Im EU-Parlament hat im Juni eine Mehrheit der Abgeordneten dafür gestimmt, dass Hersteller ab 2035 nur noch Autos und Transporter ohne klimaschädlichen Treibhausgasausstoß auf den Markt bringen dürfen. Das Vorhaben gilt als gesichert und kommt einem Aus für Neuwagen mit Verbrennungsmotor ab Mitte des nächsten Jahrzehnts gleich. Während die deutschen Autokonzerne Mercedes-Benz und VW die Pläne unterstützen, kommt von BMW Kritik.
„Bis 2030 sind wir bereit, überall dort vollelektrisch zu werden, wo es die Marktbedingungen zulassen“, sagte der Leiter des Bereichs Außenbeziehungen von Mercedes Eckart von Klaeden. „Im Prinzip begrüßen wir die Entscheidung.“ Die Politik müsse nun für die erforderliche Infrastruktur sorgen. Entscheidend für den Erfolg des Klimaschutzes im Verkehr seien die Akzeptanz der neuen und nicht das Verbot traditioneller Technologien.
Auch bei Europas größten Autokonzern Volkswagen hält man das angestrebte Verbrenner-Verbot grundsätzlich für einen durchsetzbaren Schritt. Damit sei ein „ambitioniertes, aber erreichbares Ziel“ formuliert worden, hieß es aus Wolfsburg. Die Wende zur Elektromobilität sei „unumkehrbar“. Sie sei die ökologisch, technologisch und wirtschaftlich einzig sinnvolle Möglichkeit, um Verbrennungsmotoren schnellstmöglich zu ersetzen. Die politischen Pläne auf EU-Ebene würden nun Planungssicherheit für die Unternehmen und Verbraucher bringen.
Oliver Zipse, Präsident des Europäischen Herstellerverbandes ACEA und Chef von BMW, kritisierte die Entscheidung indes als „verfrüht“. Das betreffe angesichts der derzeitigen Volatilität und Unsicherheit jede langfristige Regulierung, die über dieses Jahrzehnt hinausgeht. „Stattdessen ist eine transparente Überprüfung auf halbem Wege erforderlich, um Ziele für die Zeit nach 2030 zu definieren“, sagte Zipse.
Dass das Parlament den Vorschlag der Europäischen Kommission für die Ziele 2025 und 2030 beibehalten hat, begrüßte der ACEA in einer Mitteilung. Diese Ziele seien „bereits extrem anspruchsvoll“ und nur mit einem massiven Ausbau der Lade- und Betankungsinfrastruktur zu erreichen, so der Verband. „Da der Wandel des Sektors jedoch von vielen externen Faktoren abhängt, die nicht vollständig in seiner Hand liegen, ist der ACEA besorgt darüber, dass die Abgeordneten des Europäischen Parlaments dafür gestimmt haben, ein CO2-Ziel von -100% für 2035 festzulegen.“
Die Automobilindustrie werde ihren vollen Beitrag zum Ziel eines CO2-neutralen Europas im Jahr 2050 leisten, betonte Zipse. „Unsere Branche befindet sich mitten in einem breiten Vorstoß für Elektrofahrzeuge, und es kommen laufend neue Modelle auf den Markt. Diese erfüllen die Anforderungen der Kunden und treiben den Übergang zu einer nachhaltigen Mobilität voran.“ Der ACEA-Vorstand und BMW-Chef drängt darauf, die Ziele in den nächsten Jahren noch einmal zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. „Bei einer solchen Überprüfung muss zunächst bewertet werden, ob der Ausbau der Ladeinfrastruktur und die Verfügbarkeit von Rohstoffen für die Batterieproduktion mit dem weiteren steilen Anstieg der batterieelektrischen Fahrzeuge zu diesem Zeitpunkt Schritt halten können.“
„Herber Rückschlag für den Klimaschutz“
Während Stimmen aus der Autobranche die EU-Pläne als zu ehrgeizig kritisieren, geht die Politik Umweltschützern nicht weit genug. „Dieses Abstimmungsergebnis im EU-Parlament ist ein herber Rückschlag für den Klimaschutz im Verkehr und torpediert alle Bemühungen, Europa schneller von fossilem Öl unabhängig zu machen“, sagte der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH) Jürgen Resch. „Mit den laxen Vorgaben der Kommission droht der komplette Stillstand bei der Antriebswende für den Rest des Jahrzehnts.“
Der Verbrenner-Ausstieg sei der richtige Schritt, komme 2035 aber viel zu spät, bemängelte Resch. „Die eskalierende Klimakrise lässt uns nicht die Zeit, noch weitere 13 Jahre Millionen neue Verbrenner-Autos auf Europas Straßen zu spülen, die dann wiederum 15 Jahre oder noch länger auf klimaschädlichen Sprit angewiesen sind.“ Die Mitgliedstaaten müssten jetzt im EU-Rat auf eine deutliche Verschärfung der Vorgaben drängen, fordert die DUH. Der CO2-Ausstoß bei Neuwagen müsse bis 2025 um 45 Prozent sinken und es brauche ein festes Zwischenziel im Jahr 2027. Ab 2030 dürften in Europa keine neuen Verbrenner mehr zugelassen werden.
nilsbär meint
Ein Verbot der Verbrenner-Neuwagen ab 2035 ist super, aber wird die ganze Industrie ab Rohstoffgewinnung auf das äußerste fordern. 2030 ist komplett unrealistisch. Und auch komplett unnötig. Wir haben in der absehbaren Zukunft einfach nicht genug Erneuerbare. Es wäre nur ein Verschieben des Grünstroms hin zu E-Autos. Und selbst wenn wir den Strom hätten: Dieses Vorziehen würde den weltweiten CO2-Ausstoß nur im Promille-Bereich verringern. Wenn es machbar wäre, würde ich es trotzdem wegen der Reduzierung von Lärm und Abgasen befürworten.
MichaelEV meint
Worauf basiert die Aussage mit den „nicht genug Erneuerbare“? Tatsächlich haben wir schon seit Jahren zeitweise zu viel und wissen nichts damit anzufangen.
Jede Maßnahme kann man so klein reden, dass sie irrelevant wirkt. Viele kleine Maßnahme summieren sich aber zu was großem.
Wo und wie sollte man denn ihrer Meinung ansetzten. Oder ist Nichtstun ihre Devise?
nilsbär meint
Vereinfacht gesagt: Wir können es uns aussuchen, ob wir 2030 unseren wenigen Grünstrom für Wärmepumpen, Industrieanlagen oder E-Autos verwenden. Und 2040 auch noch. Und zeitweisen ,Überschuss‘ haben wir auch nur, weil die Leitungen fehlen.
MichaelEV meint
So viele potentielle Gründe, warum nicht genug grüner Strom für BEVs bis 2030 verfügbar sein soll. Und zwischenzeitlich wurde Strom heute wieder verscherbelt, weil man nichts damit anzufangen wusste. Kommen sie in der Realität an.
Ne Frage: Wenn kurz nach Mittag an einem sonnigen und warmen 11.06 kurz vor Sommeranfang zu viel Strom da ist, spielt eine Wärmepumpe als Verbraucher genau welche Rolle?
nilsbär meint
Der Anteil der Erneuerbaren am Bruttoendenergieverbrauch in Deutschland war 2021 nur 19%. 2011 war er 11%. Solange wir nicht nahe an 100% sind, haben wir eben nicht genug Grünstrom für alles. Daher bin ich der Meinung, Europa soll die Erneuerbaren viel entschlossener ausbauen als derzeit. Zu ihrem Beispiel: Wie wäre es z.B. mit der Kette Grünstrom-H2-Stahlerzeugung oder Grünstrom-Synfuels-Flugzeuge an Überschusstagen?
MichaelEV meint
Sie müssen nicht mit dem Durchschnitt und niedrigen Werte bei der Primärenergie kommen. Im Sektor Strom gibt es im Tagesverlauf eine sehr hohe Dynamik, sehr hohe Anteile und auch ohne 100% gibt es regelmäßig Überschüsse, weil sich andere Erzeuger nicht wegregeln lassen.
Das größte Hindernis der Energiewende war bisher, dass wir mit den Überschüssen nichts anfangen können und dass die Kosten der Energiewende eklatant nach oben treibt. Ohne Lösung dafür, keine schnelle Energiewende.
Fragen sie mal, wer für eine geringe dreistellige Anzahl an Stunden pro Jahr einen Elektrolyseur betreiben will. Niemand!
H2 braucht es natürlich auch. Und natürlich einen schnellen Ausbau der EE. Das gibt es aber alles nicht (oder nur extrem überteuert) ohne den perfekten Partner für die Energiewende namens Elektromobilität. Große sowieso vorhandene Speicherkapazitäten, die ihre Nachfrage im weiten Umfang verschieben können und so die Nachfragelücken füllen können, die die Energiewende bisher so beschwerlich und teuer gemacht haben.
Schlumpf7 meint
Der eine (BMW) oder andere dt. Fzg.-Hersteller wird bestimmt noch eine Gesetzeslücke
finden und dann „Lagerbestände“ über 2035 hinaus verkaufen können. Wäre nicht das
erste Mal, dass Gesetze (im Sinne der Arbeitnehmer oder so) etwas zurechtgebogen
werden.
Draggy meint
Ich denke nicht, dass sie es versuchen, wer soll Autos kaufen die man nicht aufladen kann? 50 Liter Kraftstoff lassen sich nicht Mal eben so im Supermarkt mitnehmen.
Freddy K meint
Die DUH wieder. ……
Am besten alles gestern….
Wie wärs mit sofortigen Stopp aller Flüge wenn man die Strecke auch mit der Bahn fahren kann. Aber die 500km muss der Herr Resch und seine Konsorten nach Berlin ja fliegen. Bahnfahrt ist so unangenehm und CO2 sparend, gelle…
Wasser und Wein…..
henry86 meint
Wer kauft denn 2029 bitte noch Verbrenner?
Es kommen schon in den nächsten fünf Jahren Batterietechnologien auf den Markt, mit denen das Auto in fünf Minuten (!) geladen werden kann.
Zudem werden günstige Na Ionen Batterien kommen, die den Batteriepreis nochmal locker halbieren, wenn nicht sogar vierteln, und die keine Rohstoffproblematik haben. Und wo die Ladezeiten auch < 15 min sind.
Wie sollen Verbrenner da noch konkurrieren?
Ja die Ladeinfrastruktur muss weiter ausgebaut werden. Aber wenn man sich anschaut, was die letzten drei Jahre geschafft wurde, dann bin ich sehr optimistisch, dass man in den nächsten fünf Jahren hier nochmal einen riesen Sprung machen wird.
ID.alist meint
„Wer kauft denn 2029 bitte noch Verbrenner? “
Jene die sich mit aller mühe höchstens einen gebrauchten leisten können, oder die die immer noch nicht überzeugt sind, dass ein BEV die richtige Antriebstechnologie ist.
Und es hilft nicht, dass man Fantasie-Aussagen macht.
Thomas meint
Gebrauchte Fahrzeuge kann man ja auch noch länger kaufen, ich denke nicht dass es henry86 darum ging. Und die, die „nicht überzeugt“ sind, werden auf die Realität des Marktes treffen: es wird kaum noch Angebot für sie geben.
MAik Müller meint
@ID.alist Gebraucht ??????????????
Es geht um NEUWAGEN.
Neuwagen wird es ab spätestens 2030 NICHT mehr als Verbrenner geben weil keine mehr hergestellt werden.
Man könnte noch einen zulassen ABER es gibt praktische keine mehr zu kaufen :)
Freddy K meint
Wenn alle EU-Staaten, ALLE, dafür stimmen dann ists 2035. Und NUR in Europa. Und gebrauchte importieren wird weiterhin gehen… Ist ja keine Neuzulassung….
Schöne gebrauchte. Nur 500km. 1 Woche alt…..
Michael S. meint
@Freddy K Wird bestimmt die breite Masse so machen. Obwohl das dann unsinnig teuer sein wird, vor allem im Vergleich zu den E-Fahrzeugen zu dem Zeitpunkt…
DIBU meint
Ich fahre seit 2015 rein elektrisch und verfolge seitdem die Diskussionen hier. 2015 hieß es die „Wunderakkus“ dauern nur noch 5 Jahre, autonomes Fahren wird in spätestens 10 Jahren Standard. Wo bitte stehen wir jetzt?
In den 80ern in der Schule wurde uns auch beigebracht, dass die gesamten weltweiten Ölvorkommen in 30 Jahren spätestens verbraucht sind. Soviel zu Prognosen.
Ich habe mir angewöhnt an Sachen zu glauben, wenn sie verfügbar sind, nicht wenn irgendjemand sagt sie werden kommen…..
Gasbremse meint
@DIBU
Genau Deiner Meinung. Ankündigungen sind so inflationär wie der Sand am Meer. Wenn man aber in der Entwicklung komplexer technischer Systeme tätig ist, lernt man bald, dass jeder Erkenntnisgewinn mit fünf neuen Detailproblemen behaftet ist, die wieder gelöst werden müssen, um ein serienreifes Produkt auf dem Markt zu bringen. Daher sind Ansagen über den Verfügbarkeitszeitpunkt neuer Technologien mit größter Vorsicht zu „genießen.
Michael S. meint
Naja, zwei Generationen mit je 20% Verbesserung zum Vorgänger sind auch schon fast 50% Verbesserung.
Die letzten 5 Jahre ist viel passiert, auch ohne „Wunderakku“. Und die Zeit bis 2029 ist noch lang. Die Auswahl an Fahrzeugen vor 5 Jahren war winzig, die Reichweiten grauenvoll. Heute sind wir da viel weiter, also bin ich auch zuversichtlich, was 2030 angeht. Mit oder auch ohne „Wunderakku“.
MichaelEV meint
Eher konservativ gerechnet, sind 2029 ca. 1/3 des Bestandes elektrisch. Schon mal überlegt, was dieser Wegfall an Kunden für Auswirkungen auf die bestehende Infrastruktur haben wird (Tankstellen)? Da Fahrer mit viel Fahrleistung frühzeitiger wechseln, wird es mengenmäßig noch deutlich gravierender. 2029 wird das Netz an Tankstellen bereits spürbar ausgedünnt sein.
Das Thema Infrastruktur wird dann ganz dick auf der Negativseite stehen. Die Frage ist ganz eindeutig „Wer kauft denn 2029 bitte noch Verbrenner“!
Merkwürdigliebe meint
Welches Auto soll denn in 5 Minuten laden können? Haben sie hierfür eine Quelle?
Die Rohstoffproblematik wird sich in den nächsten 5 Jahren nicht entspannen wenn die nachfrage weiterhin stetig steigt. Was wir aktuell erleben sind Abwehr Preise (sogar bei Tesla) der Hersteller. Der Gebrauchtwagenmarkt für eAutos ist auch komplett durcheinander dank des Umweltbonus.
Faktoren wie ein Irrer Iwan und Inflation noch nicht eingepreist.
Freddy K meint
Bis annähernd Zellfabriken neue Technologien in ausreichender Menge produzieren ist 2029 lange vorbei. Träumereien helfen hier nicht weiter.
tutnichtszursache meint
Genauso ist es. Es geht nun darum den kompletten europäischen Automarkt, der 2019 mal eben 15,4 Millionen Neuwagen ausmachte, rein elektrisch zu entwickeln. Dafür braucht es nun ausreichend Rohstoffe und Fabriken.
Viele hier müssen sich mal langsam klar machen, dass es nicht mehr um ein paar tausend Elektrofahrzeuge für ein paar „Pioniere“ geht, sondern um den Massenmarkt.
Alleine der Kupferpreis für Motoren und Leitungen hat sich von $6.000 2019 – was schon viel war – auf seit Anfang 2021 9.000 bis 10.000 erhöht, der Preis für Nickel und somit der Batterien hat sich in drei Jahren mehr als verdoppelt auf 25.000 bis 30.000. Schon alleine wegen der Preise für Rohstoffe wird der Preis pro kWh einer Batterie nicht mehr signifikant sinken…
MichaelEV meint
Wie viel bleibt von diesen Preisen pro Fahrzeug tatsächlich hängen? Die Geschichte ist nicht so groß, wie viele sie immer darstellen wollen.
Wenn einmal der Kipppunkt erreicht ist, gibt es kein Halten mehr, auch nicht wenn Rohstoffe noch ein paar hundert € draufschlagen.
GE meint
Diese Kostentreiber führen letztlich doch dazu das sich zunehmend ökomischer Batterien durchstezen z.B. NaCl Batterien, oder einsparsamere umgang mit Kupfer. Das Gewichtsdelta beim E-Auto vs. Verbrenner ist bei Kupfer ca. ca 60 Kg ~ 600 €.
Das Thema hat sich dann aber spätestens bei den Unterhaltskosten dank steigendes Spritpreise.
Parallel dürfte die aus Batterirecyling gewonnen Rohstoffe deutlich zunehmen so das sich irgendwann wieder ein steady state einstellt.
Powerwall Thorsten meint
Viele Analysten sprechen allerdings schon wieder von stark sinkenden Preisen z.B. bei Lithium oder Nikel
MichaelEV meint
@GE
Sparen, Substitution, Recycling, neue Quellen. Hohe Preise führen automatisch wieder zu niedrigen.
@Thorsten
Heute auch gelesen, die Geschichte mit den Rohstoffen bekommt schon einen Dämpfer. Erdöl dagegen ist wieder am Hoch mit Potential für weitere Aufschläge.