Mate Rimac hat mit seiner nach ihm benannten Firma zunächst auf elektrische Supersportwagen gesetzt, mittlerweile ist ein führender Zulieferer von fortschrittlicher Elektroauto-Technik das Ziel. Das 2009 gegründete kroatische Startup arbeitet bereits mit bekannten Automarken zusammen, Porsche und Hyundai-Kia haben zudem Anteile an dem Unternehmen erworben. In einem ausführlichen Interview mit der Automobilwoche sprach Mate Rimac über den aktuellen Stand seines Startups und die Zukunft der Branche.
Nach dem 2013 gestarteten Supersportler Concept_One steht die Einführung des C_Two auf dem Programm. Letzterer sollte eigentlich 2020 auf den Markt kommen, verspätet sich aber auf dieses Jahr. Daran sei nicht der Coronavirus schuld, räumte Mate Rimac ein: Es liege an der Komplexität, die eine solche Neuentwicklung mit sich bringe. Rimac habe alles selbst gemacht, vom Antrieb über die Batterie bis zum Infotainment. Hinzu komme der parallele Aufbau der Firma.
Rimac hat einen guten Ruf in der Branche, der Weg dorthin war laut Mate Rimac herausfordernd. In den vergangenen Jahren habe mehrere Male das Geld für den weiteren Betrieb gefehlt. Die Finanzierung habe sich trotz Fortschritten bei der Autoentwicklung schwierig gestaltet. In den vergangenen zwei, drei Jahren hab sich das aber gebessert, zuvor sei es die meiste Zeit „ein Überlebenskampf“ und die Firma mehrere Male praktisch bankrott gewesen.
Da es an Investoren fehlte, habe Rimac von Anfang an von seinem Umsatz leben müssen. Weil das in der Autoindustrie sehr schwierig sei, haben man angefangen, für andere Hersteller Entwicklungsdienstleistungen und Komponenten anzubieten – das habe das Startup am Leben gehalten. Dass es Rimac heute leichter hat, liegt unter anderem an Porsche, das zunächst zehn Prozent, später dann 15,5 Prozent des Unternehmens übernahm. Der Anteil von Hyundai und Kia ist nicht bekannt.
In Zukunft könnte Mate Rimac zwei Firmen vorantreiben: Eine für Supersportwagen und einen Zulieferer, die formale Trennung ist aber noch nicht beschlossen. Die „Hypercars“ seien wichtig, um zu zeigen, was technisch bei einem Elektroantrieb möglich ist. Hier seien nur Kleinserien unter hundert Exemplaren vorgesehen. Die eigenen Elektroautos seien auch „ein Aushängeschild“, um für Aufmerksamkeit und Aufträge für das Geschäft mit Komponenten zu sorgen. „In diesem Fall wollen wir großen Herstellern helfen, mit unseren Komponenten schneller auf Elektromobilität umzusteigen. Da reden wir auch von größeren Stückzahlen“, erklärte Mate Rimac.
Nicht alle Kunden von Rimac sind bekannt. Öffentlich ist, dass die Kroaten für den hybriden Supersportler Aston Martin Valkyrie Batterie und Infotainment gemacht haben, auch die Exoten-Manufaktur Koenigsegg erhielt ein Akkusystem. Für den italienischen Elektro-Supersportwagen Pininfarina Battista liefere man den gesamten Antriebsstrang, sagte Mate Rimac. Von Porsche habe das Unternehmen für einige Modelle den Auftrag für die Entwicklung und Produktion von Komponenten bekommen. Für Hyundai und die Schwestermarke Kia mache Rimac den Antrieb für einen E-Sportwagen und einen Brennstoffzellen-Hybrid.
Weiter Fokus auf Hochleistungs-Elektroautos
Größere Volumen, etwa für den Volkswagen-Konzern, würden im Moment keinen Sinn ergeben. Da hätten andere Zulieferer beispielsweise aus China sicher einen Vorteil, so Mate Rimac. Seine Firma sehe ihr Geschäft hauptsächlich in hochperformanten Autos, wo die deutschen Hersteller stark seien. Wenn es darum gehe, die größte Reichweite und Leistung bei geringstem Gewicht zu erreichen, komme Rimac ins Spiel. Hier gehe es auch um fünfstellige Stückzahlen.
Das meiste Geld macht Rimac als Zulieferer, die Sparte soll daher ausgebaut werden. Dazu ist am Stammsitz im kroatischen Sveta Nedelja nahe Zagreb ein Campus mit den Bereichen Forschung und Entwicklung, Testgelände, Verwaltung und Produktion geplant. „Anfang 2023 wollen wir einziehen. Dann wird die Firma von derzeit 1000 auf 2500 Mitarbeiter gewachsen sein“, kündigte Mate Rimac an. Die bisher eingesammelten Mittel von Investoren wie Porsche oder Hyundai beliefen sich auf 140 Millionen Euro. Derzeit finde die nächste Finanzierungsrunde statt, die nochmals 130 bis 150 Millionen Euro bringen soll. Für Ende des Jahres werde eine weitere Runde angepeilt.
Gerüchten zufolge soll Rimac zusammen mit Porsche für den Volkswagen-Konzern dessen französische Luxusauto-Marke Bugatti in die Zukunft bringen, Mate Rimac wollte sich dazu nicht äußern. Mit Blick auf Porsche gab er sich offener: „Wir lernen extrem viel von Porsche. Wer immer die Autoindustrie belächelt, hat keine Ahnung. Wie die aufgestellt sind, ist beeindruckend“, sagte er. So helfe die Beratungstochter Porsche Consulting dabei, Rimacs Prozesse zu optimieren. Das fühle sich an, als wäre das Startup „so etwas wie ein kleiner Bruder von Porsche“. Umgekehrt sei Rimac „das Schnellboot“, das vielleicht agiler sei und sich manchmal technologisch mehr zutraue.
Mate Rimac findet, dass die deutsche Autoindustrie auch bei der Elektromobilität gut aufgestellt ist. Die Muster in der Branche hätten sich kaum geändert, die große Revolution komme erst, wenn es nur noch Mobilität für Nutzer gibt und keine Eigentümer mehr. Diese Dienste würden von Unternehmen wie Uber oder Google betrieben, die Hunderttausende von Fahrzeugen für ihre Flotten bestellen. Denen sei es egal, ob diese von Renault, Audi oder Škoda kommen. Das Geld werde dann mit der App verdient, nicht mehr mit dem Auto an sich. Da hätten Tech-Konzerne einen riesigen Vorteil. „Und die deutschen Hersteller mit ihrer Geschichte, ihren Gewerkschaften und ihrer Größe haben einfach ein Problem, zehn Jahre vorauszudenken“, so der Rimac-Chef.
R.Gmach meint
Mate Rimac ist DAS Auto Genie heute.
Hoffentlich lässt Mate endlich mal seinen Concept-2 auf der Nordschleife antreten. Auf des Ergebnis wäre ich extremst gespannt. Ich denke, dass der Concept-2 dabei nicht nur alle bisherigen BEV Rekorde dort pulverisieren würde.
Christian Baumgarten meint
Wirkt kompetent der Herr! Das sie Zulieferer für so Luxuskarossen werden konnten ist beachtlich. Wer einmal mit den OEMs zu tun hatte weiß, was das für ein Kampf ist. Erst recht als kleiner Hersteller. Ich denke auch er schätzt die Lage in D gut ein und warum wir nicht 10 Jahre vorausdenken können.
Anonomos meint
Mate Rimac ist ein Genie. Auf Youtube gibt es ein Interessantes Video von N. Rosberg der ihn in seiner Fabrik besucht hat, da bekommt man einen guten Eindruck.
Der Entwicklungschef von Porsche hat angeblich gesagt, er hält sich selbst für ziemlich Talentiert aber Rimac ist aus einer anderen Welt. Das ist schon beeindruckend was der da von Null aufgezogen hat, vor allem nicht nur als Manager oder Verkäufer, sondern als Techniker der selbst an der Entwicklung beteiligt war.