Das Bundesumweltministerium mit Svenja Schulze an der Spitze (SPD) macht sich dafür stark, die Konjunkturmaßnahmen zur Erholung der Wirtschaft im Zuge der Coronavirus-Krise auf den Klimaschutz auszurichten. Dass dies möglich sei, zeige das von der Behörde bei mehreren Wirtschaftsforschungsinstituten in Auftrag gegebene Kurzgutachten „Sozial-ökologisch ausgerichtete Konjunkturpolitik in und nach der Corona-Krise“.
„Wir haben jetzt die Chance, den Weg aus der Krise zu verbinden mit einem großen Fortschritt beim Klimaschutz. Denn Investitionen in den Klimaschutz gehören Ökonomen zufolge zu den wirksamsten Konjunkturimpulsen überhaupt“, sagte Schulze. Die Konjunkturhilfen bräuchten „einen klaren Kompass: Beschäftigung, Innovation und Klimaschutz“. Ein Schwerpunkt der in der Studie empfohlenen Investitionen liegt im Bereich saubere Mobilität, insbesondere mit E-Fahrzeugen.
Höhere Förderung & Quote für E-Autos
Ein wichtiges klimapolitisches Ziel bestehe darin, den geringen Anteil von Autos mit Elektroantrieb zu erhöhen, so die Studienautoren. Konkret sprechen sie sich für eine bis Mitte 2021 begrenzte Erhöhung des „Umweltbonus“ um 3000 Euro aus, beschränkt auf rein elektrische Pkw mit „niedrigem bis mittlerem“ Verbrauch. Aktuell beträgt die Förderung bis zu 6000 Euro.
Die Studie bringt eine verbindliche Quote für den Anteil rein elektrischer Fahrzeuge an den Neuwagenzulassungen in Höhe von mindestens 30 Prozent bis 2025 ins Spiel. Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge sollten in dem System teilweise anrechenbar sein. Zudem sollte die Quote zügig erhöht werden. Ein weiterer Baustein für die Stärkung der Nachfrage nach E-Fahrzeugen sei eine größere Verbindlichkeit der E-Auto-Ziele in der öffentlichen Beschaffung.
„Die Krise sollte nicht dazu missbraucht werden, die CO2-Flottengrenzwerte zu revidieren“, empfehlen die Autoren der Studie. Die Vorgaben hätten EU-weit eine starke Anreizwirkung für die Förderung der Elektromobilität „und sollten eher verschärft werden“. Der bestehende Bonus beim Kauf von E-Pkw sollte mittelfristig um eine Malus-Komponente für konventionelle Pkw ergänzt werden, etwa in Form einer Zulassungssteuer. Darüber hinaus sollte die CO2-abhängige Kfz-Besteuerung beibehalten und ihre Anreizwirkung gestärkt werden. Perspektivisch sollte eine energieverbrauchsabhängige Kfz-Besteuerung eingeführt werden, um auch bei elektrischen Fahrzeugen eine größere Energieeffizienz zu fördern.
Infrastruktur-Ausbau
Mit Blick auf den Aufbau der Ladeinfrastruktur für E-Mobilität setzen sich die Studienautoren dafür ein, mit den dafür bereits bereitstehenden staatlichen Mitteln eine möglichst flächendeckende Verteilung von Strom-Tankstellen zu gewährleisten. Entscheidend aus Nutzersicht seien zudem möglichst wenig komplexe Angebotskonzepte. Aus konjunkturpolitischer Sicht sollte die geplante Menge für die kommenden zwei Jahre auf 100.000 Ladepunkte verdoppelt und insbesondere die Förderung von Ladepunkten auf Kundenparkplätzen verstärkt bis zum Jahresende gefördert werden.
Die Infrastruktur für mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzellen-Elektrofahrzeuge sollte der Studie nach ebenfalls vorangetrieben werden. Brennstoffzellen seien „eine potentiell erfolgreiche Alternative zu herkömmlichen Batterien in Elektrofahrzeugen, insbesondere in Schwerlast-, Luft- und Schiffsverkehr“, heißt es. Um Wasserstoff-Technologie zu fördern, sollte mit Bundesmitteln innerhalb der kommenden zwei Jahre eine erste Infrastruktur mit 1000 Wasserstoff-Tankstellen errichtet werden.
Zu den weiteren Empfehlungen im Bereich Verkehr gehören der Infrastruktur-Ausbau im Bereich Fahrräder, ÖPNV und Bahn sowie die Bezuschussung des Umstiegs auf nachhaltige Mobilität. Die Schienen-Infrastruktur sollte ausgeweitet sowie modernisiert und der laufende Betrieb sichergestellt werden. Dem seien allerdings räumlich, finanziell und planerisch Grenzen gesetzt, so dass insbesondere für den Güterverkehr auch alternative Ansätze wie beispielsweise Oberleitungs-Lkw verstärkt in den Blick genommen werden sollten.
„Klimakrise und Corona-Krise stellen Gesellschaft, Wirtschaft und Staat vor große Herausforderungen. Dabei sollte nicht der Versuchung nachgegeben werden, Maßnahmen zur Bekämpfung der beiden Krisen gegeneinander auszuspielen. Beide Krisen müssen und können durch entschlossenes Handeln überwunden werden. Notwendig sind hierfür planvolle gestaltende staatliche Eingriffe und Rahmensetzungen“, lautet das Fazit des Kurzgutachtens.
Die komplette Studie zu sozial-ökologischen Impulsen für die Konjunkturpolitik im Zuge der Coronavirus-Krise kann hier eingesehen werden.
hu.ms meint
Ich bin für eine zulassungssteuer, mit der bereits bei erstzulassung die c02-emissionen die bei herstellung, durchschnittlicher nutzung und verwertung anfallen bezahlt werden müssen.
Dann fallen bei einem klimaneutral produziertes kompakt-BEV vielleicht 500 € an. Bei einem 3,0 TDI SUV 10.000 €. Perfektes steuerungselement, wenn man den co2-preis nach bedarf anpasst. Ähnliches gibts schon in DK.
Optimist meint
„Perspektivisch sollte eine energieverbrauchsabhängige Kfz-Besteuerung eingeführt werden, um auch bei elektrischen Fahrzeugen eine größere Energieeffizienz zu fördern.“ …und um die Einnahmequelle Autofahrer nich versiegen zu lassen!
bensch meint
Da kann man nur die Daumen drücken, dass die Herrschaften auf die Wissenschaft hört, und nicht auf die Lobbyisten. Ich meine gelesen zu haben, dass diese zunehmend plumper und dreister vorgehen und das nicht gerade für Begeisterung in Regierungskreisen sorgt. Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Peter meint
Alles bekannt und oft gesagt, die Frage ist, wer das Ohr vom Wirtschaftsministerium hat. Mein Wetteinsatz geht auf Scheuer und den VDA. Und das finde ich das viel größere Problem.
hu.ms meint
„Konkret sprechen sie sich für eine bis Mitte 2021 begrenzte Erhöhung des „Umweltbonus“ um 3000 Euro aus, beschränkt auf rein elektrische Pkw mit „niedrigem bis mittlerem“ Verbrauch.“
Da wäre mein Q4 e-tron noch mit drin. Ooh, das in D gebaute M Y aber nicht mehr.
Ein schelm wer da wieder böses denkt…..
JayP meint
Wieso der Q4-éTron drin ist und das Y nicht, musst Du mir mal erklären.
MichaelEV meint
Weil der Q4-e-Tron voraussichtlich Anfang 2021 (=Förderung) und das Model Y Ende 2021 (=keine Förderung) kommt. Mal schauen.
Teslarosso meint
Der Umweltbonus ist eine völlige Augenwischerei. Seit es diesen gibt, schlagen die Hersteller – so auch Tesla – ihren Anteil auf den Kaufpreis auf und am Ende zahlt der Staat den gleichen Betrag als Bonus zurück. Schwachsinn im Quadrat. Eine echte Förderung wäre zum Beispiel eine verminderte Mehrwertsteuer. Es muss ja nicht gleich eine komplett abgeschaffte MwSt. sein. Schon 10% statt 19% würden einen riesengroßen und unbürokratischen Anreiz schaffen.
hu.ms meint
Und warum sollten die hersteller gleichzeitig mit der mwst-senkung nicht die nettopreise erhöhen?
Ist doch das gleiche spiel, solange die endgültigen preise bei neuen modellen nicht bekannt sind.
Peter W meint
Eine Senkung der MWSt würde teure Fzge bevorzugen, das geht gar nicht.