Das Elektroauto-Start-up NIO kommt dieses Jahr nach Deutschland, weitere europäische Länder stehen auf dem Expansionsplan der Chinesen. Beim diesjährigen „Power Day“ verkündete das Unternehmen die Errichtung seiner 1000sten Batteriewechselstation und kündigte einen neuen technischen Bestwert für sein laufend ausgebautes Ladenetz an.
NIO setzt bislang als einziger Autobauer im großen Stil auf Batteriewechselstationen. Das Unternehmen gab an, dass es nur 15 Monate gedauert habe, um von 200 auf zuletzt 1000 Stationen zu kommen. Damit habe man über zehn Millionen Batteriewechsel durchgeführt, mit einem Tagesdurchschnitt von über 30.000 Tauschvorgängen. Bis Ende 2025 plant NIO mit weltweit 4000 aktiven Batteriewechselstationen, davon etwa 1000 außerhalb Chinas – unter anderem in Deutschland.
Nach dem Start seiner Batteriewechselstation der zweiten Generation im vergangenen Jahr hat NIO beim Power Day einen ersten Ausblick auf die dritte Generation gegeben. Die Technik soll eine größere Kapazität und ein flexibleres Layout bieten. Vor der Einführung sind noch letzte Tests und Entwicklungsarbeiten zu absolvieren. Details will NIO erst Ende dieses oder Anfang nächsten Jahres bekannt geben.
Flankierend will das Unternehmen sein Netz an Ladestationen weiter ausbauen und setzt dafür auch auf besonders leistungsstarke Technik. Beim Power Day verkündete NIO Pläne für 500-kW-Gleichstrom-(DC)-Schnellladegeräte, die ab Ende des Jahres in China und Europa eingesetzt werden sollen. Die hierzulande stehenden öffentlichen Stromtankstellen kommen in der Spitze erst auf 350 kW, was aktuelle hiesige Serienautos noch gar nicht unterstützen. Vorne liegt derzeit der Porsche Taycan, der mit bis zu 270 kW Energie ziehen kann. E-Auto-Branchenprimus Tesla kommt auf 250 kW, andere Volumenmarken wie VW üblicherweise auf unter 200 kW.
Genaueres zu seiner neuen 500-kW-Schnellladestation hat NIO noch nicht verraten. So bleibt unter anderem abzuwarten, welche Modelle der Marke diese Leistung erlauben werden.
NIO plant laut der Nachrichtenagentur Reuters auch die Herstellung von selbst entwickelten 800-Volt-Batteriepacks. Die Energiespeicher sollen für eine neue Massenmarkt-Marke verwendet werden, sagte der Vorstandsvorsitzende William Li kürzlich in einer Telefonkonferenz mit Analysten. Dem Bericht zufolge wird NIO für seine höherpreisigen Modelle wohl weiterhin Batterien von Zulieferern beziehen.
stdwanze meint
Sollten nicht schon Anfang des Jahres Chinesische Modelle mit >400KW Ladeleistung verfügbar sein? War da nicht ein Modell was erst komplett, nachher nur noch Teilweise und dann garnicht mit diesen Wunderbatterien ausgeliefert werden sollte…..
alupo meint
Das Akkuwechsel-Konzept wurde bekanntlich in den USA schon einmal ausprobiert. Es war kurzfristig eine bundesstaatliche Vorgabe und wurde von Tesla umgesetzt. Damals ist es gescheitert.
Klar ging der Akkuwechsel extrem schnell. Es gibt ein YT Video das zeigt, dass die Zeit für einen Tankvorgang des Audi RS reichte, um mehr als 2 Akkuwechsel zu ermöglichen (ca 2,5).
Auch wäre es dabei möglich, die leeren Akkus erst in den Nachtstunden wieder aufzuladen und so die existierenden Nachfrageschwanjungen abzumildern und Preisvorteile dadurch zu erzielen.
Aber der Resourcenverbrauch steigt, weil man für jedes BEV vielleicht 0,1 oder 0,2 weitere Akkus vorhalten muss.
Und das dann auch noch am richtigen Standort. Das ist eine logistische Herausforderung wenn in den Sommerferien die Tauschakkus durch die vielen Urlaubsfahrten in Richtung der Urlaubsorte transportiert werden und danach zurück (viele LKW-Fahrten nötig).
Auch ist man mit dem wiederaufladen nicht wirklich zeitlich flexibel denn wenn der Akku mit z.B. 0% SOC ankommt sollte er so nicht bis in die Nachtstunden (billiger Strom, Netzstabilisierung) stehen bleiben. Aber er sollte auch nicht in den Nachtstunden auf 100% aufgeladen und dann so gelagert werden.
Auch strukturelle Akkupacks (das ist m.M.n. die Zukunft, weil man zusammen mit dem beidseitigen Gigacasting einige 100 kg pro BEV einsparen kann was auch die Kosten senkt und ökologische Vorteile hat) kann ich mir kaum vorstellen, obwohl dafür wohl bei dem heute einzig so gebauten BEV (Model Y aus Texas) laut Sandy Munro nur 40 Schrauben gelöst werden müssen um das gesamte Akkupack incl Sitze und Mittelkonsole herausbekommen. Nein, das ist praktisch nicht umsetzbar.
Auch bekommt man vermutlich nicht seinen „eigenen Akku“ zurückgetauscht. Möglicherweise bekommt man so einen „ausgelutschten Akku “ eingebaut. Nein, das Konzept funktioniert nur mit einem Mietakkukonzept oder mit technisch ungebildeten Eigentümern.
Ich halte deshalb von diesem Konzept wenig und daher ich würde von NIO keine Aktien kaufen, auch weil ich dann ein chinesisches Unternehmen unterstützen würde. Nichts für mich. Mir reicht es bereits, wenn ich keine Alternativen zu chinesischen Produkte finde, was oft der Fall ist.
Randy meint
1969 hat BMW einen 1602 zum BEV umgebaut, der bei Olympia 1972 zum Einsatz kam und die Marathonläufer begleitete. Die Batterien im Motorraum waren auf einer Palette montiert, so dass man mit wenig Aufwand die komplette Einheit schnell austauschen konnte.
Hat sich aber irgendwie nicht durchgesetzt das Konzept und wird es wohl auch in Zukunft nicht :-)
alupo meint
Das war aber ein Einzelfahrzeug, welches so wohl nie auf den Markt kam (es ist mir damals am 5.9.1972 gar nicht aufgefallen).
Mein Tesla kann diesen schnellen Akkuwechsel auch. Aber ich würde meine Batterie nicht tauschen wollen. Sie ist nach 110 Mm noch in einem hervorragenden Zustand, trotz 80% superchargen und 71 Aufladungen auf >98%, davon 50 Aufladungen auf 100%.
David meint
Niemand in Europa möchte den Akku wechseln und 500 kW sind noch innerhalb der CCS Norm, also gar nichts Neues.
Die ist bekanntlich definiert mit 1000 V und 500 A als Anschlag. Also würde ein normgerechtes Fahrzeug mit entsprechender Performance in der letzten Sekunde theoretisch mit 500 kW laden können. Aber am Anfang eher 350kW, weil es ein Produkt aus Volt und Ampere ist. Ein leerer 150 kWh Akku mit 1000 V Technik hat etwa 700V. Also kann die theoretisch höchste durchschnittliche Ladegeschwindigkeit 425 kW sein. Theoretisch.
In der Praxis gibt es bei der durchschnittlichen Ladegeschwindigkeit nur Enttäuschungen. Außer beim Taycan. Er führt immer noch mit durchschnittlich 200 kW von 10 auf 80 %. Selbst der hochgelobte Lucid mit 1000 V schafft in der Praxis an der normalen 350 kW-HPC-Ladesäule keine bessere durchschnittliche Ladegeschwindigkeit.
Von Nio ist bisher noch gar kein Fahrzeug mit überdurchschnittlichen Ladegeschwindigkeiten aufgefallen. Mir scheint das auch strategisch kontraproduktiv, denn wer soll noch Batterien wechseln, was auch etwas dauert, wenn man fast in gleicher Zeit aufladen kann?
hu.ms meint
So schnelles laden degeneriert die akkus wesentlich schneller als 11kwh AC-laden.
Bei verweindung von wechselstationen können die leeren akkus schonender geladen werden und sind dadurch länger nutzbar.
hu.ms meint
Aus meiner sicht geht es bei den akku-wechselstationen um ein „alleinstellungsmerkmal“ des herstellers NIO. So zu sehen wie bisher die tesla-supercharcher für die tesla-autos.
Ist insgesamt bestimmt nicht preisgünstig, aber etwas, womit sich die finanzkräftige oberschicht von der masse an den schnelladern (und dem dortigen zeitaufwand) abheben kann.
Vieleleicht steigen ja noch andere hersteller bei den wechselstation mit ein.
Ben meint
Ich sehe die Wechselstationen recht kritisch, es wird immer wegen Rohstoffverschwendung diskutiert aber beim Vohalten von Akkus ist die auf einmal kein Thema mehr, letztens erst gelesen um im Heimatmarkt 1 Mio. Fahrzeuge am laufen zu halten werden knapp 4 Mio. Akkus benötigt.
Dann lieber noch 3 Mio. Verbrenner ersetzen.
hu.ms meint
Wie ich schon schrieb: finanzkräftige oberschicht !
Das sind max. 15 % der autofahrer.
Der rest kann die stationen + akkus sowieso nicht bezahlen.
ID.alist meint
Was NIO alles stemmen will ist schon spannend.
Proprietäres Akkuwechselstationsnetz, proprietäres Ladenetz, Fuß fassen in Europa und USA.
Respekt!
BEV meint
wie auch immer sie die Energie in die Batterie bringen wollen, es ist schon interessant, dass sie dadurch ihr eigenes Batteriewechselsystem obsolete machen
niemand möchte so viele proprietäre Wechselstationen bauen und die Wartezeit wird auch hier das System nicht wirklich schneller machen, wenn es sich durchsetzen würde
geschweige denn welche Nachteile der Wechselspeicher für das Auto mit sich bringt (Gewicht, Bauraum,…)
BEV meint
800V.. das wird also sowieso nicht in den Fahrzeugen mit Wechselspeicher zum Einsatz kommen
Gunarr meint
Vergiss nicht, dass die Batterien immer größer werden. Nio plant als nächstes 150 kWh. Die braucht auch mit 500 kW Ladeleistung mindestens 20 min. Da kann man mit dem Batterietausch einiges an Zeit sparen.
stromschüssel meint
Und wenn ich an der Batteriewechselstation im „Stau“ stehe? Wenn ich in Zukunft meinen fest verbauten Akku in 15 Minuten von 10 auf 80% laden kann und ich bis dahin schon 400 km unterwegs war und weitere 300 km fahren kann, was bringen mir dann 5 oder 10 Minuten Zeitersparnis – die ich ja auch nur im Idealfall habe?
Eine Baustelle, ein kleiner Stau und die paar Minuten sind wieder futsch.
Ich finde das Konzept „Tauschbatterie“ wenig überzeugend.
LOL meint
Soweit denken viele nicht
die wollen in Deutschland auch das Tempolimit nicht obwohl das schnell fahren fast nie einen zeitlichen Vorteil bringt, schon gar nicht beim Elektroauto
Diversity, kann nicht jeder so schlau sein.
AK swiss meint
Der Stau wird sich in den Ballungszentren vor allem vor den Schnellladern bilden. Eine Wechselstation ersetzt zehn Schnelllader und braucht weniger Anschlussleistung.
BEV meint
naja wenn ich in 20min laden kann, sehe ich keinen großen Vorteil mit dem Tauschen. Das dauert auch 5min und nur dann wenn die Station gerade nicht belegt ist.
Die Ladestationen kann man deutlich einfacher skalieren. Klar wird irgendwann die Anschlussleistung das Problem, das wäre ein Vorteil bei der Wechselstation, davon hat der Nutzer allerdings erst mal nichts.
Das Auto wird schwerer und muss eine bestimmte Größe haben, die durch das Speicherformat bei NIO schon vorgegeben ist. Daher funktioniert es nicht bei kleineren Fahrzeugen. Mal abgesehen davon, dass es aus Kostengründen ohnehin nicht in Frage kommt.
Das ist halt eher was für die Leute, die heute Angst haben laden zu müssen. Die wichtigen Herren, die keine Zeit für sowas haben.
LOL meint
jetzt kommts, während dem Tauschen kann ich nicht pinkeln gehen ;-)
FabianMarco meint
Wir verfallen leider wieder in die typisch kapitalistische Gigantomanie.
Dieser absurde und unnötige Schwanzvergleich ist doch genau das was uns in die aktuelle Situation gebracht hat.
Wer braucht den abseits vom Schwerverkehr bitte 500 kW Lader oder eine 150 kWh Batterie?
Solange eine Integration ins Haus- oder Stromnetz nicht technisch und rechtlich einwandfrei gelöst ist, wäre das eine reine Verschwendung von kostbaren Ressourcen. In 99% der Fälle würde man diese nur, unter zusätzlicher Belastung und damit Abnutzung unserer Verkehrswege, durch die Gegend kutschieren, anstatt sie für die dringend nötige Stabilisierung und Dekarbonisierung unseres Stromnetzes zu nutzen. Dort könnten nämlich mit den gleichen Ressourcen deutlich schneller und effizienter messbare Abgasreduktionen erzielt werden.
JM2C
BEV meint
im Idealfall gibt es Lader, die bis zu 500kW können, aber mehrere Ladepunkte beinhaltet, die nicht alle gleichzeitig die 500kW liefern, also quasi sowas wie beim SuperCharger
Man sollte nicht jeden Lader mit dauerhaft 500kW erwarten, was wiederum auch voraussetzt, dass das Netzseitig geliefert werden kann. Das ist auch Kostenseitig einfach overkill.