Audi hat im Oktober neue Details zu seiner Elektroauto-Strategie verraten. Die Ingolstädter wollen ihr Portfolio konsequent auf die Elektromobilität ausrichten – „vom Kompaktsegment bis hin zu Performance-Modellen“. Die Volkswagen-Tochter setzt dafür vier im Konzern geteilte Plattformen ein, was für Effizienz und ein flexibles Angebot sorgen soll.
Mit dem e-tron hat Audi sein erstes Großserien-SUV auf einer angepassten Variante von Volkswagens Modularem Längsbaukasten – kurz MLB evo – aufgebaut. Der kommende Gran Turismo e-tron GT setzt auf der Porsche-Plattform J1 auf. Die kompakteren Elektroautos von Audi basieren auf Volkswagens Modularem Elektrifizierungs-Baukasten (MEB). Besonders leistungsstarke, große Strom-Modelle nutzen die neue, gemeinsam von Audi und Porsche entwickelte Premium Platform Electric (PPE).
MLB evo (e-tron & e-tron Sportback)
Der e-tron und dessen in diesem Jahr folgende Karossiervariante e-tron Sportback basieren auf der adaptierten Variante des Modularen Längsbaukastens MLB evo. Die neue Karosserieform beinhaltet laut Audi zahlreiche neue Struktur-Elemente im unteren Bereich des Mittelwagens und des Dachs.
Mit einem Radstand von 2928 Millimetern Länge liegt der e-tron zwischen den Audi-SUV Q5 und Q7. Die im Fahrzeugboden verstaute Hochvolt-Batterie speichert bis zu 95 kWh Energie für über 400 Kilometer Reichweite nach dem neuen WLTP-Zyklus. „Hinter diesem Wert steht vor allem das innovative Rekuperationssystem, das bis zu 30 Prozent der verbrauchten Energie durch Bremsvorgänge wieder zurückgewinnen kann“, so die Entwickler.
Die beiden Asynchronmotoren des e-tron leisten zusammen maximal 300 kW (408 PS), die mittels elektrischem Allradantrieb auf die Straße gebracht werden. Der e-tron kann mit Wechselstrom oder Gleichstrom laden, in der Spitze mit 150 kW Ladeleistung und, so betont Audi, über einen weiten Bereich auf einem hohen Niveau. Dies sei insbesondere durch effizientes Thermomanagement möglich. Die finalen Daten des ebenfalls auf dem MLB evo basierenden e-tron Sportback sollen demnächst vorgestellt werden.
J1 (e-tron GT)
Der für 2020 angekündigte Gran Turismo Audi e-tron GT nutzt als technische Basis die von Porsche entwickelte „Performance-Plattform“ für Elektroautos J1. Im als ersten Ausblick gezeigten e-tron GT concept entwickeln zwei permanent erregte Synchronmaschinen 434 kW (590 PS) Systemleistung und 830 Nm Systemdrehmoment. Der Viertürer beschleunigt damit in 3,5 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h und in wenig mehr als 12 Sekunden auf 200 km/h, maximal sind 240 km/h möglich.
Die Batterie mit einem Energieinhalt von über 90 kWh liegt beim e-tron GT im Unterboden zwischen den Achsen. Das Batteriepack ist so gestaltet, dass der Fußraum im Fond Vertiefungen, sogenannte „Sitzgaragen“, für besseren Sitzkomfort aufweist. Dazu Audi: „Diese besondere Anordnung ermöglicht trotz der typisch niedrigen Karosserie eines Sportwagens die Integration der Antriebsbatterie im Fahrzeugboden – und damit einen sehr tiefen Fahrzeugschwerpunkt. Gleichzeitig entsteht dadurch eine entspannte Sitzergonomie.“
Das Hochvolt-System des e-tron GT ist auf 800 Volt Spannung ausgelegt, die Batterie lässt sich damit an einer kompatiblen Säule mit 350 kW Leistung in etwa 20 Minuten auf 80 Prozent laden. Als Serienauto soll der e-tron GT nach dem neuen WLTP-Standard mehr als 400 Kilometer Reichweite schaffen.
MEB (Q4 e-tron, weitere)
Die technische Grundlage für zukünftige Kompakt- und Mittelklasse-Modelle von Audi bildet der bei Volkswagen konzernweit – und darüber hinaus – eingesetzte Modulare Elektrifizierungs-Baukasten MEB. Die Architektur kann von SUV- und Crossover-Modellen bis hin zu Limousinen als Basis genutzt werden.
Der MEB ist für kompakte Elektromotoren und Lithium-Ionen-Batterien in unterschiedlichen Größen und Kapazitäten ausgelegt. Die Batteriesysteme, E-Maschinen und Achskonstruktionen bilden einen variabel einsetzbaren Technikbaukasten. Im Vergleich mit Verbrenner-Modellen kann der Vorderwagen dabei wesentlich kürzer ausfallen: Die Vorderachse und die Stirnwand rücken nach vorn, der Radstand und damit der nutzbare Innenraum wachsen.
Der im März enthüllte Q4 e-tron wird das erste MEB-Elektroauto von Audi und 2020 vom Band rollen. Das kompakte SUV, das mit 4,59 Meter Außenlänge in das gleiche Segment wie etwa der Q3 zielt, wird laut den Designern dank des Radstands von 2,76 Meter einen Innenraum auf Q5-Niveau bieten.
Neben mehr Platz ermöglicht die MEB-Plattform verschiedene Leistungsstufen und Antriebs-Layouts. Vorgesehen sind unter anderem Allradantrieb mit je einem E-Motor an der Vorder- und Hinterachse sowie eine Antriebsvariante mit Heckmotor und Hinterachsantrieb als Einstiegsmodell. Die für den Q4 e-tron vorgesehene 82-kWh-Batterie soll eine Reichweite von mehr als 450 Kilometern nach WLTP erlauben.
PPE
Für leistungsstarke Oberklasse- und Luxus-Modelle verwendet Audi eine vierte Plattform: Die Premium Plattform Electric (PPE), die in Zusammenarbeit mit Porsche konzipiert und entwickelt wird. Die Architektur ist weit skalierbar, durch sie lassen sich sowohl Flachboden- wie auch Hochboden-Fahrzeuge umsetzen. Audi will auf PPE verschiedene Modellreihen entwickeln, die als SUV, Sportback, Avant und Crossover die Segmente von der gehobenen Mittelklasse bis in die Luxusklasse mit verschiedensten Fahrzeugtypen abdecken sollen.
Standard bei PPE ist eine E-Maschine im Heck, bei den Topmodellen sorgt ein zweiter Elektromotor an der Vorderachse für automatisch zuschaltbaren Allradantrieb. Bei der Plattform sind auch unterschiedliche Leistungsstufen und Batteriekapazitäten möglich. Die Spannungslage beträgt wie bei der J1-Architektur 800 Volt und erlaubt in Verbindung mit dem Thermomanagement ebenfalls eine Ladeleistung von 350 kW.
Die Abmessungen und Überhänge bei den Audi-Flachbodenmodellen auf der PPE sollen etwas kürzer ausfallen als bei den heutigen Verbrenner-Modellen auf MLB-Basis, dabei aber gleichzeitig mehr Innenraumlänge bieten. Typisch für Elektro-Modelle entfallen Getriebe- und Mitteltunnel. Audi will PPE-Modelle mit zahlreichen fortschrittlichen Technologien ausstatten: „Im Antriebsbereich erfolgt die Momentensteuerung per Torque Vectoring, im Fahrwerksbereich sind die klassischen Audi-Features Luftfederung oder Allradlenkung vorgehalten“, heißt es.
Wie der erste mit PPE umgesetzte Audi aussehen wird, ist noch offen. Fest steht lediglich, dass es sich um eine Limousine handeln wird.
Jeru meint
Das sieht sehr gut aus. Ich denke der VW Konzern ist weltweit am besten aufgestellt. Die Batteriegröße wird vermutlich nicht deutlich über die 100 kWh ansteigen und der aktuelle Vorsprung von Tesla im Bereich des Antriebsstrangs ist in der nächsten Generation aufgeholt.
Audi entwickelt parallel die FCEV weiter und bereitet den Konzern auf den Hochlauf ab Mitte der 20er vor. Wie auch immer es kommt, VW ist da. Hatte ich so nicht erwartet.
Beeindruckend.
Steff meint
@Jeru
Im Gegenteil, Konzernchef Diess beurteilt die Verwendung von Wasserstoff (zurecht) als ökologischen und ökonomischen Unsinn. Zudem ist er überzeugt dass FCEV in den nächsten 10 Jahren keine Option seien.
Wenn Autbauer von „in 10 Jahren oder so“ reden, meinen sie damit, das kommt sowieso nie…
Jörg2 meint
Ich hatte bisher immer verstanden, es wird EINE Plattform geben, welche für die einzelnen Fahrzeuggrößen anpassbar sei. Man erhoffe sich daraus hohe Teile-Stückzahlen und hohe Produktionseffizienz.
Ist das noch immer so und nur die Klone haben jetzt eigene Namen oder sind das alles (mehr oder weniger) neue Konstruktionen?
Jörg2 meint
EINE Plattform über den gesamten Konzern (Marken).
Georg meint
Es sollte nie nur eine Plattform geben. Im Prinzip sind drei skalierbare Plattformen geplant. Eine für das untere Segment bis ca. Polo Größe, eine für das mittlere Segment MEB (Brot und Butter für VW) und eine für das obere Segment (PPE).
Die Skaleneffekte in den einzelnen Segment sollen dadurch erreicht werden, dass die Plattformen auch anderen Herstellern (z.B. MEB für Ford) zur Verfügung gestellt werden. MLB-evo und J1 sind eher „schnelle Übergangslösungen“
Und ja, das sind jeweils „eigene /neue“ Konstruktionen die auf das jeweilige Segment ausgerichtet sind.
Jörg2 meint
Danke für die Erläuterung.
PK meint
Ist das due Technologieoffenheit bei Audi ? ;-)
Jeru meint
Der Hochlauf von BEV wird, wie allgemein bekannt, zeitlich vor dem Hochlauf der FCEV stattfinden. PHEV sind ja bereits am Markt oder kurz vor der Einführung.
Die Aktivitäten sind daher nicht verwunderlich.
MiguelS NL meint
Ich denke in 2024 sind mindestens 100 BEV-pkw auf dem Markt. Bis 2025 alleine 20 Stück von Audi. Bis 2027 alleine 70 von VW Gruppe. Es ist damit zu rechnen dass die andere Hersteller im gleichen Verhältnis mit BEV kommen. Bis her gibt es keine Indizen für ähnliche Entwicklungen bei FCEV.
Skodafahrer meint
@Jeru Wenn es erst Elektroautos mit 2×800 gibt wird sich das ändern.
Also 800V Ladespannung und 800km Normreichweite, dann wird keiner mehr über Wasserstoffautos reden. Derzeit hat Tesla gute Antriebsmotoren und einen guten Luftwiderstandsbeiwert. Porsche hat 800V Technik mit kleineren Akku und ein 2 Gang Getriebe. Aber es gibt noch kein Elektroauto mit einer Batterie ab 130kWh, 800V Schnellladung, gutem cw-Wert und effizientem Antrieb.
Tesla hat eine Batterie nach dem Skateboard-Design, mit zusätzlicher Aufbauhöhe und hoher Kapazität. Porsche hat ein Batteriedesign mit Fußgaragen und keine zusätzliche Aufbauhöhe. Wenn man die Designs kombinieren würde, dann wäre es kein Problem eine wesentlich größere zweilagige Batterie zu verbauen ohne die Aufbauhöhe gegenüber dem Tesla zu erhöhen.
DerOssi meint
Na jetzt sollte dann hoffentlich alles klar sein… ????