BMW hat seit diesem Jahr vier Elektroautos im Angebot, weitere Voll-Stromer sollen folgen. Wie andere Autobauer engagieren sich die Bayern für den Erfolg der alternativen Antriebsart auch im Bereich der Ladeinfrastruktur. „Der Erfolgspfad zur E-Mobilität führt an der Ladesäule vorbei – bei der BMW Group ist die entsprechende Infrastruktur deshalb Chefsache“, so das Unternehmen im Vorwort zu einem Interview mit Topmanagern zum Thema E-Auto-Laden.
Die Ladeinfrastruktur halte im Moment nicht Schritt mit dem Absatz von E-Fahrzeugen. Deshalb sei ein schneller Infrastrukturausbau dringend erforderlich – vor allem in urbanen, dicht besiedelten Bereichen und für die Langstrecke, sagte Finanzchef Nicolas Peter. Hier sei auch die Politik gefordert: Der wirtschaftliche Betrieb müsse gerade in der Ausbauphase der Infrastruktur gegeben sein und gefördert werden. „Wer errichtet denn eine zweite Ladesäule, wenn die erste nicht kostendeckend zu betreiben ist?“, so Peter. Auf lange Sicht müsse sich der Markt im Sinne des Kunden allerdings selbst regulieren können. Dafür brauche es klare Zielsetzungen und Anreizsysteme. Das gelte auch für Flotten- und Fuhrparkbetreiber, deren Umstieg auf die E-Mobilität unterstützt werden sollte.
Die Fokussierung auf den schnellen Aufbau der Ladeinfrastruktur greife an manchen Stellen zu kurz, meinte Personalchefin Ilka Horstmeier. „Natürlich brauchen wir zeitnah viele öffentliche Ladepunkte, um den steigenden Bedarf zu decken. Aber vor allem braucht der Kunde einen einfachen Zugang zu möglichst vielen Ladepunkten – und zwar flächendeckend zu attraktiven Konditionen.“
Keine „Reichweitenangst“ bei BMW
„Laden soll ein Befähiger für die Elektromobilität sein“, erklärte Vertriebschef Pieter Nota. Deshalb habe der Konzern die Angebote BMW Charging und MINI Charging, die den Kunden die Nutzung von mehr als 250.000 öffentlichen Ladepunkten in Europa erlaubten. Damit habe man in der Region eine Netzabdeckung von 90 Prozent. In den Top-5-Märkten für Elektromobilität liege man damit sogar bei 95 Prozent. „Damit machen wir Laden für unsere Kunden flächendeckend einfach und komfortabel. Das Wort ‚Reichweitenangst‘ können Sie damit bei uns streichen“, so Nota.
„Wir sorgen für volle Kostentransparenz“, betonte der Vertriebschef. Im „Active“-Tarif würden Kunden eine monatliche Grundgebühr zahlen und dann zu einem attraktiven marktspezifischen Festpreis laden. In Deutschland liege die monatliche Grundgebühr bei fünf Euro, AC-Laden koste 33 Cent/kWh und schnelles DC-Laden 39 Cent/kWh. Bei den Preisen orientiere sich BMW am Preis von Haushaltsstrom. Außerdem könnten die Kunden ein Paket des von dem Konzern mitgegründeten Schnellladesäulen-Betreibers Ionity hinzubuchen. Sie würden dann eine monatliche Grundgebühr von 13 Euro zahlen und für 35 Cent/kWh direkt an der Autobahn laden. Die Grundgebühr entfalle dabei für Neukunden im ersten Jahr.
Mit Blick auf die längere Dauer beim E-Auto-Laden im Vergleich zum Tanken von Verbrennern verwies Finanzchef Peter auf den Komfortvorteil des Ladens zu Hause. BMW biete seinen Kunden dazu verschiedene Heimladelösungen an, ergänzt um einen Installationsservice und einen Ökostromtarif. Auch am Arbeitsplatz könne geladen werden, merkte Personalchefin Horstmeier an. Dort stehe das Fahrzeug tagsüber sowieso. Auch hier gebe es einen großen Komfortvorteil gegenüber dem Tanken.
„Wir betreiben bei der BMW Group eines der größten betrieblichen Ladenetzwerke in Deutschland“, betonte Horstmeier. „2021 haben wir große Fortschritte erzielt: Inzwischen sind mehr als 5.000 Ladepunkte in Betrieb. Und mehr als 1.000 Ladepunkte sind eRoaming-fähig, das heißt: Sie können auch von externen Fahrern von Elektrofahrzeugen genutzt werden. Damit profitiert auch die Öffentlichkeit von unserem betrieblichen Ladenetzwerk.“ Allein in Europa würden nun nochmals mehr als 1100 Ladepunkte bis Ende 2022 folgen. Auch die BMW-Niederlassungen und -Partner in den Handelsbetrieben würden sukzessive ihre Lademöglichkeiten vor Ort ausbauen.
Mehr „Ionity“-Schnelllader für die Langstrecke
Für Langstrecken sieht sich BMW mit dem Ionity-Angebot gut aufgestellt. Der Finanzchef verwies auf das kürzlich ausgeweitete Engagement der Anteilseigner, zu denen auch Audi, Daimler, Porsche, Hyundai und Kia gehören. Zusammen mit dem neuen Investor BlackRock würden 700 Millionen Euro investiert, unterstrich Peter. Damit werde der Ausbau des Schnellladenetzes deutlich beschleunigt. 2025 werde das Ionity-Netz rund 7000 Ladepunkte umfassen. „Und unser Angebot BMW Charging ermöglicht auch die einfache und komfortable Nutzung von Ionity-Schnellladepunkten“, erklärte Vertriebschef Nota. Mit der Limousine BMW i4 etwa könne man innerhalb von zehn Minuten mehr als 160 Kilometer Reichweite laden. „Sie stecken also einfach Ihr Fahrzeug an und trinken einen Kaffee, während es lädt. Hier sehen wir für die Zukunft ein großes Potenzial.“
Das Elektroauto-Laden sei bei BMW ein Thema, das hohe Aufmerksamkeit genieße, sagte Personalchefin Horstmeier. „Das können Sie schon daran erkennen, dass der Vorstand als Team aktiv involviert ist. Bei der BMW Group denken wir Elektromobilität ganzheitlich – mit attraktiven Fahrzeugen sowie Produkten und Dienstleistungen, die Laden einfach und komfortabel machen. Unser Engagement beim Laden erstreckt sich deshalb über die gesamte Wertschöpfungskette: von überzeugenden Produkten und Dienstleistungen über die genannten strategischen Beteiligungen bis hin zum Aufbau unserer eigenen betrieblichen Ladeinfrastruktur.“ Das Laden habe heute schon viele Stärken und Möglichkeiten. Die weitere Digitalisierung und Automatisierung böten „riesige Potenziale“ für die Zukunft.
Kein exklusives Ladenetz
Audi und Porsche planen auch eigene, exklusive öffentliche Ladenetzwerke für Ihre Kunden. BMW hat das nicht vor: „Wir setzen auf offene Netze. Damit werden der Hochlauf und die Verfügbarkeit der Infrastruktur für unsere Kunden am effektivsten unterstützt“, sagte Finanzchef Peter. „Gleichzeitig lassen sich so die hohen Auslastungen realisieren, die für die Profitabilität der Netze essenziell sind. Mit unserer Beteiligung an Ionity sind wir intensiv am Aufbau eines öffentlichen Ladenetzes beteiligt.“
Im nächsten Jahr stünden bei BMW beim Laden zwei weitere Stoßrichtungen im Fokus, um das Laden noch attraktiver zu machen, erläuterte Vertriebschef Nota. „Zum einen werden wir die Charging-Umfänge noch tiefer in unsere myBMW und MINI App integrieren. Damit haben unsere Kundinnen und Kunden in einer App alles, was rund um ihr Fahrzeug relevant ist – inklusive des Zugangs zu den öffentlichen Ladepunkten. Zum anderen werden wir die Vernetzung beim Laden weiter vorantreiben und den Ladevorgang damit weiter vereinfachen.“
„Wir werden Laden 2022 noch einfacher und komfortabler machen“, versprach Personalchefin Horstmeier. „Wir planen, auch bei einer steigenden Zahl der öffentlichen Ladepunkte die heute schon sehr hohe Abdeckung von mehr als 90 Prozent in Europa weiter auszubauen. Außerdem prüfen wir, wie wir beim öffentlichen Laden Nachhaltigkeit noch mehr in den Mittelpunkt rücken können, zum Beispiel durch freiwillige CO2-Kompensation oder die weitere Integration von Grünstromangeboten. Auch beim bidirektionalen Laden bleiben wir am Ball, da wir hier ein großes Potenzial sehen, gerade was den Beitrag von Elektrofahrzeugen zur Versorgungssicherheit und damit zur Energiewende betrifft.“
E-Mobilität solle im nächsten Jahr noch alltagstauglicher werden. Das sei die Voraussetzung, damit die Akzeptanz von Stromern weiter wächst, sagte Finanzchef Peter abschließend. „Qualitativ hochwertige E-Fahrzeuge sprechen für sich – sie überzeugen durch Leistung, Fahrdynamik und Reichweite. Die ausreichende Ladeinfrastruktur ist das Nadelöhr. Wenn sie vorhanden ist, kann der Umstieg zur E-Mobilität noch dynamischer verlaufen.“ Peter sei „sehr zuversichtlich“, dass dieser Wechsel in naher Zukunft gelingen wird.
Powerwall Thorsten meint
Also die Quelle ist ja BMW selber, aber wenn selbst die Personalchefin jetzt erläutert, wie die Ladeinfrastruktur und die Kundenwünsche künftig sein werden, dann lässt das schon tief blicken.
Auch stößt man ins selbe Horn, wie der VDA
„Die Politik muß es richten und soll vor allem Fördergelder freimachen“ – wie armselig!!!
Einfach und kostendeckend geht auch schon heute – nur eben nicht mit zig verschiedenen unterschiedlichen Ladesäulen und hunderten verschiedenen Anbietern und Tarifen die dann total unbürokratisch zu BMW charging zusammengefasst werden.
Unser Fahrzeug läd zu 95% zu Hause und auf längeren Fahrten sowie wie 1-2x im Urlaub am Supercharger !
Das funktioniert völlig einfach – und übrigens schon seit über zwölf Jahren ????
eBiker meint
„Das funktioniert völlig einfach – und übrigens schon seit über zwölf Jahren ????“
Aber natürlich lieber Thorsten. 2009 – lass mal nachdenken – wieviele SC gab es da in Europa? Oder Weltweit. Ich glaube mich erinnern zu können es waren 0.
Und welches eAuto hattest du denn 2009? Lass mal überlegen: wau du hattest nen Tesla Roadstar. Wo hast du den denn unterwegs „völlig einfach“ geladen?
Ach ja nur so für dich zur Info: SuC sind mittlerweile Nice-to-Have. Brauchen tut die aber niemand mehr, da ja wie du weisst es viel mehr öffentliche Schnelllader gibt.
Und die 1-2x mal im Urlaub kann man auch ne Karte dran halten .
alupo meint
Das sieht zumindest BMW (und m.W. viele andere auch) anders.
Ansonsten macht ein Statement von der BMW-Leitungsebene wie „Deshalb sei ein schneller Infrastrukturausbau dringend erforderlich -…“ absolut keinen Sinn.
Und überholt sind die Supercharger auch nicht, denn die werden sehr gut genutzt. Nur weil es aber schon jetzt in Europa so viele davon gibt ist damit eine Reise ohne vorherige Reiseplanung jederzeit und in beliebige Himmelsrichtungen möglich. Ich wollte mir den Planungsstress und den Kärtchen- bzw. App-Dschungel jedenfalls nicht antun, manchmal dann auch noch mit einem Vertrag und einer monatlich fälligen Grundgebühr verbunden. Das ist ja wirklich das übelste was man sich vorstellen kann. Beim Strom/Gas zuhause lass ich das noch gelten, weil die Eigentümer der Zähler das Energieversorgungsunternehmen ist und dieser ausschließlich meiner Versorgung dient und somit nicht öffentlich ist. Aber für eine öffentlich zugängliche Ladesäule, ggfs auch noch mit Steuergeldern teilfinanziert, ist das mMn eine Verhöhnung des Steuerzahlers.
MichaelEV meint
Finde solche Kommentare wie von eBiker sehr belustigend. Gestern hatte jemand die Strecke Nürnberg – Brenner mit mehr als 200 Supercharger-Stalls als Beispiel genommen. Ionity bietet dagegen nach meiner Zählung nur 20 Ladepunkte auf. Tesla baut wieder einen neuen Standort, der mit 16 Ladepunkten fast so viel ergänzt wie Ionity auf der ganzen Strecke zu bieten hat.
Klar, es gibt noch andere Anbieter auf der Strecke. Die können Teslas aber genauso benutzen. Und selbst damit sieht es auch nicht so viel anders aus, vielleicht kommen dann noch 40 Ladepunkte dazu. Also ca. 240 vs. 60. Ein Viertel an Ladeinfrastruktur soll ca. das 15-fache an Autoherstellern versorgen. Man hofft augenscheinlich auf ein Wunder.
Wie gesagt, immer sehr belustigend. Die Stärke der Supercharger wird erst in den nächsten Jahren noch richtig zum Tragen kommen.
150kW meint
„Das ist ja wirklich das übelste was man sich vorstellen kann. Beim Strom/Gas zuhause lass ich das noch gelten, weil die Eigentümer der Zähler das Energieversorgungsunternehmen ist und dieser ausschließlich meiner Versorgung dient und somit nicht öffentlich ist. Aber für eine öffentlich zugängliche Ladesäule, ggfs auch noch mit Steuergeldern teilfinanziert, ist das mMn eine Verhöhnung des Steuerzahlers.“
Per Gesetz muss man AdHoc laden können. Das heißt Tarife mit Grundgebühr o.ä. sind OPTIONAL.
alupo meint
Das mit der Personalchefin hat mich auch sehr gewundert.
Aber vermutlich ist sie auf dieser Leitungsebene bei BMW die bestinformierteste Person bezüglich eMobilität. Es gibt ganz sicher gute Gründe warum man gerade sie auswählte, ein Statement zur eMobilität abzugeben. Das ist niemals nur Zufall.
alupo meint
Das Laden muss einfacher werden. Ja wirklich?
Bei mir ist es bereits seit über 5 Jahren genauso einfach wie einen Staubsauger in Betrieb zu nehmen.
Ich fahre zu einem Suoercharger und parke (meist) rückwärts ein (für mich die beste und angenehmste Methode). Ich steige aus und ergreife das Kabel von der Ladesäule. Auf dieser drücke ich auf einen Knopf um den Ladeport am Auto zu öffnen (das kann ich auch vom Automonitor aus machen, oder in meinem Fall, eines „alten Model S, auch mit dem „Schlüssel“). Danach stecke ich den kompakten Typ 2 Stecker in die Buchse des MS. Und augenblicklich beginnt der Ladevorgang. Eine Rechnung bekomme ich nicht (mein Model S hat noch das autolebenslange kostenlose Laden), aber auch das geht ja automatisiert vom Konto ab wenn man bezahlen muss.
Also wo ist da etwas kompliziert? Diese Technologie gibt es jetzt seit vielen Jahren und ich hatte noch niemals eine defekte Ladesäule oder musste gar warten bis ein Platz frei wurde. Genauso stelle ich mir das vor.
Eine monatliche Grundgebühr, einen Leistungspreis, das finde ich abartig. Bei den Tankstellen gibt es das auch nicht. Auch nicht beim Supermarkt oder beim Restaurant. Was die Leute so alles mit sich machen lassen…
Pferd_Dampf_Explosion_E meint
„Außerdem prüfen wir, wie wir beim öffentlichen Laden Nachhaltigkeit noch mehr in den Mittelpunkt rücken können, zum Beispiel durch freiwillige CO2-Kompensation oder die weitere Integration von Grünstromangeboten.“
Baut BMW jetzt Windräder auf – also in Bayern (wie denn, wo denn, will dort doch keiner). Oder kaufen sie für rd. jeweils 400 Euro die THG-Zertifikate meiner 3 Zoes auf und geben sich damit einen grünen Anstrich? So funktioniert echte Nachhaltigkeit natürlich nicht wirklich.
Flo meint
BMW wird ein Nischenanbieter werden. Wenn schon eine Personalchefin sich zur Ladethematik äußern muss – auweia.
Richtigsteller meint
Hallo Flo, du hast keine Ahnung.
Die Frau Horstmeier war noch vor nicht langer Zeit Werkleiterin im BMW Werk Dingolfing.
Die kennst sich also aus.
Powerwall Thorsten meint
Offensichtlich aber nicht über den Tellerrand von BMW hinaus – bei Tesla hat das alles schon 2012 funktioniert.
Sie war laut Lebenslauf von 2013-2018:
„Leiterin Produktion und Planung Motoren und E-Antriebe“
– da hat sie die Entwicklung der e-Mobilität zusammen mit den BMWi3 wohl irgendwie verschlafen
Günter meint
Entfernt. Bitte bleiben Sie sachlich. Danke, die Redaktion.