Bei Porsche stehen wie bei den meisten Autoherstellern aufgrund der Coronavirus-Krise seit Wochen die Bänder still. Die Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Baden-Württemberg) und Michael Kretschmer (Sachsen) haben mit Vorstandschef Oliver Blume über das weitere Vorgehen bei der Verkehrswende gesprochen.
Lobbyisten der Automobilindustrie versuchen laut Medienberichten, angesichts der Belastungen durch die Pandemie die Öko-Auflagen für die Branche zu lockern. „Man muss ja nicht gleich mit so einem Konfliktthema anfangen. Notwendig sind mehr Freiheitsgrade für Unternehmen. Das sehe ich sehr wohl“, sagte Kretschmer dazu. Man dürfe aus der Krise nicht die falschen Schlüsse ziehen, etwa die Globalisierung zurückzudrehen.
Darauf angesprochen, ob die derzeitigen weitreichenden Einschränkungen der Produktion und des öffentlichen Lebens die Verkehrswende hin zur E-Mobilität verzögern, meinte Blume: „Ganz sicher nicht. Bei Porsche haben wir bereits vor Jahren eine klare, nachhaltige Produktstrategie beschlossen, die treiben wir weiter voran.“ Er könne sich vorstellen, dass das Leben nach der Krise „bewusster“ wird und ein deutlicher Schub in Richtung E-Mobilität stattfindet. „Viele Menschen machen sich gerade Gedanken, was das Leben lebenswert macht. Ich gehe davon aus, dass emissionsarme Technologien dabei noch stärker in den Vordergrund rücken“, so der Porsche-Chef.
„Die Klimakrise verschwindet ja nicht“, merkte Kretschmann an. Die Coronavirus-Krise werde spätestens mit einem Impfstoff beendet, die Erderwärmung bleibe hingegen ein Problem. „Wir müssen es daher als Chance begreifen, im Wieder-Hochfahren der Wirtschaft diesen Aspekt mit ein zu kalkulieren“, sagte der baden-württembergische Ministerpräsident. „Dabei müssen wir berücksichtigen, dass die Industrie eine schwere Delle abbekommt. Vielleicht muss die Politik deshalb manches neu justieren, in den Anstrengungen für den Klimaschutz dürfen wir aber nicht nachlassen.“ Gebe man das Ziel von maximal Zwei-Grad-Erwärmung auf, hätte das verheerende Konsequenzen: „für die Menschen, für die Wirtschaft, für uns alle. Das sollte man im Hinterkopf haben, auch wenn wir aktuell andere Prioritäten haben“, mahnte Kretschmann.
Für die Politik nach der Krise sprach sich Blume dafür aus, schnell mit konkreten Kaufanreizen die Wirtschaft anzukurbeln – „im Interesse der gesamten Gesellschaft“. Was die Ökologie betrifft gelte für Porsche: „Wir stehen zu den CO2-Zielen, setzen unsere Nachhaltigkeitsstrategie konsequent fort, lassen uns dabei auch von Experten beraten. In den nächsten fünf Jahren investieren wir 15 Milliarden Euro für Themen wie E-Mobilität, nachhaltige Produktion und Digitalisierung – daran ändert Corona nichts.“
Kretschmann verwies darauf, dass in Baden-Württemberg nach der Dieselaffäre ein Strategiedialog begonnen habe. „Das war was ganz Neues: Autohersteller, Energiewirtschaft, Kommunen, Wissenschaft, Politik – alle hocken an einem Tisch, um den Transformationsprozess zu besprechen, mit konkreten Ergebnissen wie zum Beispiel einem flächendeckenden Ladenetz für das Land. Nach der Corona-Krise gilt: Jetzt erst recht! Wir müssen zusammenarbeiten, gegenseitig Vertrauen aufbauen.“
Raphael R meint
Verschaukeln? Ist er nicht bis vor kurzem noch ganz überzeugt Diesel gefahren (S-Klasse) und hat sich gegen Fahrverbote und den Abbau von Subventionen gestellt? Jetzt fährt er GLC F-Cell. Wes Brot ich ess, des Lied ich singˋ …
Pferd_Dampf_Explosion_E meint
„Viele Menschen machen sich gerade Gedanken, was das Leben lebenswert macht. Ich gehe davon aus, dass emissionsarme Technologien dabei noch stärker in den Vordergrund rücken“, so der Porsche-Chef.
Das sehe ich auch so; viele Menschen haben jetzt Zeit ihren nächsten Autokauf zu durchdenken und beschäftigen sich erstmalig mit BEV und ihrer persönlichen Ladeinfrastruktur.
Hans Meier meint
Blum kaut nur das wieder was schon lange klar ist. Porsche und co waren ja damals gegen EV’s, nicht die Kunden. Die Industrie hat den Kunden über Werbung so „konditioniert“ wie sie das wollten… Das sich der Kunde jetzt Gedanken darüber macht ist nur logisch, es gibt ja aus DE auch erst jetzt langsam Angebote. „Der Kunde“ ist nur Platzhalter. Die Musik kommt aus der Industrie und der Druck das die Gurken endlich in die Gänge kommen kommt von Tesla.
Alter_eg.o meint
So ähnlich sehe ich das auch. Gut für Kretschmann ist, dass er jetzt einen ernsthaften Gesprächspartner in Baden-Württemberg gefunden hat und sich nicht mehr so verschaukeln lassen muss wie bisher.
Jeru meint
Das sehe ich anders.
Die Werbung haben die nicht ausreichend guten Fahrzeuge gemacht. Es brauchte einen gewissen technischen Stand (Batteriespeicher etc.) der ein Fahrzeug wie das Tesla Model S möglich gemacht hat. Das Model S war und ist jedoch kein Fahrzeug für die Masse und erst die Weiterentwicklung und Kostensenkung bringt nun brauchbare Fahrzeuge sowie einen attraktiven Preis.
Vor fünf Jahren hätte ich den wenigsten zu einem BEV geraten. Auch als „E-Mobilitäts-Fan“.
LIPo meint
Porsche war noch nie gegen EV, das zeigt schon die Firmenhistorie. Der E Boxster kam 2011 ( leider nicht in Serie), seit 20J ist Porsche in Umwelttechnik und alternative Antriebe investiert, entwickelt und baut zb. Windkraftwerke. Zudem ist O.Blume mit E.Musk gut befreundet, die treffen sich mehrmals im Jahr.
Bitte nicht alle Hersteller über einen Kamm scheren!
OnlyAFoolUsesGoogleAndroid meint
„Das sehe ich auch so; viele Menschen haben jetzt Zeit ihren nächsten Autokauf zu durchdenken und beschäftigen sich erstmalig mit BEV und ihrer persönlichen Ladeinfrastruktur.“
Sicher werden sich jetzt viele den Autokauf durchdenken, allerdings dahingehend sich aufgrund der unklaren wirtschaftlichen Entwicklung oder Jobverlust erst einmal keinen „neuen“ Wagen zu holen, sondern abzuwarten. Oder viele Menschen merken, dass Homeoffice ja eigentlich auch super funktioniert und benötigen nun gar kein Auto mehr oder es reicht eins für die Familie.