Die Bundesregierung will mit dem „Deutschlandnetz“ für eine breite Verfügbarkeit von besonders schnellen Elektroauto-Ladestationen sorgen. Ende September hat das Bundesverkehrsministerium (BMVI) den Prozess für die Ausschreibung begonnen und Unternehmen aufgerufen, sich um den Zuschlag zum Aufbau und Betrieb von etwa 900 Schnellladestandorten in ganz Deutschland zu bewerben. Nun geht die Ausschreibung in die nächste Runde.
Bei der Vergabestelle des BMVI seien rund 400 Teilnahmeanträge für die 23 Regionallose des Deutschlandnetzes eingegangen, teilte die Nationale Leitstelle Ladeinfrastruktur mit, die im Auftrag des BMVI die Aktivitäten zum Ausbau der Ladeinfrastruktur in Deutschland koordiniert. Damit sei ein wichtiger Meilenstein des Vergabeverfahrens erreicht worden. Jedes der Lose treffe auf eine zweistellige Anzahl von Interessenten. „Diese Nachfrage und Dynamik nutzen wir im Wettbewerb um das wirtschaftlichste und nutzerfreundlichste Angebot“, so die Nationale Leitstelle Ladeinfrastruktur.
Das Deutschlandnetz soll die Grundversorgung mit Schnellladeinfrastruktur im Mittel- und Langstreckenverkehr mit rund 8000 zusätzlichen Schnellladepunkten sicherstellen. Es gibt bereits Tausende von Ladesäulen in Deutschland, bisher aber vergleichsweise wenige Schnellladesäulen. Mit dem Deutschlandnetz sollen die bereits vorhandenen großen Standorte ergänzt werden und so bundesweit eine flächendeckende und bedarfsgerechte Schnellladeinfrastruktur entstehen.
Die Errichtung und der Betrieb des Deutschlandnetzes werden in zwei getrennten Ausschreibungen vergeben. Nach der Ausschreibung von 900 Suchräumen für Schnellladestandorte in 23 Regionallose werden nun Angebote für den Aufbau und Betrieb von etwa 200 Schnellladestandorten an unbewirtschafteten Rastplätzen an den Bundesautobahnen eingeholt. Die Ausschreibung der bundesweiten Autobahn-Lose erfolgt durch die staatliche Autobahn GmbH.
Lade-Anbieter bemängeln Vorgaben
Führende Betreiber von Ladesäulen sind unglücklich mit den Vorgaben für das Deutschlandnetz, insbesondere mit der Preisobergrenze. Zunächst werden maximal 44 Cent pro Kilowattstunde (kWh) Strom erlaubt. Eine Reihe von Ladesäulenbetreibern appellierte kürzlich, das Konzept noch einmal zu überarbeiten. In einem Schreiben riefen sie die Bundesregierung auf, sich von der vorgesehenen Preisobergrenze sowie einer 100-Prozent-Finanzierung der geplanten 1000 Schnellladeparks loszusagen.
„Durch die Deutschlandnetz-Ausschreibung auf Grundlage des Schnellladegesetzes sehen wir den bereits heute gut entwickelten Lademarkt massiv durch den Staat gestört“, hieß es in dem Papier. Die vollständige Übernahme der Bau- und Betriebskosten während der ersten acht Jahre sei eine „wettbewerbsschädigende Überförderung“, die weit über eine zu deckende Finanzierungslücke hinausgehe. Das sei nicht mit den neuen Richtlinien der EU vereinbar. Und der Höchstpreis für die Kilowattstunde Strom führe zu einem „staatlichen Verdrängungswettbewerb unter Einsatz von Steuermitteln“.
Ein weiterer zentraler Kritikpunkt: Bei der Festlegung der ausgeschriebenen Suchräume sei keine Rücksicht auf bereits bestehende Schnellladeparks genommen worden, was die Regierung im Vorfeld eigentlich versichert hatte. Privat finanzierte Ladeinfrastruktur stünde deshalb „unmittelbar in ungleicher, asymmetrischer Konkurrenz mit der staatlich durchfinanzierten und auf acht Jahre abgesicherten Deutschlandnetz-Ladeinfrastruktur“.
Jürgen Baumann meint
Wie ist das wieder mit der Bezahlung? Nehme an, neben Kreditkartenterminal braucht es auch wieder einen Münzeinwurf?
McGybrush meint
Wenn da 400 Anträge eingegangen sind dann können die entweder nicht rechnen oder es ist gar nicht so unwirtschaftlich wie andere sagen.
Ist es unwirtschaftlich ist langfristig daraus keine Konkurrenz zu erwarten. Ist es doch wirtschaftlich dann ist es gut zu wissen das man mit 44Cent pro kWh doch Gewinne machen kann.
Kasch meint
Welche Gewinne ? 44 Cent der Kunde und die restlichen +-66 Cent der Steuerzahler. Wer den Zuschlag bekommt, gewinnt sicherlich. Bezweifle dennoch, dass derart staatlicher Protektionismus für wenige Auserwählte, EU-Richtlinien entspricht.
Werner Mauss meint
Natürlich rechnet sich das. Sonst müsste der Hausstromtarif auch höher sein. Das ganze Gewäsch über Ladeinfrastruktur ist ein Märchen. Es handelt sich lediglich um weitere Anschlüsse und Abnahmestationen die es zu vergolden gilt. Daher ist der Politikvorstoss richtig. Würde man die Energieversorger enteignen, Grundversorgung gehört sowieso in Staatshand, würden wir kein 20 Cent bezahlen. Privatunternehmen in Deutschland investieren nie, sondern lassen sich alles vom Steuerzahler bezahlen. Die Privatisierung war der größte deutsche Blödsinn den es in der Geschichte je gegeben hat.
Franz Mueller meint
Das Deutschland Netz wird dazu führen, dass in ein paar Jahren niemand mehr als 49Cent/kWh bei DC Ladung zahlt. Regenerative Energie wird auch nicht wegen Rohstoffmangel teurer werden bzw. kann diese Effekte ausgleichen da gewisse Abgaben fallen werden.
Ohne das Deutschland Netz wären es sicher 20 Cent mehr geworden.
Stefan Urban meint
Bestehende Ladeparks würden nicht berücksichtigt! Doch würden Sie, aber nur bis zu einem bestimmten Stichtag. Alle die danach noch schnell hingebaut wurden oder geplant waren fielen heraus. Wo ist das eine Marktverträngung. Die großen Ketten können ihre Preise doch anpassen. Bei ionity laden doch auch noch Kunden trotz 0,79€/kW obwohl das teurer ist als bei der Konkurrenz und Fastnet die angeblich nur Strom aus erneuerbaren Energien nutzt muss seine Preise anheben weil der Erdölpreis zu hoch ist? Aber am besten ist der Satz dass der gut ausgebaute Markt ausgebremst würde! Wenn er gut funktionieren würde, müßte die Regierung jetzt wegen massivem Marktversagen nicht eingreifen. Gerade Ionity mit seinen Teilhabern aus der Autoindustrie hätte eher fördern müssen als zu bremsen und zu sabotieren, aber nein Sie haben sich wie alle anderen Großen, nur die Rosinen aus dem Standortkuchen gepickt und dann nach wenigen Monaten gemeckert dass sie immer noch ihrer Investitionen nicht refinanziert haben um ihre Aktionäre auszahlen zu können. Haben aber völlig die nicht sehr lukrativen aber besonders wichtigen Stationen im urbanen und ländlichen Siedlungsräumen ignoriert.
DerOssi meint
War Tesla dabei? …weiß das jemand?
Dark Erebos meint
Tesla, VW, Ionity, Enbw, Fastned und alle anderen auch.
ID.alist meint
400 Bewerber für 23 Lose, aber am Deutschlandnetz war alles so schlimm laut der Industrie.
Man kann vieles daraus lesen.
Thomas Claus meint
Ich denke hier fahren viele zweigleisig. Sind zwar gegen die aktuellen Rahmenbedingungen aber wollen beim scheitern ihrer Klagen doch einen Fuß in der Tür haben.
Egon Meier meint
Das kommt mit Sicherheit – von den Betreibern, die große Parks gebaut haben und denen ein Deutschlandnetz-HPC vor die Nase gesetzt werden.
Und das findet sich bis zur Umsetzung überall.
Das wird lustich …
Michael S. meint
Die Bewerber haben ja keine Wahl, als gute Miene zum Bösen Spiel zu machen…
David meint
Ich denke, eine neue Regierung ist gut beraten, diese Ausschreibung noch einmal auf juristische Risiken überprüfen zu lassen. Denn die bisherige Leitung des Verkehrsministeriums hatte in diesem Punkt in den letzten Jahren einige sehr teure Pannen produziert. Und ich denke, auf einige Kernpunkte der Ladesäulenbetreiber sollte man eingehen.
Michael S. meint
„Was soll schon schief gehen!“ :D
– Andreas Scheuer, 2021
alupo meint
Wenn Scheuer weg ist ist es unmöglich, dass immer noch soviel schief geht, alsi in Euro pro Jahr gemessen. Schlimmer geht nimmer, für den Steuerzahler versteht sich.
Wobei, sein Vorgänger, DobRindT war auch nicht billiger für den Steuerzahler. Es liegt vermutlich nicht nur an den Personen sondern eher an der Partei (bei denen gab es ja auch die Coronamasken-Bereicherung). Diese Partei bekommt nicht einmal Corona in den Griff.