Die auf die Analyse von Autotechnik und -kosten spezialisierte US-Firma Munro & Associates hatte im April die Verarbeitungsqualität von Teslas neuem Elektroauto Model 3 scharf kritisiert. Die Ingenieure haben den Stromer seitdem weiter untersucht und neue Erkenntnisse gewonnen. Anders als zuvor halten sie die Baureihe nun für einen potentiellen Profitbringer.
Firmenchef Sandy Munro räumte auf YouTube ein, dass sich das Model 3 wohl doch profitabel produzieren lässt. „Wir kriechen hier reichlich zu Kreuze“, so der Autoexperte. „Das Model 3 ist profitabel. Ich habe nicht gedacht, dass es so kommt.“ Das von Munro geschätzte Potential für eine Marge von über 30 Prozent erreiche derzeit kein anderer Hersteller von Elektroautos.
Am meisten beeindrucke Munro die kompakte Integration der Elektronik. Speziell die Platinen seien „eine technische Symphonie“. Er hob zudem die Effizienz der gemeinsam von Tesla und Panasonic konzipierten Batterie hervor: Er hält die für das Model 3 neu entwickelte 2170-Akkuzelle für die bislang beste Lösung am Markt – sie sei 20 Prozent größer als herkömmliche 18650-Zellen, komme aber auf 50 Prozent mehr Leistungsfähigkeit.
Bereits in seiner ersten Analyse des Model 3 hatte Munro lobende Worte für die Elektronik und die Batterie gefunden, jedoch die Verarbeitungsqualität der Karosserie bemängelt. Nach genauerer Prüfung überzeugt ihn das Gesamtpaket nun aber. Er hob hervor, dass diverse Bauteile und Materialien des Model 3 im direkten Vergleich mit E-Autos etablierter Hersteller wie dem Chevrolet Bolt – hierzulande als Opel Ampera-e unterwegs – und dem BMW i3 bei den Kosten vorne lägen.
Deutsche Fachleute urteilen ähnlich
Die aktualisierte Einschätzung der US-Ingenieure deckt sich mit der Analyse deutscher Fachleute, die sich das Model 3 im Auftrag großer Autokonzerne besorgt und in Einzelteile zerlegt haben. Ihr Fazit: Die Baureihe kann ab einer Produktion von 10.000 Einheiten pro Woche „einen erheblichen positiven Ergebnisbeitrag“ liefern. Derzeit rollen wöchentlich 5000 Model 3 vom Band, die Zahl soll sukzessive erhöht werden.
Dem Model 3 kommt in Teslas Unternehmensstrategie eine entscheidende Rolle zu. Das erste Volumenauto des Elektroauto-Pioniers soll den Absatz von zuletzt knapp 100.000 Fahrzeugen in den kommenden zwei Jahren auf 500.000 Stück pro Jahr steigern. Ab 2020 steht die Elektroauto-Million auf der Agenda. Zusammen mit den Premium-Stromern Model S und X soll das Model 3 Tesla 2018 erstmals einen Jahresgewinn ermöglichen – bisher wurden wegen den hohen Anfangsinvestitionen stets Verluste ausgewiesen.
Als Bruttomarge strebt Tesla langfristig 25 Prozent an. Bis der Hochlauf der Produktion abgeschlossen ist, geht das Unternehmen von einer „etwas niedrigeren“ Spanne aus. Der umfangreiche Automatisierungsgrad der Model-3-Fertigung musste zuletzt zugunsten einer schnelleren Auslieferung vorbestellter Fahrzeuge zurückgefahren werden. Neben höheren Lohnkosten könnten steigende Zölle und Rohstoffpreise sowie ein schwacher US-Dollar die Profitabilität weiter belasten.
Steve meint
Vor dem (berechtigten) Jubel über Gewinne, sei noch vorsichtig darauf hingewiesen, dass eine „Bruttomarge“ bei einem Produkt lediglich ein Deckungsbeitrag für ein Unternehmen darstellt. Damit können dann die (ansonsten noch ungedecken) Kosten im Gesamtunternehmen gedeckt werden.
Gewinn gibt es erst, wenn die gesamtkosten im Unternehmen von den gesamten Deckungsbeiträgen übertroffen werden.
Ein guter Deckungsbeitrag beim Model 3 ist zwar eine notwendige, aber noch keine hinreichende Voraussetzung für Gewinn bei Tesla.
Ansonsten freuen mich gute Nachrichten aber sehr.
Ducktales meint
Habe den Artikel gestern bereits bei Teslamag gesehen und mir das Video dazu angeschaut. Ist schon interessant, wie sich die Einschätzung ändert.
„Firmenchef Sandy Munro räumte auf YouTube ein, dass sich das Model 3 wohl doch profitabel produzieren lässt. “Wir kriechen hier reichlich zu Kreuze”, so der Autoexperte. “
Ich bin noch sehr gespalten ob ich diese 180 Grad Kehrtwende einer Expertise gut finde oder nicht; es könnte ja ein gewisses Eigeninteresse beim Verkauf der Einschätzung dahinter stehen. Davon ab: immerhin wird sie öffentlich gemacht.
Fehler einzugestehen hat neben einem wirtschaftlichen Kalkül auch etwas von gewissem Rückgrat.
Mal sehen, ob diese Einschätzung Munro’s – positive- Folgen in Bashing-Zeiten hat.
Matthias meint
einfach erklärt. zuerst werden die Testergebnisse an Short-Seller verkauft. und jetzt da sie positiv sind an Investoren. nennt sich Geschäftstaktit.