Der Konflikt um die Zukunft des Kleinst-Elektroautos Microlino der Schweizer Firma Micro Mobility Systems ist gelöst. Wie die Unternehmerfamilie Ouboter hinter dem Gefährt mitteilte, wurde Ende November 2019 eine außergerichtliche Einigung mit dem deutschen Unternehmen Artega getroffen.
Der Microlino wurde 2015 von den Ouboters angekündigt, die mit Micro Mobility Systems bislang Tretroller und E-Scooter anbieten. In Serie sollte den Microlino ab 2019 der italienische Auftragsfertiger TMI bauen. Nach der Übernahme von TMI durch Artega kam es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung – der Grund: Der Geschäftsführer von Artega und dem deutschen Autozulieferer Paragon Klaus Dieter Frers hatte überraschend eine eigene Version des Microlino entworfen, deren Einführung die Ouboters verhindern wollten.
Ab sofort gehen Micro Mobility Systems und Artega getrennte Wege: Die Ouboters erlauben Artega die Einführung des 2019 vorgestellten Karo basierend auf dem Microlino, Micro Mobility Systems bringt den Microlino mit einem neuen Partner in Serie. „Wir sind froh, dieses Kapitel endlich hinter uns bringen zu können und uns nun voll und ganz auf unsere Vision dieser neuen Fahrzeugkategorie zwischen Motorrad und Auto fokussieren können“, erklärt Firmengründer Wim Ouboter.
Der Produktionsstart für den Microlino wurde auf nächstes Jahr verlegt. „Das intensive Testen unserer 22 Vorserienfahrzeuge hat gezeigt, dass der aktuelle Entwicklungsstand noch nicht unsere Ansprüche hinsichtlich des Fahrverhaltens, Qualität und der Sicherheit er füllt und wir technisch Einiges abändern müssen“, so Ouboter. Um dies in möglichst kurzer Zeit zu schaffen, hat das Unternehmen im September Peter Müller verpflichtet. Der neue Technikchef war zuvor leitender Manager bei BMW, Porsche und anderen Unternehmen aus der Automobil- und Motorradindustrie.
Als neuen Produktions- und Entwicklungspartner für den Microlino hat Micro Mobility Systems das auf Modell- und Prototypenbau spezialisierte italienische Unternehmen CECOMP ausgewählt. CECOMP verfügt über eigene Produktionsstätten für Klein- und Mittelserienfahrzeuge sowie Aluminium-Karosserieteile. 2011 brachte das Unternehmen das im Auftrag entwickelte und produzierte Elektroauto „Bluecar“ auf den Markt, das unter anderem in Paris als Carsharing-Auto im Einsatz ist.
„Der Markt ist gross genug für zwei Anbieter und wir arbeiten daran, unser Stadtfahrzeug mit der Artega-DNA auf den Markt zu bringen, das sich eng an dem historischen Vorbild der Isetta orientiert“, kommentiert Artega-Chef Frers die Einigung mit Micro Mobility Systems. Demnächst soll es neue Informationen und Bilder zum geplanten Karo geben.
16.000 Reservierungen
Das Interesse am Microlino ist laut Micro Mobility Systems weiter groß: Aktuell lägen über 16.000 Reservierungen vor. Trotz der Verspätung und den Wartezeiten gibt sich das Unternehmen zuversichtlich: „Letzten Endes werden die Kunden uns danken, dass wir diesen harten Entscheid gefällt haben. Wir sind ein Schweizer Familienunternehmen mit 20 Jahren Tradition in der urbanen Mobilität, das weltweit bekannt für innovative Produkte und hohe Qualität ist. Diesem Ruf wollen wir auch beim Microlino gerecht werden“, sagt Oliver Ouboter, einer der beiden Söhne des Firmenchefs Wim Ouboter.
Oliver Ouboters Bruder Merlin fügt hinzu: „Der Microlino 2.0, wie wir ihn intern nennen, wird um ein Vielfaches besser sein als die aktuelle Version. Um Welten besseres Fahrverhalten, bessere Ergonomie, bessere Reparierbarkeit und auch in hohen Stückzahlen produzierbar. Die Geduld wird sich also lohnen, auch wenn wir es auch kaum erwarten können, den Microlino endlich in Serie zu bringen.“
Moritz meint
Dann hoffen wir mal, dass sie die Ansage dieses Mal halten können. Mit Müller haben sie ja nun einen fähigen CTO im Haus.
Seit einer Weile überlege ich bei jeder Fahrt ob ich die auch mit einem Microlino hätte machen können. Passagiere, Gepäck, Reichweite.
Im Dezember hätte ich mir an zwei Tagen ein größeres Auto leihen müssen. ( an einem davon für Quatsch: Für den Silvestereinkauf 150km mit 4 Personen nach Frankreich für frischen Fisch und Cremant weil es geht)
Im Januar werden es vermutlich drei Tage und selbst die wären recht einfach vermeidbar.
Das geht und ist unter dem Strich deutlich günstiger als das ganze Jahr in einem großen teuren Auto so viel Luft durch die Gegend zu karren.
Für mich wär es das ideale Fahrzeug, für den Rest gibt es Autovermietungen und die Bahn.
nilsbär meint
Das erwähnte ‚Bluecar‘ von Bollere war 2012 das meistverkaufte E-Auto in Frankreich. Das war in der Tiefschlafphase der etablierten Autohersteller noch möglich.
Mittlerweile wurde die Produktion wegen mangelnder Rentabilität wieder eingestellt.
Microlino, Sion, e.GO kommen 10 Jahre zu spät, falls sie überhaupt kommen. Und dann werden es allenfalls Kleinserien für Fans sein. Was ja auch grundsätzlich ok ist – nur sollten die Gründer nicht vorgaukeln, gegen die Konkurrenz von VW u. Co ein billiges E-Auto für den Normalverbraucher bauen zu können.
Hans Dampf meint
Für Artega scheint die aktuelle Qualität auszureichen. ;o)
Ihre Kopie ist lt. ihrer Homepage schon ab Jan 2020 erhältlich.
Parallel steht dort unter Lieferzeit: ab Q2/2020
Uiuiui, wenn ich dort solche Passagen lese wie: „..eine renommierte Versicherung“,
„..eine bekannte Bank“ => alles für mich eher aussagslos und abschreckend
Unbegreiflich, dass Frers mit seiner Masche durchgekommen ist.
Der übernommene Vertrag zwischen Tazzari und Microlino war wohl ziemlich offen gestaltet.
Am meisten würde mich interessieren, was aus den angeforderten Qualitätsverbesserungsmaßnahmen geworden ist, die bereits bei Tazzari entwickelt und von Artega zurückgehalten wurden.
Nils P. meint
Man sollte für diese Art Fahrzeuge der Klasse L erweiterte Rechte schaffen um zum Beispiel bestimmte Landwirtschaftliche Wege zu nutzen, die für PKW gesperrt sind und Privilegien in der Stadt, da sie ja nur den halben Parkraum beanspruchen. Ich hoffe das es eine Wiederbelebung dieser Fahrzeugklasse gibt. Und wenn die Leute es als Drittfahrzeug anschaffen ist es auch gut, denn jedesmal wenn sie es benutzen wird weniger Energie verbraucht als mit den meisten Erstfahrzeugen. Spaß wird es sicherlich auch machen. Wer bisher ein Motorrad als Erstfahrzeug hatte wird hier sicherlich auch durch ein Dach verwöhnt.
Ich finde den Microlino toll.
Dirk meint
Da muss ich ja als „alter“ Reservierer noch froh sein, dass der Streit kam!
Ansonsten hätte ich ein ja nach den aktuellen Aussagen ein minderwertiges Produkt erhalten, welches anscheinend den Sicherheitsstandards gerade so entsprochen hat.
Naja, anstatt des Microlino 2.0 kommt bei uns 2020 ein Tesla MS ins Haus. Ich denke, da ist das Geld besser angelegt.
Gunarr meint
Wenn dieser Streit dazu geführt hat, dass der Microlino verbessert wird, sei Herrn Frers verziehen. Das neue Heck gefällt mir viel besser.
Dirk meint
Ist ein altes Werbebild. Es gab bereits früher Aufnahmen mit der Heckgestaltung. Nur wurde dieses dann im Laufe der Zeit geändert.
Peter W meint
Dass ein neues, und dann auch noch so unbedeutendes Fahrzeug gleich von 2 Herstellern gebaut wird ist schon sehr ungewöhnlich. Da darf man dann auf den Vergleich gespannt sein, albern und unsinnig ist es aber schon.
Ein Fahrzeug wie einen VAN oder Kombi mit tauglicher Reichweite kriegt ja leider keiner auf die Reihe. So ein familientaugliches Fzg würden mit Sicherheit mehr Leute kaufen als diese ursprünglich aus der Not geborene (Isetta und Messerschmitt) Spaßkiste.
Swissli meint
Wenn sich die beiden noch auf einen Preiskrieg einlassen, umso besser für die potentiellen Käufer.
Die aussergerichtliche Einigung hat den Vorteil, dass zumindest beide sofort weitermachen können. Wäre noch interessant, wieviel Artega an Microlino bezahlen musste.
PS: der Smart war grösstenteils auch nur Spass- und Werbekiste, oder? Mircolino/Karo sehe ich zu 80% als fahrende Werbekisten.
Egon meier meint
ich vermute, dass das Marktpotential für diese Neo-Isetta zu klein ist um mittel- und langfristig Produktionskosten und damit Endverkaufspreise zu gewährleisten, die marktkonform ist.
Schade .. schnuckeliges Auto Gerät
Swissli meint
Es wird eine Nische: sympathischer Hingucker in der Stadt als fahrende Werbefläche. So ähnlich wie der Smart in seinen Anfängen.