Der Interessenverband der europäischen Automobilindustrie ACEA hat auf den Bedarf an deutlich mehr Lade- und Tankeinrichtungen für Lastwagen mit geringen oder keinen lokalen Emissionen hingewiesen. Die größere Infrastruktur sei erforderlich, um die ab Mitte des Jahrzehnts für den Sektor geplanten staatlichen CO2-Vorgaben zu erreichen.
Für E-Lkw müsse die Zahl der öffentlichen Ladepunkte in den nächsten zehn Jahren von derzeit beinahe Null auf um die 90.000 erhöht werden. Nur damit sei die Transformation zu CO2-neutralem Straßentransport möglich, so der ACEA. Trotz der aktuellen Herausforderungen durch die Coronavirus-Krise habe die Branche die langfristigen Klimaziele weiter im Blick, versicherte der Vorsitzende des ACEA-Nutzfahrzeug-Vorstands und Scania-Chef Henrik Henriksson. Er betonte: „Weder die Lkw-Industrie noch die politischen Entscheidungsträger könnten es sich leisten, hier zu zaudern.“
Die EU hat im letzten Jahr erstmals CO2-Standards für schwere Nutzfahrzeuge festgelegt, die 2025 und 2030 greifen. Henriksson nannte die Ziele „extrem herausfordernde Meilensteine“ auf dem Weg hin zu CO2-Neutralität. „Um diese starken Rückgange abzuliefern, haben wir uns verpflichtet und sind dazu bereit, eine zunehmende Zahl an Null-Emissions-Lkw auf den Markt zu bringen“, unterstrich der ACEA-Vorstand.
Henriksson wies darauf hin, dass die große Mehrheit der heute in Europa verkauften Lastwagen mit Dieseltechnik fahre. Dies sei für Transportunternehmen derzeit die komfortabelste und kosteneffizienteste Antriebsform. Von den im letzten Jahr verkauften mittelschweren und schweren Lkw werden nach einer Erhebung des ACEA 97,7 Prozent mit Diesel betrieben, 0,1 Prozent mit Benzin und 1,7 mit Erdgas. Lokal emissionsfreie E-Laster zum Aufladen kommen auf gerade einmal 0,2, Hybridfahrzeuge auf 0,1 Prozent.
Der Aufbau eines dichten Infrastruktur-Netzes für alternativ angetriebene Lkw sei eine der zentralen Voraussetzungen für CO2-neutralen Frachtverkehr, so Henriksson. Europa müsse sich dazu verpflichten, bis 2025 mindestens 37.000 Ladepunkte, 50 Wasserstoff-Tankstellen und 750 LNG-Stationen (Flüssigerdgas) für schwere Nutzfahrzeuge zu schaffen. Die Infrastruktur für Pkw lasse sich wegen der höheren Leistungsanforderungen und größeren Strommengen sowie des Platzbedarfs und der Anforderungen an die Zugänglichkeit nicht nutzen.
Die Investitionen in die Lade- und Tank-Infrastruktur für Lkw erfordere „erhebliche“ finanzielle und administrative Unterstützung durch die EU und Landesregierungen, sagte Henriksson. Insbesondere für die Transportunternehmen sollte es Anreize gebe, in private und teilöffentliche Betriebshöfe zum Laden zu investieren. Darüber hinaus spricht sich der ACEA für die Festlegung technischer Standards aus, die Arbeit daran müsse unmittelbar beginnen.
Ebi meint
Wie wäre es denn mit einer kleinen Korrektur bei der Verkehrspolitik ? Mehr Warenverkehr auf die Schiene bringen und endlich damit aufhören, die Bahn kaputtzusparen. Danach werden bestimmt keine 37000 HPC Lader mehr benötigt und die Instandhaltungskosten für die Straßen dürften auch sinken.
Raphael R meint
Sehe ich genau gleich.
Zudem ist der Energieverbrauch pro Tonnenkilometer auch tiefer (kein Umweg des Stroms über Batterie, weniger Reibung und konstantere Bewegung). Der Verzicht auf Schnellladestationen wäre auch netzverträglicher.
alupo meint
Ich hatte vor einiger Zeit mal gelesen, dass die Schiene ziemlich ausgelastet wäre und es somit wenig Möglichkeiten für eine Kapazitätserhöhung gäbe.
Ob man den Abstand zwischen zwei Zügen noch etwas verringern könnte weiß ich nicht. Möglicherweise ist man da auch schon an der aktuellen Sicherheitsgrenze. Und zusätzliche Schienen sind hierzulande eher nicht durchsetzbar. Wer will schon neuen Lärm vor seinem bisher ruhigen alten Häuschen. Wenn schon Stromtrassen oder Windräder scheitern, dann….
Ebi meint
Es gibt eine Studie vom BMVi die 17 Mrd Investitionsbedarf ausgewiesen hat um eine Verdoppelung des Güterverkehrs herbeizuführen, also möglich wäre es schon, wenn man nur wollte.
Tom meint
Zumindest haben sie in einem Recht, wird der LKW-Verkehr auf Wasserstoff umgestellt wird das nur mit Milliardensubventionen und das auf Dauer zu realisieren sein. Deshalb wird sich auch bei den LKWs das BEV durchsetzen, denn die Dinger werden ganz ohne Subventionen billiger als die Verbrenner.
Jeru meint
Eine steile und gleichzeitig sehr vereinfachende These.
Ich bitte zu berücksichtigen, was 37.000 HPC-Ladepunkte mit 350+ kW flächendeckend verteilt kosten werden.
Peter W meint
Man wird damit Geld verdienen können. Oder sind die Dieseltankstellen bezuschusst?
Jeru meint
Wenn man mit (HPC) Ladepunkten Geld verdienen will, darf der Preis pro kWh aber nicht bei 39,- bzw. 59,- Cent liegen. Dann müssen höhere Preise auf den Tisch.
alupo meint
Und was kostet eine einzige PKW Wasserstoff – Zapfsäule?
Die in Bad Rappenau beim dortigen Autohof kostete 1,8 Millionen €. Sie ist von Air Liquide.
Die für LKW sind eher nicht billiger ;-).
BEVs sind dagegen ein echtes Sonder-Sonderangebot. Von der Energieeffizienz im Vergleich zu H2 ganz zu schweigen.
Schön dass dieses Jahr noch der Tesla Semi in Serie gehen wird. Hoffentlich die Ausführung mit über 800 km Reichweite. Zumindest bei allen anderen Teslas kamen zuerst die reichweitenstärksten Modelle zuerst. Macht betriebswirtschaftlich ja auch Sinn. Dann hat sich dieses energieverschlingend H2-Monster auch hier erledigt. Ich bin dafür, dass sich die kostengünstigste, sauberste und energieeffizienteste Techmik durchsetzt. So ein Mist wie z. B. mit VHS (gegen Video 2000 oder Betamax) will ich nicht noch einmal erleben müssen.
Jeru meint
Sie betonen zu recht die Kosten einer H2-Tankstelle, ohne auf die Kosten der HPC-Ladeinfrastruktur einzugehen. Warum?
Sie behaupten einfach ständig das wäre wesentlich günstiger, ohne hier Zahlen zu nennen. Das ist kein guter Stil und bringt die Diskussion nicht weiter.
Raphael R meint
Die H2-Tankstelle, die Sie erwähnen, ist bereits über 2 Jahre alt. Die Kosten sind am sinken, weil gemäss EMPA die Anzahl Komponenten-Zulieferer und deren Absatz deutlich gestiegen sei. Bei der Konstruktion der EMPA-Tankstelle im Jahre 2016 mussten die Teile noch aus der ganzen Welt zusammengekauft werden, da es kaum Applikationen für Wasserstoff in der benötigten Druckkategorie gab. Die Kosten heute bewegen sich nun eher bei 1 Mio. €.
Normalerweise bieten solche Tankstellen Wasserstoff bei 350 bar und 700 bar an, so dass LKWs/Busse und PKWs bedient werden können.
Bitte rechnen Sie bei den BEVs für einen fairen Vergleich die Kosten für die Lademöglichkeiten ein. Um eine Flotte mit 50 LKWs über Nacht aufladen zu können, brauchen Sie mehrere MW Ladeleistung. Einen solchen Anschluss kriegen Sie nicht umsonst. Dies entspricht einer Landstromversorgung eines Kreuzfahrtschiffs, wozu auch Millionenbeträge aufgewendet werden müssen.
Das VHS-Betamax Theater können Sie heute schon bei den BEVs erleben. Warum haben die Ladesäulen jeweils Anschlüsse für AC, ChaDeMo und CCS? Ein Stecker würde doch ausreichen :-)
Die Frage H2 vs. Batterie sehe ich wie Benzin vs. Diesel, wo sich eigentlich kaum jemand daran stört. Unterschiedliche Einsatzzwecke bevorzugen unterschiedliche Lösungen.
Bzgl. Tesla Semi wird man sehen, ob dieser eine Chance hat. Das Interesse ist bisher ja nicht überbordend. Komischerweise steht Tesla mit diesem Konzept für Langstrecken völlig alleine dar. Solche Batteriegrössen könnten die LKW-Hersteller auch einsetzen, wenn sie wollten.