Der seit 2014 der Deutschen Post gehörende Aachener Elektro-Transporter-Hersteller StreetScooter hat laut einem Bericht der Welt mit geringer Nachfrage und technischen Problemen zu kämpfen. Demnach seien im letzten Jahr insgesamt 4500 Lieferwagen produziert worden, eigentlich hätten aber bereits 2017 jährlich 10.000 gefertigt werden sollen.
Die Kapazitäten der StreetScooter-Produktion belaufen sich seit einer Erweiterung 2018 auf 20.000 Einheiten pro Jahr. Die erwartete steigende Nachfrage ist bisher offenbar jedoch nicht eingetreten. Mit 12.000 Exemplaren des Elektro-Transporters Work hat derzeit vor allem die Post selbst StreetScooter eingeflottet. Aufträge von Dritten gibt es bislang nur in überschaubarem Umfang.
Zum aktuellen Stand der Dinge sagte die Deutsche Post der Welt lediglich, dass „durch Produktionsumstellungen“ weniger Fahrzeuge als ursprünglich geplant hergestellt werden konnten. Dass es bei dem 2014 übernommenen Startup nicht rund läuft, zeigt auch eine offizielle Meldung aus dem Februar: Aufgrund „unterschiedlicher Auffassungen zur zukünftigen Ausrichtung“ verlässt Firmenchef Jörg Sommer StreetScooter nach weniger als einem Jahr.
Eigentlich sollte Sommer die Expansion nach China und in die USA vorantreiben. Doch StreetScooter muss der Welt zufolge vor allem Schwierigkeiten bewältigen. Nach Informationen der Tageszeitung lagert das Unternehmen derzeit Fahrzeuge bei mittelständischen Firmen auf deren Betriebsflächen im Rhein-Ruhr-Gebiet und in Hessen zwischen. Darunter seien Neuwagen sowie Fahrzeuge, die technisch nachgerüstet werden müssten.
Dass die Deutsche Post mit StreetScooter hadert, ist schon länger bekannt. Laut Insidern wird die Tochter seit Monaten anderen Unternehmen zum Kauf angeboten. Zuletzt hieß es allerdings, dass ein Partner, vorrangig aus der Automobilbranche, gesucht werde. Post-Chef Frank Appel hat mehrfach betont, dass der Logistik-Riese kein Autohersteller sein will. StreetScooter macht außerdem hohe Verluste – 2018 waren es 70 Millionen Euro, auch 2019 soll es ein zweistelliger Millionenbetrag gewesen sein.
Dass StreetScooter seine eigentlich als große deutsche Erfolgsgeschichte geltenden elektrischen Nutzfahrzeuge nicht in höherer Stückzahl auf die Straßen bringt, dürfte mehrere Gründe haben. Neben dem Fokus auf das Kerngeschäft der Konzernmutter hat das Startup zunehmend mit Konkurrenz von etablierten Herstellern zu kämpfen. Zudem machen junge ausländische Unternehmen StreetScooter das Leben schwer, so hat etwa Amazon 100.000 E-Transporter beim US-Startup Rivian bestellt – bei StreetScooter bisher nur 40. Hinzu kommen Berichte über anhaltende technische und Qualitätsprobleme.
alupo meint
Schade, aber wer sollte ihn auch kaufen?
Teuer im Preis und die m.W. verwendete Zellchemie (LiFePO4) ist nun einmal auf der ganzen Welt ein Auslaufmodell was die Chinesen nur noch für den Exportbedarf produzieren. Sie selbst setzen diese Chemie m.W. schon lange nicht mehr ein. LiFePO4 hat einen Weltmarktanteil im niedrigen einstelligen Prozentbereich. Das gibt es m.M.n. bald gar nicht mehr, einfach weil die geringen Mengen zu hohen Kosten und Preisen führen. Aber bei allen anderen aktuellen Zellchemien braucht man ein gutes Batteriemanagementsystem. Und ob das Streetscooter hat?
Oder wurde die Zellchemie beim Streetscooter inzwischen verändert? Das wäre schön wenn es so wäre und ich falsch liegen würde.
150kW meint
Meines Wissens verwenden die doch schon die BMW Batterien.
alupo meint
Das wäre gut wenn sie von der ursprünglichen LiFePO4-Chemie auf eine andere LiIonenbasierte umgestiegen wären. Das müsste sich u.a an der Reichweite/Gewicht bemerkbar machen.
Laut Internet liefert BMW samsungbasierte Akkupacks an Streetscooter. Aber nicht alle Streetscooter-Akkupacks kommen von BMW. Woher die anderen Packs kommen weiss ich aber nicht.
Auf der Homepage von Streetscooter (pdf Datei) ist das für mich leider nicht ersichtlich. Für mich als ein Käufer wäre das eine äußerst wichtige Info.
Ich vermute, dass nur der große Work XL mit seinem 76 kWh Akku von BMW stammt und die kleinen Akkus mit 20 bis 40 kWh noch die LiFePO4-Chemie haben. Denn das ist mit LiFePO4 wohl kaum gewichts- und volumenbedingt vernünftig hinzubekommen. Von der Ladezyklenzahl und damit der Haltbarkeit wohl auch nicht.
Peter W meint
Man hätte schon längst einen Transporter bauen können, bei dem man vom Fahrerhaus nach hinten kann. Man hätte auch eine ordentliche Aerodynamik machen können und auf 130 km/h erhöhen können …
Mit Minniakkus bringt das aber nichts.
Gunarr meint
Ich glaube, das Problem ist die hohe Ladekante. In dieser Größenklasse gibt es einfach deutlich ergonomischere Fahrzeuge. So ein Kofferaufbau macht wenig Sinn, wenn man keine Regale hineinstellt, weil man nicht hineinklettern will, um sie einzuräumen. Bei uns nutzt die Post den Streetscooter auch nur zum Briefe verteilen. Dhl kommt mit klassischen Lieferwagen.
Als Pritschenwagen würde der Streetscooter funktionieren. Aber so etwas kaufen nur Gärtnereien und Baufirmen. Große Stückzahlen sind also nicht zu erwarten.
Steve meint
Tja, es sind immer die anderen schuld! Ist am einfachsten so.
Wenn man sich das Wägelchen trotz allem elektrischen Herzblutes anschaut, dann kann man relativ nüchtern feststelle:
– ein chicker Lieferwagen ist vorstellbar, sieht aber sicher deutlich anders aus.
– dem Fahrzeug sieht man an, dass es mit relativ heißer Nadel gestrickt und allerkleinstem Budget entwickelt wurde. Die Kiste sieht schlicht billig aus.
– dieser äußere Eindruck täuscht allerdings, denn in Wirklichkeit ist das Fahrzeug richtig teuer! Mir ist ein Preis um die 40.000 € im Kopf??? Selbst 30.000 € wären noch viel zu hoch.
– eine freie Werkstatt bei uns in der Nähe hat sich auf diese Fahrzeuge spezialisiert und macht für einen Umkreis von 50 km alle Reparaturen für die Post. Die Werkstatt ist hochzufrieden, weil sie extrem gut ausgelastet sind. An den Kisten ist immer was kaputt.
Die mangelnde Nachfrage liegt ganz einfach daran, dass das keine attraktives Angebot ist. Zu häßlich, zu teuer und zu unzuverläßig ist ein bisschen viel für Leute, die nicht mit Herzblut, sondern mit Nüchternheit ihre Transportaufgaben vernünftig erledigen wollen.
Wasco meint
4500 StreetScooter in 2019 ist doch gut. Ähnlich wie beim Nissan e-NV 200.
Uwe meint
Es gibt immer weniger Post bei der Post.
Gleichzeitig steigen durch Mindestlohn und (zu Recht) geänderter Arbeitsvertrags-Vorschriften deutlich höhere Personalkosten.
Deshalb wird der Fahrzeug-Austausch immer mehr verzögert und die Anfangs kalkulierten Eigenbedarfsrechnungen vom Fuhrpark-Management nicht umgesetzt.
Also erhalten die wenigen Nutzer-Rückmeldungen mit Kritik gleichzeitigen Bestell-Rückgang als Gelegenheit falsche Kausalitäten zu erzeugen.
Das beeinflusst wieder das Fuhrpark-Management bei der Bestellentscheidung.
Ein Ergebnis, dass den Vertrieb bei weiteren potentiellen Nutzern in Rechtfertigungs-Notstand bringt.
Hieraus entstehen wieder zu wenig Bestelleingänge, was Einfluss auf die Liquiditätsplanung hat und zu weniger Investition in die Produktverbesserung führt.
Der Streetscooter als Produkt ist schon überaltert.
Akkus und Antriebe der Generation Streetscooter sind längst erheblich effizienter geworden.
Der Markt weiß das und straft erneut ab.
Da müssen viele Millionen in F&E oder Zukauf von besseren Produkten (Kooperationen) her sonst kommt bald ein sehr billiger Aufkauf des gesamten Unternehmens.
Utx meint
Der wievielte Artikel der Springerpresse, in dem Probleme bei Street Scooter herbeigeredet werden, war das jetzt?
Swissli meint
Bei einer Kapazitätsauslastung unter 25% muss man nicht den Medien Schuld geben.
Utx meint
Ist die Kapazitätsauslastung von 25 % ein Fakt oder von der Springerpresse herbeigeredet?
Swissli meint
Gab es ein Dementi von Streetscooter?
Utx meint
Muss man jeden Bullshit dementieren, den die Springerpresse verzapft?
Uwe meint
Es sind nun mal Fakten, dass mit 40 kwh-Akku in der kleinsten und leichtesten Konfiguration maximal 150 km Reichweite drin sind.
Mit Kühlaufbau werden da im Sommer schnell nur noch 50 – 70 km draus.
Das heißt für einen Lebensmittel-TK-Lieferdienst einfache Entfernung 25 – 35 km!!!
Je nach Einzellieferung ist da vom Depot bis zum ersten Kunden auch mal innerstädtisch die Hälfte schon weg.
Also nach drei bis fünf Kunden für drei Stunden an den Akku. So lange ist keine Mittagspause und die Arbeitszeitengestaltung wird zum Balance-Akt.
Ähnlich sieht es bei größeren Fahrzeug-Konfigurationen (L3W3) mit viel Aufbau und Ladung aus.
Streetscooter hat es verpennt, Akku-Konfigurationen zu scalieren, obwohl das Fahrgestell genug Optionen offen lässt.
Da braucht man kein Problem herbei zu reden. Es sind genug davon da.
Vor vier Jahren war ich ein glühender Verehrer der Idee und vor zwei Jahren habe ich in einem Telefonat mit der GF die Akkus angemahnt.
Tesla hat über Software-Updates bis zu 15 % mehr Kapazität aus den Tesla-S-Konfigurationen raus geholt.
Mit einem 60 kwh-Akku und besserer Software kann auch Streetscooter mehr Kunden gewinnen.
Der muss aber zugekauft werden. Die eigenen sind zu schwer.
Sonst geht die Nutzlast baden.