Die Deutsche Post hat laut einem Bericht einen Käufer für den 2014 übernommenen E-Transporter-Hersteller StreetScooter gefunden. Der Logistikkonzern wollte das Start-up schon länger loswerden, fand lange Zeit aber keine konkreten Interessenten dafür.
Nach Recherchen der Welt wurde im September in Luxemburg das Unternehmen Odin Automotive gegründet, das jetzt alle Anteile an StreetScooter Engineering mit Sitz in Aachen übernehmen wolle. Das gehe aus einer Anmeldung beim Bundeskartellamt hervor. An der Spitze von Odin stehe als Hauptgesellschafter der deutsche Manager Stefan Krause. Krause, aktuell in der Investmentbranche tätig, war bereits Vertriebs- und Marketingvorstand bei BMW, anschließend unter anderem Vorstand bei der Deutschen Bank und Gründer des E-Auto-Start-ups Canoo.
Weitere Gesellschafter des StreetScooter-Kaufinteressenten Odin sind der Welt zufolge der in Singapur lebende Finanzexperte Djamal Attamimi vom indonesischen Kohleminenkonzern Toba Bara sowie der Manager und Unternehmer Matthew Paul Richards vom indonesischen Telekommunikationsunternehmen Trikomsel Oke.
Die Post will kein Autohersteller sein
StreetScooter ist im Umfeld der RWTH Aachen entstanden und wurde von einigen als deutsches Gegenstück zu Tesla im Nutzfahrzeugbereich gepriesen. Die Post wollte mit dem vor sieben Jahren übernommenen Unternehmen ihre Flotte auf Elektroantrieb umstellen und nahm Tausende Fahrzeuge der Marke in ihren Fuhrpark auf. Obwohl später auch der Vertrieb an andere Firmen und private Kunden startete, rechnete sich StreetScooter für die Post nicht. Es gab auch immer wieder Berichte über Qualitätsmängel. Der Logistikkonzern hat stets betont, nicht langfristig als Autohersteller tätig sein zu wollen.
Den gewünschten Partner oder Käufer für StreetScooter hat die Post trotz wiederholten Berichten einer nahenden Einigung mit verschiedenen Parteien bisher offiziell nicht gefunden. Im vergangenen Jahr hatte der Konzern erklärt, für die Aachener Tochter keine wirtschaftliche Perspektive mehr zu sehen und sie zum reinen Betreiber der Bestandsflotte umzubauen. Die Produktion neuer Fahrzeuge sollte eigentlich 2020 enden, läuft aber mindestens dieses Jahr weiter. Mittel- bis langfristig will die Post E-Modelle anderer, etablierter Marken nutzen. Bis 2030 sollen 60 Prozent der weltweiten Lieferfahrzeuge für die letzte Meile elektrisch angetrieben werden – für den Konzern wären dann mehr als 80.000 E-Fahrzeuge auf der Straße unterwegs. 2020 waren es 18 Prozent.
Die durch das Aus der E-Transporter-Fertigung bei StreetScooter verursachten Abschreibungen wurden von der Post zuletzt auf 400 Millionen Euro beziffert. Zu den Kaufabsichten von Odin Automotive wollte sich der Konzern nicht äußern. „Kein Kommentar“, hieß es auf Anfrage der Welt. Von StreetScooter war keine Stellungnahme zu erhalten. Das Manager Magazin hatte Mitte September vom Interesse des Ex-BMW-Vorstands Krause an StreetScooter berichtet und angebliche 100 Millionen Euro Kaufpreis genannt.
Nostradamus meint
Folgende Frage ist für mich sehr interessant – will „Odin“ StreetScooter Fahrzeuge weiterentwickeln oder geht es nur um Kauf von ihrer Produktionsanlage?
Swissli meint
400 Mio abgeschrieben von Post, macht pro verkauftes Fahrzeug 40’000 Euro. Dazu kam noch der Kaufpreis von rund 40’000. Somit hat die Post pro Streetscooter ca. 80’000 auf den Tisch gelegt. Was für ein Debakel.
Und 100 Mio Kaufpreis können die vergessen. Wenn jemand Streetscooter für einen symbolischen Euro übernimmt, können sie dankbar sein.
Hans Meier meint
Andere machens über Subventionen vom Staat, die Post ging mit Eigenmittel voran… die Anderen nicht, weigeren sich sogar auf Anfrage der Post, was mit E zu bauen. Die Anderen beziehen heute Milliarden an Steuergeldern&Subventionen der Steuerzahler als „Aufbauhilfe“ und klopfen sich auf die Brust. Die Post mit ihrer Vorreiterolle wird dagegen diskreditiert. In der freien Marktwirtschaft wären die Anderen heute „Insolvent“, die Post nicht. „Tscheggsch de Pögg…“
Leser meint
Ganz richtig, ich bin heute noch froh, dass die Post mit eine der ersten war, die mit ihren Autos die E-Autos überhaupt erst „wieder“ salonfähig gemacht haben. Sie haben gezeigt, dass es überhaupt funktionieren kann. Und viele solcher Streetscooter sorgen bereits eben bereits schon für lärmfreie und abgasfreie Zustellung, vielen Dank dafür! Für bestimmte „Bedürfnisse/Ansprüche“ sind diese Autos auch heute noch ausreichend, nur dass natürlich jetzt die Konkurrenz durch andere Hersteller immer weiter zunimmt..
Shullbit meint
Grundsätzlich erfreulich, aber Odin als Name? Hat da jemand nicht recherchiert oder wurde der Name bewusst gewählt? Die germanische Mythologie rund um Odin ist bei Rechtsextremen sehr populär es gibt entsprechend rechtsextreme Gruppierungen wie u.a. „Odins Erben“. Wenn man eine deutsche Firma so benennt, hat das einen rechten Beiklang.
Anoymous meint
Nicht das ich schadenfroh bin, aber ich kann mich noch gut an die vielen jubelartikel und natürlich entsprechende Kommentare erinnern, quer durch alle Medien, mit viel Spott für die „Dinosaurier“, die angeblich von der Post vorgeführt werden. Ohne jetzt nachzuschauen, wahrscheinlich auch hier. Dann das narrativ, dass die ja in ihrer Arroganz abgelehnt hätten, als die Post angefragt hätte. Welche Bedingungen die Post gestellt hat wurde nie hinterfragt.
Ich war die ganze Zeit skeptisch wie erfolgreich das Projekt tatsächlich ist, so ein Auto selbst zu produzieren in den geringen Stückzahlen, ohne Skaleneffekte mit anderen Modellen, bei Zulieferern etc. kann sich das fast nicht lohnen. Selbst für die dinos hätte es sich nicht gelohnt. Es war zu früh und zu speziell. Inzwischen gibt es auch Angebote der Dinosaurier, auch das war Absehbar und hätte berücksichtigt werden müssen, dass die in ein paar Jahren schlicht nicht wettbewerbsfähig sind und es billiger wird es einfach zuzukaufen bevor sich die Investitionen amortisieren.
Das Auto ist imho ein Flop, Preis/Leistungsmässig passt da gar nichts.
David meint
Das sind doch alles Strohmänner. Also weiß man noch nicht, welcher Chinese sich dort eine Zentrale plus Produktionsstätte, die up and running ist, kauft. Qualität muss zu einem guten Teil einkonstruiert werden, insofern kann man mit dem Streetscooter selber ohne teure Änderungen nicht viel machen. Dann kann man gleich neu konstruieren. Und die Produktion dort ist teuer. Von daher wundert es mich, warum jemand einsteigt. Gut, den Schuh haben sie beseitigt, das war wichtig. Aber ne hübsche Braut ist Streetscooter auch jetzt nicht.
BEV meint
Das frag ich mich auch, durchgestartet ist die Marke auch nie, teuer kanns ja nicht gewesen sein, ansonsten muss der Nutzen irgend ein anderer sein.