Da die meisten europäischen Autohersteller bislang nicht im großen Stil eigene Batteriezellen fertigen wollen, treibt die EU-Kommission mit Fördergeldern Akku-Fabriken voran. Insbesondere Deutschland und Frankreich unterstützen das Vorhaben mit Finanzmitteln und flankierenden Maßnahmen. Bis spätestens Mitte des Jahrzehnts soll die derzeitige Abhängigkeit Europas von asiatischen Akku-Lieferanten gebrochen werden.
„Ich bin zuversichtlich, dass die EU 2025 in der Lage sein wird genug Batteriezellen zu produzieren, um den Bedarf der europäischen Automobilindustrie zu decken, und auch, Export-Kapazitäten zu schaffen“, so EU-Kommission-Vizepräsident Maroš Šefčovič.
In modernen Elektroautos werden vor allem Lithium-Ionen-Batterien eingesetzt, auch andere Branchen haben stetig steigenden Bedarf an diesem Akku-Typ. Laut Automotive News finden 80 Prozent der Produktion von Lithium-Ionen-Batteriezellen derzeit in China statt, die Kapazitäten in Europa sollen aber schnell zunehmen. 15 groß angelegte Akku-Fabriken seien aktuell im Bau, darunter Standorte in Deutschland des schwedischen Startups Northvolt sowie des chinesischen Zulieferers CATL.
Šefčovič geht davon aus, dass die bis 2025 geplanten europäischen Fabriken genug Batteriezellen für mindestens sechs Millionen Elektroautos pro Jahr herstellen können. Anfang der Woche ist eine europäische Konferenz zur Batteriezellen-Fertigung gestartet, die das Bundeswirtschaftsministerium im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft durchführt. Akteure aus Industrie, Forschung und Politik treffen sich online, um sich über Entwicklungen im Bereich der Batterien auszutauschen und länderübergreifende Kooperationen voranzubringen.
Im Zentrum der Veranstaltung stehen zwei „Important Projects of Common European Interest“ (IPCEIs) im Bereich Batterien. In den beiden Projekten arbeiten über 60 europäische Unternehmen zusammen, um Innovationen voranzutreiben und neue Wertschöpfung aufzubauen. „Wir wollen, dass in Europa eine geschlossene Wertschöpfungskette für Batteriezellen entsteht: von der Aufbereitung der Rohstoffe über die Batteriezellfertigung bis zum Recycling. Mit knapp drei Milliarden Euro fördert das Bundeswirtschaftsministerium daher die deutschen Projekte innerhalb der beiden Batterie-IPCEIs“, so Bundesminister Peter Altmaier. „Zukünftig sollen die innovativsten und umweltfreundlichsten Batteriezellen aus Europa kommen und zehntausende Arbeitsplätze entlang der Wertschöpfungskette entstehen.“
Das erste Batterie-IPCEI ist mit sieben EU-Mitgliedstaaten und 17 teilnehmenden europäischen Unternehmen bereits beihilferechtlich genehmigt. Das zweite Batterie-IPCEI mit 12 teilnehmenden Mitgliedstaaten und rund 50 Unternehmen liegt der Europäischen Kommission zur Genehmigung vor. Von den bereitgestellten Fördergeldern soll auch US-Elektroautobauer Tesla profitieren: Firmenchef Elon Musk hat vor, in Deutschland die weltgrößte Batterie-Produktion hochzuziehen. Dafür kann das Unternehmen laut Altmaier mit einer „beträchtlichen Förderung“ rechnen.
oush meint
machen die 60 unternehmen auch nur wegen den subventionen und förderungen die bis mindestens 2030 rausgehauen werden. wie viele startups von den 60 sind eigentlich dabei?
alupo meint
Wichtig ist, dass sich in dieser alles entscheidenden Branche hier endlich etwas Großes tut.
Ich hätte es durchaus begrüßt, weiter an BMW oder Daimler zu glauben zu können. Aber sie haben Jahrzehnte das Potential (Semi bei 40t mit bis zu 1000 km Reichweite) nicht gesehen oder nicht sehen wollen. Wirklich schade.
So machen es glücklicherweise andere Unternehmen.
Und da ist mir Tesla mit ihrer Strategie hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft auch viel lieber als die Asiaten oder das totalitäre China (aber die haben damit nicht nur die Menschen sondern auch Civid-19 unter Kontrolle. Wenn man die 250.000 Toten in den USA fragen könnte was ihnen zurückblickend wohl lieber gewesen wäre….).
Dennoch, das Ziel noch Selbstversorger zu werden ist auf jeden Fall sehr gut und schafft im Vergleich zur bisherigen Strategie unserer Unternehmen neue Arbeitsplätze.
Ich hoffe, Tesla schafft es, die Zell-Kosten wie vorgestellt um 56% zu reduzieren, die Kapazität schnell zu skalieren und damit andere Autohersteller mit günstigen Zellen zu beliefern. Durchaus üblich, das tat meine Firma auch und Teslas Strategie sollte das sogar unterstützen.
Jörg2 meint
Ich glaube nicht, dass es das Ziel von TESLA ist, andere mit Zellen zu versorgen. Das aktuelle und mittelfristige Ziel wird eher sein, die Selbstversorgung abzusichern. Damit müsste die Zellproduktion (selbst bei schnellstmöglichen Hochlauf) eher immer der Flaschenhals sein, als das da Überproduktionen zum Verkauf entstehen.
Der Markt an stationären Speichern ist riesig. Das Interesse von TESLA zum Stromanbieter zu werden (Vernetzung von, auch privatem, PV – Auto – Speicher) ist da. Da gehen unheimliche Stückzahlen von Zellen rein.
Und die 4680er macht so richtig Sinn, wenn der Pack zum strukturellen Bestandteil des Autos wird. Auf der Schiene ist aktuell kein anderer Autohersteller.
Ich vermute, die, tief in den Autoherstellungsprozess integrierte Zell- und Packproduktion und die damit fallenden Preise für das Endprodukt PKW und LKW, wird den Automarkt stark beeinflussen.
Die Kleinwagenproduktion anderer Hersteller kommt massiv unter Druck, wenn TESLA in den Bereich Kleinwagen geht. TESLA kann hier die Preisführerschaft erreichen (auch ohne die vielleicht nicht benötigten/gewollten Zusatzleistungen wie Ladeinfrastruktur und autonomes Fahren). Im LKW-Bereich wird TESLA mit der Produktion nicht hinterherkommen.
Übrigend „LKW“: Bin gespannt, was von Seiten TESLA da als Software noch oben auf kommt -> Fuhrparkmanagement, Frachtbörsen…
150kW meint
„Ich hoffe, Tesla schafft es, die Zell-Kosten wie vorgestellt um 56% zu reduzieren, die Kapazität schnell zu skalieren und damit andere Autohersteller mit günstigen Zellen zu beliefern. “
Tesla hat mit dem Battery Day erst mal gezeigt das die ebenso wie andere Hersteller die Kosten senken können. Da waren die anderen wie LG und Samsung nämlich auch in letzter Zeit sehr gut unterwegs. Tesla spricht also von 56% bezüglich IHRER Zellen. Auch ein Tabless Design haben andere nicht nötig weil die eh schon Pouch Zellen nehmen.
Stellt sich also durchaus die Frage in wie weit Tesla den anderen Herstellern da ein gutes Angebot machen könnte. Mal ganz davon abgesehen dass Tesla wohl weiterhin Rundzellen bauen wird, die sonst kaum einer verwendet.
Jörg2 meint
@150kW
Ich glaube, man muss hier auch betrachten, dass TESLA offenbar vor hat, seine 4680er-Produktion sehr dicht an das Endprodukt „Auto“ heranzubringen (Produktion vor Ort, „struktureller“ Akkupack). Und, da es eine eigene Produktion ist, die margebelasteten Zwischenverkäufe damit wegfallen. Da muss eine zugekaufte Zelle preiswerter herstellbar sein um im Gesamtprozess wenigstens gleichziehen zu können.
Ich vermute, bei 4680 ist nicht Schluss. In Abhängikeit der Leistungsfähigkeit der Herstellungstechnologie der Zellen, werden wir Zellen mit weit größerem Volumen sehen. Eventuell in Kombination mit wesentlich kleineren Zellen und anderer Chemie in diesen kleinen Zellen. Die Akkupacks, so meine Vermutung, werden min. zwei verschiedene Zellen (Maße, Lade-/Entladefähigkeit) enthalten. Es würde mich nicht wundern, wenn wir Zellen sehen werden, die waagerecht eingebaut werden, und sich in Richtung 80.300 bewegen.
Marco73 meint
Wo kommt der ganze Strom für die Herstellung der Batteriezellen her? Die neuesten Verfahren benötigen rund 50 KWh Strom für die Herstellung von 1 KWh Batteriezelle (okay, Tendenz sinkend). Aber alleine für 100 GWh wären das rund 5.000 GWh an Stromverbrauch. Das sind 5 TWh. Das ist fast ein Prozent des jährlichen Nettostromverbrauchs in Deutschland. Die aktuell noch bestehenden 6 KKW in D produzierten im letzten Jahr rund 60 TWh. Die werden aber in den nächsten beiden Jahren abgeschaltet. Der Zubau an Windkraftanlagen und PV stockt – und ersetzt noch nicht mal annähernd den Wegfall der KKW. Wo kommt also der ganze Strom für diese Batteriezellenfertigungen her? Höhere Auslastung der Kohle- und Gaskraftwerke?
Duesendaniel meint
Wind und PV müssen wieder angeschoben werden, dafür müssen schnell bessere Rahmenbedingungen geschaffen werden. Geothermie und Wasserkraft in Flüssen haben auch Potential. Dezentralisierung heißt das Zauberwort, da muss sich die Politik endlich mal gegen die Energieriesen durchsetzen.
Lewellyn meint
360GWh an Zellen. 250 will allein Tesla in Brandenburg dann produzieren. Da bleibt aber nicht viel für die Anderen.
Paul D. meint
Bin gespannt, wer dann den Abfall wegräumt(Lithiumoxide ect.) wenn Batterien kaputtgehen.
Andreas_Nün meint
Die Recyclingfirma, die damit gut Geld verdient. Zum Beispiel Umicore, gibts aber noch genügend andere Player.
alupo meint
Der Akku-Rohstoff ist hoch begehrt, denn die Inhaltsstoffe der Akkus enthalten viele teure Metalle. Entweder direkt in Form von z.B. Kupfer und Aluminium, oder als Salz.
Was viele uninformierte Personen nicht wissen ist, dass die teuren Wertstoffe in einem kaputten Akku besonders hoch konzentriert sind, sehr viel höher als wie die Stoffe in der Natur vorkommen.
Daher lassen sich Akkus viel einfacher, umweltfreundlicher und vor allem kostengünstiger aufarbeiten als wenn man die Rohstoffe aus Minen holen würde.
Es gibt aber ein ungelöstes Problem: aktuell gibt es einfach viel zu wenige kaputte Akkus weil sie viel zu lange halten. Der Rohstoff ist deshalb sehr knapp.
Der Recyclingprozess ist fertig ausgearbeitet (der liegt im Gegensatz zu den oft erwähnten „fertig entwickelten BEVs“ wirklich in den Schubladen bereit) und sobald es den alte Akkus als Rohstoff in ausreichender Menge gibt, werden die Anlagen gebaut werden und Leute machen damit ein Vermögen. Aber die Reihenfolge ist zu beachten ;-).
Peter W meint
Die deutsche Autoindustrie und deren Zulieferer schauen zu, wie ausländische Unternehmen die Förderungen abgreifen (CATL, Tesla, Svolt). Ok, auch das sind später Arbeitsplätze, aber die Gewinne gehen ins Ausland. Bei uns wir nur noch investiert, wenn der Staat kräftig unterstützt. Wie lange geht das noch gut?
Mike meint
Bis der Staat pleite ist. Sorry, ich vergass, das ist er ja schon.
alupo meint
Die Aktionäre entscheiden wohin die Gewinne gehen. Eine durchaus übliche Variante ist dann die, dass die Aktionäre beschließen, sich die Gewinne auszahlen zu lassen. Wo der Aktionär wohnt ist dabei nicht von Belang.
Es liegt an jedem Einzelnen, an welchem Unternehmen er sich beteiligen will und dann gemäß seiner Beteiligung ein Stimmrecht hat.
Jeder konnte z.B. seit vielen Jahren auch Amazon-, Apple- oder Alphabetaktien kaufen. Nur blöd für mich, dass mich das nicht interessierte. Geldlich gesehen hätte ich das tun sollen und damit 10 bis 20 Jahre früher „in Rente“ gehen können. Ganz offensichtlich habe ich die falschen Prioritäten gesetzt. Andere waren da um einiges schlauer. That’s life…
Mark Bruford meint
@ Von den bereitgestellten Fördergeldern soll auch US-Elektroautobauer Tesla profitieren: Firmenchef Elon Musk hat vor, in Deutschland die weltgrößte Batterie-Produktion hochzuziehen. Dafür kann das Unternehmen laut Altmaier mit einer „beträchtlichen Förderung“ rechnen.
Wenn man weiter denkt würde Tesla damit wohl auch Zellenlieferant für seine Mitbewerber. Das wäre doch sehr begrüßenswert.
MiguelS NL meint
Ich hoffe auch dass die Hersteller darüber hinwegschauen möchten dass „Tesla“ auf der Zelle steht.
Mein Bauchgefühl sagt mir dass die Mehrheit der heutigen Entscheidungsträger nicht darüber nachdenken möchten. Jüngere oder offene Nachfolger (Reorganisationen auf dem Kopf werden kommen) sehr wahrscheinlich ja.
Pferd_Dampf_Explosion_E meint
Geely bereitet alles vor, Daimler zu einem überwiegend chinesischen Unternehmen umzubauen. Geely ist dabei, mit dem schwedischen Volvo-Konzern den Daimler wegen dessen guten Namen voll in sein System zu integrieren, der scheinbar strategiellos agierende Schwede Ola Källenius ist auf diesem Weg – vorsichtig formuliert – eine gute Unterstützung.
Herbert meint
Das ist das chinesische Modell…
Locke die Firmen in dein Land mach ihnen ein paar Geschenke und dann übernimm ihre Technologie.
Man bekommt nicht nur vollen Einblick in das Endprodukt sondern auch in alle Produktionsprozesse.
Ob wir in Deutschland dann genauso gut sind im kopieren wie die Chinesen wird sich dann zeigen ;-)
lukasz meint
Es geht eher darum, dass sich in Deutschland neue Zulieferfirmen entwickeln können. Das wird automatisch geschehen, sobald vor Ort produziert wird.
Im Gegensatz zu China gibt es in Deutschland diese „Kopiermentalität“ nicht. In der chinesischen Kultur gilt es als erstrebenswert, eine kaum zu unterscheidende Kopie eines guten Produktes zu erstellen. Dies trifft auf die Deutschen überhaupt nicht zu.
Deshalb geht es den Deutschen Unternehmen und Politikern jetzt such nicht darum, Technologie zu kopieren. Vielmehr geht es darum, Neuentwicklungen anzustoßen und Abnehmer dafür zu finden. Das kommt dann wiederum den Mittelständischen Unternehmen zu Gute, die sich rund um die Batteriezellfabriken ansiedeln werden.