Der Zulieferer Benteler hat die Genehmigungen für den Einstieg des saudi-arabischen Geldgebers Tasaru Mobility Investments bei seiner Tochter Holon erhalten. Der Deal bedeutet für das Paderborner Unternehmen eine Millionenfinanzierung zum Ausbau des Geschäfts mit autonomen Elektro-Shuttles.
Der saudi-arabische Investor beabsichtige, für einen dreistelligen Millionenbetrag eine Minderheitsbeteiligung an der Benteler-Tochter Holon zu erwerben, hieß es im Februar. Nun sind laut Benteler alle Formalitäten geregelt und die Transaktion kann vollzogen werden.
Mit den neuen Mitteln soll die weitere Serienentwicklung und Industrialisierung des autonom fahrenden E-Shuttles mit dem Namen Mover vorangetrieben werden. Das Fahrzeug wurde Anfang 2023 enthüllt. Zur internationalen Kommerzialisierung ist der Aufbau von drei Produktionsstandorten geplant: in den USA, Saudi-Arabien und Europa.
Benteler-CEO Ralf Göttel: „Gemeinsam werden wir die erfolgreiche Entwicklung von Holon weiter forcieren. Noch in diesem Jahr sind die ersten Prototypen unseres Movers geplant, 2025 sollen die ersten Fahrzeuge im Rahmen von Pilotprojekten im Einsatz sein.“ Michael Müller, CEO von Tasaru Mobility Investments: „Tasaru setzt sich für eine smarte und nachhaltige Zukunft ein. Holon passt in unser Portfolio und unterstützt die ehrgeizigen Ziele der saudi-arabischen Vision 2030. Das Königreich Saudi-Arabien entwickelt sich immer mehr zu einem Hub für Innovationen und autonomer Mobilität.“
Welchen Anteil Tasaru Mobility Investments nun an Holon hält, ist nicht bekannt. Bei der Vorstellung der Pläne im Februar war von bis zu 38 Prozent die Rede.
Der Holon Mover ist ein vollelektrisches und autonomes Fahrzeug zum Einsatz im öffentlichen Straßenverkehr. Es ist laut Benteler „einer der weltweit ersten Mover mit Automobilstandards – also führend in Sicherheit, Fahrkomfort und Produktionsqualität“. Bis zu 15 Passagier können mit einer Höchstgeschwindigkeit von 60 Stundenkilometern befördert werden. Einsatzgebiete sind „On-Demand“-Angebote – wie Ridepooling und Ridehailing – sowie der herkömmliche Linienverkehr.
Laut Henning von Watzdorf, seit August 2023 CEO von Holon, ist das Kundeninteresse groß. „Unser Fahrzeug macht eine sichere, inklusive, emissionsfreie und nachhaltige Personenbeförderung möglich – und ist damit die Antwort auf Verkehrsprobleme in den Städten, den Klimawandel und den demografischen Wandel.“
David meint
Spannende Entwicklung! Zulieferer Benteler jammert nicht, sondern forscht und entwickelt.
Sie hatten ja erst mit MobileEye zusammengearbeitet, sind dann aber auf einen kleineren und flexiblen Partner gewechselt, nämlich Cognizant Mobility. Auch verzetteln sie sich nicht, Antrieb Akku wird alles zugekauft. Sie haben eine gute Chance, ihr Level 4 genehmigt zu bekommen. Von denen, die aktuell auf diesem Niveau testen, sind sie bei weitem der mit dem kleinsten Budget. Das Investment der Araber unterstreicht, da ist Potenzial vorhanden.
Damit wächst natürlich der Druck auf andere, deren Aktienkurs zu guten Teilen auf Hoffnungen beruht, in diesem Bereich eine Rolle zu spielen. Langsam müssen Fakten auf den Tisch. Mercedes hat jetzt in China die Zulassung bekommen, im öffentlichen Straßenverkehr, ihr Level 4 zu testen.
Solariseur meint
„Auch verzetteln sie sich nicht, Antrieb Akku wird alles zugekauft“
Prinzip Eierverpackung im Milchkarton, oder so, wie Du neulich erklärt hast.
David meint
Schön, dass meine Erklärung des Geschäftsmodells Großspeicher von Tesla bei dir Eindruck hinterlassen hat.
Hier entsteht die Wertschöpfung durch den hohen Preis, gerechtfertigt durch Entfall der Personalkosten für einen Fahrer, durch die Alleinstellung und durch die aufwendige Homologation. Daher möchte Tesla da ja auch hin.
Zudem entsteht die Wertschöpfung aus dem Fahrzeugbau in höchster Qualität für Langlebigkeit. Dazu trägt eine nahtlose Integration der Technik und eine sehr gute Bauqualität bei. Das Chassis mit Achsen baut man selber, ebenso die Karosserie. In den Bereichen hat man jahrzehntelange Premium-Erfahrung.
Bei der Software arbeitet man mit dem Software-Partner zusammen, dabei quatscht man ihm nicht ins autonome Fahren, aber UI und Integration/Schnittstellen lässt man sich nicht aus der Hand nehmen. Somit generiert man auch aus einem Teil der Software eigene Wertschöpfung.
Bei Motor, Akku und Ansteuerung kauft man dagegen bewährte Technik. Diese Komponenten sind für einen People Mover nicht entscheidend und kosten im Vergleich zum Verkaufspreis relativ wenig. Denn weder braucht man hohe Leistung noch ist es komplex, den Lastpunkt auf Größe, Formfaktor und Stirnfläche bei der überschaubaren Geschwindigkeit und dem vorhersehbaren Lastprofil abzustimmen.
Fred Feuerstein meint
Nein nein, da ist es etwas ganz anderes…Das ist nur immer bei dem amerikanischen Hersteller ein Problem. 🤡
Solariseur meint
Dem Projekt sage ich hervorragende Chancen voraus. Stelle mir vor, die technisch aufwändigen Straßenbahnlinien werden von einem solchen Shuttleverkehr abgelöst. Hochgradig flexibel, autonom ohne Personalprobleme (Fahrer), leise, wesentlich preiswerterer Streckanausbau. Vergleichbar mit der auf Bussen basierenden Hochbahn einiger westdeutscher Städte, mit eigenen Fahrspuren am Stau vorbei. Trackless Tram-Projekte gibt es ja bereits einige.
Glaube, das wäre der erste ÖPNV, bei dem ich freiwillig einsteigen würde.
Martin meint
Seit 10 Jahren wird diesen Shuttles hervorragende Chancen vorausgesagt.
Wie viele Davon sind auf der Straße? Keine Handvoll im Testbetrieb.
Das ist noch zäher als Teslas FSD. (Der im Moment einfach ein Betrug am Kunde ist, und vielleicht auch am Aktionär, aber das werden Gerichte klären).
Einige Hersteller haben ihre Shuttle-Projekte inzwischen auch eingestellt (Conti, ZF, von Moja hört man auch nix mehr).
Das dauert mindestens nochmal 10 Jahre….
Solariseur meint
Wenn Du Dich auf die BRD beziehst – ja, stimmt.
Stefan meint
Wie viele Shuttles brauchst es, um eine Straßenbahn mit 180-200 Passagieren zu ersetzen? Wie lang sind die Shuttles aneinander gereiht?
Wie viel Abstand brauchen die Shuttles beim Fahren?
Solche Shuttles sind in vielen Bereichen sinnvoll. Straßenbahnen werden Sie aber nicht so schnell ersetzen.
Weil Sie den Komfort eines Autos bezüglich Sitzplatz und Beinfreiheit im ÖPNV erwarten?
David meint
Wie viele Straßenbahnen sind denn permanent mit 180-200 Leuten besetzt?
Stefan meint
In den Städten, wo die Straßenbahnen den Großteil des Personentransports übernehmen, ist das schon über mehrere Stunden pro Tag der Fall.
In Städten, wo die U-Bahn/S-Bahn viele transportiert, natürlich weniger.
David meint
Richtig. Dazu muss man wissen, die Gleisplanung für Straßenbahnstrecken ist zumeist historisch und passt nicht zu aktuellen Verkehrsströmen. Fast alle Straßenbahnen fahren einen Teil ihrer Route selbst in Stoßzeiten mit geringer Auslastung, will sagen, eigentlich dürften sie nur da fahren, wo sie sehr gut ausgelastet sind. Wenn das bei der Hälfte der Strecke nicht der Fall ist, darf sie eben diese Hälfte nicht fahren, sondern dort könnte man solche Shuttles einsetzen.
In großen Städten kommt dazu, dass man sich aus politischen Gründen weigert, führerlose U-Bahnen und S-Bahnen einzusetzen. Technisch wäre es überhaupt keine Schwierigkeit, alle Bahnsteige mit automatischen Türen auszurüsten und die Züge autonom fahren zu lassen. Das kombiniert mit solchen autonomen Kleinbussen wäre der Schlüssel zu preiswertem und zuverlässigem ÖPNV.
Solariseur meint
Warum fährt in der Nacht die Straßenbahn leer rum? Wer hat die bestellt, und wer zahlt das?
Du siehst, es gibt immer die Möglichkeit für ein Gegenargument. Ordentlich aufgewogen könnten neue Entscheidungen von Vorteil sein.