Die jüngsten Brandfälle bei Tesla-Autos haben dem Elektroauto-Pionier schwer zugesetzt. Wegen der negativen Berichterstattung sank der Aktienkurs auf weniger als 100 Euro, dabei war das Unternehmen nur wenige Wochen zuvor an der Börse noch das doppelte Wert.
Nun versucht Firmenchef Elon Musk in bekannter, proaktiver Manier, die Sache wieder geradezurücken. Und wirft in seinem letzten Blogeintrag Zahlen in den Raum, die nachdenklich stimmen sollten: Seitdem das Tesla Model S auf dem Markt ist, brannten allein in den USA mehr als 250.000 Autos mit Verbrennungsmotor, dabei kamen mehr als 400 Menschen ums Leben und etwa 1200 wurden schwer verletzt. Jeden Tag wird allein in den USA alle 156 Sekunden ein Autobrand gemeldet. (Hier die offiziellen Zahlen von 2012 der US-Brandschutzbehörde NFPA als pdf).
Alle 156 Sekunden brennt ein Benziner – allein in den USA
Die Opferzahl bei den drei Tesla-Bränden, denen teils schwere Unfälle voraus gingen, liegt bei Null. Rein statistisch ereignet sich pro Model S ein Brand je etwa 6000 Autos. Bei Verbrennern ist die Gefahr viermal so hoch: Auf 1350 benzinbetriebene Pkw kommt ein Brand.
Würde über jedes Verbrenner-Feuer so leidenschaftlich berichtet, wie über die glimpflich abgelaufenen Tesla-Brände – kein Hersteller bliebe verschont. Musk kritisiert also zurecht die unverhältnismäßige Berichterstattung – und ergreift die Initiative:
- Erstens: Wegen den Brandfällen kündigt Musk leichte Modifikationen an der Luftfederung an. So soll die Bodenfreiheit bei hohen Geschwindigkeiten automatisch etwas erhöht werden, um die Gefahr möglicher Schäden am Unterboden – wo die Batterie des Model S verbaut ist – zu verringern.
- Zweitens: Tesla wird seine Autos künftig auf eigene Kosten gegen Brände versichern. Diese Versicherung greift sogar bei Verschulden des Fahrers. Wer ein Tesla Model S fährt, kann sich also sicher sein, dass er für ein durch Feuer beschädigtes Model S vollwertigen Ersatz bekommt – außer er hat das Feuer vorsätzlich selbst gelegt.
- Drittens: Tesla will die Sicherheit seiner Elektroautos offiziell beglaubigen lassen. Dafür hat Musk bei der NHTSA (Der obersten US-Bundesbehörde für Straßen- und Fahrzeugsicherheit) eine umfassende Untersuchung in Auftrag gegeben – obwohl die Behörde selbst bereits Ende Oktober mitgeteilt hatte, dass eine Untersuchung nicht nötig sei. Musk hat dies nun dennoch veranlasst. Sollte die NTHSA irgendwelche Mängel oder Konstruktionsfehler entdecken, werde man diese umgehend beseitigen – und notfalls doch eine Rückrufaktion einleiten.
In einer früheren Version hatten wir Elon Musk wörtlich genommen. Er behauptete, die offizielle Untersuchung des Tesla Model S selbst veranlasst zu haben. Das ist so nicht korrekt. Die NHTSA hat sich nach eigener Aussage selbst dazu entschlossen, eine Untersuchung einzuleiten und Tesla hat daraufhin über Musk signalisiert, alles dafür zu tun, deren Ablauf zu unterstützen.
Wie sicher das Model S wirklich ist
Der zweite Brand des Model S ereignete sich nach einem schweren Unfall, bei dem das Fahrzeug eine Betonmauer durchschlug. Der Fahrer schien beeindruckt von der Sicherheit des Elektroautos: Er hat kurz nach dem Schaden beim Hersteller angefragt, ob die Lieferung seines Ersatzfahrzeugs – erneut ein Tesla Model S – beschleunigt werden könne.
Auch bei den NHTSA-Crashtest schnitt das Model S überdurchschnittlich gut ab. So hat das Elektroauto in jeder der Haupt-Testkategorien – Front-, Seiten- und Überschlagcrash – die Bestnote von fünf Sternen erreicht. Ohne Ausnahme, auch in den Unterkategorien erhielt jeder auf der Test-Liste stehende Sicherheitsaspekt der Elektro-Limousine die Bestwertung. Das Model S ist sogar so stabil, dass ein Testgerät kaputt ging, statt des Fahrzeugs.
Dass es etwas an der Sicherheit des Autos zu bemängeln gibt, ist also zu bezweifeln. Alle drei Fahrer der verunglückten Model S verliessen ihr Auto unverletzt. In zwei Fällen gab das Auto sogar selbsttätig ein Warnsignal aus, das den Fahrer vor einem möglichen Feuer warnte und ihn mahnte auszusteigen.
Zudem ist der Akku des Model S, der aus knapp 8000 modifizierten Laptop-Batterien besteht, bereits umfangreich geschützt – vor allem gegen ein Übergreifen des Feuers in den Fahrzeuginnenraum. Wie gut das funktioniert, durfte wiederum der Fahrer des dritten Tesla-Brandes erfahren: Dieser holte nach dem Feuer einige Dokumente und Stifte aus dem Handschuhfach. Sie waren absolut unversehrt.
e-motion meint
Ja, noch ein paar weitere Korrekturen. Die Fahrer wurden sowohl in Unfall 1 (verlorenes Teil eines LKW-Kotflügels) und in Unfall 3 (verlorene 3-Kopf-AHK) darauf hingewiesen, dass das Fahrzeug einen Defekt hat und gebeten, das Fahrzeug anzuhalten – und die Geschichte mit den „Dokumenten und Stiften“ stammt aus Unfall 3, nicht aus Unfall 1.
Der NHTSA-Boss David L. Strickland will übrigens nichts von einer Auftragserteilung seitens Tesla gewusst haben. Wer sagt nun die Wahrheit?
Elon Musk’s PR steht derzeit nicht nur deshalb im kritischen Licht. Auch seine Vergleiche mit Bränden in anderen Autos sind nicht wirklich hilfreich, zieht er doch nicht den Vergleich zu ebenfalls brand(:-)neuen Autos gleicher Klasse, sondern zu allen Verbrennern auf Amerikas Straßen, von x Jahre alten Bastelbuden bis zu Neuwagen.
Schade. Ich denke Elon überzieht mit seinen Argumenten – was Tesla, damit auch uns Tesla-Fahrern, vielleicht mehr schaden als helfen könnte.
Redaktion meint
Danke für den Hinweis, haben wir korrigiert!
Die Wortwahl von Musk in seinem Blogeintrag ist etwas unglücklich – „requested“ muss nicht unbedingt bedeuten, dass man auf offiziellen Kanälen etwas angefragt oder gefordert hat. Vielleicht wurde das auch nur in einem persönlichen Gespräch mit einem der Mitarbeiter der Behörde erwähnt.
Und die NHTSA möchte verständlicherweise klarstellen, dass sie von Unternehmen nicht zu Handlungen aufgefordert werden kann, sondern unabhängig und sorgfältig agiert.
Das Model S ist noch jung, wie seine Unfallbilanz in ein paar Jahren aussehen wird, ist offen. Und in Bezug auf die jahrzehntelange Historie von Verbrennern ist ein Vergleich natürlich etwas grenzwertig. Gerade in den USA wurde die Diskussion um die Brandgefährlichkeit von Elektroautos vor einiger Zeit allerdings äußerst aggressiv geführt, Musk will hier wohl ähnlich aggressiv/aktiv ein neues Aufflammen(:-) verhindern.
Wenn das Model S sich tatsächlich als unsicher herausstellt, muss das ohne Frage bekannt gemacht werden. Bis dahin – vor allem aufgrund der bisher durchweg ohne Personenschaden abgelaufenen Unfälle mit anschließender Brandentwicklung – sollte die Diskussion aber sachlich und fair bleiben. Das ist wohl unterm Strich, was Elon Musk mit seinen Äußerungen erreichen möchte.
VG
ecomento.de
Enno meint
Mir sind in meiner Autofahrerkarriere zwei Wagen abgebrannt. Beides Benziner, beide ohne Einfluss von aussen. (Einmal Spritschlauch defekt, einmal Pleuelbruch auf der Autobahn)
Deshalb hat aber keiner geschrien, dass Benzinautos gefährlich sind. Und die Aktien von Audi oder SAAB sind auch nicht in den Keller gegangen.
Wenn ich könnte, ich würd‘ sofort ’nen Tesla bestellen! Los Jungs, baut mal einen für die normale Duchschnittsfamilie. So mit Nutzwert (Kombi) und so… ;-)
Redaktion meint
Gleich zwei? Hört sich hoffentlich dramatischer an, als es für die Insassen tatsächlich war?!
Ende 2014 kommt übrigens der SUV-Van-Crossover Tesla Model X auf den Markt
https://ecomento.de/2013/10/16/tesla-model-x-neuester-prototyp-vorgestellt-bilder/
und 2-3 Jahre danach dann ein Tesla-Einstiegsmodell
https://ecomento.de/2013/10/24/tesla-einstiegsmodell-vorstellung-in-12-18-monaten-groesserer-akku/.
VG
ecomento.de
Enno meint
;-)
Jepp, ohne Personenschaden!!
Redaktion meint
Zum Glück!
VG
ecomento.de
Volker Adamietz meint
Sehr guter Bericht. Gefällt mir weit besser als die unverhältnismäßige Hetze gegen Tesla in anderen Medien.
Die Stabilität und Sicherheit des Fahrzeugs ist unumstritten. Was mich nur etwas wundert, dass es sehr wenige Assistenzsysteme hat. Auch wenn es manche Hersteller vielleicht schon mit Abstandsregler, Spurhalteassistenz, Fahrer-wach-Halte-Assistent, Verkehrstzeicheneinblender, etc., etc. übertreiben, bietet hier das Model S dennoch recht wenig, oder?
Wisst ihr, was es hier für Systeme gibt? Ein Notbremssystem (falls einem einer ins Auto läuft) fände ich bei so einem großen Auto schon gut. Bei den techn. Daten habe ich bei Tesla nicht einmal Infos zu einem ESP gefunden.
Oder heißt das bei Tesla anders?
emobile Grüße,
Elektroautor
Redaktion meint
Vielen Dank für das Lob!
Bei den Assistenzsystemen ist das Model wirklich „leicht“ unterwegs – besonders für ein Fahrzeug der Oberklasse. Das soll aber in Zukunft nachgeholt werden, ob das noch vor der Einführung der nächsten Generation des Model S geschieht, ist jedoch fraglich.
Mit dem Auto ist Tesla wohl einfach ein absoluter Glücksgriff gelungen, fehlende Features fallen daher nicht allzu sehr ins Gewicht. Bald sind die Kalifornier aber keine wirklichen Newcomer mehr im Automobilsektor, deshalb werden wohl auch recht bald andere Maßstäbe angelegt. Man sieht an Apple, wie schnell Kritik aufkommt, wenn ein innovatives Unternehmen nicht jedes Jahr das Rad neu erfindet…
Die vorhandenen Assistenzsysteme beim Model S heißen „Elektronische Stabilitätskontrolle“ und „Traktionskontrolle“. Zu finden hier http://www.teslamotors.com/de_DE/models/specs im mittleren, obersten Absatz („Federung, Lenkung und Bremsen“).
VG
ecomento.de
Volker Adamietz meint
Danke für die interessante Antwort.
„Elektronische Stabilitätskontrolle“ ist dann wahrscheinlich so was Ähnliches wie ESP, oder?
Gruß,
Elektroautor
Redaktion meint
Gerne!
Das sollte unseres Wissens nach das gleiche wie ESP sein – im englischen Sprachraum wird das wohl vorrangig ESC (Electronic Stability Control) genannt…
VG
ecomento.de
Elshoff Mathias meint
Hallo, muss es nicht richtigerweise heißen:
sank der Kurs auf weniger als 100 €?
Ich sehe aktuell noch einen Kurs von 126 Dollar.
Redaktion meint
Danke für den Hinweis – wir haben die Währungsangabe korrigiert!
VG
ecomento.de