verändern.
Beim e-Go war Schuh einfach zu langsam, bzw. das Geld ist ausgegangen. Auch jetzt könnte der e-Go noch Käufer finden, seit der E-Up! nicht mehr bestellbar ist.
Aber mit dem Dacia Spring wird es natürlich preislich schon sehr eng für dieses Fahrzeug noch Gewinn zu erwirtschaften.
B. Focke meint
Wieviel würde wohl ein ausgemustertes Auto kosten, wenn man nur an dem Speicher interessiert wäre? Vielleicht gibt es den auch schon ausgebaut? Ist so einer mit einer Photovoltaikanlage verknüpfbar oder fliegt einem so ein Konstrukt um die Ohren? Und traut sich ein Elektriker da überhaupt ran?
Stefan meint
Gute Frage! 20 kWh für eine PV kosten vermutlich mehr als 9.000 Euro. Aber es braucht einen Schrank für die Zellen und die passende Lade- und Wechselrichterelektronik, alles nach VDE und Brandschutz etc. Ob das so mit „Secon Life“ funktioniert, bzw, billiger als Neuanschaffung ist?
andi_nün meint
Es gibt so viele Einsatzzwecke, wo man die Dinger noch gut gebrauchen kann, da wird sicher ein großer Teil weggehen.
„„Aus zehn Stück machen wir sieben oder acht fertig““
Mich würden da die häufigsten starken Defekte interessieren.
Jürgen Eisfeller meint
Viele Zustellbezirke -in den Städten- besitzen einen Zustellweg von nicht einmal
15 Kilometer. Folglich kommt so die wenige Fahrleistung zusammen.
Ich finde es Schade, daß dieses Projekt gestoppt wird. Aber die Ladefläche ist einfach zu klein.
David meint
Tja, so viel zu den Erfolgsprodukten von Prof. Schuh. Es ist eben doch nicht so einfach, eine akzeptierte Industrielösung zu entwickeln. Ich erinnere mich noch an die Jubelpresse, wie doof doch die etablierten Hersteller seien und wie schlau die Post und Streetscooter.
So ein Transporter müsste doch im Schnitt 50 km pro Tag unterwegs gewesen sein und das seit 2016, also 5 Jahre lang. Das wären 300 Tage gleich 15tkm/Jahr, also zusammen 90tkm. Insofern sind auch die Exemplare mit der höchsten Laufleistung kaum benutzt worden.
Für 9.000€ kann man jetzt gnädiger sein, aber 20 kWh schränken den Aktionsradius nun einmal stark ein. Da sind die in Portalen ab 13.500€ angebotenen Exemplare mit 40 kWh etwas interessanter.
Thomas meint
Die Kofferaufbauten bestehen nicht aus Aluminium sondern aus einem Leichtbau-Multilayer-Verbund. Ebenso die Bodenplatte der Aufbauten.Ergo sind diese nicht stark belastbar.
Ein Handwerker der seinen Werkzeugkoffer einfach in den Koffer wirft, wird diesen nach dem „dritten“ mal unter dem Fahrzeug wieder finden.
Die Fahrzeuge bzw. die Aufbauten waren bzw. sind für Pakete und nicht für harte bzw. scharfkantige Bauteile gedacht. Also am besten würde man eine Aluplatte auf den Boden legen. Auch wenn dann die Anti-Rutschbeschichtung der Bodenplatte nicht mehr funktionieren würde.
ecomento.de meint
Danke für den Hinweis!
VG | ecomento.de
Thomas Claus meint
Die Laufleistung mit der die Fahrzeuge ausgemustert wurden ist schon erschreckend. Da hat man vielleicht etwas fehl geplant.
Tom meint
Ist aber bei solchen Flotten nicht unüblich.
Ich kann mich noch an Bundeswehr-Fahrzeuge erinnern die 20 Jahre alt sind und 1000km auf der Uhr haben.
Diese stehen meistens nur als Reserverfahrzeuge da, hier Zählt einfach nur die Verfügbarkeit.
Artur meint
Coole Sache! Hätte ich ein entsprechendes Unternehmen, bei dem ich solch einen Transporter benötigen würde, wäre das vermutlich meine Wahl.