Der chinesische Elektroautobauer NIO kommt nach Deutschland. Neben Fahrzeugen bringt das Start-up seine auf dem Heimatmarkt bereits etablierten Stationen für den schnellen Batterietausch mit.
„Für Deutschland können Sie sicher mit mehreren Battery-Swap-Stationen rechnen“, sagte Europa-Chef Zhang Hui der Tagesschau. Bei den bisherigen, vorrangig in Asien befindlichen Kunden kämen besonders Wechselstationen entlang der beliebtesten Reiserouten gut an. „Zum Beispiel – irgendwann bauen wir wahrscheinlich von München bis zum Gardasee“, so der Manager.
NIO hat mittlerweile die dritte Generation seiner Wechselstationen vorgestellt. Mit ihnen lassen sich leergefahrene Batterien von NIO-Stromern innerhalb von wenigen Minuten automatisiert wechseln. Bei Bedarf werden auch größere Akkupakete eingesetzt, etwa für längere Fahrten in den Urlaub. Das Unternehmen kann sich vorstellen, die Technologie von Partnern nutzen zu lassen. Allerdings müssten diese dazu die gleichen Batterien wie NIO verwenden, ihre Fahrzeuge auf dessen Plattform bauen und die Proportionen und das Design der NIO-Batterien berücksichtigen.
Bis Ende 2025 plant NIO mit weltweit 4000 aktiven Batteriewechselstationen, davon etwa 1000 außerhalb Chinas. Während sich in Asien angeregt durch den Erfolg NIOs nun auch andere Hersteller verstärkt mit Wechselstationen beschäftigen, gelten solche Lösungen hierzulande als unnötig. Stattdessen setzt die Branche auf neue Modelle mit hohen Reichweiten und den Ausbau der Schnelllademöglichkeiten in Europa. NIO lässt sich davon nicht abbringen und wird in Ungarn demnächst erstmals außerhalb Chinas Batteriewechselstationen herstellen. Das dort im September in Betrieb gehende Werk soll auch als Service-, Forschungs- und Entwicklungszentrum dienen.
Neben Deutschland hat NIO 2022 auch den Start in den Niederlanden sowie in Schweden und Dänemark vor. Das Werk in der Nähe von Budapest soll Batteriewechselstationen in diese Länder liefern. Seine Europa-Expansion gestartet hat das Unternehmen 2021 in Norwegen mit dem SUV ES8. In Deutschland soll ab dem vierten Quartal zunächst die neue Limousine ET7 angeboten werden.
Ralf Dunker meint
Das Problem bei dieser Diskussion besteht m.E. darin, dass der einzelne – meist aus Begeisterung BEV fahrende – Nutzer (und ich zähle mich zur Pro-Fraktion!) das Gesamtsystem nicht sehen will: 40 – 50 Mio. PKW allein in Deutschland. Wir haben in den Kommunen schon heute Probleme, öffentliche Ladepunkte auszuweisen. Diese sind dann meist nicht wirtschaftlich betreibbar. Sie werden also zögerlich und subventioniert errichtet, weil es dem System innewohnt, dass die Ladefrequenz für ein Geschäftsmodell zu niedrig, resp. die Verweildauer der Kunden zu lang/ selten ist. Kommunale, vor allem aber Unternehmensflotten, können eine BEV-Flotte nicht so effizient betreiben, wie eine „betankbare“. Gespräche mit Fuhrparkmanagern zeigen, dass sie es logistisch nicht schaffen, eine größere Flotte (z.B. 1.400 Fahrzeuge in einer Großstadt) „intelligent“ zu laden, weil sie nicht so viele Ladepunkte installieren können, ohne die Netzanbindung grundlegend zu sanieren. Die berliner Taxi-Innung freut sich dagegen, dass Infradianba ihre Mitglieder mit Wechselakku elektrifizieren wird – wenngleich sie lieber deutsche BEV nutzen würde.
Das Schnelladen steht per se in Widerspruch zu bidirektionalen Systemen. Dadurch wird eine BEV-Flotte stets zu einem potentiellen Großverbraucher, der zwar in einer Grundlast-Welt (mit AKW und KKW) kompensiert werden kann, die Erreichung der Energiewende beim Strom aber behindert.
Abgesehen von der mangelnden Akzeptanz für BEV (auch heute noch kaufen 87 Prozent der Neuwagenkäufer, trotz Subventionierung kein BEV! Chipmangel hin oder her, ein im Vergleich überzeugendes Produkt würde den Markt inkl. Infrastrukur schnell umkrempeln, weil Investoren Ihr Geschäft witterten) ist ein KFZ mit Steckdose prototypisch – so wie die ersten Verbrenner vor 120 Jahren. Die Form, Die Ausgangsspannung, die C-Rate, die Kontakte des Akkus können über alle Hersteller ebenso genormt werden, wie die Oktanzahlen (Zündunwilligkeit) bei Verbrennern – welcher Nutzer hat daran heute noch Zweifel, wenn er an eine Zapfsäule fährt.
Vor allem entkoppelt der Wechselakku das BEV zeitlich von den Stromnetzen. Damit leistet eine elektrifizierte Flotte mittels 14.000 Tankstellen (Wechselstationen à 300 Akkus) in Deutschland perspektivisch knapp 20 Prozent des benötigten chemischen Speichers – und zwar mittels lukrativem Geschäftsmodell. Denn gepoolt lässt sich mit Akkus, die Traktionsenergie an Endkunden UND netzdienliche Leistungen an Stromnetzbetreiber liefern, Geld verdienen!
Vor allem das ist es, was die chinesischen Stakeholder verstanden haben – und deutsche OEM/ Politiker nicht.
Draggy meint
Warum gehen alle pro Wechselakku eigentlich immer davon aus, dass die Akkus in den Stationen nicht schnellgeladen werden? Wenn ich da wirklich ne z.b 10 Stunden Langsamladung mache muss ich so viele Akkus vorhalten, dass ich 10h lang nur aus meiner Reserve alle Autos bedienen kann. Wenn ich 30 Minuten Schnelllade muss ich entsprechend deutlich weniger vorhalten. Nehmen wir mal 5 Autos pro Stunde an, dann braucht ich mit Schnellladen etwa 3 Akkus in der Station und vielleicht noch einen weiteren falls mal einer rein kommt, der Schrott ist. Bei 10h langsam laden brauche ich 50 Akkus. Gut die Reserve Brauch ich dann nicht mehr weil ich locker in 10 neue Akkus Ran schaffen kann aber dennoch 46 Akkus extra herstellen und verwalten, und viel Netzdienlichkeit ist da ja auch noch nicht dabei, dafür müsste ich über mindestens 24 im Schnitt die Akkus laden und aufs Netzstärken warten. Das wäre dann eine Station mit gut 100 Akkus für ebensoviele Fahrzeuge. Weder NIO noch der Kunde wird das zahlen wollen. Somit wird auch der Wechsler die Akkus wenn sie rein kommen Schnellladen.
henry86 meint
Mich würde wirklich mal interessieren, welcher Fahrer mit den realen Ladezeiten, die man heute in der Praxis bereits erreichen kann, noch Probleme hat. Die allermeisten dürfen Zeiten von unter einer halben Stunde erreichen, die topkandidaten sind bereits bei 18 min (Hyundai).
Wenn mich überhaupt noch was ärgert, ist das die teilweise niedrige Ladesäulendichte und leider nach wie vor häufige Ausfälle der Ladesäulen.
Aber wenn das besser wird, sehe ich absolut keinen Vorteil mehr bei einer Wechselstation oder anderem Quatsch. Zumal die Dichte ja niemals auch nur ähnlich gut wird wie die bei Ladesäulen, sodass man erhebliche Umwege in Kauf nehmen muss.
Jürgen Alexander Beck meint
NIO hat auf lange Sicht eindeutig das bessere Konzept. Man muss nicht zu einer Akkuwechselstation, man kann das Auto auch mit dem Stecker laden.
Der Vorteil von NIO ist, dass das Auto nicht am Alterungs-Schicksal der Batterie hängt.
Man fährt zur Wechselstation und erhält eine neue bzw. andere Batterie.
Auch wird in den Großstädten eine Laden mehrer Autos in der Tiefgarage nicht möglich sein, so man überhaupt einen Tiefgaragenstellplatz mit Lademöglichkeit hat.
Es ist nur schade, dass die deutsch Autoindustrie nicht dabei ist.
Das erinnert mich an NOKIA und Quelle, etc…..
Alkibiades meint
Da sind ja noch ganz andere nicht dabei. Also sind Nokia und Quelle hier in diesem Fall alle europäischen, amerikanischen und koreanischen Hersteller. Ich denke auch nicht, dass dieses Gewechsel Zukunft hat. Die Ladezeiten sind jetzt bei 20 Minuten bis 30 Minuten und perspektivish bei 15 Minuten bis 20 Minuten und das bei steigenden Reichweiten. Dafür muss man bei dem Wechselkonzept die Batterie immer mieten und das hat ja schon damals beim Renault Zoe nur eher mäßige Begeisterung bei den Kunden hervor gerufen. Zuletzt ist es logistisch viel einfacher Strom durch die Gegend zu schicken als Akkus.
Daffyd meint
Da muss ich ja wieder Umwege fahren um zur „Tanke“ zu kommen“, da muss ich ja wieder beim Auto bleiben währen des „Tankens“, nee, dann steck ich lieber kurz ’n Stecker rein und ess was, oder geh kacken…
Gunarr meint
Richtig Spaß macht das mit dem Batteriewechseln auch erst, wenn man überall diese Stationen findet und sich keine Gedanken mehr darüber machen muss. Wer will schon eine halbleere Batterie wechseln und dafür den vollen Preis zahlen?
David meint
Das ist natürlich sehr vertrauenserweckend, dass Nio in Deutschland nicht nur eine einzige Station zum Akkuwechseln bauen möchte, sondern sogar mehrere.
Pferd_Dampf_Explosion_E meint
Da kann man auch gleich ein Wasserstoff-Auto fahren …
McGybrush meint
Selbst wenn es funktionieren sollte.
Ich hab jetzt mein ersten 3000km Urlaub hinter mir. Es gab zu keinem Zeitpunkt das Problem das der Akku vom Auto der Flaschenhals wär.
Ich hatte eher den Eindruck das sich nach 300km/3h und noch 20% Restakku niemand getraut hatte zu sagen das wir mal wegen pinkeln oder eingeschlafener Beine anhalten sollten. Es war eher ein aufatmen als der Akku bei 8-7% war und die Ladesäule an der nächsten Abfahrt ist.
Und beim Laden das gleiche. Bei 70% hab ich schon gedrängelt. Geschafft haben wir meist erst bei 95% alle fertig zu sein. Und wieder ne lange 4h Etappe vor uns.
Was kostet dem Unternehmen der Betrieb einer Wechselstation. Das doch teurer wie tanken?
Thomas meint
ich habe exakt die gleichen Erfahrungen gemacht. Und rein von der Praxis her: Der Zeitvorteil eines Tauschs liegt schon heute nur bei ca. 20min, zukünftig eher nur bei 10min. Wechselstationen können aber niemals in der Dichte von Ladesäulen stehen, so dass häufig ein Umweg oder ein zusätzlicher Tausch bei noch nicht leerem Akku ansteht. Das dürfte bereits den Zeitvorteil vollständig auffressen. Wozu dann noch die erheblichen Zusatzkosten?
Torsten meint
Können schon, es ergibt nur keinen Sinn.
Ansonsten kann ich die beschriebenen Erfahrungen bzgl. Ladeverhalten auf der Langstrecke (Urlaub) nur bestätigen. Die Ladepausen sind absolut kein Problem, ich bin noch nie so entspannt angekommen. Ja, man braucht definitiv etwas mehr Zeit. Die nehm ich mir aber, ich bin ja nicht auf der Flucht 😁.
Sonnige Grüße aus Dubrovnik.
Thrawn meint
Vor allem die Gegner von E Mobilität, welche immer wieder die Reichweite und Ladezeit als Gegenargument bemühen, fordern ja gelegentlich die Entwicklung von Batterie Wechselstationen. Das sieht auf dem Papier erstmal gut aus, wenn da nicht dieses kleine Detail der Umsetzung in der realen Welt wäre.
Sinnvoll wäre das Ganze nur, wenn alle Hersteller identische, einheitliche Batterien verbauen, zumindest, was die Montage betrifft. Man stelle sich eine Autobahnraststätte vor, welche für jeden Fahrzeughersteller, schlimmstenfalls jeden Fahrzeugtyp, eine eigene Halle hat, in denen die Wechsel Batterien geladen werden! Wie groß müsste diese Lagerstätten sein, damit auch z.B. zu Urlaubszeit genügend die Akkus vorhanden sind?
Woran es in Deutschland auf jeden Fall scheitern würde: Ich behaupte mal, dass die meisten Autofahrer die Einstellung “ Ich gebe doch nicht meinen guten Akku her, für einen Wechsel Akku, von dem ich nicht weiß, wie alt der ist und wer den vorher benutzt hat. Ich möchte meinen eigenen behalten.“ hätten. Daran wird es dann endgültig scheitern.
elbflorenz meint
Den letzten Einwand könnte man mit großzügigen Garantieleistungen aus der Welt schaffen.
Aber das Projekt wird halt einfach an der modernen BEV-Fahrzeugbauweise scheitern. Die Zukunft – die schon bei Tesla, BYD und Leapmotor begonnen hat – heißt cell-to-body. Und da kann man dann nix mehr wechseln …
M. meint
Soll Nio machen was Nio machen will. Für mich persönlich ist es kein Plan, für den Vorteil von 10 Minuten (der bei einem Umweg von 20 Km schon dahin ist, oder wenn die Wechselstation 100 km „zu früh“ steht) irgendwelche Kompromisse am Auto einzugehen und den Hersteller für seinen Mehraufwand irgendwie zu bezahlen.
Zumal es ja nur dann ein Zeitvorteil ist, wenn man direkt nach dem Wechsel weiterfahren kann. Sitzt man dann noch beim Kaffee oder auf der Toilette, sind’s vielleicht noch 5 Minuten, die man einspart.
Überflüssig!