Lädt man ein Elektroauto auf, geht dies nicht ohne Kabel und passenden Stecker. Kabelfreie, sprich induktive Ladesysteme schaffen bislang meist nur 3,6 kW Ladeleistung. Je nach Fahrzeugtyp bedeutet dies eine Ladedauer von mehreren Stunden. Eine deutlich flottere Technologie konnte die E-WALD Forschungsgruppe der Technischen Hochschule Deggendorf (THD) präsentieren: Im E-WALD Teilprojekt ILS (Induktives Ladesystem) wurde seit Anfang 2015, zusammen mit den Entwicklern der INTIS GmbH, das weltweit erste straßenverkehrszugelassene, berührungsfreie, kabellose Schnellladesystem für Elektroautos entwickelt und erprobt.
„Die Zukunft des Ladens von E-Fahrzeugen ist kabelfrei und berührungslos“, erklärt Prof. Dr. Andreas Grzemba, technischer Gesamtleiter des E-WALD Forschungsprojekts. „Mit der Einführung des autonomen Fahrzeugs ist dies gleichzeitig eine wesentliche Anforderung an die intelligente Fahrzeugtechnik der Zukunft. Steckersysteme werden dann keine Alternative beim Ladevorgang mehr sein, das kabellose berührungsfreie Laden löst das kabelgebundene Laden ab, wir arbeiten bereits heute an Lösungen“, so Prof. Grzemba.
Im Gegensatz zu kabelgebundenen Entwicklungen zielt das E-WALD-System IN-DEG darauf ab, den Ladevorgang erheblich zu vereinfachen, die Nutzerfreundlichkeit zu maximieren und gleichzeitig eine Schnellladung des Fahrzeugs sicherzustellen. Bisher übliche Ladesysteme nutzen eine Leistung von 3,6 kW. Im Falle der hier entwickelten Lösung beträgt die übertragene Nennleistung 30 kW. Das System wurde vom Hersteller ursprünglich sogar für 60 kW ausgelegt und entwickelt. Bei entsprechend ausgerüsteten Elektroautos können auch unterschiedliche Fahrzeuge am gleichen berührungslosen Schnellladestandort aufgeladen werden. Der Ladevorgang startet nach einer Identifizierung automatisch und die Batterie des Elektroautos kann in weniger als 30 Minuten zu 80 Prozent geladen werden.
Wie induktives Laden funktioniert
Zur Energieübertragung dienen zwei Spulen: Die am Boden angebrachte Primärspule ist witterungsfest in Harz eingegossen, mechanisch überfahrbar und integriert vier Antennen zur Kommunikation mit dem Fahrzeug. Fahrzeugseitig ist die ähnlich ausgelegte Sekundärspule angebracht, die als „Empfänger“ dient und die Leistung an einen Gleichrichter weiterleitet. Dieser gibt zur Ladung der Antriebsbatterie Gleichstrom aus. Mit dem Ausschalten der Zündung des Elektrofahrzeugs startet der Ladevorgang automatisch.
Die optimale Energieübertragung ist sichergestellt, wenn die beiden Ladeplatten optimal, also genau übereinander, ausgerichtet sind. Zu diesem Zweck ist im Steuerrechner ein Positioniersystem integriert. Dieses zeigt dem Fahrer visuell die relative Position der Ladeplatte zum Fahrzeug an. Pfeile assistieren dem Fahrer beim Einparken und wechseln die Farbe, sobald das Fahrzeug korrekt ausgerichtet ist. Eine akustische Hilfe ist der nächste Entwicklungsschritt des Herstellers. Die Toleranz beträgt ± 8 cm, wobei eine Verdrehung des Fahrzeugs erlaubt ist.
Leonardtronic meint
Für Ladesäulen ein tolles Ding. Leider für die Heimgarage wohl unbezahlbar. Das Kabelladen wird wohl immer überleben.
Jensen meint
Der Aufpreis für diesen – meiner Meinung nach – unnötigen Zusatzkomfort, dürfte wohl den Gegenwert für den Strom von vielen 10.000 KM haben, Ladeverluste unberücksichtigt. Den recht überschaubaren Aufwand, Ladesäule und Fahrzeug mittels Kabel und Ladekarte zu verbinden, nehme ich weiterhin sehr gerne in Kauf.
Klaus Dehn meint
Ich habe mal eine Besichtigungstour mit Vorführung der Technik bei der Firma INTIS in Lathen, Emsland, mitgemacht. Die Ladeverluste sind wohl gering und das Positionieren des Fahrzeugs sah auch nicht kompliziert aus.
Infos sowie Bilder der Testanlage gibt es auch zum Download als PDF auf deren Internetseite http://www.intis.de.
Tom meint
Wie hoch ist der Ladeverlust, im Vergleich zu einer Steckverbindung (sagen wir, CCS)?
ecomento.de meint
Leider fehlt diese Angabe. In Anbetracht der Aussage, dass die Batterie „in weniger als 30 Minuten zu 80 % geladen“ sein, dürfte sich der Verlust jedoch in Grenzen halten.
VG
TL | ecomento.de
Wännä meint
Bisher war meist von Verlusten zwischen 5 und 10% die Rede.
Das könnte im Winter zu einer spürbar angenehmeren Temperatur in der Garage führen… ;-)
Ich stelle mir gerade vor, was passiert, wenn z.B. ein Hund über eine Induktionsplatte läuft, die vom letzten Ladevorgang noch thermisch aufgeladen ist. Ergo dürften 30KW Ladeleistung auf öffentlichen Plätzen ein NoGo sein.
ich meint
Weiß jemand, wie viel Mehrgewicht am Auto diese Technologie mit sich bringt?
Peter meint
Am besten wäre es wenn beim Parken des Fahrzeugs eine Toleranz in der Grössenordnung von bis zu 50 cm in alle Richtungen gegeben wäre und die bodenseitige Induktionsspule sich nach dem Stillstand des Wagens von selbst in die optimale Position bewegt. Dazu braucht es nur etwas Bewegungsfreiraum, 2 rechtwinklig angelegte Schienen von je 1 m Länge und eine Vorrichtung zur Positionsbestimmung und Bewegen der Spule: alles keine Raketentechnologie.
Wännä meint
Grundsätzlich eine tolle Idee!
Nur, alles was ich bisher zu dieser Ladetechnologie gesehen habe, basiert wie auch in dem oben gezeigten Fall darauf, dass das Fahrzeug zentimetergenau geparkt werden muss. Das ist realitätsfremd, zumindest wenn man sich die Parkkünste vieler Zeitgenossen anschaut, die es noch nicht einmal schaffen, auch nur halbwegs gerade einzuparken…
Warum konstruiert man die Sekundärspule nicht so flexibel, dass sie unter dem Wagenboden einen größeren Spielraum bekommt, sich also selbst optimal ausrichten kann?