Früher war Achim Kampker Professor für Produktionsmanagement an der Universität Aachen, heute leitet er den aus einem Uni-Startup hervorgegangenen Elektro-Transporter-Hersteller StreetScooter. In einem Interview hat er über den aktuellen Stand der E-Mobilität in Deutschland und die Umweltbilanz von Stromern gesprochen.
Damit sich Elektroautos schneller durchsetzen, braucht es Kampker zufolge ein breiteres Angebot. Die Politik müsse zudem mehr Anreize für den Umstieg schaffen. „Das gelingt eher durch Förderung als Verbote“, so der StreetScooter-Chef im Gespräch mit BusinessInsider. Ein weiter wichtiger Punkt sei, „fair in der Argumentation“ zu sein und bei Tatsachen und Fakten zu bleiben.
Kampker bemängelte, dass bei der Diskussion um die Ökobilanz von E-Autos mit Unwahrheiten argumentiert werde. Bestes Beispiel sei die sogenannte Schweden-Studie, nach der ein E-Fahrzeug erst nach acht Jahren eine bessere CO2-Bilanz als ein Verbrenner hat. Dies sei laut Kampker „schlicht nicht zutreffend“. Er betonte: „Mit Elektromobilität haben wir die Chance auf tatsächliche Null-Emissionen. Das dürfen wir nicht kaputtreden.“
Auch einen weiteren Kritikpunkt an elektrischen Fahrzeugen, die vergleichsweise hohen Anschaffungskosten, hält Kampker für haltlos. Elektrofahrzeuge seien „heute schon über den gesamten Lebenszyklus gesehen günstiger, wenn man sich die Entwicklung der Batteriepreise in den vergangenen Jahren ansieht“. Der 43-jährige ist überzeugt, dass E-Fahrzeuge mit steigender Stückzahl Verbrennern in den Anschaffungskosten dauerhaft überlegen sein werden. „Derzeit vergleichen wir ja die Produktionskosten von einigen Tausend E-Fahrzeugen mit hunderttausenden Verbrennern“, unterstrich Kampker.
StreetScooter soll Erfolgsgeschichte bleiben
Mit Blick auf die zunehmende Konkurrenz bei E-Transportern durch etablierte Hersteller wie VW oder Daimler bleibt man bei StreetScooter gelassen. Das Unternehmen habe den Vorsprung genutzt, um seine Fahrzeuge weiterzuentwickeln, erklärte Kampker. Das modulare Konzept der Batterie-Transporter erlaube außerdem einen Grad der Individualisierung, den kein anderer Hersteller biete. Auch die Reparatur-Freundlichkeit der StreetScooter-Fahrzeuge sei ein Wettbewerbsvorteil.
StreetScooter gehört seit 2014 zur Deutschen Post und produziert derzeit noch hauptsächlich für den Logistikkonzern, es gehören aber auch immer mehr externe Firmen zu den Kunden. Nach Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamts sind derzeit knapp 10.000 StreetScooter auf deutschen Straßen unterwegs, 9000 davon fahren für die Post. Darauf angesprochen, dass dies nicht besonders viele Fahrzeuge seien, erwiderte Kampker: „Wir verkaufen ja nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen Ländern, etwa in den Niederlanden und in England. Zudem kommen Einzelbetriebserlaubnisse in der Statistik nicht vor, das heißt es sind schon mehr.“ Konkrete Zahlen wollte er nicht nennen.
Die Post will sich zukünftig wieder auf ihr Kerngeschäft konzentrieren und sucht offenbar seit mehreren Monaten nach einem Partner oder Käufer für StreetScooter – bislang jedoch erfolglos. Kampker glaubt, dass die Post weiter hinter dem Projekt steht. Er mache sich keine Sorgen, StreetScooter sei „eine Erfolgsgeschichte und das wird auch so bleiben — auch mit Unterstützung der Post“. Berichte über eine mögliche Übernahme bezeichnete er als Spekulationen.
Mit der Eröffnung eines neuen Werks kann StreetScooter mittlerweile bis zu 20.000 E-Transporter pro Jahren fertigen. Langfristig hält die Post einen Jahresabsatz von bis zu 100.000 Fahrzeugen für möglich. Dazu Kampker: „Auszuschließen sind diese Stückzahlen nicht und natürlich planen wir mit einem starken Wachstum, denn der Markt ist groß genug.“ Der nächste Meilenstein sei vorerst aber, die derzeitige Produktionskapazität auszuschöpfen.
Alter_eg.o meint
„Produktions- und Logistikhölle“
…da müssen alle durch, die etwas bewegen. Und die werden es bewegen, sogar auch dann, wenn eine andere Flagge auf dem Gebäude flattert.