Bei der Vorstellung der Serienversion des Kompakt-Stromers ID.3 auf der IAA gab sich Volkswagen-Chef Herbert Diess überzeugt, dass die Branche beim Thema Nachhaltigkeit mit der Elektromobilität auf dem richtigen Weg ist. Die alternative Antriebsart müsse aber noch stärker mit Steuergeldern unterstützt werden. Es sei wichtig, „dass die Elektromobilität auch bei Geringverdienern und Kleingewerben ankommt“, sagte er zum Auftakt der Frankfurter Automesse.
„Gerade kleinere Autos, die elektrifiziert werden, sind in Zukunft überdurchschnittlich teurer“, betonte Diess. Er schlug vor, das System der Kraftfahrzeugsteuer und die Besteuerung von CO2 neu zu regeln. „Elektrisches Fahren muss sich für den Bürger lohnen, sonst wird er sich nicht für diese saubere Mobilität entscheiden“, so der Volkswagen-Boss.
Neben einer niedrigeren Besteuerung von Elektro-Dienstwagen schlug Diess vor, die staatliche Förderung für Elektroautos auf den Gebrauchtwagenmarkt auszuweiten. Außerdem sollten der Staat, die Autohersteller und die Energiekonzerne in einen „Mobilitätsfonds für Elektromobilität“ einzahlen, der kostenfreies Laden für Autos unter 20.000 Euro ermöglicht.
Der Ende des Jahres in Produktion und ab Mitte 2020 in Kundenhand gehende ID.3 läutet bei Volkswagen eine Elektroauto-Offensive ein. Die Wolfsburger haben angekündigt, Batterie-Autos zum Durchbruch in den Massenmarkt zu verhelfen. Dazu will das Unternehmen neue E-Modelle mit moderner, alltagstauglicher Technik zu erschwinglichen Preisen anbieten. Letzteres soll vor allem durch Massenherstellung erreicht werden, vorerst werden elektrische Pkw in der Fertigung jedoch weiter teurer als vergleichbare Verbrenner sein.
Der neue Fokus von Volkswagen auf E-Mobilität ist eine Reaktion auf den Diesel-Skandal und kommende Gesetze. Wie andere Autobauer muss der Konzern im nächsten Jahrzehnt deutlich strengere CO2-Vorgaben in der EU bewältigen. Nach Meinung von Diess geht das nach aktuellem Stand am besten mit batteriebetriebenen Autos, Verbrennungsmotoren spielen für ihn langfristig keine zentrale Rolle mehr.
Bis Ende des nächsten Jahrzehnts will Volkswagen 70 neue Elektroautos auf den Markt bringen, 22 Millionen Autos aller Konzernmarken sollen dann elektrisch sein. „Das Gesicht unserer Flotte wird das nachhaltig verändern“, erklärte Diess. In rund zehn Jahren werde in Europa und in China fast jedes zweite Konzernfahrzeug ein E-Auto sein. „Kein anderer Traditionshersteller verfolgt einen so konsequenten Kurs wie wir“, unterstrich der Volkswagen-Chef.
„Wasserstoff erst in zehn Jahren interessant“
Zum Elektroauto gibt es laut Diess keine Alternative. „Wasserstoff wird erst in zehn Jahren interessant“, sagte er der Frankfurter Allgemeine Zeitung. Für die Herstellung von Wasserstoff gebe es aktuell zu wenig Ökostrom, keine passende Infrastruktur und entsprechend angetriebene Fahrzeuge seien zu teuer. Batterie-Technik sei deshalb bis auf weiteres die beste, weil energieeffizienteste Möglichkeit, den CO2-Ausstoß auf null zu bringen.
Volkswagen stellt den ID.3 als erstes Auto bilanziell CO2-neutral her. Damit das Elektroauto auch nach dem Verlassen des Werks möglichst umweltfreundlich fährt, fordert der Hersteller die Kunden zum Laden von Strom aus erneuerbaren Energien auf. „Deshalb sollten wir auch so schnell wie möglich aus der Energieerzeugung mit Kohle aussteigen“, forderte Diess bei der IAA. „Nur dann macht E-Mobilität Sinn!“
Kritikern der Branche hielt Diess entgegen, dass das Auto eine große Zukunft vor sich habe, da es seine negativen Eigenschaften verliert – es werde „sauber und sicher“. Gleichzeitig erfülle es „einen zeitlosen Wunsch, der die Menschen bewegt: Selbstbestimmung und Freiheit, Technik, Fortschritt und Wohlstand“. Mit dem Elektroauto sei individuelle Mobilität nachhaltig möglich. Für die Kunden würden E-Fahrzeuge Fahrspaß und hohe Beschleunigung bei gleichzeitig geringen Kosten für Wartung und Unterhalt bedeuten. Mit dem ID.3 sei nun „das Auto für den Systemwechsel“ da, versicherte Diess. Das Modell könne die Elektromobilität aus der Nische in die Mitte der Gesellschaft bringen.
randomhuman meint
Ich finde die Offensive von VW wirklich super und hoffe auf einen großen Erfolg des ID.
Auch wenn sich viele negative Aspekte eines Autos verbessern, so darf man nicht vergessen, dass der Platz in Städten immer noch begrenzt ist. Der Fokus muss vor allem da auch auf ÖPNV und Rad liegen. Ich hoffe mit der Verkehrswende hin zu Elektroautos wird dieser wichtige Aspekt der Autoreduktion nicht vernachlässigt.
Pamela meint
Auch wenn wir den Individualverkehr auf ein vernünftiges Maß einschränken können – es bleiben immer noch seeeehr viele Verbrenner übrig, die mit der Zeit ausgetauscht werden sollten.
hu.ms meint
Hier ab 40:40 min. kann man die beiden versionen des ID.4 sehen, die ab 11/2020 gebaut werden sollen. SUV- und CUV-version.
https://www.youtube.com/watch?v=cyVlaTRc4LE
Hans meint
Seit 30 Jahren wird Wasserstoff erst in 10 Jahren interessant. Ich bin ja kein Mathe Genie aber diese Rechnung wird wohl nie aufgehen. Gut so!
Dass Herr Diess wieder an den Staat appeliert, um seine Fahrzeuge loszuwerden, loest bei mir Fremdscham aus.
Haben sie ein gutes Produkt (was ich mir beim ID durchaus vorstellen kann) wird es dem schlechten Produkt vorgezogen, auch wenn der Preis hoeher ist.
Frank meint
„Außerdem sollten der Staat, die Autohersteller und die Energiekonzerne in einen „Mobilitätsfonds für Elektromobilität“ einzahlen, der kostenfreies Laden für Autos unter 20.000 Euro ermöglicht.“
Kostenlos würde leider den Anreiz mit sich bringen, das Auto mehr als nötig zu nutzen. Es wäre schon genug Anreiz, wenn einheitliche Fahrstrompreise auf einem Niveau realisiert würden, das dem Haushaltsstrompreis entspricht, kombiniert mit barrierefreiem Zugang und unkomplizierte und transparente Rechnungslegung über den eigenen Energieversorger. Und das bitte unabhängig vom Preis des Fahrzeugs.
Mike meint
Ich bin auch strikt gegen kostenfreies Laden, denn es führt dazu, dass die Leute nicht mehr ihr Fahrverhalten überdenken.