Volkswagen-Konzernchef Herbert Diess hatte bereits kurz nach der Bundestagswahl eine Liste mit Vorschlägen an die neue Regierung adressiert. Mittlerweile ist absehbar, dass künftig SPD, Grüne und FDP Deutschland lenken. Volkswagen hat seine Wunschliste laut einem Bericht ausgearbeitet und als ein zehn Seiten umfassendes Empfehlungsschreiben an die drei Parteien verschickt.
Das Papier mit dem Titel „Transformation beschleunigen – Klimaziele erreichen“ liegt dem Tagesspiegel vor. Volkswagen wollte auf Anfrage der Zeitung keinen Kommentar dazu abgeben. Die scheidende Bundesregierung habe mit dem Klimaschutzgesetz und der Förderung von Elektrofahrzeugen „Weichenstellungen in die richtige Richtung“ vorgenommen, heiße es in den Schreiben. In der neuen Legislaturperiode müsse nun das Tempo erhöht werden.
Volkswagen war nach Informationen des Tagesspiegels von den Parteien im Vorfeld gebeten worden, aus seiner Sicht wichtige verkehrs-, klima- und energiepolitische Themen und Wünsche zu nennen. Konkret empfehle Europas größter Autokonzern eine weitere Beschleunigung des Hochlaufs der E-Mobilität im Pkw-Individualverkehr. Zugleich rege das Wolfsburger Unternehmen an, bei der Förderung stärker zu differenzieren und Verbrennungsmotoren im nationalen Rahmen „moderat zu sanktionieren“.
Mit dem „Umweltbonus“ werden neue Elektroautos aktuell mit bis zu 9000 Euro gefördert – zwei Drittel zahlt der Bund, den Rest gewähren die teilnehmenden Hersteller als Netto-Rabatt. Für Plug-in-Hybride gibt es bis zu 6750 Euro. Die Kaufprämie solle Ende 2025 auslaufen und bis dahin jedes Jahr sinken: Ab 1. Januar 2023 schlägt Volkswagen inklusive Herstelleranteil 7500 Euro für Elektroautos und 3750 Euro für Teilzeit-Stromer vor, ab 2024 dann 6000 Euro beziehungsweise 3000 Euro und von 2025 an 4500 Euro beziehungsweise 2250 Euro.
Die steuerliche Förderung von Plug-in-Hybriden würde Volkswagen an die tatsächliche elektrische Fahrleistung koppeln. Gefördert werden solle nur, wenn ein überwiegend elektrischer Fahranteil nachgewiesen werde. Bei Dienstwagen seien E-Antriebe bevorzugt steuerlich zu begünstigen. Volkswagen schlage für rein batterieelektrische Autos eine unveränderte Versteuerung der privaten Nutzung von 0,25 Prozent vor, bei Plug-in-Hybriden solle die Versteuerung hingegen von bisher 0,5 auf 0,75 Prozent steigen, bei Verbrennern von 1 auf 1,25 Prozent.
Um den Ausbau der Elektroauto-Ladeinfrastruktur zu beschleunigen, fordere Volkswagen die künftige Regierung auf, sich für eine Verdopplung der Ausbauziele in allen europäischen Ländern einzusetzen. Die deutschen Kommunen müssten zudem „verbindliche Pläne“ zum Infrastrukturausbau erstellen. Außerdem solle geprüft werden, „ob verbindliche Auflagen zur Bereitstellung von Ladepunkten möglich sind“, etwa für Mehrfamilienhäuser, Betriebe oder Tankstellen. Für den Schwerlastverkehr und Busse brauche es bis Ende kommenden Jahres einen „Masterplan für den Aufbau einer Hochleistungsladeinfrastruktur“.
Weitere Vorschläge
Der Autobauer setzt sich laut dem Bericht zudem für die Beendigung von Subventionen für fossile Energieträger ein, also auch für ein Ende des Dieselprivilegs ab 2023. Zum Thema Tempolimit heiße es, dass Geschwindigkeitsbegrenzungen dort eingeführt werden sollen, „wo Menschen leben und die Unfallgefahr vermindert und der Verkehrsfluss verbessert wird“. Für mehr Lebensqualität in den Städten plädiere Volkswagen für eine Förderung von Fahrrädern, E-Bikes und elektrifizierten Pooling- und Sharing-Diensten. „Mietfahrzeuge sollten eine Mindestquote an vollelektrischen Fahrzeugen von 50 Prozent erfüllen“, findet der Konzern.
Volkswagen spreche sich darüber hinaus für einen raschen Ausbau der Erneuerbaren Energien aus. Ein spezifisches europäische Zertifikatesystem müsse bis 2026 für die Sektoren Verkehr und Gebäude eingeführt werden. Die Mehrkosten bei der stromintensiven Herstellung von grünem Stahl müssten übergangsweise aufgefangen werden. Verpflichtende Abnahmequoten für die Autoindustrie lehne der Konzern ab.
Ludwig Kastor meint
Mich hat schockiert, dass Verbrenner von 1 auf 1,25% bei der Versteuerung angepasst werden sollen! Die wollen wirklich Veränderung…
Mike meint
Ein wichtiger Punkt wurde vergessen: den Herstellernanteil entfallen lassen. Dann kämen auch kleinere Anbieter evtl. in den Genuss einer Förderung ohne den Zwangsrabatt vorher einpreisen zu müssen.
Kasch meint
Es ist ja nett, wenn man edle Wünsche an den Staat richtet. Aus den Augen sollte man jedoch nie die Realität verlieren – der Staat hat lediglich die Schaufel in der Hand mit der er dein Grab tiefer schaufeln kann. Als Unternehmer versuche ich selbst aus der Not eine Tugend zu schaffen. Wenn ich dabei grundlegend neue Wege finden muss, grenze ich das neue Geschäftsfeld möglichst lange, grundlegend von meinem Alten ab, insbesondere solange ichs auch noch mit meinem alten Geschäft locker finanzieren kann. VW wurde von Adolf mithilfe dem Käfer von Ferdinand, aus dem Nichts in eine Größe katapultiert, die es nie erforderlich machte, selbst Fahrzeuge zu entwickeln. Erst Audi, dann restlich vereinnahmte Fahrzeughersteller und viele Jahre Unternehmen aus ärmeren Ländern mussten auch noch dankbar sein, kostenlos für VW Fahrzeuge zu entwickeln, um billigst produzieren zu dürfen. Und von heute auf morgen soll VW selbst konstruktiv aktiv werden, mit heftigen technischen Herausforderungen ? Ich bewundere und achte Diess, beneiden kann ich ihn nicht.
Werner Mauss meint
So so, Unternehmen machen also der Politik Vorschläge. Was dabei rauskommt wissen wir ja. VW will sich lediglich ihre Dienstwagensubventionen sichern, weil sie auf dem privaten Markt mit ihren überteuerten Produkten sonst keine Chance mehr hat. Warum nicht nur noch BEV als Dienstwagen fördern? Oder Dienstwagen überhaupt nicht fördern, da es sich um eine staatliche Lohnsubvention auf Kosten aller handelt? Selbst Lindner hat ja gestern Abend erkannt daß die Milliarde für Scheinbev der blanke Wahnsinn ist. Ja, ich weiß Sozialneid schreit der Leistungsträger jetzt. Der Arme hat nicht mal Geld sich ein eigenes Auto zu kaufen und muss da den Sozialstaat bemühen. Was sind das für Unternehmer, ich dachte immer der Markt regelt das.
Freddy K meint
Klar Erhöhung der Versteuerung von 1 auf 1,25 % fordern ist ja auch Subvention.
????
Werner Mauss meint
Alles was unterhalb der Normalversteuerung liegt ist eine Subvention. Und nochmal, warum soll die Allgemeinheit egal wem, ein Auto finanzieren? Warum soll die Allgemeinheit VW finanzieren? Es gibt doch billigere und bessere Alternativen. Arbeitsplätze, ah ja, in der Forstwirtschaft und in der Pflege arbeiten wesentlich mehr Menschen als in der Autoindustrie und Zulieferer insgesamt. Versteuern die ihre Betriebsmotorsäge von Stihl auch zu 1%. Dieser Wahnsinn, der einseitig gepamperten Industriezweige muss aufhören, wenn sie ohne Subventionen nicht lebensfähig sind, sind sie obsolet. Technologie geht bei VW sicherlich keine verloren.
OnlyAFoolUsesGoogleAndroid meint
„Wenn es nach mir ginge, würden sämtliche Neubauten von Heuser nur noch mit Flachdach zugelassen.“
Na zum Glück geht’s nicht nach dir. Schau dir mal Vorteile und Nachteile von PV auf den einzelnen Dachformen an, Flächennutzung, Ertrag pro Grundfläche. Wo legst du den Fokus? Was ist aus Sicht der Umwelt die beste Lösung, welche aus Sicht des Geldbeutels?
Shullbit meint
Die Vorschläge sind durchaus bemerkenswert. Weil bei allem Willen zur Transformation: Über 86% der Autos verkauft auch VW hierzulande noch mit Verbrennungsmotor. Wenn man anfängt, diesen zu sanktionieren und Hybride deutlich weniger zu fördern, geht das Stand heute auch an die Substanz von VW.
Möglicherweise – ich spekuliere – ist das aber auch ein strategischer Schachzug von Diess, um über den Umweg der Politik endlich die verbliebenden VW-internen Widerstände gegen seinen Kurs zu brechen. Natürlich ist Deutschland für VW nicht der einzige Markt, aber in Europa ist Deutschland schon so etwas wie ein Leitmarkt.
Im Übrigen ist davon auszugehen, dass auch die anderen Auto-Hersteller und Zulieferer gerade heftigst lobbyieren, um im Regierungsprogramm der neuen Koalition ihre Punkte unter zu bringen. BMW dürfte stark für Hybride, eFuels, Technologieoffenheit und anderen Unsinn lobbyieren…
Yogi meint
Wo ist der Punkt für Lastenradruhestationen mit Demeter-Bananen zum schnellen auf“chargen“? ;-)
Sebastian meint
Alles schön und gut, aber wo sieht man einen Ausbau an Ökostrom?
Steven B. meint
Viele Formulierungen und Absichten in dem Schreiben von VW sind lobenswert und weisen den Weg in die richtige Richtung. Ich denke aber auch, dass hier nicht nur im Interesse von VW ausgegangen wurde, sondern im allgemeinen die deutsche Automobilindustrie einbezogen wurde, also mehrere Hersteller haben hierzu sicher ihre Einwillgung im Vorfeld gegeben. Niemand würde soetwas formulieren, wenn es nicht durch mehrere Hersteller abgesichert wurde. Ich persönlich freue mich über die vorgehensweise von Politik und Wirtschaft und wünschte mir das in anderen Bereichen ebenso, als Beispiel ist hier die Versorgung von Elektrizität zu nennen.
hu.ms meint
Das bezweifle ich. Gerade die hersteller die auf plug-in-antriebe gesetzt haben (z.b. MB), sind mit den von VW vorgeschlagenen förderverschlechtungen für diese sicher nicht einverstanden. Da VW mehr auf BEV setzt, sind die vorschläge entsprechend.
MichaelEV meint
Denke ich auch. Diese Forderungen werden zwar auch VW an die Substanz gehen, aber allen anderen bedeutend mehr. Der Hersteller (VW), der sich voll auf Elektro fokussiert, wird als ein großer Gewinner aus der Transformation hervorgehen.
Werner Mauss meint
Das ist falsch, VW hat am meisten zu verlieren. Die Nischenhersteller BMW und Daimler werden einfach ihre Arbeiter entlassen und mit ihrem Geld auf dem Bahamas warten bis sich die Lage beruhigt hat.
Andreas meint
Ich finde diese Vorschläge etwas zu kurz gegriffen. Eine großzügige Förderung von „Luxus-Elektroautos“ für wohlhabende und Firmen ist nicht mehr zeitgemäß. Plug-In-Hybride haben inzwischen bewiesen, dass sie keinerlei positiven Beitrag zur CO2 Einsparung bringen – eher im Gegenteil. Der Herstelleranteil ist eine Farce, da die Hersteller diesen vorher sowieso auf den Listenpreis aufschlagen. Deshalb würde ich mir eher folgendes wünschen:
* Komplette Abschaffung jeglicher Förderung von Plug-In-Hybriden.
* Abschaffung des „Fake-Herstelleranteils“ an der Förderung.
* Förderung nur bis zu einem Brutto-Verkaufspreis von 40.000 €. Später evtl. sogar nur 30.000 € oder weniger. Außerdem sollten eine Mindestreichweite von 300km und ein CCS Ladeanschluss vorgeschrieben werden um nicht „City-Einkaufswagen“ zu fördern und öffentliche Ladeinfrastruktur zu optimieren.
* Komplette Abschaffung der reduzierten Versteuerung von E-Autos für Firmenwagen. Alle Firmenwagen sollten wieder gleich besteuert werden. Eine Förderung von Firmenwagen bedeutet eine Förderung von Gutverdienern.
Das so eingesparte Geld sollte man dann in den Ausbau der Bahnstrecken investieren.
Sebastian meint
Gutverdiener kaufen sich e Autos die ausserhalb der Förderung liegen. Und wenn sich Helga aus der Buchhaltung ein BEV für 45T fördern lässt oder ein Abteilungsleiter oder Geschäftsführer ist jetzt warum genau Dein Problem?
Hans Meier meint
Na dann mal her mit ihrer Statistik. :) Das Problem liegt darin das hier die freie Marktwirtschaft nicht gilt und die Allgemeinheit ohne deren Einwilligung mit ihrem Geld kollektiv „Autos“ finanzieren muss, was nicht ihre Aufgabe ist. Deutschland ist ein Rechtsstaat und (k)eine Bananenrepublik.
Freddy K meint
Wenn man selbst keines bekommt fordert man das Verbot. Weil man glaubt man selbst werde ja enormst benachteiligt.
Andreas meint
Das Problem ist, dass der Staat nicht unbegrenzte Geldmengen zur Verfügung hat und sich deshalb genau überlegen sollte, was er subventioniert und was nicht. Dabei muss neben der Wirksamkeit der Subvention auch die soziale Verträglichkeit abgewogen werden. Es geht nicht darum Steuergeschenke zu verteilen um sich die Wählergunst zu sichern. Siehe auch: https://ecomento.de/2021/10/18/dienstwagen-steuervorteile-fuehren-zu-sozialer-und-oekologischer-schieflage-analyse/
Daniel meint
Richtung stimmt, nur die Werte müssten etwas verschärft werden.
Die Verringerung der PHEV Förderung muss stärker ausfallen.
Die Besteuerung von Geschäftswagen muss angehoben werden.
Verbrenner 3 %
PHEV 2,5 %
BEV 1,5 %
Kona64 meint
Sehe ich auch so. Dienstwagen für den privaten Gebrauch sind zu billig und verleiten dazu unsinnig große Fahrzeuge zu ordern. In einigen Firmen haben 70% der Mitarbeiter einen Dienstwagen, aber berufliche Fahrten gibt es kaum. Und natürlich muß ein PHEV auch überwiegend elektrisch betrieben werden um in den Genuß einer Förderung oder Steuerermäßigung zu kommen.
Freddy K meint
Ach komm,
am besten alle mit 10% versteuern. Oder noch besser Der Nutzer muss dem Staat den Kaufpreis als Steuer entrichten…
Schonmal drüber nachgedacht das es dann mehr Fzge gäbe?
Ein privates und ein Firmenfahrzeug.
Na, ist genial… Doppelt hält besser oder?
BEV meint
Ist es denn jetzt schon final verlängert bis 2025 oder steht das noch aus?
David meint
Das steht aus. Formal steht sogar die Verlängerung auf 2025 noch aus.
CaptainPicard meint
Komisches Gefühl wenn sich die eigenen Forderungen mit denen eines Großkonzerns über weite Teile gleichen.
OnlyAFoolUsesGoogleAndroid meint
Dann bleibt nur eins. Sich „radikalisieren“ und seinen eigenen Standpunkt verschärfen oder um 180 drehen.
David meint
True. Wenn man aber bedenkt, dass der Club of Rome, dessen Veröffentlichungen die Grundlage für jegliche Umweltbemühungen bilden, von Industriellen gegründet wurde und das bahnbrechende Werk „Grenzen des Wachstums“ von der VW Stiftung finanziert wurde, merkt man, dass es schon immer unternehmerische Verantwortung gab und man mit schwarz-weiß-Denken nicht weiter kommt.
Paule6 meint
1+
Endlich mal eine klare Sichtweise und nicht immer das ewige pauschalisieren.
alupo meint
Und mit der Programmiersprache „System Dynamics“ wurden die Modelle im Computer erstellt. Das waren noch Zeiten damals mit Prof. von Kortzfleisch, vor 40 Jahren…
Anti-Brumm meint
2025 ist man in Deutschland dann dort, wo wir in Österreich bereits sind bzw. immer waren: 5000€ und abwärts. Aber gut, wir konzentrieren unsere hiesige Kompetenz ja primär auf Verbrenner, Getriebe und (bis auf den Elektro-Jaguar) Autobau mit ebensolchen Technologien.
CaptainPicard meint
Der Marktanteil von Elektroautos bei Neuzulassungen ist in Österreich höher als in Deutschland (20,1% vs. 17,1% im September), offenbar genügt die aktuelle Förderung also.
David meint
Kreisel gibt’s ja auch noch und bei Magna Steyr wird demnächst der EQG gebaut.
Daniel S meint
Tolle Vorschläge. Bin gespannt, was davon übernommen wird.
MichaelEV meint
Finde ich auch, tolle Vorschläge. Viele Forderungen beseitigen das Altgeschäft, was zeigt, dass VW wirklich und ohne jeden Zweifel all-in auf Elektro geht. Ähnliche Forderungen gab es von Diess ja schon vor der Wahl. Super VW!