Nach anfänglichem Zögern haben laut Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) mittlerweile mehrere Unternehmen ihr Interesse an einer gemeinsamen deutschen Fertigung von Batteriezellen für Elektroautos signalisiert. Namen oder konkrete Termine wurden bisher nicht genannt, die Entscheidung soll aber bald fallen.
„Die Bundesregierung erwartet, dass sich noch in diesem Jahr im Rahmen der Initiativen zur Batterieforschung und Batteriezellproduktion eine industrielle Lösung im Rahmen eines Konsortiums bilden wird“, heißt es in der Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion, die dem Branchenportal Energate Messenger vorliegt.
Nach der Gründung des Konsortiums soll ein Zeitplan zum Aufbau einer Batteriezellenfertigung in Deutschland vorgelegt werden. Wann genau und in welchem Bundesland das Projekt entstehen wird, ist demnach zwar noch offen, die Realisierung jedoch absehbar. Altmaier hatte zuletzt wiederholt die Braunkohleregion Lausitz als Standort ins Spiel gebracht. Die möglichen Projektpartner BMZ, Ford, StreetScooter und e.GO Mobile setzen sich dagegen für Nordrhein-Westfalen ein.
Der Wirtschaftsminister hat einer deutschen Batterieallianz Unterstützung von bis zu einer Milliarde Euro zugesagt, ein europaweites Projekt könnte von zusätzlichen Förderungen profitieren. Ob auch große deutsche Automobilhersteller an den Gesprächen zu dem Vorhaben teilnehmen, ist unklar. BMW, Daimler und Volkswagen beziehen ihre Akkus derzeit lieber aus Asien, da ihnen die Kosten und das Risiko einer eigenen Fertigung zu groß sind.
Die Politik wirbt neben Fördermitteln damit, dass Europa bis Mitte des nächsten Jahrzehnts ein Drittel der weltweiten Nachfrage nach Energiespeichern für Elektroautos oder die stationäre Nutzung verantworten könnte. Dazu müssten bis 2025 „Zellproduktionskapazitäten von mindestens 200 GWh/a bis hin zu 600 GWh/a an europäischen Standorten aufgebaut werden“, heißt es in dem Schreiben der Bundesregierung. Aktuell wird der Markt von Akkufertigern aus China, Japan und Korea dominiert, der hiesigen Industrie drohen dadurch Experten zufolge kurz- bis mittelfristig Abhängigkeiten sowie langfristig ein Bedeutungsverlust.
Daimler bezweifelt Erfolg deutscher Zellfertigung
Die Chefs der wichtigsten deutschen Autokonzerne lehnen die Beteiligung an einer lokalen Zellfertigung mittlerweile nicht mehr kategorisch ab, geben sich aber weiter zurückhaltend. „Ich habe Zweifel, dass ein neu zu bildendes Konsortium mithalten kann“, sagte Daimler-Chef Dieter Zetsche der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung. Er merkte an: „Wir stehen als Kunden ganz vorne, wenn das gelingt. Aber ich sehe im Moment nicht, wie das erreicht werden kann.“
Seine zögerliche Haltung begründete Zetsche mit früheren Erfahrungen. Daimler kenne die Batteriefabrik-Thematik sehr gut, da der Konzern schon vor Jahren eine eigene Zellfertigung mit dem Essener Chemiekonzern Evonik aufgebaut habe. „Wir haben die besten Zellen gebaut, die zum damaligen Zeitpunkt verfügbar waren. Dennoch war das Projekt wirtschaftlich nicht tragfähig“, erklärte Zetsche . Er sei „überzeugt, dass die Lieferanten, die derzeit die wettbewerbsfähigsten Angebote machen, auch in Europa und Deutschland Investitionen tätigen werden“.
nilsbär meint
„Die möglichen Projektpartner BMZ, Ford, StreetScooter und e.GO Mobile…“
Wo Daimler gescheitert ist, da sollen diese Schwergewichte der Batteriezellforschung und -fertigung es schaffen. Wäre ja echt kabarettreif, wenn nicht so viele Arbeitsplätze davon abhingen:-(
Karla01 meint
Die Zellfertigung in Deutschland wird ein Milliardengrab.
Die Fertigung macht den geringsten Teil der Wertschöpfung aus, denn den größeren haben die Chinesen für sich reserviert mit den Rohstoffen, dazu kann die heutige Batterietechnik inklusive ihrer Infrastruktur/Werkzeuge in der Herstellung innerhalb weniger Jahre obsolet oder zumindest überholt werden durch:
– Luft- und Schifffahrt steigt auf synthetische Treibstoffe um welche somit auch für das Fahrzeug in anderen Mengeneffekten und damit Preisen zur Verfügung stehen (weit in den Sternen)
– andere Zelltechnologie, wo es aktuell doch dutzende konkurrierende Entwicklungen gibt
Ich denke anstehende Investitionen und Risiken stehen in keinem guten Verhältnis, vor allem unter Berücksichtigung der wahrscheinlich langen Zeit bis zur Amortisierung der Investitionen. Es wird schief gehen wie alles was der Staat versucht mit Gewalt (und Subvention) am Leben zu halten, Beispiele gibt es dazu.
Is nu so ~ meint
Möglicherweise – kann die Strategie der Batteriezell-Produzenten aus OstAsien erfolgreich sein. Jeder große Automobilhersteller wird einzeln , in seiner schwächsten Position mit attraktiven Liefer-Konditionen , geködert.
Das macht es für verbleibende (deutsche) Konsorten natürlich noch schwieriger – aber es ist bestimmt noch nicht zu spät , und nicht Unmöglich .
China hat von Kolonial-Imperien gelernt : „Teile und (be)Herrsche“ ! (mal den EU-Markt)
– und dafür gibt es gute und schlechte Beispiele ….
alupo meint
Besser könnte ich die Tatsache, dass der Zug für Deutschland diesbezüglich abgefahren ist auch nicht formulieren.
“Ich habe Zweifel, dass ein neu zu bildendes Konsortium mithalten kann”, sagte Daimler-Chef Dieter Zetsche der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung.
In der Gigafactory 1 arbeiteten Ende 2018 ca. 7000 Mitarbeiter, bei einem Ausbaugrad von ca. 30% der Nameplate Kapazität. Sicherlich mit viel Robotik, aber besser 7000 Mitarbeiter (plus noch die vorgelagerte Industrie) als gar nichts, oder?
Klar, wenn man es nicht kann, dann ist es eben so. Griechenland kann es z.B. auch nicht, also ein recht „Herzliches Willkommen im Club der Nichtkönner“.
Manche sind schon länger Mitglied, andere Bemühen sich erst jetzt um die Aufnahme im Club ;-).
Alles halb so schlimm, wir sind ja führend in der Verbrennertechnik. Und bei der Abgasreinigung macht uns sowieso keiner was vor, insbesondere bei der Defeat-Software. Man riecht es auf den Strassen.
nilsbär meint
In Deutschland soll jetzt doch eine riesige Batteriezellfabrik gebaut werden. Geplant sind 100 Gwh in 2026!
Kleiner Wermutstropfen: Nicht obiges Konsortium macht das, sondern die chinesische CATL in Erfurt …
Pferd_Dampf_Explosion_E meint
“Wir haben die besten Zellen gebaut, die zum damaligen Zeitpunkt verfügbar waren. Dennoch war das Projekt wirtschaftlich nicht tragfähig”, erklärte Zetsche .
Dann waren es eben nicht die besten Zellen. Das Gleiche gilt für die Brennstoffzelle: technisch top, aber unverkäuflich und damit wirtschaftlicher Schrott. Das rechtzeitig zu erkennen gehört auch zu gutem Management. An der Brennstoffzelle forschen seit über 20 Jahren hervorragende Ingenieure. Das Aus für diese Arbeiten wird aber erst der Nachfolger von Herrn Zetsche im Mai verkünden dürfen. Damit er zum Start als Daimler-Lenker auch ein wenig Kurspflege der Aktie betreiben darf.
senrim meint
Irgendwie kommt mir das bekannt vor:
1. https://ecomento.de/2016/07/06/batterie-experte-entscheidung-zu-deutscher-zellfertigung-muss-dieses-jahr-fallen/
2. https://ecomento.de/2017/07/13/bosch-entscheidung-ueber-elektroauto-zellfertigung-bis-ende-des-jahres/
Zeigt auch gut weshalb es Deutschland bei der Elektromobilität sehr schwer haben wird.
CaptainPicard meint
Jetzt bitte nichts überstürzen, so etwas sollte gut und lange vorher überlegt werden! Ist ja nicht so als ob die Zeit drängt…
Horst Krug meint
Batteriezellen Fertigung und der Erfolg dessen stellt sich ein mit dem Preis. Dabei werden die Asiaten erfolgreicher sein, das sind sie ja heute schon. – Das deutsche denken ist viel zu kompliziert, das macht die ganze Sache zu teuer. / Es könnte und es wird locker passieren, dass ein asiatischer Hersteller in Deutschland viel besser und günstiger produziert als ein deutsches Zellen unternehmen. / Der Erfolg hängt ab vom Preis, und Deutschland war noch nie billig, aber immer sehr dumm. – Möglicherweise Qualität, aber unbezahlbar.
Leotronik meint
Im Klartext sagt Zetsche, dass die deutschen Unternehmen gegen die Asiaten auch in Europa keine Chance haben. Wieso können die Asiaten in Europa besser sein als unsere Firmen? Liegt es vielleicht am fähigeren Management? Ich sage schon Jahre. Es sind die falschen Leute an falschen Positionen.
Dieselfahrer meint
Und wieso haben wir in Deutschland Vollbeschäftigung, wenn hier nur die falschen Leute an den falschen Positionen sind? Eventuell machen die doch ziemlich viel richtig.
Uwe meint
Diejenigen, die zur Zeit das Chaos aufräumen sollen, haben mit der Entstehung meistens nicht viel zu tun gehabt.
Gegen die Verantwortlichen in der Industrie wird oft staatsanwaltschaftlich ermittelt und in der Politik sind sie emigriert (Schröder u.Co.), in Rente oder in Brüssel abgestellt.
Außerdem:
Es gibt die Vollbeschäftigung gar nicht:
Mehr als 4 Millionen Menschen arbeiten in Teilzeit,
– in prekärer Beschäftigung (..können vom Einkommen nicht leben.),
– sind statistisch nicht erfasst, weil sie in Jobcenter-Maßnahmen abgestellt werden
– , im Vor-Vor-Ruhestand (ab 58 werden sie nicht mehr vermittelt)
– oder zur Beantragung von Erwerbsunfähigkeitsrente genötigt,
– ab 63 zum Vorruhestand mit Abzügen
– Melden sich nicht arbeitslos, wegen der Sanktionen und Formular-Bürokratie (schaffen selbst Abiturienten nicht fürs BaFöG).
u.v.m.
Deshalb wählt keiner mehr die SPD, denn das geht alles auf 2004 zurück.
Damals war die „Vollbeschäftigung“ statistisch vorhersehbar und geplant, denn es gehen jetzt immer mehr der Geburten starken Jahrgänge in Vorruhestand und Vollrente.
Warum wollen die jetzt !scheinbar! davon weg?
hu.ms meint
Batteriezellen werden im wesentlichen von robotern gebaut.
Arbeitsplätze entstehen da nur wenige. Gewinne sind überschaubar und nur in großen stückzahlen interessant.
Die zellen werden derzeit und auch die nächsten jahre von firmen aus Korea und Japan in Europa gebaut.
Nachdem aus meiner sicht das technische wissen und dessen anwendung in der produktion auch in einer kleinserie zu erlagen wäre, geht es offensichtlich nur um abhängigkeiten.
Horst Krug meint
Das ist genau so wie die deutsche Entscheidung über ein europäisches Google, ein europäisches Facebook, ein europäisches PayPal, das ist ja alles nur Software, eine PayPal Konkurrenz in Deutschland gibt es tatsächlich, völlig unbedeutend .
Und genau so wird es mit den Zellen laufen,
jpo234 meint
Oder Europäische Speicherchips (Siemens=>Infineon=>Quimonda=>Pleite).
Oder Solarzellen (Q-Cells, Solon, Solarworld,…). Alle Pleite oder nach Asien verkauft.
Cristian meint
Und produziert wird in China auf deutschen Investitionsgütern. Wir exportieren lieber unsere Maschinen, zerstören unseren Binnenmarkt und lassen technologisches Know-How abwandern..
Alex meint
Schon diese jahr? wow, das ist ja gigantisch, wie schnell die deutsche Industrie sich da einigt, das könnte ja sogar schneller als der Berliner Flughafen gehen :D
Irgendwie ist es zum fremdschämen…
jpo234 meint
Immer wieder: Wenn das so eine offensichtliche Lizenz zum Gelddrucken ist, warum gründet Ihr nicht alle selbst eine Firma die den Pfennigfuchsern in der Industrie zeigt, wie das geht.
Einfach einen Geschäftsplan aufstellen, der zeigt, wie Ihr die Milliarden scheffelt und die Banken finanzieren das.