Steht bis zum Jahr 2035 ein flächenabdeckendes und leistungsfähiges Ladenetz zur Verfügung, können die Neuzulassungen batterieelektrischer Lkw laut einem Forschungsprojekt des Öko-Instituts auf 100 Prozent steigen. Die wichtigste Stellschraube für den Erfolg der emissionsfreien Antriebe im Markt ist demnach ein rascher und zielgerichteter Aufbau von Ladeinfrastruktur für schwere Nutzfahrzeuge. In der Folge könnten die Treibhausgasemissionen des Straßengüterverkehrs insbesondere nach dem Jahr 2030 deutlich sinken und im Jahr 2045 die Null-Marke erreichen,
Das Öko-Institut hat für seine Auswertung verschiedene Antriebstechnologien im Straßengüterverkehr hinsichtlich der technischen und ökonomischen Potenziale bewertet. Das Forschungsvorhaben fand im Rahmen des Förderprogramms „Erneuerbar Mobil“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz statt.
Der Vergleich der unterschiedlichen Antriebe zeige, so die Studienautoren, dass batterieelektrische Lkw in Zukunft Vorteile gegenüber Brennstoffzellen- und Oberleitungs-Lkw haben – selbst bei konservativen Annahmen zu technischen Bedingungen wie den potenziellen Reichweiten beim Fahren und verfügbaren Nachladeoptionen. So seien Brennstoffzellenfahrzeuge in der Gesamtkostenberechnung deutlich teurer als reine E-Lkw. Hintergrund sei die hohe Unsicherheit bei den Wasserstoffpreisen. Oberleitungs-Lkw hingegen seien auf Strecken mit Oberleitungen begrenzt, was einer Elektrifizierung der gesamten Flotte im Wege stehe.
„Die Analyse zeigt zudem, dass sich E-Lkw rechnen“, sagt Katharina Göckeler, Projektleiterin und Expertin für klimafreundlichen Güterverkehr am Öko-Institut. „Sobald die Lkw-Maut ab Dezember 2023 einen Aufschlag von 200 Euro pro Tonne CO2 erhebt, erzielen alle Nullemissionsfahrzeuge deutliche Kostenvorteile gegenüber konventionellen Diesel-Lkw.“
Strombedarf & Energieinfrastruktur
Fahren künftig alle Lkw elektrisch, sinkt der Endenergieverbrauch im Straßengüterverkehr. Denn der batterieelektrische Fahrzeugantrieb ist im Vergleich zum Verbrennungsmotor deutlich effizienter im Betrieb. „So entsteht bis zum Jahr 2045 ein Strombedarf von jährlich 110 Terawattstunden (TWh) zum Betrieb schwerer Nutzfahrzeuge. Heute verbraucht der gesamte Güterverkehr auf der Straße 173 TWh pro Jahr“, erklärt das Ökoinstitut.
Wichtigste Voraussetzung für den Erfolg von E-Lkw sei, dass die öffentliche Ladeinfrastruktur für schwere Nutzfahrzeuge deutlich ausgebaut wird. Dabei müssten insbesondere „Lade-Hubs“ an Autobahnen entstehen, die für das Über-Nacht-Laden sowie für das Schnellladen geeignet sind.
Die Bedarfsabschätzung zeige, dass rund 55 Prozent des Gesamtenergiebedarfs des Lkw im Depot vor dem Fahrtantritt geladen werden kann. 25 Prozent könnten über Nacht an öffentlichen Nacht-Lade-Punkten, sogenannten Night-Charging-Systems (NCS), erfolgen, um mehrtägige Touren abzudecken. Die übrige Energie müsse während der Tour mit hoher Ladeleistung nachgeladen werden. Dafür solle das sogenannte Megawatt-Charging-System (MCS) ein Nachladen der Batterie innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Ruhepause von 45 Minuten nach 4,5 Stunden Fahrt ermöglichen.
„Wir brauchen ein Netz von rund 2.000 MCS-Ladepunkten und rund 40.000 NCS-Ladepunkten entlang des Bundes-Autobahnnetzes“, so Göckeler. „Da insbesondere MCS-Ladepunkte eine hohe Stromleistung haben und einen Anschluss an das Hochspannungsnetz benötigen, müssen die Planungen für ihren Aufbau jetzt zeitnah starten.“
alupo meint
‚Der Vergleich der unterschiedlichen Antriebe zeige, so die Studienautoren, dass batterieelektrische Lkw in Zukunft Vorteile gegenüber Brennstoffzellen- und Oberleitungs-Lkw haben“
Unter „Vorteile“ sind sicherlich vor allem Kostenvorteile gemeint.
Schön dass die Studienautoren bzw. die LKW Hersteller nun im Jahr 2023 zu dem gleichen Ergebnis kommen wie ich in 2017. Mir half bei der Berechnung der damals bereits ca. 40 Jahre zurückliegende Physikunterricht, dazu herzlichen Dank an meinen Lehrer.
Nostradamus meint
„Die Zukunft des Straßengüterverkehrs ist elektrisch“ – macht durchaus Sinn, nur aber wenn es um lokalen Lieferverkehr geht. Die Langstreckengüterverkehr soll möglichst schnell verboten werden! Dafür haben wir Eisenbahn!
Markus Müller meint
Wir haben die Güter auf die Eisenbahn gedrückt, weil diese schon lange CO2-arm ist, während der Strassengüterverkehr durchwegs fossil war. Wenn künftig der Strassengüterverkehr auch CO2-frei sein wird, ist die Präferenz der Eisenbahn zu überprüfen, bzw. nicht mehr absolut gegeben.
Die Eisenbahn transportiert z.B. viel mehr Gewicht pro Nutzlast als ein LKW.
Nostradamus meint
Bei der Beurteilung sollten man das „große Ganze“ betrachten und nicht nur einige Details. Die Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene bringt mehrere Vorteile mit sich, nicht nur CO2.
– Dank glatter Eisenschienen und geringerer Steigungen ist der Schienentransport trotz des höheren Gewichts der Waggons deutlich energieeffizienter als der Straßentransport.
– Es gibt keine Einschränkungen hinsichtlich der Akkukapazität und der Ladezeit.
– Durch die Reduzierung der Lkw-Anzahl wird der Straßenverkehr deutlich sicherer und Straßen und Brücken werden deutlich weniger ruiniert.
– Sicherheitskontrolle und langfristige Planung machen den Schienenverkehr viel sicherer als den Straßenverkehr. Usw. usw.
In jedem Fall muss die Bahn dringend und massiv modernisiert werden, um die neuen Aufgaben bewältigen zu können. Die deutsche Eisenbahn ist einfach verlassen und veraltet.
Daniel S meint
Es wäre schön wenn die Politik und Verwaltung für einmal proaktiv handeln würde anstatt der technischen Entwicklung hinterherzuhinken. Also: MCS-Ladepunkte und Hochspannungsnetze miteinander abgleichen bereits heute. Bald werden wir die MCS benötigen und solche Planungen dauern…
Jakob Sperling meint
Wenn ich jeweils sagte, dass MCS-Ladepunkte einen Starkstromanschluss brauchen und daher viel Zeit und Geld kosten, wurde ich hier niedergeschrien.