Volkswagen will sein Engagement im Bereich Elektroauto-Laden weiter ausbauen. Der Konzern hat vor, die Zahl der Mitarbeiter in seiner Lade- und Energiesparte Elli zu verdoppeln, im nächsten Jahr eine neue Zahlungstechnologie einzuführen und weitere Allianzen einzugehen, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters.
Ausreichend Lademöglichkeiten und Strom soll Autokäufer davon überzeugen, dass die in Zukunft von Volkswagen vorrangig angebotenen Elektroautos ein praxistauglicher Ersatz für Verbrenner sind. Als Vorbild beim öffentlichen Laden gilt Elektroauto-Pionier Tesla, dessen Erfolg maßgeblich dem unternehmenseigenen „Supercharger“-Schnellladenetz zugeschrieben wird. Wie der US-Hersteller verfolgt Volkswagen einen umfassenden Ansatz, der neben öffentlichem Laden auch Lademöglichkeiten für zu Hause und Ökostromtarife umfasst.
Um für die Kunden Versorgungslücken zu schließen, strebe der Volkswagen-Konzern Partnerschaften an, sagte die Leiterin des Bereichs „Laden & Energie“ Elke Temme in einem Interview mit Reuters. „Hierfür sind verschiedene Modelle denkbar, von der Produktpartnerschaft, über Joint Ventures bis hin zu Mergers & Acquisitions.“ Unter Temmes Führung hat Volkswagen markenübergreifend die Bereiche Energie, Ladeservices, -equipment und -infrastruktur gebündelt. Temme ist Energiemarktexpertin, früher arbeitete sie bei Innogy und RWE. „Wir investieren in große Wachstumsbereiche, die nicht immer sofort profitabel sein müssen. Wir sehen diese Investitionen immer im Gesamtzusammenhang mit unserer Konzernstrategie“, sagte sie zu ihren Plänen bei Volkswagen. „Deshalb ist der Aufbau einer umfassenden Infrastruktur der Schlüssel.“
Die Managerin wollte keine Angaben zu dem ihr zur Verfügung stehenden Budget machen, sagte aber, dass der Volkswagen-Konzern unter der Leitung des erklärten Tesla-Fans Herbert Diess die Investitionsanträge für Elli genehmigt habe, das auch Energiespeichersysteme für den Heimgebrauch ähnlich der Powerwall von Tesla vertreibt. Laut einer Reuters-Analyse ist Volkswagen mit seinen Investitionsplänen für Elektroautos und Batterien bis 2030 weltweit mit Abstand führend und sieht vor, bis 2025 35 Milliarden Euro für Batterie-Fahrzeuge auszugeben.
Volkswagen hat vor, bis 2025 Tesla als Marktführer bei Elektroautos abzulösen. Bis dahin will der deutsche Konzern sein Netz an Schnellladestationen auf etwa 45.000 vervierfachen – mit 18.000 Ladestationen in Europa, 17.000 in China und 10.000 in Nordamerika. Tesla hat kürzlich gemeldet, 30.000 „Supercharger“ erreicht zu haben. In den nächsten zwei Jahren wollen die Kalifornier ihr Schnellladenetz verdreifachen, damit die geplante Freigabe der Infrastruktur für Nicht-Tesla-Kunden das Angebot nicht überlastet.
Ausbau des Energie-Angebots
Volkswagen verfolgt beim E-Auto-Laden mehrere, regional unterschiedliche Ansätze. In Europa ist der Konzern mit anderen Autobauern Gesellschafter des Schnellladesäulen-Betreibers Ionity, der entlang von Fernstraßen Säulen installiert. In den USA konzentriert sich Volkswagen auf das im Zuge des Abgasskandals ins Leben gerufene Unternehmen Electrify America. Hinzu kommen Partnerschaften für öffentliches Laden in Europa mit Energiefirmen wie BP, Enel und Iberdrola sowie Roaming-Vereinbarungen mit diversen Betreibern von bestehenden öffentlichen Ladepunkten. Die Töchter Audi und Porsche planen zudem eigene Premium-Ladeinfrastruktur. Die Kunden der diversen Volkswagen-Marken können außerdem Wandladestationen und dazugehörige Ökostromtarife bestellen. Einer der Tarife, der auch für Kunden ohne einen Volkswagen erhältlich ist, hat seit seiner Einführung im Juli laut Temme über 10.000 Kunden angezogen.
Temme ist überzeugt, dass die Autohersteller die neuen Herausforderungen rund um den Einsatz von Elektroautos meistern werden. „Die Energieversorger müssen sich neu erfinden und von Atom und Kohle auf erneuerbare Energien umsteigen. In der Automobilindustrie, auch bei Volkswagen, geht es derzeit um die Frage, wie man den Fokus konsequent von konventionellen Fahrzeugen auf nachhaltige Mobilität verlagert“, sagte sie. Diese Herausforderungen seien von ähnlicher Größenordnung.
Volkswagen treibt auch das Thema Plug & Charge voran: Kunden müssen dabei wie bei Tesla nur noch das Kabel einstecken, anschließend startet der Ladevorgang samt Abrechnung. Die Authentifizierungsdaten sind im Auto hinterlegt, die Ladestation erkennt, wer gerade lädt. „Im ersten Quartal des kommenden Jahres wollen wir Plug & Charge an allen dazu fähigen Ladepunkten anbieten – unter anderem bei Ionity“, kündigte Temme an.
Die Batterien seiner Elektroautos will Volkswagen als flexible mobile Speicher im Markt nutzbar machen. So werde das E-Auto zum Bindeglied zwischen Auto- und Energiemarkt, erklärte Temmer. Noch größer werde das Potenzial in Kombination mit bidirektionalem Laden: Das Fahrzeug kann mit entsprechender Technik auch wieder Strom abgeben. Die Batterie wird als flexibler Energiespeicher nutzbar und kann etwa im Falle eines Stromausfalls einspringen. Mit dem neuen E-SUV-Coupé ID.5 habe VW das erste bidirektional ladefähige Fahrzeug vorgestellt. „Nun entwickeln wir die ersten Geschäftsmodelle, die diese Funktionalität für den Kunden nutzbar machen“, so Temme.
Rene meint
Plug&Charge ist ein wichtiger Ansatz, die E-Mobilität kundenfreundlicher und damit akzeptabler zu machen.
Es kann doch nicht sein, dass ich beim Wechsel von einem Bundesland in ein anderes auch eine andere Ladekarte benötige!
Da hat Tesla wirklich bisher das beste Ladenetz – Herbert Diess hat offenbar richtig erkannt, dass hier noch eine Menge zu tun ist
Egon Meier meint
VW scheint – außer Tesla – der einzige Konzern zu sein, der eine breite Ladeoffensive voran treibt.
Man nimmt sich dazu local Player – wedelt denen ein bisschen mit der Drohung eines eigenen Netzes vor der Nase rum und lockt mit umfassender Kooperation/attraktivem Kundenkreis – und kann parallel in diversen Ländern leistungsfähige Ladestrukturen aufbauen und mit den BEV-Fahrzeuge aus dem eigenen konzern via Roaming gut auslasten.
Umgekehrt kann man seinen eigenen Kunden sehr gut ein umfassendes Ladeangebot liefern.
Die genannten Drohungen sind glaubhaft, weil VW das Geld hat und mit Ionity einen leistungsfähigen Partner, den man notfalls von der Kette lassen kann. Der Lockstoff ist auch da, weil VW in allen Leistungsklassen attraktive Fahrzeuge, einen attrativen ladeverbund und hohe Marktanteile hat.
Und einen Chef, den man ernst nimmt.
Das nennt sich gemeinhin Zuckerbrot und Peitsche.
Daniel S meint
Das Geld sollte VW in Windparks und PV investieren.
Dark Erebos meint
Machen sie doch schon. Bis 2025 7TWh an Solaranlagen und Windparks.
Stefan meint
Ich wäremir nicht so sicher was mehr CO2 einspart:
-35 Milliarden zur Umstellung auf Elektromobilität mit derzeitigen Strommix
-35 Milliarden zur Umstellung der Fossilen Kraftwerke auf Erneuerbare Energien
Elektroautos sind einfach wesentlich effizienter als Verbrenner, nicht nur die Technik im Fahrzeug selbst, sondern über die gesamte Kette betrachtet.
Beide Maßnahmen führen zu einer erheblichen Reduktion an CO2 Ausstoß. Sowohl als auch wäre natürlich das Optimum.
Egon Meier meint
Die Kompetenz von VW liegt bei PKW – bei Stromerzeugung sind andere gut und arbeiten mit VW zusammen.
VW kontrahiert schon massiv förderfreie grüne Kapazitäten um c02-frei produzieren zu können.
EdgarW meint
Old News. Das wurde bereits auf VWs „New Auto Event“ im Juli 2021 verkündet. Link gleich in meiner Antort auf mich selbst.
EdgarW meint
Hier der Link:
https://insideevs.de/photo/5968186/volkswagen-new-auto-event-juli-2021/
InsideEVs hatte das allerdings auch noch einmal als Neuheit verkündet:
https://insideevs.de/news/548486/volkswagen-ladeinfrastruktur-ausbau-ladenetz-plugandcharge/
Dito andere Medien.
Es ist auch kein eigenes VW-(Konzern-)Ladenetz, sondern eins der genannten lokalen Partner, VW ist da in irgend einer Form (organisatorisch? finanziell? schulterklopfend?) beteiligt. Das steht hier natürlich auch im Artikel.
Trotzdem interessant :-) zumal es im Juli kaum Öffentlichkeit fand.
ecomento.de meint
Die Neuigkeit ist insbesondere, dass Volkswagen bei der Energie- und Ladelösungs-Tochter Elli jetzt noch einmal das Personal deutlich aufstockt und wohl weitere Partnerschaften eingehen wird. Die weiteren Informationen haben wir teils zur Einordnung hinzugefügt.
VG | ecomento.de