Umweltminister Altmaier ließ die Abstimmung über schärfere CO2-Grenzwerte bei einem Treffen mit seinen EU-Amtskollegen platzen. Deutschland hat damit der EU erneut seinen Willen aufgezwungen und entwickelt sich immer mehr zur treibenden Kraft im Kampf gegen strengere Abgasnormen.
Die Autolobby freut sich, Experten dagegen kritisieren die einseitige Politik von Bundeskanzlerin Merkel aufs Schärfste und fürchten eine anhaltende Beeinträchtigung der Innovationsfähigkeit der deutschen Industrie.
Die für Montag angesetzte Abstimmung über einen eigentlich bereits gefundenen EU-Kompromiss zu strengeren Abgasvorschriften musste nun zum dritten Mal verschoben werden – wie bereits zuvor war auch dieses Mal Deutschland dafür verantwortlich.
Altmaier wurde zwar von mehreren Amtskollegen unterstützt, andere Länder dagegen waren bereit, den Kompromiss durchzuwinken. Nun droht eine lange Verzögerung bis zu einer erneuten Abstimmung. Vor dem Treffen hatten EU-Diplomaten erklärt, dass eine erneute Einigung wohl erst nach den Europawahlen im kommenden Jahr erzielt werden könne.
Deutschland setzt die anderen Mitgliedstaaten damit unter Druck: Entweder sie stimmen den Änderungswünschen der Bundesregierung zu oder eine Entscheidung wird weiter verschleppt.
Bundesregierung argumentiert mit Erhalt von Arbeitsplätzen
Umweltminister Altmeier begründete den Widerstandskurs der Bundesregierung mit dem erhofften Erhalt möglichst vieler Arbeitsplätze: „Ich bin fest davon überzeugt, dass es den Schweiß der Edlen wert ist, die Interessen des Umwelt- und des Klimaschutzes in einer verträglichen Weise mit denen des Erhalts von Arbeitsplätzen unter einen Hut zu bringen“, erklärte er laut Spiegel Online am Rande des EU-Treffens in Luxemburg etwas sperrig.
Eine „begrenzte Flexibilität“ für die Autobauer solle die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Automobilindustrie schützen. Unterm Strich bedeutet dies, dass mehr sogenannte Super-Credits als bisher vorgesehen vergeben werden – Elektro- und Hybridautos können damit mehrfach gegen den CO2-Ausstoß von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren aufgerechnet werden.
Zudem soll die strengere CO2-Grenze nur einen Teil der Pkw nach dem Jahr 2020 betreffen. Der Durchschnittswert von 95 g/km soll anfänglich nur für 80 Prozent der Fahrzeugflotte eines Herstellers gelten, erst ab 2024 müssten dann 100 Prozent der Flotte die neuen Abgasnormen erfüllen. Besonders die Hersteller großer, verbrauchsintensiver Limousinen wie Audi, BMW oder Daimler würden von dieser Anpassung profitieren.
Experten kritisieren den Kurs der Bundesregierung scharf
Automobil-Experten wie Ferdinand Dudenhöffer kritisierten das deutsche Vorgehen scharf: „Der Vorstoß der Bundesregierung wirft technischen Fortschritt bei CO2-Minderung von Neuwagen um Jahre zurück“, erklärte der Leiter des Center Automotive Research an der Universität Duisburg-Essen. Vor allem die Verbreitung von alternativen Antrieben würde dadurch ausgebremst.
Auch Umweltverbände teilen diese Kritik: „Es scheint, als seien BMW und Daimler inzwischen zu ignorant, die Herausforderungen anzunehmen, ihr unbestritten vorhandenes Innovationspotential auch bei der Verringerung der CO2-Emissionen einzusetzen“, sagte Michael Müller-Görnert, Referent für Verkehrspolitik beim ökologischen Verkehrsclub VCD Spiegel Online gegenüber.
Für die deutschen Autohersteller scheint die Einflussnahme auf die Bundesregierung offenbar einfacher zu sein, als sich ein Beispiel an Tesla oder auch Toyota zu nehmen und zukünftige Mobilität aktiv und innovativ voranzutreiben. Fairerweise muss man allerdings einwerfen, dass BMW durchaus beträchtliche Summen in die Entwicklung alternativer Antriebe investiert – der Elektrokleinwagen i3 ist das aktuellste Ergebnis dieser Maßnahmen.
W.Schäfers meint
Ob deutsche Technologie im Automobilbau bei den Technikern und Konzernlenkern von Tesla, Renault, Toyota/Lexus, BYD, Kia/Hyundai und vielen Kleinserienherstellern von E- Mobilen bewundert wird, halte ich zu mindest für sehr fragwürdig. ;-)
Ich glaube, dass Politik, Automobillobby und Presse in Deutschland auf dem falschen Weg sind, um in Zukunft noch die Rolle zu spielen, die sie mit veralteten Ansichten und Technologien erreicht haben.
Deutschland muss sehr sehr spurten, um noch auf den Zug in die Zukunft mit aufzuspringen zu können.
Jedoch habe ich noch Hoffnung: wenn zB der Auwehkonzern fehlende bzw. verschlafene Technologien durch Aufkauf einer oder mehrerer Firmen sich einverleibt.
Wie: durch Gewinnüberschuss aus Alttechnologieprodukten wie zB Golf, A3, Passat, A6, Oktavia, Ibiza etc. – Dem treuen und konservativem Konsumer sei es gedankt.
Und hier liegt mE das ursächliche Problem: bei dem von Politik und Medien fehl informierten und gesteuerten Durchschnittsmichel. Der hat sich bereits dem Dauer- Werbegesülze der Automobilen Fraktion aus D. dahinschmelzend ergeben. Vordenken lassen ist halt einfacher, als selber denken müssen.
Und : Mutti & Erzengel Gabriel werden’s schon richten und uns in 1 bis 1/1/2 Jahren die subventionierten E-Gölfe vom Himmel der Politik senden.
Bis dahin wird auf den subventionierten E- Golf gewartet um anschließend im Club der Gölfe (Durchschnittsmichel) aufgenommen zu werden.
Millionen Fliegen können sich einfach nicht irren.
Auch nicht die deutsche Politik bei vereinter Lobbyarbeit gegen CO2-Limits ;-)
Hans Meier meint
Warten wir mal ab bis in China der E-Automarkt wegen dem Smog an Fahrt gewinnt, spätestens dann wird die Deutsche Autoindustrie massiv verlieren. Aber ich finde das nicht schlimm. Die Deutsche Autoindustrie sollte bitte möglichst schnell von der Bildfläche verschwinden und wie wir ja gerade sehen, schaufeln sie sich ihr eigenes Grab :) Mich freuts, ehrlich. Die Japaner haben Jahre Vorsprung und E-Mobilät wird so oder so kommen und damit wird auch das Reparaturgeschäft massiv wegbrechen, die ganze Motorentechnologie unbedeutend und genau da wird es der DE Autoindustrie so richtig reinknallen und wehtun und es werden so oder so massenhaft Leute entlassen :) Am Ende nützt Grosskotz eben doch nichts sondern nur liefern statt labern. Ich geb ihnen noch 20 Jahre. Tod ist die DE Autoindustrie so oder so schon heute, die Frage ist nur noch, wie schnell es geht. :) Alles hat Seine Zeit.
Torsten meint
Na eigentlich dürften die , die hier ewig lange Texte schreibe für sowas überhaupt keine Zeit haben, weil sie nämlich bei BMW sitzen müssten, den Vertrag für einen i3 unterschreiben.
Da steht er nämlich der deutsche Kleinwagen mit reinem E Antrieb.
Wollen wir doch mal sehen wo dann die ganzen Schreihälse bleiben die der deutschen Industrie immer vorwerfen nur Riesen SUV zu bauen.
Und die künstliche Empörung über diese CO2 Grenze ist ja wohl lächerlich,wo werden denn Luxuslimousine und SUVs bevorzugt gekauft, doch nicht in Europa, sondern Asien, Russland und den USA.
Selbst wenn sich BMW und Co da völlig zurück ziehen würden…da kommen eben Asiatische und amerikanische Hersteller und nehmen deren Platz ein und???
Starkstrompilot meint
Hallo,
so, so. So wird man also Leitmarkt für Elektromobilität. In dem man versucht, sie erst mal kräftig auszubremsen. Ob das allerdings so funktioniert, ist fraglich. Wen interessieren denn wirklich CO2-Grenzwerte? Verbrauchswerte sind eh geschönt. Alternative Antriebe dienen nur der Kaschierung des Flottenverbrauchs.
Wenn wie bemerkt BMW so viel in eine Entwicklung steckt, die es übrigens bei Renault schon seit 2 Jahren gibt, warum bauen sie dann nicht ein Auto, das ihrer würdig ist. Seit wann ist ein BMW ein Kleinwagen? Seit der Isetta jedenfalls nicht mehr. Der Grund ist, dass ein neuer Antrieb keinesfalls die vorhandenen Fahrzeuge verdrängen darf. Dieser Regel folgen übrigens alle deutschen Hersteller, außer Opel.
Diese Strategie ging ja auch die ganzen Jahre seit den Achtzigern durchaus auf. Jetzt ist aber ein neuer da: Tesla. Und hier ändert sich jetzt alles. Wenn die deutsche Autobranche nicht ganz schnell aufwacht, hat Herr Altmeier gerade begonnen einen sehr großen Anteil der deutschen Arbeitsplätze zu vernichten statt zu erhalten.
Sie unterhalten sich über Abgaswerte im Jahr 2024. Das sind noch 11 Jahre. 2024 werden Verbrennerautos unverkäuflich sein.
Über was reden die da und verprassen Steuergelder? Können die sich nicht um etwas wichtiges kümmern. Z.B. wie der Technologiewechsel stattfinden kann.
Denken wir mal an den Fernsehermarkt. Vor 10 Jahren hatten die meisten von uns noch eine Röhre. Es gab schon Flache, aber es waren Plasmaglotzen und kleiner als Röhren. Die Firmen sagten sich, wer weiß wie lang das noch dauert. Dann kamen die LCD, wurden immer größer, brauchten auch noch deutlich weniger Strom, wurden immer billiger und ab einem bestimmten Zeitpunkt waren Röhren unverkäuflich. Ganz neue Firmen waren in diesem Segment erschienen und hatten eine neue Innovationsgeschwindigkeit definiert. Bei den Autos wird es genauso sein. Es geschieht bereits und eigentlich sind die deutschen schon abgehängt.
Im nächsten Jahr bringt Tesla das Model X auf den amerikanischen Markt. Einen SUV, der mindestens 500 km weit fährt mit einer Ladung. Im Jahr darauf wird er auch in Europa zu kaufen sein. 2015! Und unsere Politiker unterhalten sich über Grenzwerte in 2024. Ja, haben die den Schuss nicht gehört? Dieses Jahr wird Tesla mindestens 20000 Model S verkauft haben. Das heißt, 20000 nicht S-Klasse, nicht A8, nicht 5er oder 7er, nicht Panamera. Das merken die vier jetzt schon. Und das ist erst der Anfang.
Ein elektrisches Fahrzeug braucht keine Grenzwerte. Es ist völlig unsinnig, sich darüber für die nächsten 10 Jahre zu unterhalten. Es ist nicht mal ein Fortschritt, hier Grenzwerte einhalten zu können. Der Verbrennungsmotor ist eine Übergangstechnik aus dem 19. Jahrhundert. Der Zeitpunkt ist da, ihn zu ersetzen und damit die ganze Zerstörerei, den diese Technik weltweit ökologisch wie politisch angerichtet hat, zu beenden. Öl ist der seltenste Stoff im uns bekannten Universum. Es existiert bisher nur auf dem kleinen blauen Ball, der um einen kleinen gelben Stern kreist. Und wir verbrennen es einfach unwiederbringlich. Sehr schlau. Grenzwerte!? Ha, ha.
Euer Starkstrompilot
ecomento.de meint
Danke für den ausführlichen Kommentar!
Noch wird Deutschland weltweit für seine fortschrittlichen Technologien und seine Automobilindustrie bewundert. Doch gerade deshalb wirken die derzeitigen Strategien und Maßnahmen der Autohersteller und auch der Politik so unkoordiniert und ratlos.
Eigentlich unbegreiflich, wie schnell Deutschlands Vorzeige-Unternehmen hier aktuell anscheinend den Anschluss verlieren.
VG
ecomento.de