Porsche-Vorstandsmitglied Albrecht Reimold, verantwortlich für Produktion und Logistik, hat in einem Interview über das kommende erste Elektroauto der Marke und den Beginn einer neuen Ära am Hauptstandort Zuffenhausen sowie die damit verbundenen Herausforderungen gesprochen.
Mit dem Taycan schlage Porsche ein neues Kapitel auf. Der Sportwagenbauer habe sich bewusst dafür entschieden, „diese neue Ikone im Stammwerk Zuffenhausen – Herz und Heimat der Marke – zu produzieren“. Der Taycan sei etwas ganz Besonderes: „Leistung, Reichweite, die innovative 800-Volt-Technologie für kürzeste Ladezeiten und das gesamte Fahrzeugkonzept sind einzigartig. Er ist ein reinrassiger Sportwagen, zugleich alltagstauglich – ein typischer Porsche“, so Reimold.
Er betonte, dass sich bereits mehr als 20.000 – mittlerweile sogar 30.000 – ernsthafte Kaufinteressenten aus aller Welt für den Taycan angemeldet hätten, ohne das Auto je zu Gesicht bekommen zu haben. „Das ist überwältigend. Was da passiert, liegt deutlich über dem, was wir erwarten konnten“. Porsche werde wie angekündigt im September die Fabrik für den Taycan eröffnen, versicherte Reimold. In das komplett neue Werk in Zuffenhausen fließen rund eine Milliarde Euro.
„Der Taycan ist für uns sehr wichtig“, erklärte der Porsche-Vorstand. „Man muss sich nur das enorme Tempo vor Augen führen, mit dem wir das Projekt realisieren: Im September 2015 haben wir die Studie Mission E auf der IAA in Frankfurt vorgestellt. Im November erfolgte bereits der Spatenstich für den neuen Karosseriebau, in dem wir schon jetzt auch die Karosserie des aktuellen 911 fertigen. Sechs Monate später haben wir begonnen, das Baufeld für die neue Montage zu räumen. Parallel dazu wurden die Produktionsanlagen für den Taycan geplant. Zwölf Monate danach entstanden im Pilot-Center die ersten Prototypen und Entwicklungsfahrzeuge.“
Komplett neue „Fabrik in der Fabrik“
Darauf angesprochen, was die größten Herausforderungen bei der Produktion des Taycan sind, sagte Reimold: „Mit dem Taycan erfinden wir unser Stammwerk neu, es entsteht eine Fabrik in der Fabrik.“ Das Unternehmen integriere eine komplett neue Fertigung mit neuer Technologie und neuen Prozessen – „und das bei voll ausgelasteter Produktion unserer bestehenden Fabrik“. Schon heute fertige Porsche in Zuffenhausen mit 250 zweitürigen Sportwagen pro Tag mehr Fahrzeuge als jemals zuvor.
„Das ist wie eine Operation am offenen Herzen und hat Auswirkungen auf alle relevanten Bereiche: vom reibungslosen Ablauf der aktuellen Produktion über die Vorbereitungen zum Start of Production des Taycan bis hin zur Wahrung der Interessen der Anwohner“, so Reimold weiter. Er wies darauf hin, dass das Stammwerk an Wohngebiete und Gewerbeflächen grenzt und von zahlreichen Straßen und einer Bahnstrecke durchzogen ist. All das erfordere eine ausgeklügelte Logistik und sei der Grund dafür, dass Porsche den Taycan über mehrere Etagen und Gebäudekomplexe hinweg produziert.
Dass der Taycan in Zuffenhausen statt etwa im Porsche-Werk Leipzig gefertigt wird, sei ein klares Bekenntnis zu dem Traditionsstandort. Reimold: „Durch einen Mitarbeiterpakt haben wir den Taycan zu ‚unserem Projekt‘ gemacht. Neben einer guten Nachbarschaft, der Entscheidung von Aufsichtsrat und Unternehmensführung braucht es für einen derart einzigartigen Schritt auch die Unterstützung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Und diese beteiligen sich, indem sie ein Viertelprozent ihrer tariflichen Gehaltserhöhung in einen Fonds einzahlen, auch finanziell an dem Projekt. Das ist in der Form einmalig in der Automobilindustrie.“
„Wir nennen das Porsche Produktion 4.0“
Porsche wolle mit dem Taycan „hochinnovative Produktionsmethoden“ etablieren und einen Schritt in Richtung Fabrik der Zukunft machen, erläuterte Reimold. „Wir nennen das Porsche Produktion 4.0 – smart, lean und green. Smart steht für eine flexible, vernetze Produktion. Lean bedeutet verantwortungsvollen und effizienten Ressourceneinsatz. Und green bezieht sich auf Nachhaltigkeit und Umweltschutz.“ Porsche wolle auch die Umweltbilanz seiner Produkte ständig verbessern. Der Taycan werde in Zuffenhausen CO2-neutral produziert, kündigte Reimold an. „Und unsere Vision ist noch weitreichender: eine Fertigung, bei der wir – mit Blick auf die Lieferkette und den Lebenszyklus der Produkte – keinerlei ökologischen Fußabdruck mehr hinterlassen.“
Zu den Unterschieden beim Bau von rein elektrischen Autos zu Modellen mit Verbrennungsmotor sagte der Porsche-Manager: „Es ist nicht so, dass wir einfach statt des Tanks eine Batterie verbauen oder einen Elektroantrieb anstelle eines Verbrennungsmotors. Und natürlich ist es etwas anderes, eine Batterie, einen E-Motor und die dazugehörige Kühlung zu montieren als einen Verbrenner mit seiner Abgasanlage. Dennoch ist auch der Taycan ein Auto, dessen Karosserie zusammengefügt und lackiert sein will.“ So sehe die Montagereihenfolge in großen Teilen gleich aus. Im Umgang mit Hochvolttechnologie sei allerdings neues Fachwissen gefordert, deshalb qualifiziere Porsche alle Mitarbeiter entsprechend weiter.
„Schließlich wollen wir die hohen Qualitätsstandards, für die Porsche seit jeher bekannt ist, auch für den Taycan garantieren“, sagte Reimold. „Außerdem soll es möglich sein, auch die rein elektrisch angetriebenen Sportwagen in dem Umfang zu individualisieren, wie es heute schon bei unseren aktuellen Modellen der Fall ist. Unsere Kunden schätzen den hohen Individualisierungsgrad, den Porsche bietet. Jeder bekommt genau das Fahrzeug, das er möchte. Wir bauen, wenn man so will, Unikate in Serie. Das gilt auch für den Taycan.“
In der Taycan-Produktion gibt es erstmals bei Porsche kein klassisches Fließband mehr, die Fertigung wurde dafür komplett neu konzipiert. Dazu der Produktionsvorstand: „Den Taycan montieren wir auf einer sogenannten Flexi-Line mit fahrerlosen Transportsystemen, die sich selbstständig von Station zu Station bewegen. Das gibt uns nicht nur neue Freiheiten im Produktionsbetrieb, sondern auch bei der Architektur des neuen Werks.“
Die Flexi-Line biete „riesige Vorteile in puncto Investitionen und Flexibilität“. Durch den Verzicht auf fest im Fundament integrierte Fließbänder spare der Autobauer rund 30 Prozent Investitionskosten. Ohne das starre Fließband könne die Fertigung zudem jederzeit modifiziert, Neues integriert oder ein Bypass gefahren werden, um besondere Kundenwünsche umzusetzen.
Elektroautos, Plug-in-Hybride & Verbrenner
Porsche investiert Milliarden in Elektromobilität und will mehrere reine Elektroautos einführen, Verbrenner spielen bei der Marke jedoch weiter eine zentrale Rolle. Reimold bekräftigte die Strategie: Porsche sei und bleibe eine Sportwagenmarke mit leistungsfähigen Fahrzeugen – „ganz gleich, ob sie nach wie vor von emotionalen Benzinmotoren, intelligenten Plug-in-Hybriden oder bald auch rein elektrisch angetrieben werden“.
Der Marktanteil von Porsche sei als Premiumhersteller vergleichsweise klein. „Aber wir bekennen uns zu den am 12. Dezember 2015 in Paris vereinbarten Klimazielen und stehen ganz klar in der Verantwortung, CO2-Emissionen zu reduzieren“, sagte Reimold. „Das geht bereits heute, ohne auf Performance und Emotionalität zu verzichten.“ Porsche erwarte, dass Mitte des nächsten Jahrzehnts bereits die Hälfte der gesamten Produktpalette elektrisch oder mit Hybridantrieb verkauft wird.
In Richtung der traditionellen Porsche-Kunden sagte Reimold: „Ich kann Sie beruhigen: Auch in einem rein elektrisch angetriebenen Porsche wie dem Taycan werden Sie all das vorfinden, was Sie von unserer Marke gewohnt sind – eine extrem sportliche Fahrdynamik, überragende Performance-Werte und nicht zuletzt sehr viel Emotionalität.“ Der Porsche-Vorstand sei fest davon überzeugt: „Je attraktiver die Produkte sind, desto schneller wird die Elektromobilität an Akzeptanz gewinnen. Wir sind uns sicher, dass uns das gelingen wird und wir die Erwartungen unserer Kunden erfüllen werden.“
alupo meint
Hauptsache wäre doch, dass es ihn endlich mal gibt, also real, d.h. kaufbar, und nicht nur als 3D Animation.
Ob ich das bei den vielen Berichten darüber im Konjunktiv noch erleben werde? Klar ist es interessant zu lesen, dass „wieder mal ein Mitarbeiter aufs Klo ging“, aber so langsam fällt bei mir der Unterhaltungswert darüber ins Bodenlose. Sorry, ist halt langsam so.
Nur zur Erinnerung: 2012 kam das Model S heraus. Es ist jetzt wirklich allerhöchste Zeit für einen ePorsche, denn es ist ja wirklich peinlich für einen Sportwagenhersteller, wenn mein 2016-er eAuto fast jeden Strassenporsche absolut leise (also ohne Prollolärm) abgezieht, und das obwohl ich mich für die leistungsschwächste Version entschied (4,4 Sekunden für 0 auf 100 km/h).
Kommt endlich in der realen Welt in die „Gänge“ und liefert endlich anstatt zu schwafeln. Ich drücke euch immer noch die Daumen….
Herbert meint
die meisten Hersteller möchten Gewinne erwirtschaften ;)
Tesla beweißt seit Firmengründung eindrucksvoll das man mit der e-Mobilität (noch) keine erwirtschaften kann.
Porsche ist der erste Hersteller dem ich es zutraue damit auch wirklich Geld zu verdienen und nicht zu verbrennen.
Ich bin begeistert von den e-Autos (auch von Tesla) und jetzt mit „Sound“ wie beim Taycan ist das ganze endlich „rund“.
2,6 sec und eine Geräuschkulisse wie in der S-Bahn?
Für den Großteil der Kundschaft die auf Beschleunigungswerte unter 4 sec Wert legen und mit dem Auto nicht nur von A nach B kommen möchten, ist der angesprochene „Prollolärm“ Kaufentscheidung ;)
(fairerweise muss man dazu sagen, viele werden auch den Taycan „Sound“ ablehnen)
Der Rest kauft emotionslose Autos die günstig sind und ihren Zweck erfüllen.
Deswegen ist der Marktanteil der BEVs (ohne die sonst mit in die Quote gerechneten Hybride) weltweit noch kaum messbar.
Mal schauen was die Zukunft bringt…
Max F meint
das einzige was hier eindrucksvoll bewiesen wird ist ihr halbwissen.
Tesla hat die höchste Marke pro auto -vor prosche. ;)
Das Sie (wie amazon 10 jahre lang) keinen Gewinn AUSWEISEN, liegt daran, das sie trotz hoher gewinne pro Auto, NOCH MEHR in neue Investitionen stekcen (bau der Tesla LKW, Autopiloten etc).
Das heißt: Sie machen sehr wohl mit elektro autos gewinn, sie investieren darauf hin nur mehr als diesen Gewinn in neue Sachen -so wachsen sie 50% pro Jahr -und wie der Porsche Chef so schön meinte „nehmen uns definitiv auch kunden weg“
Also nächstes malnicht nach plappern, sondern die Unternhemensberichte selber lesen und sehen wirhoch die Margen sind.
Herbert meint
„November 2015 erste Spatenstich neue Fabrik für den Mission E Taycan, wir sind jetzt schon 4 Jahre weiter und noch ist der Taycan nicht in Production.“
da wird aber wieder mit gefährlichem Halbwissen geprahlt das ist herrlich…
Nur weil der Prototyp des Mission E 2015 vorgestellt wurde rennt ein Hersteller nicht zur nächsten Wiese und gräbt ein Loch für die Produktion.
Bauzeit für die Halle: Mai 2017 – März 2018
Bis heute haben die Jungs sicherlich die oben genannte Montage in besagte Halle integriert um dann nächsten Monat Produzieren zu können.
Dauert eben ein wenig länger wie ein Zelt in die Wüste zu stellen und dort Autos in überschaubarer Varianz zusammen zu kleben…
agdejager meint
November 2015 erste Spatenstich neue Fabrik für den Mission E Taycan, wir sind jetzt schon 4 Jahre weiter und noch ist der Taycan nicht in Production.
Da macht Tesla mit GF3 in China es doch ein Bissel schneller. Aber nur ein Bissel. :-))
Selnim meint
Ein Vergleich der hinkt ist immer noch kein Vergleich.
Selnim meint
Tesla: Fabrik auf der grünen Wies
Porsche: neue Gebäude in bestehende Strukturen integriert mit Anpassungen am Bestand.
Tesla: Fabrik-Bau wird soweit wie möglich hinausgeschoben.
Porsche: beginnt die Fabrik lange vor dem Entwicklungsende des darin zu bauenden Fahrzeugs zu bauen.
agdejager meint
Verstrh mich nicht falsch, ich freue mich auch auf jedes BEV. Wieder ein Verbrenner weniger. Es hat mir nur gestört diese ewige auf die Brustklopferei.
Porsche 911 meint
Kurze Frage: Kennst Du die Gegebenheiten in Zuffenhausen in Verbindung mit der bestehenden Sportwagenproduktion?
Und weiter gefragt: Glaubst Du die Porsche Kundschaft wäre so gierig auf den Taycan wenn er in China gebaut werden würde?
Jeden Tag einmal Tesla in den Vordergrund stellen bringt wohl gutes Karma ;)
cafedelsol meint
China baut schnell, aber ist auch schnell wieder am abreißen! Viele Gebäude stehen dort nur 2-3 Jahre, von Baustandards möchte ich hier nicht reden…unterirdisch!
Andreas_Nün meint
Der Taycan wird die E-Mobilität sicher pushen. Gibt von fullycharged einen nette Testfahrt auf Youtube, von heute!
Pferd_Dampf_Explosion_E meint
„Wir sind uns sicher, dass uns das gelingen wird und wir die Erwartungen unserer Kunden erfüllen werden.“ Das glaube ich; Porsche ist ganz klar und nachvollziehbar in seiner Strategie und seinem Handeln.
DerOssi meint
Vorteil bei der Produktion „in der Heimat“ ist auch, dass bei einem komplett neuen Produkt sicherlich viele Kinderkarnkheiten auftreten werden, wo man dan schnell und effizient in der Produktion nachsteuern muss, und da sind kurze Wege und der „Heimvorteil“ sicherlich vorteilhaft (war das jetzt doppelgemoppelt?! ????)…