Viele Elektroauto-Fahrer interessiert die Diskussion um das mangelnde Angebot an öffentlichen Ladestationen für ihre Stromer überraschend wenig. Denn die meisten decken ihren Tagesbedarf an Strom ohnehin „im Schlaf“ über Nacht zu Hause oder tagsüber am Arbeitsplatz.
Auch BMW-Vorstandsmitglied Herbert Diess sieht das so und teilte dem amerikanischen Online-Magazin Gas2 jetzt mit, dass Elektroauto-Fahrer trotz der limitierten Reichweite ihres Transportmittels keine öffentlichen Ladestationen benötigen. Bei einer Rede auf der diesjährigen Detroit Auto Show erklärte er, dass seiner Überzeugung nach die meisten E-Autos ohnehin nur für kürzere Strecken innerhalb der Stadt genutzt werden und daher das nächtliche Aufladen an der heimischen Steckdose vollkommen ausreichen würde.
Diess fuhr eigenen Angaben nach rund ein Jahr lang einen BMW i3 – verfügt in der Praxis über ca. 160 km Reichweite – und habe in diesem Zeitraum „nicht einmal“ eine öffentliche Ladestation angesteuert. Eine 2012 veröffentlichte Studie unterstützt die Aussage des BMW-Vorstands, es wurde festgestellt, dass 95 Prozent aller Fahrten mit dem Auto von Elektroautos mit nur einer Ladung absolviert werden könnten.
„Reichweitenangst“ größtenteils unbegründet
Die Äusserung von Diess widerspricht deutlich der weit verbreiteten Meinung, dass der Marktdurchbruch von Elektroautos erst mit Hilfe einer flächendeckenden Verfügbarkeit von Ladestationen ähnlich der von regulären Tankstellen zu bewerkstelligen wäre. Doch Diess ist nicht der erste, der davon überzeugt ist, dass der Durchschnittsautofahrer die – laut Kritikern noch viel zu niedrige – Reichweite von Elektroautos überhaupt nicht ausfährt.
So zielte bereits Nissans Marketingstrategie für den LEAF darauf ab, mögliche Kunden zur kritischen Betrachtung der tatsächlichen Länge ihrer Autofahrten zu animieren. Und das Design des Opel Ampera ist trotz des serienmäßig verbauten, benzinbetriebenen Range Extender darauf ausgelegt, dass ihn seine Besitzer nur für Kurze strecken nutzen und den Reichweitenverlängerer ausgeschaltet lassen.
Lieber Elektroauto-Kauf als Ladestationen fördern
Öffentliche Lademöglichkeiten einfach zu ignorieren würde die Vermarktung von Elektroautos sicherlich deutlich einfacher machen. Die Autohersteller und auch der Staat könnten sich so die überaus hohen Investitionen in die Ladeinfrastruktur zur Beseitigung der weit verbreiteten „Reichweitenangst“ sparen. Besser investiert wäre das Geld wohl sowieso in die direkte Förderung bzw. Subvention von rein elektrisch betriebenen Pkw.
Trotzdem bietet auch BMW diverse diverse Beruhigungsangebote für „reichweitenängstliche“ Kunden an, darunter ein optionaler Range Extender für den i3, spezielle Verbrenner-Leihangebote für BMW-i-Kunden sowie einen Routenplaner, der anzeigt wie die eingegebene Strecke zur Not auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder gar zu Fuß erfolgreich zu absolvieren ist.
Selbst wenn die meisten Fahrten wahrscheinlich wirklich mit nur einer Ladung zurückzulegen wären, öffentliche Ladestationen bieten eine Flexibilität, die Besitzer eines eigenen Automobils seit langer Zeit gewöhnt sind – und überaus schätzen gelernt haben. Menschen mögen den Großteil der Zeit eine ganz bestimmte Sache auf eine ganz bestimmte Art und Weise tun, sie möchten aber nicht darauf beschränkt sein.
katzenhexe meint
… komisch, warum gibt es dann nicht auch nur alle 100 km diese giftigen Umwelt-gefährdenden Tankstelen, und Autos deren Tank mehr als 20 Liter fasst? Da sieht man mal wie ernst, bzw. was die Absicht solcher Artikel ist. Wir fahren mit unserem E-Auto gerne weiter, z.B. auch mal in den Urlaub ins Ausland (7 Länder 6000 km in knapp 3 Wochen). Wir können leider nicht die Supercharger von Tesla nutzen sondern Laden hauptsächlich an Typ 2. Es funktioniert super so bald man Deutschland verlässt. Hier in Deutschland gibt es leider zu wenige Säulen, die meist max. 2 Säulen sind oft zugeparkt, am Wo-ende sogar von Werbe e-Pkw´s!!! Und wenn man doch mal eine freie findet hat man die falsche Karte und die gibt´s nur zu Geschäftszeiten! Jede Innenstadt müsste gesetzlich verpflichtet werden eine entsprechende Anzahl an Ladesäulen im öffentlichen Raum aufzustellen, Freischaltung mit Parkticket oder Mobil-Telefon, ohne Aufpreis zu tats. Strom-Tarif. Eine Förderung durch einen Bonus ähnlich der Abwrackprämie wäre eine super Lösung, denn hier würde man das Geld endlich richtig einsetzen. Eine Abwrackprämie von 10.000 Euro würde z.B. einen ZOE in der Anschaffung zu einem Stinker vergleichbar machen. Wie wäre es mit einem Flashmob im Sommer durch eine belebte Innenstadt, dann würde auch der letzte bemerken das die E-Mobilität das Leben nicht nur für den Fahrer schöner macht ; )
edevil meint
Routenplaner, um zur Not zu Fuß zu gehen??? Soll das jetzt ein Feature sein???
Wie soll man solche Beiträge ernst nehmen?
Für die meisten täglichen Fahrten brauche ich keine Ladesäule – ich kann ja zu Hause laden. Kann aber nicht jeder.
Wichtig wären Schnellladesäulen an Bundesstraßen und Autobahnen. Da hat man nämlich nicht die Zeit mal 8h zu warten, bis das Auto voll ist.Genau deswegen werden die aktuellen Elektroauto mit Mini-Akku meist nur kürzere Strecken innerhalb der Stadt genutzt.
Gäbe es ein flächendeckendes Netz, würden auch mehr weitere Strecken vagen. Die Reichweitenangst ist der entscheidende Faktor.
ecomento.de meint
BMW sieht das Ganze wohl recht pragmatisch und versucht möglichst viele Aspekte der „Reichweitenangst“ zu entschärfen – bis auf Ladestationen anscheinend…
VG
ecomento.de
Micha meint
gibt es – reichlich
http://lemnet.org/de/
immer wieder lustig
grosse Klappe der Nichtinformierten
wir haben seit Jan ein i3, der nächste kommt im April
geiles fahren – null Probleme
man muss sich nur drauf einlassen
ecomento.de meint
Gleich zwei? Als Geschäftswagen oder die Familien-Flotte erneuert?
VG
ecomento.de
Ulrich meint
Hallo,
ich habe mir NUR weil es in München quasi keine öffentliche Ladeinfrastruktur gibt und ich darauf angewiesen wäre, KEIN Elektrofahrzeug gekauft.
ecomento.de meint
In deutschen Großstädten mangelt es tatsächlich an öffentlichen Lademöglichkeiten in den meisten Stadtvierteln. Da nicht jeder Mieter oder Eigentumswohnungsbesitzer eine eigene Garage hat, wird hier einiges Potenzial für mögliche Elektroautokäufe verschenkt.
Möglicherweise sollte man beim Thema öffentliche Ladestationen zwischen einem deutschlandweiten Ladestationen-Netz (also u.a. auch entlang der Autobahnen und in Randgebieten) und einem „strategischen“ Ladestationen-Netz unterscheiden, dass sich vorerst auf die vielversprechendsten Stadtviertel in Ballungsgebieten beschränkt.
VG
ecomento.de
Gerd Thiele meint
Hallo,
Die Autoindustrie sollte nicht vergessen, das die meisten Stadtbewohner keinen eigenen Stellplatz mit Lademöglichkeit haben. Ohne genügend öffentliche Ladesäulen werden sich diese niemals ein Elektroauto kaufen.
Bei uns sind es im Moment 3 ladesaeulen mit jeweils 1 Stellplatz auf 200.000 Einwohner. Zum Glück sind andere schon weiter.
MfG Gerd Thiele
ecomento.de meint
Als erstes eine akzeptable Anzahl an Ladesäulen in (Groß-)Stadtvierteln sowie an strategisch wichtigen Punkten entlang der meistbefahrenen Autobahnen zu schaffen, wäre demnach derzeit wohl doch der bessere Ansatz.
VG
ecomento.de
Sergey Denisov meint
Hallo, in meiner Gegend gibt es nur 1 Ladestation für 250.000 Einwohner. Was ich aber noch problematische finde – es fehlt zuverlässige bundesweite Information über örtliche Anwesenheit und Lademöglichkeiten der Ladestationen, wie sie für konventionelle Tankstellen gibt.
Ich habe mein E-Auto seit 3 Jahren, bin damit über 40.000 gefahren, geladen habe ich allerdings bis jetzt nur zuhause.
Ich vermute, den Stadtbewohner einer Stadt ohne ausrechender Ladeinfrastruktur und ohne Lademöglichkeit zuhause wird nicht einmal die Kaufprämie 20.000 Euro zum Kauf vom E-Auto animieren
Starkstrompilot meint
Hallo, diesmal kann ich Herr Diess nur Recht geben. Denn wie wir seit mindestens 30 Jahren wissen, fahren wir alle zu 90% Kurzstrecken, die ohne weiteres mit Elektromobilen bewältigt werden könnten. Aber wer will schon ein reichweitenbeschränktes Elektroauto, wo wir doch seit Einführung des ungeregelten Kats immer wieder umweltfreundliche Benzinfahrzeuge fuhren. Man hat uns sogar erzählt, ein Diesel wäre umweltfreundlich. Das war natürlich schon immer Quatsch. Ein Verbrenner ist eine Dreckschleuder und das bleibt er auch. Sogar mit Salatöl.
Warum fuhr Herr Diess eigentlich nur ein Jahr elektrisch?
Weite Strecken würden sich natürlich mit einem flächendeckenden Schnellladenetz bewältigen lassen, aber das sind halt nur die restlichen 10%. Wer investiert denn in so etwas?
Noch sind die europäischen und japanischen E-Autos Kurzstreckenfahrzeuge. Nur Tesla schafft die Langstrecke mit akzeptablen Pausen alle 300-400km. Alle 100km eine Zwangspause dürfte nur Enthusiasten zu vermitteln sein.
Ich fahre mit meinem Zoe auch nur Kurzstrecke und brauche keine Ladeinfrastruktur. Schon gar nicht zu diesen Preisen und in diesem Ladekartenwirrwarr. Und wenn ich mal Probleme bekommen sollte, habe ich meine mobile Crohmbox. Da reicht mir eine rote Steckdose. Es gibt bereits ein Stromnetz. Übrigens der Grund, warum der Benziner vor über 100 Jahren gegen Elektro gewonnen hat. Damals gab es noch kein Stromnetz.
Tesla hat seine Supercharger. Die meisten Teslabesitzer werden trotzdem Zuhause laden, ist halt bequemer. Deshalb kann Tesla die langen Strecken gratis laden lassen. Es wird nur ein Bruchteil der Gesamtfahrleistung sein.
Zuhause laden kann man ja per PV-Anlage. Preis der Anlage aufs Auto draufrechnen, schon hat man daheim supercharging. Der Zoe kostet dann soviel wie Grundversion i3.
Euer Starkstrompilot
ecomento.de meint
Danke für den interessanten Einblick!
Je mehr Elektroautos desto besser, man muss aber was Reichweite, Alltagsnutzen und Preis angeht wohl realistisch bleiben und möglichst dort Hand anlegen, wo es am meisten Nutzen bringt: Die Preise senken und idealerweise den Kauf noch zusätzlich subventionieren…
VG
ecomento.de
Martin meint
Erstaunlich, wie wenig Neuwert manche Studien bringen ;-)
Mir ist aus einer Studie, deren Erscheinungsjahr ich jetzt nicht genau im Kopf habe, schon seit 2007 bekannt, dass 98% aller PKW-Fahrten (also nicht nur Elektroautos) unter 200 km sind wobei der Durchschnitt unter 20 km liegt.
Und dass die Ladeinfrastruktur nicht der Kaufhemmer ist, sollte doch eigentlich jedem sofort einleuchten, der noch etwas mehr Bezug zu Geld hat als die abgehobenen Manager. Es ist – der PREIS der E-Autos!
Und der könnte – den Willen der Automobilindustrie vorausgesetzt – schon deutlich niedriger sein. Wie ich schon öfters äußerte: Für den E-Up dürfte VW eigentlich nur mehr 17.000,- verlangen und nicht fast 10.000,- mehr.
Stattdessen versucht man mit einer Flut von konventionellen Neuwagen- und Phaselift-vorstellungen der Konkurrenz noch ein paar Promille Marktanteil streitig zu machen.
ecomento.de meint
Man weiß ja, wie das mit den Studien so ist: Erst wenn eine ausreichende Auswahl von unterschiedlichen Erstellern (und Auftraggebern..) verfügbar ist, kann man den Zahlen beginnen zu trauen ;-)
Wobei man im Fall der Alltagsfahrten ja aus eigener Erfahrung wohl abschätzen kann, dass das durchaus stimmen dürfte. Und dass z.B. Vertriebsmitarbeiter und auch Pendler mit weiten Strecken erst einmal die Finger vom Elektroauto lassen sollten, dürfte auch jedem klar sein.
Bei 17.000 Euro für den e-up! wäre sicher interessant gewesen, ob VW die sich anhäufenden Verluste nicht doch durch eine große Anzahl an Verkäufen sowie den absehbaren Imagegewinn hätte gut machen können. Wir werden es aber wohl nie erfahren…
VG
ecomento.de
Volker Adamietz meint
In dem Jahr, wo Diess 1 Jahr lang den i3 gefahren ist, wird er sicher nebenbei auch ein Benzinauto genutzt haben.
Aber die Leute, die „nur“ mehr ein Elektroauto besitzen, werden das etwas anders sehen. Ich habe kein 2. Auto neben meinem ZOE und laden schon auch hauptsächlich zu Hause.
Aber wenn ich z.B. nach Tirol meine Eltern besuchen fahre oder mal nach München muss oder nach Linz, was würde ich da ohne öffentliche Ladestationen machen? Das wäre das unmöglich!
Es gehört beides gefördert, der Ausbau der Infrastruktur und die Autos.
Tatsächlich kommen die meisten mit Reichweiten von 150 km zurecht, aber meiner Meinung wird das Argument oft auch schön geredet, da Hersteller wie BMW, VW, Nissan und Renault es nicht schaffen, solche Reichweiten wie Tesla anzubieten.
Solange das nicht geht, bewirbt man Elektroautos eben als Stadtautos.
Wenn in ein paar Jahren dann alle Reichweiten von 350 km aufwärts hinbekommen, werden Elektroautos dann auch als Langstreckenfahrzeuge beworben werden.
Das ist eben auch Marketing! {:-)
ecomento.de meint
Der Einsatzzweck von Elektroautos ist wohl so individuell wie die Lebensstile der Besitzer, Autohersteller müssen allerdings zwangsläufig von einen Durchschnitts- bzw. Zielkunden ausgehen, man kann es eben nicht allen recht machen.
Dass man bei BMW und VW aber natürlich lieber auch Reichweite satt bieten würde, ist klar – bis das geht, arbeitet man eben mit was man hat ;-)
Die Frage ist, ob die immensen (geplanten) Kosten für die Ladeinfrastruktur sich in Zukunft durch die tatsächliche Nutzung (z.B. für einige wenige Familienbesuche im Jahr) wirklich rechnen werden.
VG
ecomento.de