Der Münchner Nutzfahrzeughersteller MAN hat im Februar neue Technik für seine Lkw vorgestellt. Die Laster sind nun vernetzt, haben gefälligere Cockpits und fahren dem Hersteller nach um bis zu acht Prozent verbrauchsarmer. Da die Dieseltechnik damit weitestgehend ausgereizt ist, stehen künftig alternative Antriebe im Fokus. „Die neue Lkw-Generation kann alle Antriebe aufnehmen“, sagt MAN-Chef Joachim Drees im Gespräch mit dem Handelsblatt.
Wie die Autoindustrie müssen die Lastwagenhersteller immer strengere Klimavorschriften in der EU und anderen Ländern erfüllen. Dazu setzt MAN nun verstärkt auf Elektrifizierung. „Wir werden Elektroantriebe ab 2023/2024 in Serie bringen“, kündigte Drees an. Elektrische Lastwagen würden in der Anschaffung zunächst teurer sein, sich aufgrund der geringeren Betriebskosten aber nach drei bis vier Jahren rechnen – das hänge stark vom jeweiligen Einsatzzweck ab.
Im Schwerverkehr, etwa auf Baustellen, werde der Diesel „noch lange im Einsatz bleiben“, merkte der MAN-Chef an. „Der Fernverkehr könnte am ehesten auf Wasserstoff oder E-Fuels umsteigen. Im Verteilerverkehr unterhalb von 200 Kilometern wird sich der Elektroantrieb ab Mitte des Jahrzehnts durchsetzen.“
Noch mehr als die Käufer von Pkw schauen Lkw-Nutzer auf den Preis und die laufenden Kosten. Rechnet sich ein Fahrzeug nicht, ergibt die Anschaffung für die Betriebe keinen Sinn. Um seinen Kunden attraktive Angebote machen zu können, arbeitet MAN künftig eng mit der Konzernschwester Scania zusammen. Diese und weitere Marken hat Volkswagen 2018 in dem börsennotierten Unternehmen Traton gebündelt.
MAN und Scania teilen sich nun die Entwicklung, die Batteriezellen besorgen sich beide im Volkswagen-Konzern. Wenn die Automarken der Wolfsburger wie VW und Audi im großen Stil Elektroautos auf die Straßen bringen, profitieren die Lkw-Töchter von den günstigen Einkaufspreisen bei Batteriezellen, hofft Drees laut dem Handelsblatt.
MAN hat Ende letzten Jahres den vollelektrischen Lkw eTGM in einer Kleinserie auf den Markt gebracht. Das Modell ist für den mittleren und schweren Verteilerverkehr konzipiert und kann als Kühlfahrzeug, mit Wechselbrücke oder Getränkeaufbau konfiguriert werden. Die Reichweite liegt je nach Einsatzgebiet und Wetterbedingungen bei bis zu 200 Kilometer. Mittel- bis langfristig stellt sich MAN mit einer vom leichten Nutzfahrzeug bis zum schweren Lkw reichenden Strategie auf.
Tom meint
Dieses Wasserstoff gelaber hört dann auf wenn der Tesla-Semi ne Punktlandung in Sachen Preis und Reichweite ist.
Clemens Helm meint
Wieso wird im Schwerverkehr auf Baustellen noch lange der Diesel im Einsatz bleiben? Geht’s da um die Zuladung?
Jörg2 meint
Ich vermute, MAN bekommt diese Fahrgestelle nicht so leicht umgebastelt.
Vom Antriebskonzept kann ich mir da keine Beschränkung vorstellen. Eventuell aber im Bereich der Ladeinfrastruktur. Wenn ich mir da Bauvorhaben auf der Autobahn ansehe (Fahrbahnerneuerung), da könnte das nächste dicke Kabel weit weg sein (?).
Baustellen in Citylage haben da eventuell das kleinere Problem. Da gibt es ausreichend Strom.
alupo meint
Wasserstoff und LKW, das wird sich dieses Jahr schon final klären wenn Tesla seinen Semi in einer ersten Kleinserie auf den Markt gebracht hat.
Oder siehe hierzu das Statement eines Professors vom KIT.:
http://disq.us/url?url=http%3A%2F%2Fwww.eti.kit.edu%2Fimg%2Fcontent%2FStrategiepapier%2520Elektroautos%2520Stand%25202019-10%2520V1.5.pdf%3AXYUlEDNcqMvmOP8iC11qsOoSl5c&cuid=4558050
Wirklich lesenswert und mit Fußnoten. Auch zeigt er auf, dass der Energieverbrauch durch die Brennstoffzellen das 6-fache von dem des batterieelektrischen Antriebs benötigt. Das kann sich niemand leisten (wollen) .
Jörg2 meint
@alupo
Ich vermute auch, dass zwar aktuell das Argument „aber der Fernverkehr braucht die H2-Lösung…“ noch bei dem einen oder anderen im Hirn rumschwirrt, es aber keinen Markt dafür gibt.
Die Frachtführer, die jetzt im Zustell- und Einholverkehr die ersten dicken BEV-LKW einsetzen, werden erleben, dass dies erfolgreich geht. Die Frachtführer holen sich einen neuen Energieträger auf den Hof: Strom/Ladeinfrastruktur.
Parallel entwickelt sich die Reichweite weiter. Damit kommen die eLKW in den 300km-Punkt-zu-Punkt-Verkehr.
Wenn der SEMI bringt, was angekündigt wird, ist der eLKW keine Problem mehr (eher dann die Ladeinfrastruktur außerhalb der Betriebshöfe).
Dieser Werdegang bedeutet aber auch:
Warum soll der Frachtführer auf dem Weg vom Diesel-LKW zum BEV-LKW eine H2-Lösung zwischenschieben mit all den Umstellungsproblemen wie z.B. H2 muss auf den Betriebshof (gerade hat er für die 200km-Reichweiten sich eine Ladeinfrastruktur zugelegt). Die Frachtführer machen in den Bereichen, in denen auf der Zeitschiene noch keine BEV-Lösung zur Verfügung steht, einfach mit Diesel weiter. Das aktuelle Frachtführerhauptproblem „Einfahrverbote“ kann ja jetzt schon abgedeckt werden (200km Reichweite).
Und zweitens müsste jeder Hersteller sehen, dass der H2-Markt „Fernverkehr“ eventuell zwischenzeitlich existiert, aber zügig von den BEV-LKW angefressen wird. Für eine solche zeitlich kurze Lösung viel Entwicklungskosten aufzubringen, könnte rausgeschmissenes Geld sein.
Letztendlich wird also nicht wirklich ein Markt entsteht: keine Anbieter, keine Nachfrager.
Aber wie immer: alles Orakel….
Swissli meint
In der Schweiz wird Hyundai 2020 ja eine Testflotte mit 50 H2 LKWs in Betrieb nehmen.
Wie ich kürzlich gelesen habe, sind diese mit einem Diesel kostenmässig (die Nutzer bezahlen Hyundai eine km Abgabe inkl. aller Kosten) nur ebenbürtig weil sie keine Mineralölsteuer (logisch) und keine LSVA (Schwerverkehrsabgabe, fragwürdig) bezahlen müssen. Konkret: wenn der E-LKW günstiger als Diesel ist, und H2 nicht günstiger als Diesel, dann wird es für H2 keinen Markt geben (Jörg2). In der Schweiz gibts geografisch keine richtige Langstrecke, sodass die Hyundai H2 LKWs auf Strecken unterwegs sein werden, die künftig ein E-LKW fahren kann (erst noch günstiger). Das H2 Hauptproblem bleibt sowieso, auch wenn das H2 für das Hyundai Projekt aus einem Flusskraftwerk mit Elektrolyser gewonnen wird: der schlechte Wirkungsgrad, und die damit verbundene Stromverschwendung, rechtfertigen keinen H2 LKW.
Einzige Chance für H2 seh ich nur, wenn Politik den Diesel künstlich verteuert, und auf echten Langstrecken (Europa Nord-Süd, West-Ost) H2 „Korridore“ gebaut werden (ähnlich dem Tesla Charger Netz in den Anfängen).
Ansonsten: echte Langstrecke bleibts bei Diesel (evtl. auch Hybride oder mit E-Fuel gepanscht), der Rest wird E-LKW.
Jörg2 meint
@Swissli
Danke für die Info!
Wenn die Nutzer an HYUNDAI einen Betrag pro km zahlen, dann sind die wirklichen Kosten noch nicht bekannt (?). Und einen wirklichen Marktpreis für H2 gibt es wohl auch nicht.
Ich bin gespannt, ob es nach dem Test ein große Auswertung gibt.
Ich kann mir gut vorstellen, dass große Frachtführer in den Stromverkauf einsteigen. Sie könnten auf ihren Betriebshöfen die Ladeinfrastruktur für Fremdfahrzeuge öffnen (so, wie es einige mit ihren Diesel-Tankstellen schon immer machen). Zumindest Frachtführer, die im Verbund arbeiten, könnten ihr System „Du tankst bei mir / ich tanke bei dir“ auch auf die Ladeinfrastruktur ausdehnen
Swissli meint
Entfernt. Bitte verzichten Sie auf das Veröffentlichen fremder Inhalte. Danke, die Redaktion.
nilsbär meint
Wird Zeit, dass VW-Diess die widerspenstigen Konzernmarken MAN und SCANIA in Sachen E-Mobilität auf Vordermann bringt. Geht wahrscheinlich nur durch Austausch der gesamten Markenführung.
Swissli meint
Interessant: nach 3-4 Jahren rechnet sich ein E-LKW also schon. Dann brauchts ja keine Subventionen.
Und ich frag mich, ob sich E-Busse im ÖV auch schon nach 3-4 Jahren rechnen. Dann brauchts auch dort keine Subventionen.
MM meint
Jedes Jahr die gleiche Leier…
Wir kommen in 3 Jahren…