Lkw sind für knapp mehr als ein Drittel der CO2-Emissionen des Straßenverkehrs verantwortlich, derzeit fahren sie nahezu exklusiv mit Diesel – doch nach einer Studie des Umweltverbandes Transport & Environment (T&A) wird sich das in den kommenden Jahren deutlich ändern. Das größte Potenzial steckt laut den Autoren im urbanen Gütertransport.
„Selbst im vorsichtigsten Szenario wird in der EU der Anteil der mit Elektro-Fahrzeugen zurückgelegten Lkw-Fahrten im Jahr 2030 bereits 16 Prozent betragen, das Szenario mit umfassenderen Maßnahmen hält auch einen Anteil von 30 Prozent für möglich“, so Ulla Rasmussen vom Verkehrsclub Österreich VCÖ, dessen Dachorganisation T&A ist.
Die Studie des Umweltverbandes empfiehlt, in den Ballungsräumen mit der Elektrifizierung des Lkw-Verkehrs zu beginnen. Das vorsichtige Szenario hat die veröffentlichten Pläne der Hersteller zugrunde gelegt: Demnach ist für die EU 2030 mit 191.000 E-Lkw zu rechnen. Um die im UN-Klimaabkommen vereinbarten Ziele erreichen zu können, benötigt es eine schnellere Reduktion des Erdölverbrauchs im Lkw-Verkehr. Dieses „Road-2-Zero“ Szenario hält mit verstärkten Maßnahmen auch eine Anzahl von 526.000 E-Lkw für das Jahr 2030 für erreichbar. Der VCÖ weist darauf hin, dass beispielsweise der große Hersteller Iveco für das Jahr 2030 erwartet, dass 20 Prozent seiner neuen Lkw mit über 16 Tonnen mit Strom fahren werden.
E-Lkw mit immer größeren Reichweiten
„Das Potenzial für den emissionsfreien Gütertransport ist groß. In der EU sind zwei Drittel der Lkw-Fahrten kürzer als 100 Kilometer, schon jetzt kommen Lkw mit einer Reichweite von 300 Kilometer auf den Markt“, sagt Rasmussen. Da die Batterie-Technologie laufend Fortschritte mache, sei eine Zunahme der Reichweite auf 500 Kilometer in den kommenden Jahren zu erwarten. Vor allem in den Ballungsräumen müssten in den nächsten Jahren die E-Lkw forciert werden, weil hier die Distanzen im Unterschied zu den überregionalen oder internationalen Lkw-Transporten kurz sind.
Der Bedarf an zusätzlicher Ladeinfrastruktur für die Elektrifizierung des Lkw-Verkehrs ist laut der Analyse von T&E überschaubar: Rund 80 Prozent der Energie wird an den Standorten der Lkw-Eigentümer geladen, rund 15 Prozent an den Zielorten und 5 Prozent an öffentlichen Ladestationen, so die Annahme. Für die gesamte EU rechnet die Studie im Jahr 2030 je nach Szenario mit einem Bedarf von zusätzlichen öffentlichen Ladestationen von 5200 bis 14.400, an den Zielorten von 10.000 bis 27.500.
In Abhängigkeit des Szenarios ist T&E zufolge durch die Forcierung von E-Lkw in den Ballungsräumen in der EU eine Reduktion der CO2-Emissionen des Lkw-Verkehrs um 16 bis 43 Millionen Tonnen im Jahr 2030 möglich. „Aus Klimasicht ist die Elektrifizierung des Straßengüterverkehrs eine wichtige Maßnahme, die aber für sich alleine nicht ausreicht um den Güterverkehr auf Klimakurs zu bringen“, merkt Rasmussen an. „Darüber hinaus braucht es verstärkte Maßnahmen, um Verkehr zu vermeiden, etwa durch mehr Regionalisierung der Produktion und durch mehr Kostenwahrheit und um Verkehr auf die Schiene zu verlagern, etwa durch die verstärkte Förderung für den Betrieb von betrieblichen Gleisanschlüssen und durch sektorale Fahrverbote für Lkw.“
Peter W meint
Die ganze Studie kann man sich an 5 Fingern abzählen.
Es war schon immer ein Ammenmärchen, dass alle LKW tausend Kilometer fahren. Die allermeisten Fahrten werden für die Versorgung von Märkten und Baustellen benötigt, dafür wäre keine Studie notwendig gewesen. Diese Versorgungsfahrten haben auch noch den Vorteil genauer Planbarkeit, denn die vielen REWE, EDEKA, Aldi und sonstige Märkte werden regelmäßig und mit fest geplanten Routen bedient. Da braucht man keine Fernlaster.
Der „Fernlaster“ kann noch 10 oder 20 Jahre mit Diesel fahren, bis es auch dafür passende leichte Akkus gibt.
Jörg2 meint
Und können an den eigenen Be- und Entladestellen (Betriebshöfe, Discounter) recht einfach geladen werden!
Was ich in dem Zusammenhang immer gern anbringe:
Für den ersten BEV-LKW (zum Test, ob es so klappt, wie der Plan es vorsieht) braucht der Unternehmer eine größere Steckdose auf seinem Hof, die nachts frei ist. Invest: nahe Null. Für den ersten H2-BZ-LKW muss er sich eine komplette Tankstelle hinstellen (mit allen Genehmigungen, Wartungsaufwand und immer in der falschen Größe). Invest: erheblich!
Lukas meint
Und selbst wenn man sich einen mobilen Schnellader besorgt, kostet das nur einen Bruchteil von dem was so eine LKW-H2 Tankstelle kostet.
Ich glaube allerdings dass BEV-LKW massiv durch das Wasserstoff-Paket gebremst werden. Das Paket wird den Markt in den nächsten Jahren extrem verzerren, so dass BEV-LKW es nicht leicht haben werden.
Natürlich alles im Interesse der Mineralöllobby und Fahrzeughersteller. Die Abhängigkeit von Kraftstoff und regelmäßigen Wartungen/Reparaturen muss dringend aufrecht erhalten werden, sonst gehen die Unternehmen baden.
Andi meint
Die Message ist wirklich swichtig, 2 Drittel der Fahrten sind unter 100km! Für die meisten Transporte braucht es heute schon mit vergleichsweise bescheidener Batteriekapazität, keine Wasserstofflösungen und somit auch keine hohen Subventionen. So können wir viel Steuergeld sparen und es in gescheitere Projekte stecken.
Jeru meint
Ich kenne auch niemanden der fordert, nur Brennstoffzellen Lkw einzusetzen. Es ist immer (!) von einem Mix die Rede und Sie haben ja schon beschrieben, warum das auch Sinn macht.
BEV‘s und Batterie- Lkw werden aus meiner Sicht einen Großteil der Anwendungen abdecken, für den Rest kann die Brennstoffzelle eine gute Ergänzung sein, um unsere Ziele zu erreichen.
Vielleicht noch einmal klar und deutlich: Wir müssen die CO2-Emissionen so schnell wie möglich reduzieren und nicht erst dann, wenn die Wunderbatterie erfunden und skaliert worden ist.
Jörg2 meint
@Jeru
H2-BZ-LKW sind technisch eine gute Idee. Aktuell erschlagen sie im Transportsektor theoretisch das Problem der vagabundierenden Fernfahrt. Was hierzu allerdings fehlt, ist das flächendeckende Tankstellennetz.
Mein (sehr persönliches) Orakel hierzu: Der H2-BZ-LKW wird am Henne-Ei-Problem scheitern (Henne/Ei: flächendeckendes H2-Tankstellennetz / hohe Tankfrequenz auf Grund hoher H2-BZ-LKW). Aktuell ist dieses Henne-Ei-Problem nur in geschlossenen Systemen, weit weg vom offenen Frachtmarkt lösbar.
Andi meint
Was heisst niemand fordert? Wenn man eine Technologie mit Faktor 10 subventuoniert, setzt sich doch nicht die effizientere Technik durch. Es wird einer Technik der Teppich ausgebreitet, die sich niemals rechnen würde. Das ist das Verrückte an rechter Politik, Marktwirtschaft gibt es nur dann, wenn es grad passt. Wenn man den heimischen Grosskonzern mit Subventionen den A… vergolden kann, dann wird alles an Marktgerechtigkeit gespült.
Wir müssen doch eine Logik für die Energiewende hinkriegen, die sich um die Winterlücke (Heizung) und den Flug- und Schiffsverkehr kümmert. Nicht die gespeicherte Energie für die Lkws mit 3x schlechterer Energieeffizienz verbratet, wenn es nicht nötig ist. Diese abartige Begeisterung auch in der Schweiz von diesem Lobbyisten-Pack ist einfach nur peinlich. Diese Fuhrwerker bekämen doch keine Aufträge mehr, wenn sie den realen Energiepreis zahlen müssten. Da wird verschwiegen und gelogen, dass sich die Balken biegen.
Chris meint
Um mal bei der Wahrheit zu bleiben, würden sich BEV ohne Förderung oder Zwang auch nicht so schnell durchsetzen. Das ist die Aufgabe der Politik die richtigen Impulse zu setzen. Und wir werden grünen Wasserstoff brauchen, jedoch hauptsächlich nicht für den Verkehr.