Als Reaktion auf den Skandal um manipulierte Diesel-Abgaswerte hatte Volkswagen bereits Ende 2015 angekündigt, zukünftig verstärkt auf den Elektroantrieb setzen zu wollen. Diverse neue reine Elektroautos sowie teilelektrische Plug-in-Hybride mit größerer Reichweite für das Kompakt- und Mittelklasse-Segment sollen das Image des Wolfsburger Konzerns wieder aufpolieren. Selbst die Luxuslimousine Phaeton soll in der nächsten Generation exklusiv als Langstrecken-Stromer angeboten werden.
Wie jetzt bekannt wurde, könnte Volkswagens Elektroauto-Offensive weitaus größer ausfallen, als bislang angenommen. Vorstandsvorsitzender Matthias Müller und Markenchef Herbert Diess wollen, dass der Anteil an verkauften Fahrzeugen mit Elektroantrieb bis 2025 auf 25 Prozent steigt. Das berichtet das manager magazin in seiner aktuellen Ausgabe.
Auch andere deutsche Hersteller wie Daimler und BMW setzen immer mehr auf elektrifizierte Modelle, der Großteil davon in Form von Plug-in-Hybridautos, die zusätzlich zum Verbrenner-Motor eine E-Machine verbaut haben. Die rein elektrische Reichweite dieser Teilzeit-Stromer beträgt derzeit jedoch meist nur um die 30 Kilometer. Volkswagen soll dagegen planen, in zehn Jahren ein Viertel seines Absatzes mit reinen Batterie-Elektroautos mit deutlich mehr Reichweite zu realisieren.
Um die ehrgeizigen Pläne zu verwirklichen, müsste VW fast 1,5 Millionen Elektroauto-Pkw verkaufen. Im Gesamtjahr 2015 haben die Wolfsburger weltweit 5,82 Millionen Fahrzeuge an Kunden ausgeliefert. Laut Kraftfahrt-Bundesamt wurden im vergangenen Jahr insgesamt gerade einmal 12.363 Elektro-Pkw in Deutschland zugelassen.
Beim Ankurbeln des E-Auto-Absatzes könnte VW ein „radikales und erschwingliches“ Kompakt-Elektroauto für den Massenmarkt helfen. Der ehemalige BMW-Chefentwickler und neue VW-Markenvorstand Herbert Diess soll bei seinen Ingenieuren einen „radikalen“ Stromer in Auftrag gegeben haben, der für einen „Paukenschlag“ sorgen sowie der „Volkswagen für das digitale Zeitalter“ werden soll.
Alle neuen VW-Elektroautos werden auf dem geplanten „Elektroautobaukasten“ MEB aufbauen, der auf im Fahrzeugboden untergebrachte Batteriepakete setzen wird. Die modulare Plattform soll 2017 einsatzbereit sein eine Mindestreichweite von 300 bis 400 Kilometern mit einer Ladung garantieren. Bei der Elektrifizierung bestehender VW-Modelle wie e-Golf oder e-up! geht bisher viel Platz im Inneren verloren.
Konzernchef Müller soll auch darüber nachdenken, Volkswagen eigene Batteriezellen produzieren zu lassen, schreibt das manager magazin. Die Zellen für die Elektroauto-Akkus deutscher Hersteller stammen von asiatischen Zulieferern, die den Markt dominieren. Daimler-Vorstand Dieter Zetsche hat erst vor wenigen Wochen verkündet, vorerst kein Interesse an einer eigenen Zellfertigung für Stromer-Batterien zu haben. US-Branchenprimus Tesla Motors fertigt seine Batterien dagegen komplett selbst. In Kooperation mit Panasonic entsteht zu diesem Zweck derzeit die „Gigafactory“ in den USA. Die Batterie-Fabrik soll demnächst massenhaft günstige Akkus produzieren, um Tesla den anvisierten Absatz von 500.000 Elektroautos pro Jahr zu ermöglichen.
Unruhe bei VW
Die Affäre um manipulierte Abgaswerte bei weltweit elf Millionen Fahrzeugen von VW war in den USA aufgeflogen. Ende vergangener Woche hatte Volkswagen dort die Eckpfeiler einer Einigung mit Klägern ausgehandelt. „Damit sind wir noch nicht am Ziel, aber der Boden für die Beilegung juristischer Streitigkeiten in den USA ist bereitet“, erläuterte Müller. „Wir haben deutlich machen können, dass wir willens und in der Lage sind, eine Lösung zu finden. In streng vertraulichen Gesprächen mit den Behörden werden wir nun die Details des erzielten Lösungskonzepts abstimmen“.
„Dieselgate“ belastet die VW-Bilanz in weit größerem Ausmaß, als bislang vermutet und bescherte dem Konzern den größten Verlust seiner Geschichte. Für die Belastungen durch den Diesel-Skandal sollen mehr als 16 Milliarden Euro zurückgestellt werden. Ursprünglich war noch von 6,7 Milliarden Euro die Rede. Im vergangenen Jahr lag das VW-Ergebnis mit minus 1,6 Milliarden Euro massiv in den roten Zahlen. Das teilte VW am Freitag nach einer Sitzung des Aufsichtsrats mit. 2014 konnte noch ein Gewinn von knapp 11 Milliarden Euro ausgewiesen werden.
Die Mitarbeiter von VW müssen nach Einschätzung ihres Chefs noch länger schwierige Zeiten durchleben. Das Unternehmen will im Juni die Grundzüge der neuen Konzernziele und der geplanten Umbaumaßnahmen vorstellen. „2015 war ein schweres Jahr für Volkswagen. Und 2016 wird nicht weniger anspruchsvoll“, erklärte Matthias Müller nach der Vorlage der Bilanzeckzahlen in einem Brief an die Belegschaft. Er räumte ein, dass die aktuelle Lage „ohne jeden Zweifel schmerzhaft“ sei, betonte jedoch auch, dass Volkswagen „den festen Willen“ und „die Mittel“ habe, „um die schwierige Situation, in der wir uns aufgrund der Diesel-Thematik noch immer befinden, aus eigener Kraft zu bewältigen“.
NIK meint
Ich würde mir eine solche Wende sehr wünschen. Zu viele Arbeitsplätze hängen davon ab.
Und für einen echten Paukenschlag braucht es imho gar nicht viel.
eGolf (auch als Kombi) mit 300km echter Reichweite 44 kWh Akku und 22kW AC + CCS und für AHK.
Das gleiche nochmal mit 88 kWh Akku als ePassat und fertig ist die Autolaube.
Aber sie müssen endlich begreifen, dass sie sich nicht aus der Infrastruktur heraushalten können und massiv selbst Lader aufstellen. Und nicht allein auf den Staat zeigen.
orinoco meint
Ich hab neun mal „soll“ in dem Artikel gezählt. Momentan streiten sich die ICE-Hersteller um den Titel des Elektroauto-Ankündigungsweltmeister!
Ich komm mir vor wie beim Inkontinenz-Marathon von Monty Python.
Tesla-Fan meint
… eher wie die 100m Freistil der Nicht-schwimmer :) :) :)
Ich glaube das erst, wenn die Dinger beim Händler stehen.
horst meint
Nun ja auch bei Tesla hat sowohl beim Modell S als auch beim Model X mehr als drei Jahre von der Vorstellung bis zum tatsächlichen Produktionsbegin. Und ob es Tesla beim Model 3 zum ersten mal in der Firmengeschichte schafft einen angekündigten Termin auch ein zu halten wird man sehen
Tom meint
Da kann man nur Glück wünschen. Jedenfalls klingen die Pläne erstmal gut und richtig. Wenn der Wille wirklich da ist, dann werden sie sicherlich ganz vorne mitspielen…
Micha meint
Habe meinen VW erst verkauft! Wenn VW seine Androhung wahr macht, überlege ich vielleicht wieder zu VW zu wechseln. Aber das kann ja dauern…..