Die Porsche-Manager Otmar Bitsche, Leiter Entwicklung Elektrik, Elektronik, Elektromobilität, und Michael Kiefer, Leiter Hochvolt-Systeme bei Porsche Engineering, haben sich in einem Interview ausführlich zur Strategie des Sportwagenbauers bei der Ladetechnik sowie den Motoren für reine Elektroautos geäußert.
„Bei unserer Marke sind 100 Prozent unserer Kunden Verbrenner gewohnt. Da stehe ich vor dem Henne-Ei-Problem. Kein Ladenetz, keine E-Autos. Und wenn es keine E-Autos gibt, investiert niemand in ein Ladenetz. Wir können Elektroautos demnach nur verkaufen, wenn wir dem Kunden die Sicherheit geben, dass ihm dafür ein vernünftiges Ladenetz zur Verfügung steht“, unterstrich Kiefer. Porsche unterstütze daher neben dem Laden zuhause den Ausbau der öffentlichen Infrastruktur im Rahmen der Schnelllade-Initiative Ionity.
Lade-Kooperation für Fernstraßen, eigene „Ladeparks“ für Filialen
Die heutige Ladeinfrastruktur mit komplizierten Abrechnungsmodalitäten und unterschiedlichsten Strompreisen stelle „eine echte Barriere im Hinblick auf die Akzeptanz der Elektromobilität dar“, sagte Bitsche. Kiefer ergänzte: „Wer heute mit einem Elektrofahrzeug von München nach Hamburg fahren möchte, braucht mehrere Karten, mit denen er sich an den Ladesäulen authentifizieren muss.“ Porsche will seinen Kunden diese Authentifizierung abnehmen, indem mit allen Ladesäulenbetreibern Verträge geschlossen werden. Fahrer eines Porsche mit Stecker sollen zukünftig nur eine einzige Ladekarte benötigen, die überall akzeptiert wird. Für die Bundesrepublik ist ein garantierter, flächendeckend geltender Strompreis geplant. Die Abrechnung soll direkt über Porsche erfolgen.
Flankierend zu den Ionity-Ladern entlang den europäischen Hauptverkehrsachsen installiert Porsche an seinen Filialen „Ladeparks“ – dazu Kiefer: „Wir haben uns dem Thema Ladepark aus der Sicht der Kunden genähert, welche die Ladesäule bedienen müssen. Aber auch die Sicht der Betreiber, die diese Parks aufbauen möchten, haben wir nicht außer Acht gelassen. Für beide bietet der Markt derzeit kaum optimale Lösungen. Der Gebrauch ist oft kompliziert, oder es gibt beispielsweise Schwierigkeiten mit der Instandhaltung, dem Service oder mit der Diagnose von solchen Parks.“
Für seine selbst betriebenen Ladestandorte habe Porsche viel Arbeit in das Thema Benutzerfreundlichkeit gesteckt. „Unsere Ladesäulen unterscheiden sich allein schon optisch von den heute üblichen. Sie unterstützen den Kunden durch eine Konstruktion, welche das Ladekabel sauber führt“, so Kiefer. Zudem sei das Gesamtsystem für geringste Leistungsverluste ausgelegt – das zahle sich bei den laufenden Kosten aus und spare beim Betrieb eines Ladeparks „sehr viel Geld“.
Neben dem Ladepark hat Porsche eine „ChargeBox“ konzipiert. „Der Park ist für Standorte mit größeren Flächen ausgelegt, an denen ein sehr hoher Durchsatz an Ladevorgängen zu erwarten ist – 24 Stunden, sieben Tage die Woche. Mit einer kleinen Kompaktstation ist aber auch ein Ladepark in der Stadt möglich, etwa in einem Wohngebiet. Für alle Orte mit extremen Flächenproblemen gibt es unsere zweite Variante, die ChargeBox mit einer integrierten Batterie. Sie kann an das normale Niedrigspannungsnetz angeschlossen werden und ermöglicht trotz ihrer kompakten Abmessungen ebenfalls das Schnellladen“ erläuterte Kiefer.
Schnellladen mit bis zu 350 kW
Der Porsche-Entwickler bekräftigte, dass die Zuffenhausener das Schnellladen in den Fokus rücken. Der Leistungsbereich beginne bei etwa 150 Kilowatt und reiche bis 350 Kilowatt. Später könnte es eine weitere Ausbaustufe mit noch mehr Leistung geben. Zum Vergleich: An Teslas „Supercharger“-Schnellladern lässt sich aktuell mit bis zu 145 kW Strom zapfen. „Niedrige Ladeleistung ist eigentlich nur fürs Heimladen akzeptabel“, so Kiefer. Er betonte, dass das erklärte, ehrgeizige Ziel von 20 Minuten Ladezeit für 400 Kilometer Reichweite ohne langfristige Schäden an der Batterie möglich sei.
Für das Zuhause setzt Porsche mittelfristig auf induktives, also kabelloses Laden. Eine erste Lösung soll es für die auf der Studie Mission E basierende, 2019 startende Elektroauto-Limousine Taycan geben. „Allerdings ist damit kein Schnellladen möglich“, merke Bitsche an. „Dafür lässt sich mit dieser Technik ein Fahrzeug in der eigenen Garage über Nacht ganz unkompliziert laden.“ Ein Problem beim induktiven Laden sei derzeit noch, dass es keinen verbindlichen Standard gibt. Den soll ein gemeinsames Forschungsprojekt mit anderen Herstellern entwickeln.
Bei der Standardisierung des induktiven Ladens geht es neben der Leistungsübertragung um die einheitliche Festlegung sämtlicher Sicherheits- und Kommunikationswege. „Fremdobjekterkennung, Lebendobjekterkennung, Metallobjekterkennung, die gesamte Kommunikation und auch das Positionieren vom Auto müssen standardisiert sein“, so Bitsche. Dies werde frühestens 2020 „mit allem Drum und Dran“ gelingen.
Neben alltagstauglicher Reichweite und schnellem Laden stellt Porsche bei seinen Elektroautos die Leistung in den Mittelpunkt, die Entwickler haben sich dazu für permanenterregte Synchronmotoren entschieden. Dafür gibt es laut Bitsche drei Gründe. „Erstens: überzeugende Leistungsdichte, also geringes Gewicht bei hoher Leistung, weil die Erregung schon durch die Permanentmagnete mitgebracht wird. Zweitens: sehr hohes Drehmoment. Drittens: Hohe Dauerleistungen sind möglich.“ Der Taycan rollt ab Werk mit Allradantrieb zu den Händlern, später könnte es Bitsche zufolge auch Stromer mit nur einer angetriebenen Achse geben.
alupo meint
Leider gibt es bei diesen Ankündigungen über das induktive Laden nie Angaben über den durchschnittlichen Wirkungsgradverlust im Vergleich zum Stecker.
Hier im Artikel genau 0,00000 Info.
Aber auch die gelegentlichen „bis zu“ Angaben sind nur als Verarschung zu sehen.
Tesla-Fan meint
Kiefer ergänzte: “Wer heute mit einem Elektrofahrzeug von München nach Hamburg fahren möchte, braucht mehrere Karten, mit denen er sich an den Ladesäulen authentifizieren muss.”
Oder er hat einen Tesla, da braucht es gar keine Lade-Karte.
Ein klarer Fall von Realitäts-Verleugung bei Porsche. Seit 2013 macht Tesla es allen vor, wie es geht.
Jürgen Baumann meint
Schon mal was von Plugsurfing gehört? Lächerlich …
alupo meint
Mit dem Tesla ist das alles überhaupt kein Problem.
So könnte es eigentlich immer und überall funktionieren, wenn….
Aber solange ist und bleibt ein Tesla „familienfreundlich“, d.h. es gibt bei >100 kW Ladeleistung gerade noch keinen Stress mit „der besseren Hälfte“.
Peter W. meint
Es wäre schön, wenn auch andere Hersteller ihren Kunden eine überall gültige Ladekarte spendieren würden.
Noch besser wäre eine gesetzliche Regelung, die den Betreibern eine einheitliche Zahlungsart vorgibt. EC-Karte für Alle, und Betreiberkarte für Kundenrabatte oder Ähnliches.