Stuttgart gehört zu den Städten Deutschlands mit der schlechtesten Luft. Die Schwaben-Metropole hat wegen ihrer Kessellage seit Jahren mit erhöhten Feinstaubwerten zu kämpfen. Im Januar war die Luft in Baden-Württembergs Landeshauptstadt sogar belasteter als in Chinas Smog-Hauptstadt Peking.
Um die Luftqualität in Stuttgart zu verbessern, hat die grün-schwarze Regierung Anfang des Jahres Fahrverbote für ältere Dieselautos beschlossen. Auch andere Städte ziehen seitdem Zufahrtsbeschränkungen für Selbstzünder-Pkw in Betracht. Um diese zu umgehen, haben die deutschen Autobauer Software-Updates angekündigt. Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn reicht das nicht.
„Man muss an die Hardware ran“, sagte Kuhn den Stuttgarter Nachrichten. Der Autobranche und dem Branchenverband VDA warf der Grünen-Politiker vor, Elektromobilität lange Zeit verhindert zu haben. „Ich bin der Meinung, dass der politische Lobbyismus – Herr Wissmann (der Präsident des VDA, d. Red.) vorneweg – der Automobilindustrie am meisten geschadet hat. Statt die technische Entwicklung voranzutreiben, hat man versucht, Vorgaben aus Brüssel abzuwehren“, so Kuhn.
Der Oberbürgermeister forderte die Menschen in Stuttgart dazu auf, dabei zu helfen, die Versäumnisse der Autoindustrie wettzumachen – mit dem Kauf eines elektrischen Pkw: „Es ist quasi eine patriotische Pflicht, dass derjenige, der einen Zweitwagen kauft, sich für ein Elektroauto entscheidet. Der Stuttgarter muss etwas für seine Stadt tun, nicht nur für sein Gärtle“, erklärte Kuhn.
Kuhn fährt bereits seit 2013 zu seinen Terminen innerhalb der Stadt mit einem Stromer-Modell der Daimler-Tochter Smart. Die Stadt selbst ist aktuell zu 13 Prozent elektrisch unterwegs. Bis Mitte 2018 ist die Anschaffung von 45 weiteren Elektroautos geplant. Langfristig will sich Stuttgarts Verwaltung komplett vom reinen Verbrennungsmotor verabschieden.
Gunarr meint
Dass Herr Kuhn an die Verbraucher appelliert, kann man ihm nicht vorwerfen. Er ist schließlich der, der das erste richtige Fahrverbot wird durchsetzen müssen. Davor hat er bestimmt eine Heidenangst, denn dann gibt es Ärger von allen Seiten.
Aber freiwillig verzichtet kaum einer auf seinen geliebten Stinker und auf seinen Parkplatz direkt vor der Tür. Dabei gäbe es gute Alternativen und damit meine ich gar nicht mal Elektroautos. Ich denke da an ParkandRide, an tragbare Roller und an Taxen/Carsharing.
Helmut Böttcher meint
Na ja der Herr Kuhn; um heutige Diesel zu verstehen, sollte man die technischen Verbesserungs-Entwicklung der letzten 60 Jahre honorieren, die Fluss- und See- Versauerung durch Schwefel nun vermeidet, Abgasstaub nahe Null reduziert und bessere Werte als Benziner hat, sowie den Verbrauch von deutlich über 10l auf 5…6l reduziert hat. Stuttgarter werden 15 Jahre älter als mein Vater…80+. So Herr Kuhn, und nun stellen sie mal die NOx Messanlage an der Schwabengarage auf die andere Straßenseite und behaupten nicht immer „…ganz Stuttgart wäre eine Feinstaub-Wolke“! GANZ Stuttgart? Selbstverständlich sind Hauptverkehrsstraßen belastet. Aber der Rest von Suttgart eben nicht und wenn sie einen Durchschnitt mit freundlichen Messstellen bilden könnten – Mathe 3. Klasse – würden sie nicht mehr so einen Unfug erzählen. Es gibt keinen geringeren CO2-Abdruck als den, einen bereits existierenden Diesel noch mindestens 10…15 Jahre weiterzufahren.
Der diese Diskussion befeuernde gigantische NOx und Verbrauchswerte-Abgasbetrug ist von IHREN politischen Streitgenossen nicht mal strafprozesslich angegangen, und nun wollen SIE uns Autokäufern anlasten, wir sollten auf „gute Abgaswerte“ achten und neue Autos kaufen. Hei, wir müssen unser Geld v e r d i e n e n – wir werden nicht alimentiert bis zum Sanktnimmerleinstag. Gute Abgaswerte – das haben wir bereits erfüllt als EURO4 der Standard war. Sie können doch nicht allen Ernstes im Nachhinein uns Autokäufer für IHR Versäumnis der Kontrolle Verantwortlich machen.
Eines ist für mich klar: Den staubenden ökonomischen Stuttgarter Unsinn S21 haben SIE GRÜNE nicht verhindert, auch nicht als, die bei der Volkabstimmung 2,6 Mrd auf über 4Mrd und über 6Mrd angestiegen waren. Also sie und die Bahn haben sich um schlappe nur 4000 Millionen verrechnet – von einer demokratischer Legitimierung brauche SIE nicht mehr zu reden usw. Was könnten SIE wohl mit 4000 Millionen im Nahverkehr Stuttgarts alles verbessern? Drunten im Bahnhof jedenfalls überhaupt nichts.
Ich platze gleich.
NIE WIEDER GRÜN!
Dieselfahrer meint
Zitat: „Der Oberbürgermeister forderte die Menschen in Stuttgart dazu auf, dabei zu helfen, die Versäumnisse der Autoindustrie wettzumachen – mit dem Kauf eines elektrischen Pkw“.
Das ist ja wohl der absolute Kracher: Die Politik verpennt es Vorgaben zu machen und die auch noch zu kontrollieren.
Der Bürgermeister schiebt das der Autoindustrie in die Schuhe, rät aber trotzdem, deren Produkte zu kaufen – einen elektrischen PKW. Stellt die böse Autoindustrie doch elektrische PKWs her?
Und so was will wiedergewählt werden.
senrim meint
Und die Industrie hat nie versucht die Politik mit allen Mitteln für sich zu gewinnen!?
Dieselfahrer meint
Natürlich hat sie. Aber das kann doch kein Grund für einen Politiker sein, die Schuld auf die Autoindustrie abzuschieben. Wenn ich ein Bestechungsgeld annehme, ist es natürlich auch leicht, den Bestechenden in die Verantwortung zu nehmen.
Mit anderen Worten: Wenn die Politik, Ihre Aufgabe wahrgenommen hätte, hätten wir die Probleme nicht. Und ich finde es widerlich, wenn die Politiker jetzt die Verantwortung auf die Autoindustrie schieben – obwohl die natürlich auch jede Menge Mist fabriziert haben.
151kW meint
Naja, die Politik hat technische Vorgaben bezüglich der Grenzwerte gemacht und die Industrie hat betrogen und gelogen und beschissen. Da ist der schwarze Peter schon deutlich weiter auf der Industrie-Seite.
Gut, die Politik (aber das war Bundespolitik der CSU) hätte mal besser messen sollen, aber der aktive Betrugspart ging klar von der Industrie aus!
NurMalSo meint
Patriotische Pflicht?!
Jetzt ist es unsere Aufgabe den Karren aus dem Dreck zu ziehen?
Seit mittlerweile einem Jahrzehnt prangert die EU die schelchten Luftwerte an. Sowohl die Bundes- als auch Landesregierung ignorieren das größtenteils. Verantwortliche für den Luftbelastungen (Energiekonzerne, Kraftwerksbetreiber, Automobilhersteller) verdienen sich ne goldene Nase, weil sie kaum was in die Verbesserung ihrer Infrastruktur oder Produkte stecken müssen und erhalten auch noch Rückhalt durch die Politik. Wenn es jetzt der EU reicht und sie Strafzahlungen gegen die Länder androhen, fangen diese an zu rotieren. Das Land will / kann nicht zahlen und die aus der Wirtschaft auch nicht – also spannt man jetzt den Bürger vor den Karren, ruft die „patriotische Pflicht“ zum kauf eines eAutos aus, damit beide weiter machen können wie bisher und nur der Bürger die Probleme und kosten hat?!
Dafür wird der Mann von euch gefeiert?
Traurig
Jürgen Kohl meint
Ich habe jedenfalls meine „patriotische Pflicht“ erfüllt und fahre einen Smart ED.
Es wäre doch für Stuttgart einfach. Ladesäulen aufstellen und E-Autos (Fahrzeuge bis 30.000 €, keine Teslas) bezuschussen, Sonderrechte beim Parken und auf Busspuren. So einfach wäre das! Besser, als Sprüche klopfen.
senrim meint
Es ist nicht nur Tesla der keine Elektroautos unter 30000€ anbietet :)
EcoCraft meint
Na sicher wäre das ganz einfach, wenn man sein eigenes Geld drucken könnte. Das kann Stuttgart allerdings nicht. Darum sind sie auch verschuldet, glaube irgendwas um die 60.000.000 € stehen die in der Kreide. Dank sehr niedrigem Zinsniveau macht das knapp ne halbe Million Euro mehr pro Jahr allein an Zinsen für die Schulen.
Da geht es bestimmt ganz leicht von der Hand, öffentliche Ladesäulen für 10.000€ das Stück in hunderfache Ausfertigung überall zu verteilen. Da die Installation und Wartung des Buchungssystems in der Regel teuerer ist als die Einnahmen die mit Ladesäulen erwirtschaftet werden – sollte sie den Strom auch gleich verschenken.
Hinzu kommen noch mal was, 5.000€ pro Familie und Wagen, an eMobilitäsförderung?
Nicht mal nachdenken für 5 Minuten aber selber nur am Sprüchklopfen. Super Leistung Herr Kohl.
RJSM meint
Wenn man die „patriotische Pflicht“ zum Kauf eines E-Fahrzeuges den Bürgern aufbürden möchte, dann kann man den Energieversorgern wie EnBW sowie den Stuttgarter Stadtwerken auch die patriotische Pflicht auferlegen die Ladeinfrastruktur auf eigene Kosten bereit zu stellen. Und da sowohl Land und Stadt an beiden Energiedienstleistern beteiligt sind, wird es die Kommunale Kasse auch nicht belasten.
Abgesehen davon, dass die Politik versagt hat, denn bei allem Lobbyismus egal ob von Wissmann/VDA oder Mineralölindustrie, sollte die Politik ihre Unabhängigkeit nicht preis- und dem Druck der Lobbyisten stattgeben, wenn es denn ehrlich gemeint und gewollt ist.
Wenn schon patriotische Pflichten, dann für alle und nicht nur der Bürger als Konsument!
Und dann gibt es neben den Autos in Stuttgart noch Großbaustellen die ebenfalls einen erheblichen Anteil an der Feinstaubbelastung tragen.
JoSa meint
Jetzt geht’s ja ab hier…
Sonderrechte beim Parken auf Busspuren.
Die Busspuren wurden eingerichtet, damit du dich darauf verlassen kannst,
dass dein Bus pünktlich kommt, wenn dein PKW verreckt ist.
151kW meint
„Ladesäulen aufstellen und E-Autos (Fahrzeuge bis 30.000 €, keine Teslas) bezuschussen, Sonderrechte beim Parken und auf Busspuren. So einfach wäre das! Besser, als Sprüche klopfen.“
Dort steht: Sonderrechte beim Parken UND auf Busspuren. Soll etwas länger formuliert heissen: Sonderrechte beim Parken und Sonderrechte auf Busspuren.
Von Parken auf Busspuren (was ziemlich bescheuert wäre) hat er nichts geschrieben.
Malthusianer meint
Entfernt. Bitte bleiben Sie sachlich. Danke, die Redaktion.
Peter W meint
Da wird der Landesvater Kretschmann aber schimpfen.
senrim meint
Da nennt jemand das Kind beim Namen. Mutig!