Mit dem elektrischen eCitaro treibt Mercedes-Benz sein Geschäft mit Bussen für den lokal emissionsfreien ÖPNV voran. Eine neue zentrale Stromtankstelle im Omnibuswerk Mannheim gibt einen Überblick über die möglichen Ladelösungen für rein batteriebetriebene Busse. Eine Besonderheit der Station: Die Ladegeräte stehen in etwa fünf Meter Höhe.
Die Mannheimer Betriebstankstelle dient zur Aufladung des eCitaro im Produktionsdurchlauf und vor der Auslieferung. Mit der erweiterbaren Infrastruktur können zudem neue Ladetechnologien wie Lademanagement, Kommunikationsprotokolle, Hardware für Steckerladung oder Dachstromabnehmer erprobt werden.
Für das Stromzapfen mit Stecker kommen verschiedene Ladesysteme von zwei Herstellern zum Einsatz, mit denen die Omnibusse mit 150 kW geladen werden. Zwei der insgesamt vier Stellplätze sind zusätzlich für Schnellladungen über das Dach der Fahrzeuge ausgestattet – eine per Pantograf, die andere über Ladeschienen. In beiden Fällen beläuft sich die Ladeleistung auf 300 kW.
Die Ladestation steht auf insgesamt zehn Säulen, ist von allen Seiten zugänglich und kann bei Bedarf erweitert werden. Die Anschlussleistung beläuft sich auf 1,2 Megawatt. Die entsprechenden Zuleitungskabel sind armdick und verlaufen in einem erweiterbaren Kabelkanal in der Erde. Für Servicezwecke führt eine breite Treppe zu den Ladegeräten in der ersten Etage. Diese werden durch ein Dach vor der Witterung geschützt.
Da Flächen innerhalb des Omnibuswerks rar sind, hat Mercedes die Ladestation für den eCitaro wie bei vielen Verkehrsbetrieben im Obergeschoss errichtet. Das spart Platz und schützt auch vor teuren Rangierschäden an der Ladetechnologie. Die Stromtankstelle ist hinter der Auslieferungshalle gelegen. Damit sich die E-Busse umständliche Rangiermanöver sparen, ist die Ladestation platzsparend wie eine überdachte Brücke aufgebaut: Stadtbusse unterfahren die Ladestation und halten unter ihr zur Aufladung.
Jeder neue eCitaro wird am Ende der Fertigung auf der internen Teststrecke und im öffentlichen Straßenverkehr Probe gefahren. Voraussetzung dafür ist eine geladene Batterie und ausgiebige Prüfung der Fahrzeuge wie bei jedem anderen Citaro, erklärt Mercedes. An der Ladestation wird im Schwerpunkt die Dachladung einschließlich der bordeigenen Technik überprüft. Die Prüfungen der zur Straßenfreigabe relevanten Umfänge finden bereits vor den Testfahrten statt. Ebenso werden hier die Testfahrzeuge für interne Fahrten mit Strom geladen sowie neue Technologien erprobt und Kunden vorgestellt.
Michael S. meint
Ich bin erstaunt, dass die Busse doch relativ langsam laden. Bei 250-300 kWh-Akku sind es mit Kabel ja bis zu 2h Ladedauer, mit Dachlader immerhin noch 1h. Wenn so ein Bus 6 min am Endpunkt steht und über das Dach geladen wird, bekommt er ja gerade mal 30 kWh drauf. Bestenfalls.
Und auch die C-Werte sind ja mit 0,5-1C doch eher gering. Nun ja, wenn es sich positiv auf die Lebensdauer auswirkt und trotzdem funktioniert, möchte ich nichts dagegen sagen. ;)
Fürs Vollladen über 12 h sind dann mindestens 22 kW permanente Ladeleistung nötig. Wenn nur 8 h Zeit sind und 320 kWh nachgeladen werden sollen, sind wir schon etwa beim doppelten. Um dann eine komplette Flotte zu laden, ist schon ein ordentlicher Anschluss im Betriebshof nötig. Da kommt man schnell in Anschlussleistungsbereiche von 1-4 MW. Wobei das für die Unternehmen mit Straßenbahnen oder U-Bahnen ja auch nichts besonderes sein sollte. Dennoch kann ich mir vorstellen, dass kurze Zwischenladungen durchaus einen positiven Effekt bringen.
kritGeist meint
Die Fragen sind am Ende: Wie nutze ich am besten die Stand/Pausenzeit aus?
Was ist billiger für die Eigentümer/Halter, MW-Strom, den mal teilweise selber herstellen kann, v.a. mit dem ganzen Flachdach + Wind oder tonnenweise Öl-, Gas-, Wasserstoff-Lieferungen mit dynamischen Preisen?!
Peter W meint
Irgendwie hab ich das Gefühl, dass wir Deutschen uns verzetteln. Warum braucht so ein Bus 5 verschiedene Ladelösungen? Gibt es auch 5 verschiedene Dieseleinfüllsysteme? Eine Lademöglichkeit auf dem Dach zum Beispiel für Busse die an Endhaltestellen zwischen geladen werden, und eine mit Stecker fürs Laden bei längeren Pausen. Am Ende hat man noch die Idee den Bus während der Fahrt über ein Begleitfahrzeug zu laden, oder per Zeppelin oder Hubschrauber. Dumme kostspielige Möglichkeiten gäbe es ja genug.
Das Alles erinnert mich wieder an Betamx, VHS, Video 2000, und die vielen CD-Formate die danach in Konkurenz standen. Mercedes braucht aber gar kein Konkurenzsystem, die machen gleich selbst ein heilloses Durcheinander. Ist das auch wieder eine Verzögerungstaktik, damit die Flottenbetreiber ein Jahr beraten müssen ob sie den roten oder grünen, oder vielleicht doch den gebogenen silbernen Stecker nehmen?
Ich krieg die Krise!
Michael S. meint
Ich glaube, das ist der bisherigen Entwicklung auf dem Busmarkt geschuldet. In manchen Städten wurden bereits Ladestationen mit Pantograf gebaut (z.B. Hamburg oder Skandinavien), in anderen Ladeschienen. Hat vermutlich alles seine Vor- und Nachteile. Bevor man dann für eine Stadt / Region keinen Bus anbieten kann, bastelt man lieber das passende Ladesystem auf’s Dach. Glaube auch nicht, dass das so problematisch ist, das ist nur eine weitere Option des modularen Busses unter vielen.
150kW meint
Die CharIn (CCS) arbeitet an Standards für das Laden von Nutzfahrzeugen. Ich bin mir recht sicher das Mercedes sich an die bereits abgestimmten Vorgaben hält und nicht das Rad neu erfindet.
kritGeist meint
Je flexibler die Lade/Tank-Lösung desto einfacher ist der zugeschnittener Aufbau für den lokalen Bedarf, was man braucht, entscheidet dann letztendlich der Kunde und man kann die bisherigen Standorte nutzen.
Wasco meint
Gerade hat Indien 5600 Elektro-Busse bestellt.
Peter W meint
Von Mecedes? Dann haben sie es aber nicht eilig.
DamnSon meint
Hat ja auch nur so 1,3 Milliarden Einwohner..
ZastaCrocket meint
Super, es geht voran!
all-fx meint
Boah, was freue ich mich auf die Zeit, wenn man neben einem Bus/LKW nicht mehr in einer Rußwolke zurückgelassen wird. Wenn ich alleine an meine Schulzeit zurückdenke … damals … !
Das wird noch ein ganz spannendes Kapitel der Elektromobilität, finde ich. Beim Blick auf die Bilder frage ich mich übrigens, wie Tesla den Semi laden will. Davon sind zumindest mir bislang keine Bilder bekannt, außer das mal ein Truck quer vor einigen Superchargern stand. Sobald die Semi’s in den USA losdüsen, sollte es doch wohl euch ein paar extra dafür vorgesehene 15m Ladenparkplätze geben. Kann mir kaum vorstellen, das diese dann eine ebenfalls so aufwendige Überkonstruktion bekommen werden.
Jörg2 meint
Vom TESLA SEMI waren bisher eher Versuchslösungen zu sehen, die sich eng an der vorhandenen Ladetechnik orientierte.
Am Fahrzeug waren mal 4 Eingangsbuchsen zu sehen. Es wurde damals vermutet, dass 4x die M3-Technik verbaut war (4 Batteriepacks mut je eigemständiger Ladetechnik bis hin zu den 4 Eingängen).
Auch war mal an einer Ladestation zu sehrn, dass mehrere übliche Ladesäulen an einen rumliegenden Ladeblock angesteckt waren und von dort dann ein Kadekabel Richtung Fahrzeug ging.
Aus meiner Sicht alles Versuchs- und Bastellösungen.
Die Ladesäule V3 soll ja sehr leistungsstark sein. Vielleicht wird es hier eng stehende zwei (?) Säulen geben und zwei Ladeeingänge am Fahrzeug?
Eine entsprechende Fahrdpur für Zugmaschine und Sattel ist ja kein Hexenwerk.
kritGeist meint
Irgendwo habe ich ein Bild, ein Entwurf gesehen, dass die Kabel quasi von oben an die Trucks angehängt werden, entweder manuell oder autom. Eine alternative dazu wäre die autom. Kabelschlange, die Tesla auch mal testweise umgesetzt hat & vielleicht noch weiter entwickelt.
Andreas meint
Interessant. Ich hätte vermutet, dass die Buse einen ganzen Tag mit einer Akkuladung schaffen und dann nachts wieder mit deutlich geringerer Leistung aufgeladen werden. So ist das doch eine recht teure Technik, oder?
Jensen meint
@Andreas: Das waren auch meine ersten Gedanken, dass diese Technik wohl sehr teuer sein dürfte. Es kommt natürlich auf die Anzahl Busse an, die gebaut, aufgeladen und ausgeliefert werden. Da ich jedoch nicht davon ausgehe, dass die Aufladung dort auf Grund zu vieler Busse so schnell gehen muß, würde ich auch denken, dass da weniger Aufwand ausreichen würde. In einem Busdepot, wo der Bus vielleicht nach der letzten Fahrt spät reinkommt und extrem früh wieder raus muß, macht schnelle Ladung sicher Sinn. Aber Mercedes wird sicher auch anpeilen, diese „Brücken“technologie (der kleine Scherz musste sein!) an die Buskunden mit zu verkaufen und stellt sich deswegen vielleicht diesen Versuchsaufbau auf’s Gelände.
Mike meint
Dieses ganze Konstrukt sieht schon etwas fragil und sperrig aus ;(
Schade das diese eCitaro´s nicht Mittels Induktion geladen werden können, das wäre natürlich eine sehr elegante Lösung.
Ich denke wenn man die entsprechende Ladeleistung beim induktiven Laden in Zukunft in den Griff bekommt, werden diese fragilen Türme wohl mittelfristig Geschichte sein.
Pferd_Dampf_Explosion_E meint
Stimmt, hübsch ist anders. Und dann auch noch die obligatorischen PV-Module als Dach vergessen ….
alupo meint
Die Verluste um 300 kW induktiv zu übertragen bzw. einen Bus zu laden sind gewaltig. Vorausgesetzt es gäbe solche Systeme überhaupt schon, was ich bezweifle. Ich kenne nur deutlich kleinere Systeme, die einen Busakku auf einer kurzen Strecke 4 Mal aufladen müssen, davon je an den beiden Endhaltestellen. Auch die Positionierung ist nicht ganz so einfach, auch wenn das System dabei die letzten mm selbständig justiert. Aber das mechanische System ist mit der Zeit m.M.n. sicherlich fehleranfällig.
Ein Kabel ist eine deutlich einfachere Konstruktion, ist daher billiger und hat im Vergleich zur Übertragung mittels zweier Spulen praktisch keine Verluste. Weiterhin benötigt ein einfaches Kabel deutlich weniger Kupfer als eine Lösung mit Kabel plus Spulen. Also nochmal billiger.
Für das Aufladen eines Handys im niedrigen Wh Bereich ist das ok, beim eAuto im kWh Bereich schon nicht mehr. Aber beim LKW/Bus ist das Laden im MWh Bereich nur eine verantwortungslose Energie- und Resourcenverschwendung. Ich hoffe, das kommt nie, oder erst, wenn es zumindest vom Wirkungsgrad gleich gut ist, aber das gibt die Physik nicht her.
Adrian V meint
Bombardier hat ein solches System im Angebot. Heisst Primove und wurde in Mannheim auch eingesetzt/getestet.
https://www.heise.de/newsticker/meldung/Induktives-Laden-Mannheim-will-keine-weiteren-Primove-Elektrobusse-4060084.html
Das System kann sich aber nicht so richtig durchsetzen da die schon erwähnten Ladeverluste nicht unerheblich sind und die maximal übertragbare Ladeleistung geringer ist als bei konduktiven Systemen. Ebenfalls ist die absenkbare Ladeplatte welche fahrzeugseitig notwendig ist aufwändig zu integrieren und wohl auch wartungsintensiv und fehleranfällig.
Michael S. meint
Ich glaube kaum, dass es den Betreibern von Betriebshöfen auf Ästhetik ankommt. Insofern, wenn diese Brücke ihren Zweck sinnvoll erfüllt, also die Vorteile die Nachteile überwiegen, spricht doch nichts dagegen.
kritGeist meint
Induktion ist weiterhin teuer & man bekommt nie die Leistung, wie beim direkten Laden. Aber vielleicht irgendwann in der Zukunft, als Option.