Fiat-Chrysler-Chef Sergio Marchionne gilt nicht als allzu großer Fan von Elektroautos. 2014 bat er Autokäufer noch darum, sich nicht für die rein elektrische Ausführung des Stadtflitzers Fiat 500e zu entscheiden. Durch jeden der nur in wenigen Staaten in den USA angebotenen 500e entstehe seinem Unternehmen ein Verlust von knapp 14.000 Dollar, erklärte er damals. Mittlerweile hat sich der Italiener aber offenbar mit dem alternativen Antrieb angefreundet und spricht davon, dass Elektrifizierung „das nächste große Ding“ sein könnte.
Bereits vor einigen Wochen hatte Marchionne verkündet, dass man ein Fahrzeug ähnlich Teslas kommendem Kompakt-Elektroauto Model 3 „mit italienischem Flair“ auf den Markt bringen könnte. Er sei allerdings immer noch über den großen Erfolg des bereits fast 400.000 Mal reservierten kleinen Tesla überrascht. Marchionne sagte, dass er bei dem Tesla-Hype Parallelen zur Dotcom-Blase von 2000/2001 erkenne. Damals war Umsatzwachstum vielen wichtiger als Erträge, was für zahlreiche Anleger zu Vermögensverlusten führte.
Marchionne vermisse demnach bei Tesla bislang noch ein Geschäftsmodell, das auch langfristig funktionieren könne. Ihm sei nicht ersichtlich, „wie man das Wirtschaftsmodell zum Funktionieren bringen“ und mit Elektroautos kostendeckend wirtschaften sowie Gewinne machen könne. Die Relevanz des Verbrennungsmotors werde zwar nachlassen, „aber immer noch ein wichtiger Treiber von Mobilität bleiben“, so der Automanager im Gespräch mit AutomobileMag.
Der Fiat-Chrysler-Chef betonte zudem, „dass es nichts gibt, was nicht auch ein anderes Unternehmen nachmachen könne“. Laut Marchionne sei Teslas Stromer-Strategie aber noch nicht die Antwort auf die durch Elektromobilität entstehenden Fragen – diese liege „anderswo“. Er räumte jedoch ein, dass sein Unternehmen möglicherweise nicht genug dafür tue, um in diesem Bereich weiterzukommen.
Marchionne will spätestens Ende 2018 von seinem Posten zurücktreten. Wer den Autokonzern in Zukunft lenken wird, sei zwar noch unklar. Sein Nachfolger befinde sich aber bereits im Unternehmen, verkündete der Top-Manager. Allerdings werde es kein typischer „Car Guy“ sein, der sich als neuer Unternehmenschef mit den Zukunftsthemen Elektromobilität und Digitalisierung auseinandersetzen muss. Eine erste Modernisierungsmaßnahme hat Sergio Marchionne vor Kurzem noch selbst in die Wege geleitet: Technologie-Riese Google und Fiat-Chrysler kooperien künftig bei der Entwicklung von selbstfahrenden Elektrofahrzeugen.
kritGeist meint
„Damals war Umsatzwachstum vielen wichtiger als Erträge, was für zahlreiche Anleger zu Vermögensverlusten führte. …
Marchionne vermisse demnach bei Tesla bislang noch ein Geschäftsmodell, das auch langfristig funktionieren könne.“
Der Vergleich mit der Dotcom – Blase hinkt aber gewaltig & er hat anscheinend der Verlauf nicht verfolgt! Der Umsatzwachstum ist soweit entscheidend, um die Kosten zu decken & die Preise für Tesla-Autos weiter zu senken & nicht um möglichst schnell eine Idee für so viel Geld wie möglich zu verkaufen. Musk spekuliert nicht mit Tesla, sondern will das E-Auto als Standard etablieren, das ist eine gravierender Unterschied.
Das Geschäftsmodell ist: Gute E-Autos auf dem Massen-Markt etablieren, um damit die hohen techn. Kosten zu decken & langfristig Gewinne zu erzielen.
GhostRiderLion meint
Herr Marchionne ist nicht zu beneiden, denn er gibt zu, dass die Elektromobilität wohl das „nächste große Ding“ sein wird.
Weßhalb er auch das Schiff spätestens Ende 2018 verlassen wird … wohl eher MUSS ;-)
Trotzdem hoffe ich das er bis dahin noch viele Weichen in Sachen Elektromobilität stellt. Denn jetzt weiß er ja das seine Zeit abläuft, so oder so ;-)
Andilectric meint
Welch ein Hellseher, das „könnte“ das nächste große Dinge sein… :) Bei Herrn M. von Fiat denke ich immer an einen leicht wirren Senior, der nächtens eine Eingebung hatte, wobei ihm das Orakel von Elektroantrieben der Zukunft erzählt hat. Das nächste große Ding bei Fiat kommt frühestens dann, wenn er endlich die Bühne frei macht.
Dr.M. meint
Und das Orakel hat ihm auch gesagt, das die Lösung „anderswo“ liegt. Stimmt, aber eher nicht bei FIAT, oder? Ohne die Riesen-SUVs von Chrysler, die ordentlich Marge bringen, sähe es aber rabenschwarz aus bei FIAT. Oder seinem tollen Börsentrick mit Ferrari.
Und Hardware für Googles selbstfahrende Autos zu liefern, na, wenn das die tolle neue Strategie sein soll….